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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 18.05.2009
Aktenzeichen: I-8 U 184/08
Rechtsgebiete: GmbHG, AktG, BGB
Vorschriften:
GmbHG § 34 | |
AktG § 241 Nr. 4 | |
AktG § 246 Abs. 1 | |
BGB § 242 |
2. Sieht die Satzung der GmbH das Recht zur Einziehung eines Geschäftsanteils auch ohne Zustimmung des betroffenen Gesellschafters u. a. im Fall der Pfändung des Geschäftsanteils vor, ist der Mehrheitsgesellschafter nicht gehindert, einen Einziehungsbeschluss herbeizuführen, auch wenn er selbst wegen titulierter Forderungen gegen den Mitgesellschafter die Pfändung bewirkt hat.
Die gesellschafterliche Treuepflicht steht einer solchen Beschlussfassung aber entgegen, wenn die Vollstreckungsmaßnahme aller Voraussicht nach keinen nennenswerten Erfolg verspricht und maßgebliches Motiv die Absicht ist, den Mitgesellschafter aus der Gesellschaft zu drängen.
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
I-8 U 184/08 OLG Hamm
Verkündet am 18. Mai 2009
In dem Rechtsstreit
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2009 durch
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 24. September 2008 verkündete Urteil des Landgerichts Arnsberg wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
I.
Der Kläger greift mit der Anfechtungsklage die Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 12. Oktober 2007 an, mit der sein Geschäftsanteil an der Beklagten eingezogen wurde.
Nach rechtzeitiger Einladung durch den damaligen Geschäftsführer C3 fand am 12. Oktober 2007 eine Gesellschafterversammlung der Beklagten statt, an der der Kläger nicht teilnahm. Der einzige weitere Gesellschafter C3 fasste den Beschluss, die Geschäftsanteile des Klägers von nominal 5.112,92 €, das sind 20 % des Stammkapitals, nach § 13.1 des Gesellschaftsvertrages einzuziehen. Diese Regelung des Gesellschaftsvertrages lässt die Einziehung von Geschäftsanteilen zu, wenn der entsprechende Gesellschafter seine Gesellschaftspflichten grob verletzt hat, wenn der Gesellschaftsanteil gepfändet oder über das Vermögen des betroffenen Gesellschafters das Konkursverfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt worden ist. Hintergrund des Beschlusses war die im August 2007 erfolgte Pfändung des Geschäftsanteils durch den Mitgesellschafter C3 aufgrund eines vorläufig vollstreckbaren Urteils des Landgerichts Arnsberg, mit dem der Kläger zur Zahlung von 120.666,08 € nebst Zinsen an die Beklagte verurteilt worden war. Das Urteil ist insoweit im Berufungsverfahren mit Urteil des Senats vom 3. September 2008 (8 U 129/07) bestätigt worden.
Der Einziehungsbeschluss wurde dem Kläger mit Schreiben vom 12. Oktober 2007 mitgeteilt, verbunden mit dem Hinweis, dass das Abfindungsguthaben 306,78 € betrage und infolge Pfändung an den Gesellschafter C3 ausgezahlt werde.
Mit am 17. Oktober 2007 eingereichter Klage strebt der Kläger an, den Beschluss für nichtig zu erklären. Mit der Klageschrift hat er geltend gemacht, die Voraussetzungen einer Einziehung hätten nicht vorgelegen, da er weder seine Pflichten grob verletzt habe noch der Geschäftsanteil gepfändet worden sei noch die insolvenzrechtlichen Gründe vorgelegen hätten. Nach Hinweis der Beklagten auf die Pfändung durch Herrn C3 hat er die Auffassung vertreten, der Mitgesellschafter habe bei der Beschlussfassung sittenwidrig gehandelt, weil es ihm allein darum gegangen sei, ihn, den Kläger, aus der Gesellschaft zu drängen. Er habe nur eine formale Position ausgenutzt, obwohl ihm bekannt gewesen sei, dass die titulierte Forderung tatsächlich nicht bestehe.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat gerügt, der Kläger habe mit seinem maßgeblichen Vortrag die Anfechtungsfrist versäumt. Unabhängig davon sei der Beschluss weder nichtig noch anfechtbar. Der Mitgesellschafter C3 sei nicht gehindert gewesen, die satzungsmäßigen Rechte auszuüben. Die dem Urteil des Landgerichts Arnsberg zugrunde liegende Forderung sei berechtigt, wie im Berufungsverfahren später festgestellt worden sei.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Beschluss verstoße gegen die guten Sitten und sei nichtig. Der Mitgesellschafter C3 habe die Pfändung aus dem nur vorläufig vollstreckbaren Urteil nur betrieben, um den Kläger aus der Gesellschaft zu drängen. Besonders treuwidrig sei das Festhalten an der Pfändung und dem Beschluss vom 12. Oktober 2007, nachdem der Kläger im April 2008 die titulierte Zahlung geleistet habe. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien erster Instanz sowie der näheren Begründung des landgerichtlichen Urteils wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe dieses Urteils Bezug genommen.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie wendet sich gegen die Annahme des Landgerichts, der Beschluss sei nichtig, und vertieft und wiederholt ihre Auffassung, wonach die Beschlussfassung auch nicht anfechtbar sei. Das Verhalten des Gesellschafters C3 sei nicht treuwidrig, abgesehen davon, dass die vom Kläger vorgebrachten Umstände wegen Versäumung der Anfechtungsfrist nicht berücksichtigt werden dürften.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 24.09.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das Urteil mit näheren Ausführungen. Insbesondere vertieft er seine Auffassung, das Klagevorbringen sei zunächst ausreichend gewesen, um die Anfechtungsfrist zu wahren. In der Sache habe das Landgericht zu Recht treuwidriges Handeln des Gesellschafters C3 angenommen. Die Vollstreckung in den Geschäftsanteil habe bei einem Entschädigungsbetrag von nur ca. 300,00 € allein dem Zweck gedient, den missliebigen Kläger aus der Gesellschaft zu drängen. Dies sei unzulässig gewesen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend die Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 12. Oktober 2007 für unzulässig erklärt. Der Beschluss war zwar nicht nichtig, er war aber anfechtbar, was vom Kläger auch formell ordnungsgemäß geltend gemacht worden ist.
1.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts liegen Nichtigkeitsgründe nicht vor.
a)
Ein Einziehungsbeschluss kann nach §§ 34 Abs. 3, 30 Abs. 1 GmbHG dann nichtig sein, wenn bereits bei der Beschlussfassung über die Einziehung feststeht, dass die geschuldete Abfindung aus dem freien Vermögen der Gesellschaft nicht geleistet werden kann und der Beschluss nicht klarstellt, dass die Zahlung nur bei Vorhandensein ungebundenen Vermögens erfolgen darf (BGHZ 144, 365, 369; BGH NZG 2009, 221). Hierzu fehlt Vortrag der Parteien, so dass der Senat diese Nichtigkeitsvoraussetzung nicht feststellen kann. Nach den Ausführungen der Steuerberaterin Schubert in ihrer Berechnung vom 21. September 2007 (Bl. 19 GA) betrug das bilanzielle Vermögen der Gesellschaft per 31.12.2006 mehr als 3.400,00 €, so dass die Abfindung von gut 300,00 €, deren Höhe von den Parteien nicht in Zweifel gezogen wird, ohne Rückgriff auf gebundenes Vermögen nach diesen Werten hätte gezahlt werden können. Dass die Verhältnisse sich zum Zeitpunkt der Beschlussfassung wesentlich verschlechtert hatten, ist nicht dargelegt.
b)
Der Kläger hat auch keinen Nichtigkeitsgrund entsprechend § 241 Nr. 4 AktG dargelegt. Nach dieser Vorschrift ist der Beschluss der Gesellschafterversammlung dann nichtig, wenn er durch seinen Inhalt gegen die guten Sitten verstößt. Der Tatbestand dieser Vorschrift ist wegen der Bezugnahme auf den Inhalt des Beschlusses enger als derjenige des § 138 BGB; der Beschlussinhalt muss für sich allein betrachtet sittenwidrig sein (Hüffer, AktG, 8. Aufl. § 241 Rdn. 24 m.w.N.). Weitere Umstände wie das Zustandekommen oder die Beweggründe führen dagegen nicht zur Sittenwidrigkeit und damit Nichtigkeit, sondern können nur die Anfechtbarkeit begründen (Hüffer, a.a.O.). Das Landgericht hat auf die von dem Mehrheitsgesellschafter C3 verfolgten Ziele abgestellt und deshalb den Beschluss für sittenwidrig gehalten. Dem kann der Senat nicht folgen. Ziele und Beweggründe spielen bei der Beurteilung im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle. Der Beschlussinhalt als solcher ist nicht nur im Gesetz vorgesehen (§ 34 GmbHG), sondern auch in der Satzung der Beklagten. Die Einziehung eines Geschäftsanteils als solche kann deshalb keinen sittenwidrigen Inhalt darstellen.
2.
Der Beschluss ist jedoch anfechtbar, da der damalige Mehrheitsgesellschafter C3 mit der Einziehung des Geschäftsanteils gegen die ihm obliegende gesellschafterliche Treuepflicht verstoßen hat.
a)
Die Rechtsfolge des vom Kläger geltend gemachten Fehlverhaltens führt nicht zur Unwirksamkeit, sondern lediglich zur Anfechtbarkeit. Soweit der Bundesgerichtshof Unwirksamkeit der Beschlussfassung für den Fall angenommen hat, dass der Einziehungsbeschluss ohne ausreichende Satzungsgrundlage gefasst wurde (BGH NJW 1999, 3779), ist dies auf die vorliegende Fallgestaltung nicht übertragbar. Im Streitfall ist die Einziehung auch gegen den Willen des Berechtigten in der Satzung der Beklagten vorgesehen und im Einzelnen geregelt. Fehlen jedoch lediglich die von der Satzung geforderten Voraussetzungen der Zwangseinziehung oder ist die Einziehung aus anderen Gründen nicht zulässig, führt dies nicht zur Unwirksamkeit, sondern zur Anfechtbarkeit (so etwa Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 18. Aufl. § 34 Rdn. 15; Scholz/Westermann, GmbHG, 10. Aufl. § 34 Rdn. 48).
b)
Der Kläger hat die Anfechtungsfrist gewahrt.
Nach § 7.8 der Satzung der Beklagten können Beschlüsse der Gesellschafterversammlung nur innerhalb eines Monats seit der Beschlussfassung durch Klage angefochten werden. Die Klage ist am 17. Oktober 2007 beim Landgericht Arnsberg eingereicht und "demnächst" am 31. Oktober 2007 zugestellt worden, so dass die Frist damit gewahrt worden ist.
Allerdings verlangt § 246 Abs. 1 AktG, dass innerhalb der Anfechtungsfrist nicht nur die Klage erhoben, sondern auch die Anfechtungsgründe in ihrem wesentlichen tatsächlichen Kern dargelegt werden (Hüffer, a.a.O. § 246 Rdn. 26). Wenigstens die Angriffsrichtung muss innerhalb der Monatsfrist festgelegt sein, wobei maßgeblich die Tatsachen und nicht die rechtliche Würdigung sind (Hüffer, a.a.O.). Da die Regelung des § 246 Abs. 1 AktG für die GmbH zumindest Leitbildfunktion hat, sind die genannten Anforderungen an die Wahrung der Anfechtungsfrist zumindest entsprechend zu erfüllen.
Im Streitfall hat der Kläger mit der Klageschrift die Beschlussfassung und die satzungsmäßigen Voraussetzungen dargelegt und ausgeführt, dass deren Voraussetzungen hier nicht vorgelegen hätten. Die Pfändung des Geschäftsanteils durch den Mitgesellschafter C3 und die Grundlage dieser Pfändung hat er nicht erwähnt. Unter den hier gegebenen Umständen ist gleichwohl die Anfechtungsfrist gewahrt worden. Maßgeblich für diese Beurteilung ist, dass dem Kläger bei Klageerhebung nicht bekannt war, auf welchen konkreten Grund die Gesellschafterversammlung die Einziehung des Geschäftsanteils gestützt hat. Das ihm zugeleitete Protokoll der Versammlung vom 12. Oktober 2007 enthält keine Begründung, abgesehen von der Satzungsgrundlage § 13.1. Auch das Einladungsschreiben zur Gesellschafterversammlung vom 25. September 2007 beschränkt sich auf die Wiedergabe des Wortlauts der beabsichtigten Beschlussfassung. Danach konnte der Kläger allenfalls mutmaßen, auf welchen Sachverhalt die Einziehung gestützt werde. Die vorangegangene Pfändung durch den Mitgesellschafter war auch keineswegs die einzige realistisch in Betracht kommende Grundlage für die Beschlussfassung. Angesichts des zerrütteten Verhältnisses zwischen den Gesellschaftern war denkbar, dass der Mitgesellschafter C3 grob fahrlässige Pflichtverstöße des Klägers erkannt haben könnte, auf die er die Einziehung - möglicherweise zusätzlich - gestützt hat. Solange dem Kläger die Grundlagen für die Beschlussfassung über die Einziehung des Geschäftsanteils nicht mitgeteilt worden waren, hätte es eine Überforderung dargestellt, wenn er bereits mit der Klage zu allen evtl. denkbaren Gründen hätte Stellung nehmen müssen (noch weitergehend OLG Brandenburg, OLGR Brandenburg 2006, 395, das ein Eingehen des Anfechtungsklägers auf die Gründe der Beschlussfassung auch dann für entbehrlich hält, wenn diese mit der Einladung zur Gesellschafterversammlung bekannt gegeben worden waren).
c)
Der Beschluss war auf die Anfechtung des Klägers für nichtig zu erklären, da er gegen Gesetz und Satzung der Beklagten verstößt.
aa)
Zwar ist die Einziehung von Geschäftsanteilen ohne die Zustimmung des Berechtigten hier grundsätzlich statthaft, da dies in der Satzung der Beklagten vorgesehen ist, § 34 Abs. 2 GmbHG i.V.m. § 13.1 der Satzung. Die genannte Satzungsnorm sieht vor, dass die Einziehung von Geschäftsanteilen u.a. dann zulässig ist, wenn der Geschäftsanteil gepfändet worden ist. Die Pfändung eines Geschäftsanteils stellt einen hinreichend tragfähigen sachlichen Grund dar, der die Zwangseinziehung rechtfertigen kann (Baumbach/Hueck/Fastrich, § 34 Rdn. 10).
Die Voraussetzungen der Einziehung nach der Satzung der Beklagten lagen auch grundsätzlich vor, da der Geschäftsanteil des Klägers durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Brilon vom 27. August 2007 gepfändet worden war. Allein der Umstand, dass Gläubiger der Maßnahme der Mehrheitsgesellschafter C3 war, steht der Anwendung der Einziehungsklausel nicht entgegen. Insbesondere ist diese nicht etwa in der Weise auszulegen, dass nur Pfändungsmaßnahmen gesellschaftsfremder Dritter die Einziehung des Anteils rechtfertigen können. In erster Linie soll die Einziehungsmöglichkeit bei Vollstreckung in den Gesellschaftsanteil verhindern, dass außenstehende Dritte im Verlauf der Zwangsvollstreckung in den Gesellschafterkreis "eindringen", was insbesondere bei personalistisch strukturierten Gesellschaften unerwünscht ist (vgl. z.B. Michalski, ZIP 1991, 147, 149). Im Falle der Verwertung nach § 857 Abs. 5 ZPO könnte etwa ein Gesellschaftsfremder den Geschäftsanteil ersteigern und anschließend ohne Hinderungsmöglichkeit der anderen Gesellschafter Mitgesellschafter werden. Diese Gefahr besteht auch dann, wenn die Vollstreckung von einem Mitgesellschafter betrieben wird.
bb)
Die Beschlussfassung erweist sich gleichwohl als rechtswidrig, weil der Mehrheitsgesellschafter C3 mit der Ausübung seines Stimmrechts treuwidrig gehandelt hat.
(1)
Es ist anerkannt, dass die Mitgliedschaft in einer Gesellschaft auch zwischen den Gesellschaftern Treuepflichten begründet (M/Bayer in M/Hommelhoff, 16. Aufl. § 14 Rdn. 19). Aufgrund dieser Treuepflicht kann ein Gesellschafter gehalten sein, von ihm an sich zustehenden Rechten keinen Gebrauch zu machen (BGH GmbHR 1991, 362). Er braucht dabei allerdings nicht ohne weiteres seine eigenen Belange hinter diejenigen der Gesellschaft und der Mitgesellschafter zurückzustellen; es kommt vielmehr auf eine Abwägung der beiderseitigen Interessen an (BGH, a.a.O.). Diese Interessenabwägung geht hier zugunsten des Klägers aus.
(2)
Das Verhalten des Mehrheitsgesellschafters C3 war zwar entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht schon deshalb treuwidrig, weil er an der Vollstreckung festhielt, obwohl der Kläger im April 2008 durch Zahlung die der Zwangsvollstreckung zugrunde liegende Forderung erfüllt hatte. Abgesehen davon, dass die Zahlung nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geschehen ist und deshalb keine Erfüllung darstellte (vgl. Senatsurteil vom 3. September 2008 in dem damaligen Verfahren 8 U 129/07, S. 25), handelt es sich um einen Umstand, der erst Monate nach der Beschlussfassung eingetreten ist und sich auf die Rechtmäßigkeit des Beschlusses deshalb nicht auswirken konnte.
Ob zu Lasten des Mehrheitsgesellschafters C3 in die Abwägung der Umstand aufzunehmen ist, dass er die Rechte aus § 13.1 der Satzung in Anspruch nahm, obwohl die Zwangsvollstreckung lediglich aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil betrieben wurde, muss der Senat nicht entscheiden. Die Treuwidrigkeit folgt jedenfalls daraus, dass die Vollstreckung keinen nennenswerten Erfolg versprach. Zwar ist ein Gesellschafter nicht gehindert, seine wirtschaftlichen Interessen auch gegenüber Mitgesellschaftern zu verfolgen und Forderungen unter Umständen im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen. Wenn andere Vollstreckungsmaßnahmen keinen gleichwertigen Erfolg versprechen, ist er durch die ihm obliegende Treuepflicht grundsätzlich nicht gehalten, von der Vollstreckung in Geschäftsanteile des Mitgesellschafters abzusehen. Dies ist jedoch anders zu beurteilen, wenn die Vollstreckung aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird. Unter diesen Umständen steht dem Interesse des Schuldners am Fortbestehen seiner Gesellschafterstellung kein schutzwürdiges Interesse des vollstreckenden Gläubigers gegenüber (vgl. Senat, Urteil vom 20.10.2008, 8 U 4/08). Dem vollstreckenden Gesellschafter ist in dem Fall billigerweise anzusinnen, auf die Vollstreckungsmaßnahme zu verzichten oder jedenfalls daraus keine Konsequenzen im Hinblick auf die Einziehung des Geschäftsanteils zu ziehen.
Diese Situation liegt im Streitfall vor. Die Verwertung des Geschäftsanteils des Klägers versprach im Ergebnis weder für den Mitgesellschafter noch die Beklagte einen nennenswerten Erfolg, so dass jedenfalls die darauf gestützte Zwangseinziehung des Geschäftsanteils treuwidrig war.
Die Vollstreckung mit der Folge der Einziehung des Geschäftsanteils war wirtschaftlich letztlich auf das Abfindungsguthaben gerichtet, da etwa die Versteigerung des Anteils durch den pfändenden Gläubiger offensichtlich nicht gewollt war. Wie zwischen den Parteien unstreitig ist, beträgt das nach den satzungsmäßigen Vorgaben ermittelte Abfindungsguthaben 306,78 €. Angesichts der in Rede stehenden Forderung von über 120.000,00 € nebst Zinsen und Kosten liegt darin ein äußerst geringer Vollstreckungserfolg. Der Senat kann offen lassen, ob allein dieser Umstand bereits die Treuwidrigkeit begründet. Hinzu kommt nämlich noch, dass selbst der relativ geringe Betrag von 306,78 € letztlich nicht dem vollstreckenden Mitgesellschafter zugute kommt. Die vom Mitgesellschafter C3 vollstreckte Forderung war nämlich gerichtet auf Zahlung an die Beklagte. Der Erfolg aus der Vollstreckung stand somit nicht dem vollstreckenden Mitgesellschafter C3 zu, sondern der Gesellschaft. Dieser war materiell-rechtlich verpflichtet, einen evtl. aus der Vollstreckung erzielten Erlös der Gesellschaft zurückzuerstatten. Aber auch ein Vorteil der Gesellschaft, der möglicherweise indirekt dem Mehrheitsgesellschafter zugute gekommen wäre, ist nicht erkennbar. Infolge der Einziehung und der Pflicht zur Zahlung des satzungsgemäßen Entgelts hatte die Beklagte aus ihrem Vermögen den Betrag zu zahlen, der ihr evtl. anschließend wieder zugeführt wurde. Sie erlangte durch diese Aktionen keinen Vorteil etwa in Form der Stärkung ihrer Kapitalausstattung oder ihrer Liquidität. Der von der Beklagten im Verhandlungstermin vor dem Senat gegen diese Würdigung erhobene Einwand, die Gesellschaft könne in erheblicher Weise durch die Einziehung deshalb profitieren, weil der Geschäftsanteil später zu einem evtl. deutlich über dem Einziehungsentgelt liegenden Betrag verwertet werden könne, ist nicht tragfähig. Die von der Beklagten für möglich gehaltene spätere profitable Verwertung des Geschäftsanteils ist schon deshalb nicht möglich, weil der Geschäftsanteil mit Wirksamwerden der Einziehung untergeht (allgemeine Meinung, z.B. Baumbach/Hueck/Fastrich, § 34 Rdn. 19).
Der Senat sieht ein erhebliches Interesse des Mehrheitsgesellschafters C3 an der Beschlussfassung auch nicht darin, dass allein die Ankündigung der Einziehung des Geschäftsanteils einen erheblichen Vollstreckungsdruck aufbauen sollte, um den Kläger zur freiwilligen Erfüllung der titulierten Forderung zu veranlassen. Dem steht bereits das tatsächliche Vorgehen des Gesellschafters C3 entgegen. Dieser hat nicht etwa nach dem Scheitern anderweitiger Vollstreckungsmaßnahmen die Einziehung des Geschäftsanteils für den Fall in Aussicht gestellt, dass der Kläger die titulierte Forderung nicht begleicht. Vielmehr hat er den Kläger vor der hier in Rede stehenden Beschlussfassung gänzlich im Unklaren darüber gelassen, auf welche tatsächliche Grundlage der Einziehungsbeschluss gestützt werden sollte. Damit konnte ein Vollstreckungsdruck nur schwerlich aufgebaut werden. Der Senat kann danach dahinstehen lassen, ob etwa die Drohung mit einer Zwangseinziehung des Geschäftsanteils für den Fall, dass die Zahlungsforderung nicht erfüllt wird, den Treuwidrigkeitsvorwurf entkräften könnte.
Nach alledem lässt sich als einzig nachvollziehbares Interesse des Mitgesellschafters C3 sein Bestreben feststellen, den Kläger aus der Gesellschaft hinauszudrängen, wobei er sich der formalen Rechtsposition aus § 13.1 der Satzung bediente. Dieses Verhalten war treuwidrig mit der Folge, dass die darauf beruhende Beschlussfassung keinen Bestand haben kann. Sie war auf die Anfechtung des Klägers für nichtig zu erklären.
3.
Dem im Verhandlungstermin gestellten Antrag der Beklagten auf Einräumung einer Schriftsatzfrist zur Stellungnahme zu den rechtlichen Ausführungen des Senats war nicht zu entsprechen. Der maßgebliche rechtliche Gesichtspunkt war zuvor bereits von dem Kläger schriftsätzlich angesprochen worden, so dass keine neuen Umstände gegeben waren, zu denen der Beklagten rechtliches Gehör gewährt werden müsste. Zur Darlegung von Rechtsansichten bestand ausreichend Zeit und Gelegenheit im Verhandlungstermin.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Der Senat ist der Anregung der Klägerin nicht gefolgt, die Revision zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
Ende der Entscheidung
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