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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 24.02.2003
Aktenzeichen: 16 U 93/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 661 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

16 U 93/02

Anlage zum Protokoll vom 24.02.2003

Verkündet am 24.02.2003

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 27.01.2003 durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Manteufel

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 25.09.2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Aachen - 15 C 223/02 - unter Zurückweisung der Berufung im übrigen abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 4.090,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz, höchstens jedoch 9,26 %, seit dem 28.07.2001 zu zahlen. Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreit - mit Ausnahme der Kosten der beim Landgericht Aachen unter dem Aktenzeichen 7 S 394/02 eingelegten Berufung des Klägers - werden der Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt die Einlösung einer sog. Gewinnzusage der Beklagten.

Die Beklagte mit Geschäftssitz in den Niederlanden betreibt einen Versandhandel und versucht Kunden mit Werbesendungen einschließlich der Mitteilung, Gewinner eines jeweils näher bestimmten, nicht unerheblichen Bargeldpreises zu sein, zu einer Bestellung aus ihrem Warenangebot zu bewegen.

Der Kläger erhielt am 28.04.2001 mit einer solchen Werbesendung eine Gewinnmitteilung über 8.000,- DM. Ihm wurde mitgeteilt, dass sein Name in einer Ziehung am 24.04.2001 gezogen und ihm ein Betrag von 8.000,00 DM zugeteilt worden sei. Dem Schreiben beigefügt war ein als "Testanforderung" bezeichnetes Bestellformular. In dem Anschreiben heißt es: "Schicken Sie jetzt Ihren Einlöse-Scheck und Ihre Spezialitäten-Test-Anforderung ein, damit wir die Gewinn-Auszahlung vollziehen können." Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben der Beklagten nebst Anlagen (Bl. 8 ff d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger klebte das Gewinnsiegel auf den Einlösescheck und schickte diesen zusammen mit der Testanforderung an die Beklagte. Eine Bestellung nahm er nicht vor. Auf seine Aufforderung vom 13.07.2001, den Gewinn nunmehr auszuzahlen, teilte die Beklagte mit Schreiben vom 23.07.2001 mit, dass die Zuteilung und Höhe der vergebenen Preis im Ermessen der Firma, also der Geschäftsleitung liege und diese noch keine Entscheidung getroffen habe.

Der Kläger verlangt die Zahlung des versprochenen Gewinns.

Er hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.090,40 € nebst 9,26 % Zinsen seit dem 28.07.2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die internationale Zuständigkeit des Amtsgerichts Aachen gerügt.

Das Amtsgericht hat durch das angefochtene Urteil die Klage als unzulässig abgewiesen mit der Begründung, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte sei nicht gegeben.

Gegen dieses ihm am 04.10.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25.10.2002 Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Amtsgericht Aachen - 15 C 223/02 - vom 25.09.2002 die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.090,40 € nebst 9,26 % Zinsen seit dem 28.07.2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise

das Urteil aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht Aachen zurückzuverweisen.

Sie wiederholt die Rüge der fehlenden internationalen Entscheidungszuständigkeit.

Zur Sache vertritt sie im Anschluss an einen Aufsatz von Schneider (BB 2002, 1653 ff) die Ansicht, § 661 a BGB sei insgesamt verfassungswidrig. Zudem ergebe sich aus dem Werbeschreiben aber auch kein Gewinnanspruch des Klägers. Er habe eine Bedingung für die Gewinnauszahlung - nämlich die Einsendung der Testanforderung - nicht erfüllt, da er nichts bestellt habe.

Schließlich sei ein etwaiges Gewinnversprechen auch nach § 118 BGB nichtig. Sie habe die Gewinnzusage nicht ernst gemeint und sei davon ausgegangen, dass der Mangel der Ernstlichkeit aufgrund der übertriebenen Schilderung der Gewinnziehung sowie des Umstands, dass es sich erkennbar um eine Massensendung gehandelt habe, vom Kläger nicht verkannt werde. Wegen der Einzelheiten der Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu den Akten gereichten Urkunden verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Das zulässige Rechtsmittel des Klägers ist - mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Zinsen - begründet.

I.

Die internationale und örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Aachen sind gegeben.

1. Die internationale und örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Aachen ergibt sich jedenfalls aus Art. 5 Nr. 3 der am 01.03.2002 in Kraft getretenen Verordnung des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO).

Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 16.12.2002 - 16 U 54/02 - folgendes ausgeführt:

"Zutreffend ist die Auffassung des Amtsgerichts, die der überwiegenden Rechtsprechung und dem Schrifttum entspricht, dass im Falle grenzüberschreitender Gewinnzusagen nach den Zuständigkeitsvorschriften der EuGVVO (Verordnung - EG - Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen) bzw. des EuGVÜ (auch) das Gericht am Wohnsitz des inländischen Empfängers zur Entscheidung berufen ist (vgl. OLG Frankfurt OLGR 2002, 168 = MDR 2002, 1023; OLG Dresden OLG-NL 2002, 97 = VuR 2002, 187; OLG Nürnberg NJW 2002,3637; LG Braunschweig IPrax 2002, 213; LG Freiburg, Urteil vom 22.3.02 - 6 O 147/01; LG Hof, Urteil vom 16.11.2001 - 14 0 87/01; Lorenz NJW 2000, 3305 und IPrax 2002, 192; Fetsch RIW 2002, 936; a. A. z. B. OLG Bamberg, Urteil vom 5.5.2002 - 5 U 7/02; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17.4.02 - 7 U 199/01). Dabei kann hier dahinstehen, ob im Hinblick darauf, dass die Klage vor dem Inkrafttreten der EuGVVO bei Gericht eingereicht aber der Beklagten erst nach dem Inkrafttreten zugestellt worden war, gemäss Art. 66 I EuGVVO deren Vorschriften oder aber die des EuGVÜ anwendbar sind (so wegen Art. 30 EuGVO Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 2. Auflage, Art. 66 I EuGVVO Rdn. 11). Das bleibt für die Entscheidung des Senats unerheblich, weil er den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung für gegeben erachtet und mithin die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte und damit des Amtsgerichts Schleiden aus dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlungen, also aus Vorschriften (Art. 5 Nr. 3 EuGVVO bzw. Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) herleitet, die - was die hier zu beantwortende Frage betrifft - unverändert geblieben sind.

1)

Eine Zuordnung der Gewinnmitteilung - wie vom Amtsgericht in Anschluss an Lorenz (a. a. O.) angenommen - zum Gerichtsstand des Erfüllungsorts gemäß Art. 5 Nr. 1 a EuGVVO bzw. Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ (ebenso LG Braunschweig a. a. O.; hilfsweise: OLG Nürnberg a. a. O.) bzw. zum Verbrauchergerichtsstand gemäß Art. 15 Abs. 1 c EuGVVO bzw. Art. 13 Abs. 1 Nr. 3, 14 Abs. 1 EuGVÜ (so OLG Dresden und OLG Nürnberg jeweils a. a. O. mit zust. Anm. Feuchtmeyer NJW 2002, 3598; LG Braunschweig a. a. O.) muss nach Ansicht des Senats ausscheiden, weil der geltend gemachte Anspruch nicht als vertraglicher Anspruch i. S. dieser Vorschriften qualifiziert werden kann. Es ist ständige Rechtsprechung des EuGH, dass der Begriff Vertrag autonom, d. h. nach dem Begriffssystem der Verordnung (und nicht der jeweiligen lex fori) auszulegen ist, wobei in erster Linie deren Systematik und Zielsetzungen berücksichtigt werden müssen (zuletzt in der Entscheidung vom 1.10.2002 - Rs. C-167/00 in NJW 2002, 3617) .

Vorliegend hat die Klägerin im Zusammenhang mit der streitigen Gewinnmitteilung bei der Beklagten nichts bestellt, also keinen Vertrag abgeschlossen. Die vom EuGH auf den Fall der gleichzeitigen Bestellung von Waren beschränkte Entscheidung vom 11.7.2002 (Rs. Gabriel, NJW 2002, 2697) mit der gewählten akzessorischen Lösung über das Koppelungsgeschäft ist deshalb nicht einschlägig. Allerdings wird der Abschluss eines Vertrages nach der Rechtsprechung des EuGH auch nicht verlangt, schon die Feststellung einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung würde ausreichend aber auch unerlässlich sein, da sich die Zuständigkeit des nationalen Gerichts dann, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, nach dem Ort bestimmt, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre (EuGH vom 17.9.2002 - Rs. C-334/00, NJW 2002, 3159). Aber auch eine solche Verpflichtung ist die Beklagte mit ihrer Gewinnmitteilung gegenüber der Klägerin nicht eingegangen. Bei § 661 a BGB, auf den die Klägerin ihren Anspruch stützt, handelt es sich gerade nicht um eine vertragliche, sondern um eine gesetzliche Verpflichtung, bei dem es um die Sanktionierung vorvertraglicher Verhaltenspflichten, konkret um die Verpflichtung des Unternehmers geht, den Vertragsschluss nicht durch Vortäuschung scheinbarer Gewinne zu erschleichen. Nach seinem Sinn und Zweck soll § 661 a BGB - was die Gesetzesmaterialien deutlich ausweisen - in Ergänzung des Sanktionssystem des UWG unerwünschten Geschäftspraktiken entgegenwirken, nämlich den Missstand der wettbewerbswidrigen Zusendung von Gewinnzusagen unterbinden, indem dem Empfänger ein Anspruch auf den mitgeteilten Preis eingeräumt wird (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs BT-Drucks. 14/2658, 49 f; Änderungsvorschlag des Bundesrates BT-Drucks. 14/2920, 7, Stellungnahme der Bundesregierung BT-Drucks. 14/2920, 15 und Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses BT-Drucks. 14/3195, 33). Wegen seines regelmäßig entgegenstehenden Willens, der im Kleingedruckten verborgen ist, ist sonach Grundlage der Erfüllungsverpflichtung nicht der autonome Wille des Unternehmers, sondern die Bestrafung für unlautere Werbung (vgl. Fetsch a. a. O. S. 937).

Mangels eines vertraglichen Anspruchs der Klägerin muss damit auch eine Zuständigkeit nach Art. 15 Abs. 1 c EuGVVO/13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ ausscheiden, denn die Bestimmungen setzen wiederum voraus, dass ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden.

2)

Zuzuordnen ist nach Ansicht des Senats die Gewinnmitteilung als unlautere, wettbewerbsrechtlich unzulässige und mithin deliktsähnliche Maßnahme der Vertragsanbahnung vielmehr dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gem. Art. 5 Nr. 3 EuGVVO bzw. EuGVÜ (ebenso OLG Frankfurt a. a. O.; LG Freiburg a. a. O.; hilfsweise OLG Dresden a. a. O.; Fetsch a. a. O.; ablehnend OLG Nürnberg a. a. O. S. 3639). Nach diesen Bestimmungen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht (letztere Alternative eingefügt als einzige Änderung der Neufassung), wenn eine unerlaubte Handlungen oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden.

Bei der streitigen Gewinnmitteilung handelt es sich um einen als unerlaubte Handlung einzustufenden Wettbewerbsverstoß (vgl. BGH MDR 1988, 643 = NJW 1988, 1466; OLG München NJW-RR 1994, 190), der bei der gebotenen autonomen Auslegung unter Nr. 3 des Art. 5 fällt. Der Adressat soll den Eindruck gewinnen, er sei persönlich aus einer größeren Anzahl von Interessenten als Gewinner einer großen Geldsumme ausgewählt worden, verbunden mit der Absicht, dieser werde unter dem Eindruck dieser Mitteilung problemlos die gleichzeitig mit angebotene Ware bestellen. Mit einem solchen Vorgehen verschafft sich ein Unternehmer im Kampf um Kunden gegenüber jedem Mitbewerber eine bessere Position, auch wenn die Zusage des Gewinns nicht von einer Bestellung abhängig gemacht wird. Unzweifelhaft unterliegen indes Streitigkeiten aus Wettbewerbsverstößen dem deliktischen Gerichtsstand des Art 5 Nr. 3 EuGVVO/EuGVÜ (zuletzt EuGH NJW 2002, 3617), soweit entsprechende Klagen - wie hier - nicht zugleich an einen Vertrag bzw. eine freiwillig eingegangene Verpflichtung des Unternehmers im Sinne von Art. 5 Nr. 1 a EuGVVO/5 Nr. 1 EuGVÜ anknüpfen. Im übrigen wird mit der vorliegenden Klage - wie nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlich (EuGH NJW 2002, 2697, 3159 und 3617) auch eine Schadenshaftung der Beklagten geltendgemacht. Der Schaden ist in dem enttäuschten Vertrauen in den bei der Klägerin zurechenbar geweckten Anschein einer Vermögensmehrung zu sehen, ohne dass es dabei einer besonderen Vertrauensdisposition bedürfte (Lorenz a. a. O. S. 195).

Schließlich versteht der EuGH in ständiger Rechtsprechung unter dem "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist" nicht nur den Handlungs- sondern auch den Erfolgsort (zuletzt näher hierzu im Urteil vom 1.10.2002, NJW 2002, 3617). Der Erfolg ist mit dem Empfang der Gewinnzusage und damit am Wohnort der Klägerin eingetreten.

Im übrigen hat der EuGH zwar nunmehr entschieden, dass bei einer Klage, mit der die vorvertragliche Haftung des Beklagten aus Verschulden bei Vertragsschluss (c. i. c.) geltendgemacht wird, eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens im Sinne der vorgenannten Bestimmung bilden (NJW 2002, 3159). Für einen Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss spräche im Streitfall, dass die Klägerin bereits Kundin der Beklagten war, die Gewinnmitteilung mit einem Angebot zur Bestellung von Waren verbunden worden ist, und das wettbewerbswidrige Verhalten einen Verstoß gegen Rechtsvorschriften ergibt, "namentlich gegen diejenige, wonach die Parteien bei Vertragsverhandlungen nach Treu und Glauben handeln müssen" (EuGH NJW 2000, 3160). Letztlich kann indes die Frage, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss vorliegen, dahingestellt bleiben, da wegen des wettbewerbsrechtlichen Einschlags ohnehin eine Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO/EuGVÜ begründet ist."

Diese Auffassung hat der Bundesgerichtshof inzwischen in einem Urteil vom 27.11.2002 (NJW 2003, 426) bestätigt. Der BGH hat in dieser Entscheidung ausgeführt, dass für die auf eine Gewinnzusage i.S.d. § 661 a BGB gestützte Klage gegen eine im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates ansässige juristische Person am Wohnsitz des klagenden Verbrauchers die internationale Zuständigkeit für Verbrauchersachen nach Art. 13 Nr. 3 EuGVÜ (entspricht Art. 15 Abs. 1 EuGVVO) besteht, jedenfalls aber eine Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ (entspricht Art. 5 Nr. 3 EuGVVO) aus dem Gesichtspunkt einer unerlaubten Handlung.

Soweit die Beklagte erstinstanzlich gerügt hat, dass ihr die Klage nicht ordnungsgemäß - nämlich nur an ihre Postfachanschrift - zugestellt worden ist, ist ein eventueller Zustellungsmangel nach § 187 ZPO a.F. geheilt, da die Beklagte die Klageschrift tatsächlich erhalten hat. Das ergibt sich daraus, dass sich für sei ein Anwalt bestellt und zur Klage Stellung genommen hat. Die Heilung nach § 187 ZPO a.F. gilt auch für Zustellungen im Ausland (Zöller-Geimer, ZPO, 22. Aufl., § 199 Rdnr. 17 m.w.Nachw.).

II.

Die Klage ist auch in der Sache begründet.

Der Kläger kann nach § 661 a BGB Zahlung des ihm von der Beklagten versprochenen Gewinnes verlangen.

1)

Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 538 Abs. 1 ZPO). Da das Amtsgericht nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden hat und die Beklagte ausdrücklich die Zurückverweisung beantragt, käme zwar grundsätzlich eine Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 ZPO in Betracht. Die Zurückverweisung erscheint aber nicht sachdienlich, da der maßgebliche Sachverhalt unstreitig und die Sache zur Entscheidung reif ist. Die Beklagte hat in der Berufung zur Sache Stellung genommen. Einer Beweisaufnahme bedarf es nicht.

2)

Die aus der Gewinnzusage entstandenen Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien beurteilen sich nach deutschen Sachnormen, ohne dass es einer Feststellung dazu bedarf, ob die Beklagte, welche auf dem Umschlag für die Rückantwort eine Postfachadresse in Aachen angegeben hat, sie von den Niederlanden oder Deutschland aus verschickt hat. Auch kann es in rechtlicher Hinsicht offen bleiben, ob daraus, dass die Gewinnzusage am Wohnort des Klägers eingegangen ist, dort auch der für einen Anspruch aus unerlaubter Handlung grundsätzlich maßgebliche Handlungsort i. S. d. Art. 40 Abs. 1 S. 1 EGBGB liegt (so LG Freiburg a. a. O.; a. A. - wohl mit Recht - Fetsch a. a. O.). Da - wie ausgeführt - jedenfalls der Erfolg der unerlaubten Handlung der Beklagten am Wohnort des Klägers eingetreten ist, stand ihm das Wahlrecht des Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB zur Verfügung. Er konnte also verlangen, dass das Recht des Erfolgsortes, also deutsches Recht angewandt wird. Von diesem Wahlrecht hat er Gebrauch gemacht, indem er die Klage auf § 661 a BGB gestützt hat.

3)

Die Mitteilung der Klägerin stellt eine Gewinnzusage i. S. d. § 661 a BGB dar. Nach dieser Vorschrift ist ein Unternehmer, der eine Gewinnzusage oder vergleichbare Mitteilung an einen Verbraucher sendet und dabei den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen habe, verpflichtet, dem Verbraucher diesen Preis zu leisten.

Die Parteien unterfallen dem persönlichen Anwendungsbereich dieser Norm. Die Beklagte ist Unternehmerin im Sinne von § 14 BGB und die Klägerin Verbraucherin gemäß § 13 BGB.

Auch unterliegt es von der Gesamtgestaltung des Schreibens der Beklagten nebst "Gewinn-Ziehungs-Protokoll", "Gewinn-Zuteilungs-Beleg" und "Einlöse-Scheck" her keinen Zweifeln, dass durch die Mitteilung bei dem Verbraucher den Eindruck erweckt wird, dieser habe gewonnen. Dementsprechend kann die Beklagte sich auch nicht darauf berufen, es habe sich lediglich um eine nicht ernst gemeinte Scherzerklärung im Sinne des § 118 BGB gehandelt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte die Erklärung - wie in § 118 BGB vorausgesetzt - in der Erwartung abgegeben hat, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt. Die Beklagte hat ihre diesbezügliche Behauptung weder näher dargelegt noch unter Beweis gestellt. Die Umstände sprechen dagegen, dass sie das Gewinnversprechen in der Erwartung, es werde nicht ernst genommen, abgegeben hat. Die Beklagte wollte mit ihrem Schreiben erkennbar erreichen, dass der Adressat im Hinblick auf das Gewinnversprechen eine Bestellung aufgibt. Einem erkennbar nicht ernst gemeinten Gewinnsversprechen kommt dagegen keinerlei Werbeeffekt zu.

Zudem ist für den Anspruch auf § 661 a BGB weder Voraussetzung, dass der den Gewinn versprechende Unternehmer gewillt ist, das Versprechen zu erfüllen, noch dass der Verbraucher dem Schreiben tatsächlich Glauben schenkt (Schneider, BB 2002, 1653, 1654). Auch aus diesem Grund kann die Beklagte sich auf die fehlende Ernstlichkeit ihres Gewinnversprechens nicht berufen.

Dem Anspruch aus § 661 a BGB steht auch nicht entgegen, dass der Kläger keine Bestellung getätigt hat (Schneider, BB 2002, 1653, 1654 m.w.Nachw.).

Das gilt auch dann, wenn der Unternehmer die Auszahlung des Gewinnes von einer vorherigen Bestellung des Kunden abhängig macht. Denn diesen Vorbehalt erklärt § 661 a BGB gerade für unwirksam (Schneider, aaO). Hinzu kommt, dass sich aus dem Schreiben der Beklagten an den Kläger nicht hinreichend deutlich ergibt, dass die Auszahlung des Gewinnes von einer vorherigen Bestellung der Produkte der Beklagten abhängig ist. Allein die Aufforderung, neben dem "Einlöse-Scheck" auch die "Spezialitäten-Test-Anforderung" einzuschicken, reicht hierfür nicht aus. Dementsprechend hat sich die Beklagte in ihrem Schreiben vom 23.07.2001 auch nicht auf die fehlende Bestellung berufen, sondern allein darauf, dass die Zuteilung des Gewinnes im Ermessen der Geschäftsleitung liege.

4)

Der Zinsanspruch folgt aus § 288 BGB.

Der Kläger kann Zinsen indes nur in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes geltend machen, da er einen darüber hinausgehenden Zinsschaden nicht dargelegt hat.

5.)

Der Senat sieht keinen Anlass, die Sache gem. Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Der Senat teilt die Bedenken der Beklagten gegen die Verfassungsmäßigkeit der Norm nicht.

Die Regelung verstößt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip. Ein Verstoß gegen das Schuldprinzip liegt nicht vor. Zwar setzt § 661 a BGB kein persönliches Verschulden des Unternehmers voraus. Eine Haftung aufgrund der zivilrechtlichen Zurechnungsnormen ist indes nicht verfassungswidrig. Obwohl die Norm von ihrem Zweck her auch Sanktionscharakter hat, handelt es sich in erster Linie um eine zivilrechtliche Regelung, die den Unternehmer an eine von ihm erteilte Zusage bindet.

Entgegen der Auffassung von Schneider (BB 2002, 1653, 1657) ist das aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgende Übermaßverbot nicht dadurch verletzt, dass das Gesetz eine Höchstgrenze des zu leistenden Preises nicht vorsieht. Die Schwere der Sanktion hängt entgegen seiner Auffassung nicht von dem nicht kontrollierbaren Umstand ab, wie viele Verbraucher ihre Ansprüche aus § 661 a BGB geltend machen, sondern in erster Linie davon, wie vielen Verbrauchern der Unternehmer einen Gewinn zusagt. Damit hat es der Unternehmer aber selbst in der Hand, welchen Ansprüchen er ausgesetzt wird.

Schließlich liegt auch keine unzulässige Doppelbestrafung vor. Dieses Verbot wird durch ein Nebeneinander von straf- und zivilrechtlichen Sanktionen nicht verletzt. Das Verbot der Doppelbestrafung nach Art. 103 Abs. 3 GG greift nur ein, wenn die Verhängung einer weiteren echten Kriminalstrafe neben einer bereits erfolgten strafgerichtlichen Verurteilung in Frage steht (BVerfGE 43, 101, 105).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Über die Kosten der beim Landgericht Aachen eingelegten und inzwischen zurückgenommenen Berufung des Klägers hat der Senat nicht zu entscheiden. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen. Der Senat hat in der Parallelsache 16 U 54/02 die Revision lediglich im Hinblick auf die - seinerzeit noch nicht geklärte - Frage der internationalen Entscheidungszuständigkeit deutscher Gerichte für Ansprüche gemäß § 661a BGB aus ausländischen Gewinnmitteilungen zugelassen. Diese Frage ist durch die inzwischen veröffentlichte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27.11.2002 (NJW 2003, 426) mittlerweile geklärt.

Ende der Entscheidung

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