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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 18.12.2002
Aktenzeichen: 16 Wx 177/02
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 23 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 177/02

In der Wohnungseigentumssache

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Appel-Hamm

am 18.12.2002

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 02.07.2002 - 29 T 222/01 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller haben die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf einen Wert bis 7.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1. und 2. bilden die aus vier Miteigentümern bestehende Eigentümergemeinschaft der im Rubrum gezeichneten Wohnungseigentumsanlage.

Die Antragsteller haben sich mit ihren Anfechtungsanträgen gegen verschiedene Beschlüsse der außerordentlichen Wohnungseigentümerversammlung vom 22.01.2001 gewandt, und zwar u. a. gegen den zu TOP 5 gefassten Beschluss, dass die Verwalterin

"unverzüglich einen von der IHK K. vorzuschlagenden Sachverständigen für Feuchtigkeitsschäden mit der Ermittlung der Ursache sämtlicher Feuchtigkeitsschäden im Haus beauftragen"

soll. Hierzu haben sie geltend gemacht, dass der Beschluss inhaltlich nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche, weil bereits ein Gutachten vorgelegen habe, weil nicht differenziert werde zwischen Schäden am Gemeinschafts- und solchen am Sondereigentum und weil für die Begutachtung kein Kostenrahmen vorgegeben worden sei. Auch sei in diesem Punkt die Einladung zu der Eigentümerversammlung mit der Formulierung

"Vorgehen bezüglich der Feuchtigkeitsprobleme im Haus"

zu ungenau und damit nicht ordnungsgemäß gewesen. Ferner leide u. a. auch der Beschluss zu TOP 5 an dem Mangel, dass der Versammlungsleiter eine von der Antragstellerin vorgelegte Vollmacht für den Antragsgegner zu 2 c) zu Unrecht zurückgewiesen habe.

Das Amtsgericht hat nach teilweiser Rücknahme die verbleibenden Anfechtungsanträge zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde haben die Antragsteller im Verlaufe des Verfahrens auf die Zurückweisung ihres Anfechtungsantrags zu TOP 5 beschränkt und des weiteren einen Feststellungsantrag gestellt. Das Landgericht hat den Feststellungsantrag als unzulässig verworfen und im übrigen die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit der hiergegen eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde verfolgen die Antragsteller ihren Anfechtungsantrag zu TOP 5 weiter.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Das Amtsgericht, auf dessen Ausführungen das Landgericht Bezug genommen hat, hat gemeint, der Einladung zu der Eigentümerversammlung sei deutlich zu entnehmen gewesen, dass über die genaue Vorgehensweise wegen der Feuchtigkeitsprobleme beraten und beschlossen werden sollte. Die einzelnen in Betracht kommenden Vorgehensweisen, wozu auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens gehört habe, hätten dabei nicht aufgeführt zu werden brauchen. Eine etwaige zu Unrecht erfolgte Zurückweisung der Stimmrechtsvollmacht für den Beteiligten zu 2c) hätte auf das Beschlussergebnis keinen Eínfluss gehabt, da sich hierdurch an der Mehrheit für die Stimmen der Beteiligten zu 2. a) und b) nichts geändert hätte und die Antragstellerin die Möglichkeit gehabt habe, ihre Argumente für und gegen die Beschlussfassung vorzutragen. Inhaltlich sei der Beschluss nicht zu beanstanden. Das bereits vorliegende Gutachten des Sachverständigen C. habe sich nur auf Feuchtigkeitserscheinungen in der Souterrainwohnung der Antragsteller und ansonsten im Rahmen einer ergänzenden Stellungnahme lediglich knapp auf Rissbildungen und Putzabplatzungen bezogen. Eine Überprüfung dieses Gutachten sei zudem sachgerecht gewesen, weil sich die Gemeinschaft seit 1997 noch nicht auf ein Sanierungskonzept habe einigen können. Im übrigen sei es eine Selbstverständlichkeit, dass ein Gutachten mit Kosten verbunden sei. Deren Höhe ließe sich ohne Kenntnis von Details vorab nicht zuverlässig und verbindlich schätzen. Einem Wunsch nach einem etwaige Limit hätten die Antragsteller in der Eigentümerversammlung Ausdruck verleihen müssen.

Diese Ausführungen sind aus Rechtsgründen, die allein Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens sein können (§§ 27 FGG, 550 ZPO), im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Formelle Mängel weist die Beschlussfassung zu TOP 5 der Eigentümerversammlung vom 22.01.2001 nicht auf. Wenn ein Vertreter eines Wohnungseigentümers vom Vorsitzenden der Eigentümerversammlung zu Unrecht zurückgewiesen wird, ist die Situation vergleichbar mit derjenigen einer fehlenden Ladung eines Eigentümers, der aus diesem Grund sein Stimmrecht nicht wahrgenommen hat mit der Folge, dass in der Versammlung gefasste Beschlüsse mit Erfolg angefochten werden können, sofern die nicht abgegebene oder nicht berücksichtigte Stimme für die Willensbildung erheblich war (vgl. Merle in Bärmann/Pick/Merle, WEG 8. Auflage, § 25 Rdn. 51).

Vorliegend ist in den Tatsacheninstanzen die Frage, ob das Vertretungsstimmrecht der Antragstellerin zurückgewiesen werden konnte oder nicht, mit Recht offen gelassen worden. An den Mehrheitsverhältnissen hätte sich schon nach dem eigenen Vorbringen der Antragsteller bei einer Stimmabgabe der Antragstellerin auch für den Beteiligten zu 2 c) nichts geändert. Für die Willensbildung in der Versammlung macht es aus den zutreffenden Gründen der Entscheidung des Amtsgerichts keinen Unterschied, ob Diskussionsbeiträge einer Miteigentümerin nur im eigenen Namen oder zugleich auch im Namen eines anderen Miteigentümers erfolgen. Deswegen unterliegt die Feststellung, dass der angefochtene Beschluss auf jeden Fall gefasst worden wäre, keinen rechtlichen Bedenken.

§ 23 Abs. 2 WEG steht der Wirksamkeit des Beschlusses nicht entgegen. Die Bezeichnung des Beschlussgegenstandes zu TOP 5 erfasste auch die getroffene Entschließung zur Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Sinn und Zweck der Regelung des § 23 Abs. 2 WEG ist es, die Wohnungseigentümer vor überraschenden Entscheidungen zu schützen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich anhand der Tagesordnung auf die Beratung und Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung über bestimmte Tagesordnungspunkte vorzubereiten bzw. sich darüber im Klaren zu werden, ob sie an der Versammlung teilnehmen oder nicht. Dabei deckt die Bezeichnung des Gegenstandes eines Tagesordnungspunktes in der Regel auch eine Beschlussfassung über diesen Punkt, auch wenn dies im Einladungsschreiben nicht ausdrücklich angekündigt wird (vgl. BayObLG WE 1999, 199; Merle a.a.O. § 23 Rdn. 68 Staudinger-Bub, WEG, § 23 Rdn. 187 jeweils m. w. Nachw.). Von dem Zweck der Regelung in § 23 Abs. 2 WEG her, dem berechtigten Informationsinteresse der Wohnungseigentümer Rechnung zu tragen, hängt der Inhalt der Bezeichnung des Beschlussgegenstandes außerdem von der Bedeutung der Angelegenheit und dem Wissensstand der einzelnen Eigentümer ab. Hierbei ist es regelmäßig nicht erforderlich, die tatsächlichen und rechtlichen Auswirkungen in allen Einzelheiten darzustellen und insbesondere bei Vorgängen, die einen Regelungskomplex betreffen, etwa bei Baumängeln, brauchen nicht alle Detailpunkte in die Tagesordnung aufgenommen zu werden (vgl. BayObLGZ 1973, 68: Bezeichnung "Hausfassade Rückseite" deckt Beschluss über die gerichtliche Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen, wenn die Schadhaftigkeit der Fassade bekannt war; siehe weiter Merle a.a.O. Rdn. 69 ff.; Staudinger-Bub, a.a.O., § 23 Rdn. 190 ff. mit weiteren Beispielen aus der Rspr.).

Vorliegend war das Problem der Feuchtigkeitsschäden nach dem eigenen Vorbringen der Antragsteller schon seit Jahren den Wohnungseigentümern bekannt, ohne dass es zu einer Lösung gekommen war. Wenn sodann zu TOP 5 das "Vorgehen bezüglich der Feuchtigkeitsprobleme im Haus" behandelt werden sollte, mussten die Antragsteller damit rechnen, dass sich diesmal die Versammlung nicht in einem bloßen weiteren Debattieren von Lösungsversuchen erschöpfte, sondern dass ein konkretes "Vorgehen" beschlossen werden würde, sei es eine Auftragsvergabe an Handwerker aufgrund des Gutachtens D., sei es ein weiteres Gutachten oder aber irgendeine andere Lösung, etwa - was den Antragstellern nach dem Inhalt der mit Schriftsatz vom 18.07.2002 überreichten schriftlichen Stellungnahme vorzuschweben scheint - es im wesentlichen bei dem bisherigen Zustand zu belassen.

Inhaltlich ist der angefochtene Beschluss ebenfalls nicht zu beanstanden. Wenn - wie hier - bauliche Mängel vorhanden sind, deren Behebung mit erheblichen Kosten verbunden ist, entspricht es in der Regel ordnungsgemäßer Verwaltung, zunächst die Ursache des Mangels festzustellen, sodann den Instandsetzungsbedarf bzw. sonstigen Handlungsbedarf zu ermitteln und ggfls. vor einer Auftragsvergabe Alternativangebote einzuholen (vgl. Senat ZMR 2000, 863 = ZWE 2000, 321 = OLGReport Köln 2000, 439 LS). Die in der Regel nur durch ein Sachverständigengutachten mögliche Ursachenermittlung eines Schadens ist mithin der erste Schritt für eine sachgerechte Sanierung. Eine entsprechende Vorgehensweise war vorliegend auch nicht im Hinblick auf die gutachterlichen Äußerungen des Sachverständigen C. entbehrlich, da nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Amts- und Landgerichts sich das Ausgangsgutachten nur auf Feuchtigkeitsschäden in der Souterrainwohnung der Antragsteller bezieht und die ergänzende Stellungnahme sich lediglich ganz knapp mit Rissbildungen und Putzabplatzungen an den Fassaden, nicht aber mit Feuchtigkeitsschäden befasst. Es liegt zudem gerade bei Feuchtigkeitsschäden, die sich in Wohnungen zeigen, fast schon in der Natur der Sache, dass sie in der Regel zumindest eine Mitursache in Bauteilen haben, die gem. § 5 Abs. 2 WEG zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören (wie sich vorliegend im übrigen durch das Gutachten des Sachverständigen Dr. P. bestätigt hat). Deswegen stellte die Entschließung, dass eine umfassende Begutachtung erfolgen sollte, auch aus diesem Blickwinkel eine ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechende Maßnahme dar.

Nicht zu beanstanden ist es schließlich, dass der Verwalterin kein Kostenlimit gesetzt worden ist, in dessen Grenzen eine Beauftragung eines Sachverständigen nur hätte erfolgen dürfen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat dadurch, dass nicht irgendein, sondern ein von der IHK K. vorzuschlagender Sachverständiger beauftragt werden sollte, Vorsorge für einen Qualitätsstandard bei der Auswahl eines Gutachters getragen. Dieser Auswahlmaßstab entspricht demjenigen im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens, da nach § 404 Abs. 2 ZPO in der Regel öffentlich bestellte Sachverständige - wozu auch von der IHK bestellte gehören - zu beauftragen sind. Bei einem öffentlich bestellten Sachverständigen kann in der Regel die Erwartung gehegt werden, dass die von ihm angesetzten Stundensätze entsprechend dem jeweiligen Anforderungsprofil in der üblichen Bandbreite liegen und nur so viele Stunden aufgewendet werden, wie für eine ordnungsgemäße Erledigung des Gutachterauftrags auch tatsächlich notwendig sind. Eine vorgegebene Begrenzung der Gutachterkosten könnte demgegenüber unter Umständen das Ergebnis haben, dass eine abschließende Begutachtung letztendlich nicht durchgeführt werden kann. Die Höhe der anfallenden Kosten kann gerade bei Gutachten, welche die Ermittlung der Ursache von Schäden an Bauwerken zum Gegenstand haben, normalerweise im Voraus allenfalls grob abgeschätzt werden, und es zeigt sich z. B. in gerichtlichen Verfahren nicht selten, dass die Kosten den entsprechend der Schätzung angeforderter ursprünglichen Kostenvorschuss erheblich übersteigen. Eine Begrenzung der Gutachterkosten auf einen bestimmten Betrag könnte deswegen die Folge haben, dass gerade ein gewissenhaft arbeitender Sachverständiger den Gutachterauftrag ablehnt oder diesen bei Erreichen des Kostenlimits abbrechen muss, die Eigentümergemeinschaft also Gefahr läuft, sich mit einem minderqualifizierten Gutachten begnügen zu müssen oder gar Kosten in ein halbfertiges und deswegen in der Regel unbrauchbares Gutachten zu investieren.

Darauf, wie hoch schließlich die Kosten der Begutachtung waren und ob insoweit alle Rechnungsansätze des Sachverständigen gerechtfertigt waren, kommt es im Rahmen des vorliegenden Beschlussanfechtungsverfahrens nicht an. Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass sich hier ebenfalls die genannten Unwägbarkeiten deutlich gezeigt haben, weil wegen des zunächst unklaren Bildes insgesamt drei Termine durch den Sachverständigen an Ort und Stelle sowie zusätzlich die Erstellung einer Thermographie-Diagnose erforderlich wurden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, den unterlegenen Antragstellern die Gerichtskosten des Verfahrens dritter Instanz aufzuerlegen. Eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten war nicht veranlasst.

Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt aus § 48 WEG. und entspricht den unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzungen der Vorinstanzen.

Geschäftswert: bis 7.000,00 €

Ende der Entscheidung

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