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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 25.04.2006
Aktenzeichen: 24 U 156/05
Rechtsgebiete: LWG NW, BGB, ZPO


Vorschriften:

LWG NW § 115
LWG NW § 115 Abs. 1
LWG NW § 115 Abs. 1 Satz 1
LWG NW § 115 Abs. 1 Satz 2
BGB § 823
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
ZPO § 529
ZPO § 531
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 12. Oktober 2005 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 25 O 506/03 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Zur Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat unter Abweisung der Klage im Übrigen den Beklagten zur Zahlung von 214.491,16 € nebst 5 % Zinsen zuzüglich Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2003 verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch unter den Gesichtspunkten der Eigentumsverletzung, des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sowie der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zu. Durch den Spargelanbau habe der Beklagte die Beschaffenheit des Feldes dahin verändert, dass nicht versickertes Regenwasser in den zwischen den Spargeldämmen verdichteten Arbeitsgängen, verstärkt durch Abdeckung der Spargelbeete mit Folie, ungehindert zur Wand des Gewächshauses der Klägerin gelaufen sei. Demzufolge sei bei den an den fraglichen Tagen herrschenden starken Niederschlägen Wasser über den Boden in den Hallenbereich eingedrungen, so dass Wasser und Schlammmengen die Luftfeuchtigkeit im Gewächshaus erhöht und sich auf den Pflanzen rasch Mehltau- und Botrytispilze ausgebreitet hätten. Dies habe zu einer Schädigung des Pflanzenbestandes auf einer Fläche von etwa 5.328 qm geführt. Von diesen Zusammenhängen sei nach der Beweisaufnahme sowie den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dr. T auszugehen.

Der Beklagte habe auch rechtswidrig gehandelt, da er seiner Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen sei. Weil der Beklagte die mit Gefälle auf das Gewächshaus hin errichteten Arbeitsgänge angelegt sowie bei der Bearbeitung des Feldes verdichtet und zudem die Spargel-Hügel mit Folie abgedeckt habe, seien das Versickern von Niederschlägen und der natürliche Wasserablauf verändert worden. Die dadurch bedingte, das hinzunehmende Maß übersteigende Einwirkung auf das Grundstück der Klägerin habe der Beklagte zu vertreten. Spätestens nach den ersten Ereignissen hätte er handeln und einen vermehrten Zulauf von Wasser auf das Gewächshaus durch geeignete Maßnahmen verhindern müssen. Deshalb habe er der Klägerin den durch die Schädigung der Pflanzen entstandenen Schaden zu ersetzen, der sich nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen auf insgesamt 236.000,00 € belaufe. Im Rahmen der vorzunehmenden Schadensschätzung müsse allerdings berücksichtigt werden, dass in der Regel nicht der gesamte Bestand der eingekauften Pflanzen abgesetzt werde; dieser Anteil liege bei ca. 10 % des Gesamtbestandes.

Beide Parteien haben gegen das Urteil des Landgerichts jeweils form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese rechtzeitig begründet.

Der Beklagte erstrebt mit seinem Rechtsmittel die vollständige Abweisung der Klage. Er macht geltend, das Landgericht habe die Vorschrift des § 115 Abs. 1 Satz 2 LWG NW übersehen, deren Voraussetzungen hier erfüllt seien. Die Veränderung des Feldes durch den Spargelanbau stelle eine veränderte wirtschaftliche Nutzung des Grundstücks dar. Im Zuge der wirtschaftlichen Nutzungsänderung habe er - der Beklagte - die verkehrsübliche Sorgfalt beachtet. Es entspreche auch dem gewöhnlichen Spargelanbau, die angelegten Bahnen durch Folien zu schützen und hierdurch den Erntebeginn zu steuern. In das Gewächshaus sei nicht etwa Schlamm, für den § 115 LWG NW nicht gelte, eingetreten. Wie die Gutachten des Sachverständigen Dr. T ergeben hätten, sei vielmehr abfließendes Wasser in das Hallengebäude eingedrungen. Die dabei mittransportierten Bodenteilchen seien über eine normale Verschmutzung des Wassers nicht hinausgegangen. Schadensursache sei ohnehin eine Erhöhung der Luftfeuchtigkeit im Hallenbereich, die allein auf den Wassereintritt und nicht auf Schlammbildung beruhe.

Zudem sei das Landgericht nicht auf seinen - des Beklagten - Einwand eingegangen, die Zwischenräume der Spargeldämme seien aufgelockert worden, so dass der Boden des Spargelfeldes ausreichend versickerungsfähig gewesen sei. Wegen der Herkunft des Wassers habe sich das Landgericht zu Unrecht auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. T gestützt, dem für Fragen der Baukonstruktion die erforderliche Sachkunde fehle und dessen Gutachten insoweit in sich widersprüchlich seien. Nicht berücksichtigt worden sei auch, dass die Klägerin das Gewächshaus nicht hinreichend überwacht habe. Schließlich hätte das Landgericht nicht ohne Weiteres annehmen dürfen, der Klägerin sei ohne den Wasserschaden der Verkauf von 90 % der gezüchteten Christusdorne gelungen. Tatsächlich hätte die Klägerin weit weniger Pflanzen absetzen können.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 12. Oktober 2005 - 25 O 506/03 - die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur eigenen Berufung beantragt sie,

den Beklagten zu verurteilen, an sie über den Urteilsbetrag aus dem am 12. Oktober 2005 verkündeten Urteil des Landgerichts Köln mit 214.491,16 € nebst 5 % Zinsen zuzüglich Basiszinssatz weitere 10.754,42 € nebst 5 % Zinsen zuzüglich Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2003 zu zahlen.

Die Klägerin trägt vor, der Beklagte leite aus der Bestimmung des § 115 Abs. 1 Satz 2 WHG NW nicht die richtigen Rechtsfolgen her. Entscheidend sei nicht der Wechsel der Bewirtschaftung mit einer Änderung der Fruchtfolge, sondern der Umstand, dass der Beklagte im Spätherbst 2002 die Spargeldämme und damit mehr als die Hälfte der gesamten Anbaufläche des Feldes mit Plastikfolie abgedeckt habe, wodurch das Niederschlagswasser dort nicht mehr habe versickern können und in die Zwischenräume der Spargelbeete abgeleitet worden sei. Bei dieser Maßnahme handele es sich nicht um eine normale landwirtschaftliche Bearbeitung des Grundstücks, sondern um einen wesentlichen Eingriff in den natürlichen Wasserablauf, der nicht mehr als bloße Folge einer veränderten wirtschaftlichen Nutzung angesehen werden könne. Es sei auch unüblich und für die Anpflanzung eher schädlich, die Spargeldämme bereits im Spätherbst mit einer Folie abzudecken.

Entgegen der Darstellung des Beklagten sei sehr wohl Schlamm von der Spargelparzelle zu ihrem Grundstück abgeführt worden. Das habe der Sachverständige Dr. T klargestellt, indem er darauf hingewiesen habe, dass als Folge der künstlichen Veränderung der Oberfläche des Spargelfeldes der Oberboden abgeschwemmt worden sei und sich hierdurch Erosionsrinnen gebildet hätten. Das ablaufende Wasser habe nicht nur Feinteile, sondern größere Schlammmengen unter den Streifenfundamenten in das Gewächshaus abgeschwemmt. Das habe der Beklagte in erster Instanz auch nicht substantiiert bestritten. Unabhängig davon komme es auf die Frage, ob lediglich Wassermengen oder auch Schlammmassen in die Halle eingedrungen seien und die Überschwemmung verursacht hätten, nicht entscheidend an, da auch Schlamm zur Erhöhung der Luftfeuchtigkeit führe.

Den ihr vom Beklagten zu ersetzenden Schaden habe das Landgericht zu gering bemessen. Für eine Kürzung um 10 % gebe es keine Grundlage. Sie - die Klägerin - habe sich auf die Kultivierung von Pflanzen spezialisiert, die fast ausschließlich an langjährige Großkunden verkauft würden, so dass der Warenabsatz insoweit gesichert sei. Der Verlustanteil in ihrem Betrieb liege daher bei allenfalls 3 % bis 5 %; für das Berufungsverfahren gehe sie von der Obergrenze von 5 % aus. Im Übrigen sei nach ihrem Verständnis vom Gutachten dieser Risikobereich bereits in der Gesamtkalkulation des Sachverständigen zur sogenannten Variante 2, dem "Notverkauf", enthalten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Er entgegnet, das Vorbringen der Klägerin biete keine konkreten Anhaltspunkte für eine Schadensschätzung. Für eine Anhebung der Verkäuflichkeitsquote auf mehr als 90 % fehle jegliche Grundlage.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Streitstandes wird auf den Inhalt der in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die Berufungen beider Parteien sind zulässig. In der Sache hat allein das Rechtsmittel des Beklagten Erfolg. Der Klägerin stehen wegen der Überschwemmung ihres Gewächshauses Ende Dezember 2002 keine Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu.

Der Beklagte hat widerrechtlich weder eine Verkehrssicherungspflicht (§ 823 Abs. 1 BGB) verletzt noch gegen ein Schutzgesetz zu Gunsten der Klägerin im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB verstoßen und sich somit nicht durch eine unerlaubte Handlung schadensersatzpflichtig gemacht.

Als Pächter aneinandergrenzender Flächen unterliegen die Parteien den Sonderregeln des Nachbarrechts. Im Verhältnis zwischen Grundstücksnachbarn sind die nachbarrechtlichen Sonderbestimmungen in dem davon erfassten Regelungsbereich maßgebend dafür, ob die von einem auf das andere Grundstück ausgehenden Einwirkungen rechtswidrig sind. Diese Bestimmungen entscheiden deshalb auch darüber, ob eine widerrechtliche deliktische Handlung gemäß § 823 BGB vorliegt (BGH NJW 1984, 2207; NJW-RR 2000, 537). Als Pächter der aneinandergrenzenden Flächen sind die Parteien Grundstücksnachbarn im Sinne des Nachbarrechts, das sich nicht etwa auf die jeweiligen Grundeigentümer beschränkt (vgl. BGH NJW 1984, 2207). Für eine unterschiedliche Behandlung von Eigentümern und Pächtern im Hinblick auf die von einem auf das andere Grundstück ausgehenden Einwirkungen gibt es auch keine sachliche Rechtfertigung.

Zu den nachbarrechtlichen Vorschriften zählen diejenigen des sogenannten Wassernachbarrechts, welche die allgemeine Verkehrssicherungspflicht konkretisieren (BGH VersR 1983, 242; NJW-RR 2000, 537, 538). Ein Teil des Nachbarrechts ist daher auch die Regelung des § 115 Abs. 1 LWG NW (BGH NJW 1991, 2771). Sie ist zugleich ein Schutzgesetz zu Gunsten des Nachbarn im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (BGH NJW 1980, 2581; VersR 1982, 242 jeweils zu der im Wesentlichen gleichlautenden Vorschrift des § 78 LWG NW a. F.; Honert/Rüttgers, Landeswassergesetz Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl., § 115 Anm. 1; Schäfer, Nachbarrechtsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 14. Auflage, § 27 Rn. 3).

Dass die Vorschriften des Wasserrechts in erster Instanz nicht angesprochen worden sind, steht ihrer Berücksichtigung nicht entgegen, da die Rechtsanwendung Aufgabe des Gerichts ist und es sich nicht um neues Tatsachenvorbringen handelt, dessen Zulässigkeit nach §§ 529, 531 ZPO zu beurteilen wäre.

Gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1 LWG NW darf der Eigentümer eines Grundstücks den Ablauf des wild abfließenden Wassers nicht künstlich so ändern, dass tieferliegende Grundstücke belästigt werden. Dieses Verbot trifft nicht nur den Grundstückseigentümer, sondern jeden, der von diesem Befugnisse ableitet, somit auch Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte; denn das Verfügungsrecht des Nutzungsberechtigten als vom Eigentümer abgeleitetes Recht kann über dasjenige des Grundeigentümers nicht hinausgehen (Burghartz, Wasserhaushaltsgesetz und Wassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 2. Auflage, § 78 LWG Anm. 1; von Lersner/Berendes, Handbuch des Deutschen Wasserrechts, Band 4, § 115 LWG NW Rn. 4). Daher unterliegt auch der Beklagte den Beschränkungen des § 115 Abs. 1 LWG NW.

Als Niederschlagswasser ist das auf das Wassergrundstück übertretende Oberflächenwasser wild abfließendes Wasser im Sinne des § 115 LWG NW (BGH NJW 1991, 2771). Der Anwendungsbereich dieser wasserrechtlichen Vorschrift ist im vorliegenden Fall eröffnet, weil die streitbefangene Überschwemmung des Gewächshauses der Klägerin von wild abfließendem Wasser verursacht worden war.

Die wasserrechtliche Sonderregelung des § 115 LWG NW betrifft den Umgang mit Wasser und nicht die Beeinträchtigung durch Einschwemmung von Bodenbestandteilen und deren Ablagerung auf dem Nachbargrundstück (BGH NJW 1980, 2581). Nicht jede Verschmutzung des wild abfließenden Wassers mit Bodenbestandteilen schließt jedoch die Anwendung der wasserrechtlichen Bestimmungen aus (BGH a. a. O.). Soweit das Wasser naturgemäß in gewissem Umfang mit abgeschwemmten Bodenbestandteilen vermengt ist, hindert das die Anwendung der wasserrechtlichen Sonderregelung nicht. Diese gilt bei einer Beeinträchtigung des Grundstücks durch Wasser, sofern es sich nicht um die Einschwemmung und Ablagerung von Bodenbestandteilen in einem Umfang handelt, der über eine natürliche Verschmutzung des abfließenden Regenwassers hinausgeht (BGH NJW 1991, 2771). Entscheidend ist, ob Bodenbestandteile in einem Maße abgeschwemmt worden sind, das die bloße Verschmutzung des abfließenden Wassers übersteigt, und ob und inwieweit der Schaden gerade auf der Einschwemmung dieser Bodenbestandteile beruht (BGH NJW 1980, 2581; OLG Düsseldorf OLGR 2000, 322; Honert/Rüttgers § 115 Anm. 1; vgl. auch von Lersner/Berendes § 115 LWG NW Rn. 5).

Das Gewächshaus der Klägerin ist nach den heftigen Regenfällen Ende Dezember 2002 mit Oberflächenwasser überschwemmt worden, welches mit Bodenbestandteilen lediglich in einem natürlichen Maße verschmutzt war. Im ersten Rechtszug war keineswegs unstreitig, dass Schlammmassen in das Gewächshaus eingedrungen waren und die von der Klägerin geltend gemachten Schäden verursacht haben. Der Beklagte hat stets eine Überschwemmung des Hallengebäudes von seinem Spargelfeld aus in Abrede gestellt und andere Ursachen der Überflutung, insbesondere eine Untauglichkeit der am Gewächshaus vorhandenen Abflussvorrichtungen, dargetan. Demgegenüber war das erstinstanzliche Tatsachenvorbringen der Klägerin zur Beschaffenheit des eingeschwemmten Materials uneinheitlich. In den Schriftsätzen ist einerseits von "Wasser- und Schlammmassen" die Rede (Bl. 4, 10, 48, 181 d.A.), andererseits aber ausgeführt, die geltend gemachten Schäden seien "als Folge der eingedrungenen Wassermassen entstanden", weil durch das "in weiten Bereichen über ca. 20 cm hoch und "blank" stehende Wasser auf den Bodenflächen" sich "die Luftfeuchtigkeit rapide" erhöht habe (Bl. 8 d.A.). Ebenso unklar sind in dieser Hinsicht auch die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Urteil. So ist im Tatbestand zunächst von dem Abschwemmen von "Wassermengen als Schlammmassen" die Rede, anschließend dagegen von einem "Eindringen von Wasser in den Hallenboden". Die Entscheidungsgründe wiederum enthalten zum Einen die Aussage, die Luftfeuchtigkeit im Hallenbereich habe sich "durch das eingedrungene Wasser sowie die Schlammmengen" erhöht, zum anderen dagegen die Feststellung, die Niederschläge hätten den von dem Sachverständigen ermittelten Schaden "infolge des Wassereindringens verursacht".

In ihrer Berufungserwiderung behauptet die Klägerin, die ablaufenden Wassermengen hätten nicht nur Feinteile, sondern größere Schlammmengen unterhalb der Streifenfundamente in das Gewächshaus abgeschwemmt. Zum Beleg dafür nimmt sie ausdrücklich auf die von dem Sachverständigen Dr. T getroffenen Feststellungen Bezug. Dessen Gutachten bestätigt die Behauptung, in das Gewächshaus sei Schlamm eingeschwemmt worden, jedoch nicht; die Ausführungen des Sachverständigen führen vielmehr zu der gegenteiligen Feststellung, dass nur natürlich verschmutztes Oberflächenwasser in das Hallengebäude eingedrungen ist.

Bereits in dem Erstgutachten vom 05. Mai 2003 spricht der Sachverständige Dr. T zwar von "Schlammablagerungen", hebt zugleich jedoch hervor, dass "Wassermengen" in den betreffenden Gewächshausbereich geflossen seien (Seite 11 ). Den Schadenshergang hat der Sachverständige mit dem Prinzip "kommunizierender Röhren" dahin erläutert, dass sich Wassersäulen, die sich auf der einen Seite des Betonstreifenfundaments bilden, auf der gegenüberliegenden Seite verhältnismäßig rasch ausgleichen, indem Wasser in das Gewächshaus eindringt (Seite 15). Die erwähnten "Schlamm- und Feinteilabschwemmungen" bezeichnet der Sachverständige ausdrücklich als "Sinterstoffe" (Bl. 17 ). Mit ausreichender Sicherheit lasse sich - so der Gutachter - konstatieren, dass die Schäden "aus dem Wassereintritt in die Treibhausanlage stammen müssen" (Seite 18).

Das Ergänzungsgutachten vom 19. November 2004 stellt die Zusammenhänge endgültig klar. Danach ist es in der Weise zum Wassereintritt in das Gewächshaus gekommen, dass das Oberflächenwasser sich vor dem Betonstreifenfundament gesammelt hat und unter diesem hindurch in das Hallengebäude eingedrungen ist (Seite 16). Nicht dagegen sind Schlammmassen vom Spargelfeld abgeschwemmt und in das Gewächshaus hineingedrückt worden. Aus dem Ergebnis der vorgenommenen Besichtigung und den örtlichen Verhältnissen hat der Sachverständige den Schluss gezogen, dass das "eingedrungene Wasser" "in weiten Teilen bis zu 20 cm hoch", und zwar "blank" gestanden haben müsse (Seite 18). Im Ergänzungsgutachten wird weiter ausgeführt, es seien "nicht Teile der Ackerkrume transportiert" worden, "sondern Schwebteile des Ackerbodens in Korngrößen von hundertstel Millimeter"; "diese winzigen Teile" seien "mit dem Wasser durch das Erdreich" unter dem Streifenfundament hindurch eingedrungen (Seite 23). Ausdrücklich hebt der Sachverständige hervor, dass die "mit ablaufendem Oberflächenwasser transportierten Schweb- und Schlämmteilchen" nicht als "Schlamm" bezeichnet werden könnten, da die "Schwebstoffe", die sich auf der Außenseite vor dem Treibhaus abgelagert hätten, als "Ablagerungen" allenfalls "eine Stärke von wenigen Millimetern" aufgewiesen hätten (Seite 39). Auf dem Hallenboden - so der Sachverständige - habe er "Schwebstoffablagerungen" vorgefunden, "wie sie typischerweise nach solchen Überschwemmungen bekannt" seien (Seite 49). Zurückgeblieben seien die anlässlich der Ortsbesichtigung festgestellten "Sinterungen (Ablagerungen von Schweb- und Schlämmteilchen)"; in der Gewächshausanlage habe "großflächig Wasser blank" gestanden, "das vom Spargelfeld kommend in das Streifenfundament der nördlichen Stehwand eingesickert" sei (Seite 53 d.A.). Sodann betont der Sachverständige nochmals, von "Schlammmassen" könne keine Rede sein; vielmehr seien "Sinterungen (Ablagerungsschichten) der mit dem eintretenden Wasser transportierten feinsten Schmutzteile" vorgefunden worden, die sich "mit zeitlichem Verzug im ruhenden Wasser nach unten zum Boden hin absetzen und zurückbleiben, wenn das Wasser verschwindet" (Seite 54). Anschließend bekräftigt der Gutachter, dass das Wasser in das Gewächshausinnere eingesickert sei und "Schmutzteilchen, Schweb- und Schlämmstoffe ... dabei mittransportiert" habe (Seite 56).

Der Sachverständige Dr. T hat demnach eindeutig festgestellt, dass Niederschlagswasser unterhalb des Streifenfundaments in das Gewächshaus eingedrungen ist und Schweb- sowie Schmutzteilchen mit sich geführt hat, die sich nach dem Absinken des Wasserspiegels auf dem Boden als Ablagerungsschicht abgesetzt haben. Bodenbestandteile, die über eine bloße Verschmutzung des abfließenden Regenwassers hinausgehen, sind danach nicht in das Gewächshaus eingeschwemmt worden. Die von dem Sachverständigen Dr. T aus den eindeutigen Feststellungen gezogenen Schlüsse sind nachvollziehbar und überzeugen. Auch einem technischen Laien erscheint es als kaum vorstellbar, dass Regenwasser, welches unter dem Fundament eines Gebäudes hindurch im Gebäudeinneren hochgedrückt wird, nicht nur die gewöhnlichen Schmutzteilchen, sondern regelrechten Schlamm mit sich führen soll.

Ergänzender Beweiserhebungen zur Frage, welche Stoffe mit dem Oberflächenwasser in den Hallenboden eingedrungen sind, bedarf es nicht. Die Ausführungen des Sachverständigen Dr. T, auf die sich die Klägerin selbst beruft, sind klar und keiner Erläuterung bedürftig. Da sein Gutachten nachvollziehbar, schlüssig und überzeugend ist, besteht auch kein Anlass, ein weiteres Gutachten einzuholen.

Den Ablauf des Oberflächenwassers hat der Beklagte verändert, indem er Spargelbeete angelegt und diese mit Kunststofffolien abgedeckt hat. Unter das Verbot, den Ablauf des wild abfließenden Wassers künstlich so zu ändern, dass tieferliegende Grundstücke belästigt werden, fällt indessen eine Veränderung des Wasserablaufs infolge veränderter wirtschaftlicher Benutzung des Grundstücks nicht (§ 115 Abs. 1 Satz 2 LWG NW). Die Regelung verfolgt den Zweck, den sogenannten Oberlieger durch das in § 115 Abs. 1 Satz 1 LWG NW bestimmte Verbot in seiner Dispositionsfreiheit nicht zu stark einzuschränken und ihm in der wirtschaftlichen Ausnutzung seines Grundstücks Bewegungsfreiheit zu lassen (BGH MDR 1972, 305 zu § 78 LWG NW a. F.; OLG Düsseldorf NJW-RR 1991, 1115; OLG Köln - 6. Zivilsenat - VersR 1995, 667; OLG Schleswig OLGR 1997, 6 zu § 60 LWG SH). Die Rücksichtnahme auf den sogenannten Unterlieger soll nicht dazu führen, den Oberlieger an der Bewirtschaftung seines Grundstücks zu hindern (BGH NJW 1991, 2772). Die Gründe für die Änderung der wirtschaftlichen Nutzung spielen dabei keine Rolle (Burghartz § 78 LWG § 78 Anm. 4; Honert/Rüttgers § 115 Anm. 3; von Lersner/Berendes § 115 LWG NW Rn. 8). Als Veränderung im Sinne des § 115 Abs. 1 Satz 2 LWG NW kommt insbesondere eine andere landwirtschaftliche Bearbeitung des Grundstücks in Betracht (OLG Düsseldorf OLGR 2000, 320; Honert/Rüttgers a. a. O.; Burghartz a. a. O.). Um eine solche Fallgestaltung handelt es sich hier. Der Beklagte hat nach der Anpachtung der landwirtschaftlich genutzten Parzelle, die in der Vergangenheit im Rahmen der sogenannten rheinischen Fruchtfolge bewirtschaftet worden war, die Nutzung auf den Anbau von Spargel umgestellt. Der Wechsel der landwirtschaftlichen Bearbeitung der Parzelle hin zum Spargelanbau und die damit einhergehende Anhäufung von Dämmen stellt eine Veränderung der wirtschaftlichen Nutzung des Grundstücks im Sinne des § 115 Abs. 1 Satz 2 LWG NW dar.

Die entscheidende Ursache für die Überschwemmung sieht die Klägerin allerdings darin, dass der Beklagte die Spargelbeete mit Kunststofffolie abgedeckt und auf diese Weise die versickerungsfähige Fläche des Feldes wesentlich vermindert hat. In diesem Zusammenhang behauptet sie, es sei weder üblich noch für die Spargelernte nützlich, die Folie - wie im Jahr 2002 geschehen - bereits im Spätherbst aufzubringen; sinnvoll sei dies erst bei Beginn der Wachstumsphase im Frühjahr. Der Streit darüber, ob es den allgemeinen Regeln des Spargelanbaus entspricht, die im Grundsatz übliche Folienabdeckung der Beete bereits im Spätherbst vorzunehmen, kann jedoch letztlich auf sich beruhen. Das sich für den Beklagten aus § 115 Abs. 1 Satz 2 LWG NW ergebende Recht, den Ablauf des wild abfließenden Wassers durch eine Änderung der wirtschaftlichen Grundstücksnutzung zu verändern, hängt von dieser Frage nicht ab. Da § 115 Abs. 1 Satz 2 LWG NW die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des "Oberliegers" sicherstellen soll, spielt es keine Rolle, ob die wirtschaftliche Benutzung des Grundstücks geändert werden musste (OLG Schleswig OLGR 1997, 6; Burghartz § 78 Anm. 4) und ob die einzelne Maßnahme notwendig war (OLG Köln - 6. Zivilsenat - VersR 1995, 667). Ebenso wenig kommt es auf die Zweckmäßigkeit der Änderung an (OLG Schleswig a. a. O.). Daher ist unerheblich, ob die Änderungsmaßnahme technisch richtig und einwandfrei ist; denn darüber hat allein der "Oberlieger" zu entscheiden (OLG Köln - 7. Zivilsenat - MDR 1979, 233; OLG Köln - 13. Zivilsenat - VersR 1989, 752; OLG Köln - 6. Zivilsenat - VersR 1995, 667). Dem "Oberlieger" ist es lediglich verwehrt, dem "Unterlieger" Wasser durch eine besondere Anlage zuzuleiten (OLG Köln - 7. Zivilsenat - a. a. O.) oder mit der Änderungsmaßnahme das alleinige Ziel der Wasserableitung zu verfolgen (OLG Köln - 6. Zivilsenat - a. a. O.). Einem derartigen Zweck hat die Folienabdeckung der Spargeldämme jedoch unstreitig nicht gedient. Die Klägerin selbst hat darauf hingewiesen, dass der Beklagte die Spargeldämme durch die Plastikfolie "vor Kälte und Niederschlägen geschützt" (Bl. 4 d.A.) sowie "den Spargel ... zur Verbesserung und Beschleunigung der Ertragslage mit Plastikfolie abgedeckt" habe (Blatt 164 d.A.). Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin war es somit nicht das Ziel des Beklagten, Niederschlagswasser von seinem Spargelfeld abzuleiten und/oder dem tiefer gelegenen Grundstück zuzuführen; die Änderung des Wasserablaufs war vielmehr nur die Folge einer Maßnahme der Bewirtschaftung des Spargelfeldes. Für die Anwendung des § 115 Abs. 1 Satz 2 LWG NW entscheidend ist aber der innere Zusammenhang zwischen der veränderten wirtschaftlichen Benutzung und der Änderung des Wasserablaufs (BGH NJW 1980, 2580; vgl. auch OLG Köln - 6. Zivilsenat - VersR 1995, 667). Ein solcher Zusammenhang hat nach dem Vortrag beider Parteien hier bestanden. Demnach hat der Beklagte, indem er die Spargeldämme angelegt und diese mit Plastikfolie abgedeckt hat, im Verhältnis zur Klägerin nicht rechtswidrig gehandelt und deshalb auch keinen Schadenersatz zu leisten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und es auch einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung nicht bedarf.

Streitwert:

1. für die Berufung des Beklagten: 214.491,16 €

2. für die Berufung der Klägerin: 10.754,42 €

3. insgesamt: 225.245,58 €

Ende der Entscheidung

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