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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 16.10.2007
Aktenzeichen: 4 UF 19/07
Rechtsgebiete: BGB, AO


Vorschriften:

BGB § 1361
BGB § 1579 Ziff. 7
AO § 270
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Auf die Berufungen der Parteien wird unter teilweiser Zurückweisung der Berufung des Beklagten und unter Abweisung seiner "Hilfswiderklage" sowie der Klage im Übrigen das am 12.01.2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Bonn - 45 F 124/06 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin

1. für die Zeit von März 2006 bis einschließlich Mai 2006 Trennungsunterhalt in Höhe von 2.379,00 € (= 3 x 793,00 €) nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.04.2006 (mittlerer Zinslauf),

2. von Juni 2006 bis einschließlich Dezember 2006 monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 793,00 € sowie

3. ab Januar 2007 monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 280,00 € zu zahlen, und zwar rückständigen Unterhalt sofort und zukünftigen Unterhalt jeweils im Voraus bis zum 3. Kalendertag eines jeden Monats.

II. 1. Für die erste Instanz verbleibt es bei der amtsgerichtlichen Kostenentscheidung im angegriffenen Urteil.

2. Auch die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 20 % und der Beklagte zu 80 %.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat nach teilweiser Berufungsrücknahme im Termin zur mündlichen Verhandlung in vollem Umfange Erfolg. Dagegen erweist sich die Berufung des Beklagten zum Teil als erfolglos, da er für die Zeit ab Januar 2007 lediglich eine Herabsetzung des ausgeurteilten monatlichen Unterhaltes von 425,00 € auf 280,00 € verlangen kann und im Übrigen seine Berufung, die auf Klageabweisung in vollem Umfang und widerklagend auf Rückzahlung zuviel gezahlten Unterhaltes (vom 01.05.2006 bis 31.12.2006 monatlich 793,00 € und ab Januar 2007 monatlich 425,00 €) gerichtet war, ebenso erfolglos bleiben musste wie die Klage, soweit mit ihr noch mehr als 280,00 € monatlich ab 01.01.2007 gefordert wurde.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Trennungsunterhaltsanspruch in der Zeit von März 2006 bis einschließlich Dezember 2006 in Höhe von monatlich 793,00 € sowie ab Januar 2007 in Höhe von monatlich 280,00 € gemäß § 1361 BGB zu.

In diesem Umfang ist der Beklagte leistungsfähig und die Klägerin bedürftig.

Zu den Einkommensverhältnissen der Parteien ist im Hinblick auf deren Berufungsvorbringen Folgendes auszuführen:

A.

Einkommen des Beklagten

I. Erwerbseinkommen

1. Im Jahre 2006 ist entsprechend den amtsgerichtlichen und von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen von einem Nettoerwerbseinkommen des Beklagten von monatlich 1.961,52 € auszugehen.

2. Im Jahre 2007 beträgt das Erwerbseinkommen unstreitig 1.653,40 €. Dem Erwerbseinkommen des Beklagten sind derzeit keine fiktiven Steuervorteile hinzuzurechnen, die aus nicht in Anspruch genommenen Steuervorteilen bezüglich des nicht durchgeführten Realsplittings bei Eintragung eines entsprechenden Steuerfreibetrages entstanden wären. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. FamRZ 2007, 793 ff., 797 Ziffern 40-43), der der Senat folgt, ist es dem Beklagten nicht zumutbar, vor Abschluss des Verfahrens sich einen entsprechenden Steuerfreibetrag eintragen zu lassen, da er die gesamte Unterhaltsverpflichtung in Abrede stellt und widerklagend darüber hinaus Rückzahlung bereits gezahlter Unterhaltsbeträge verlangt. Würde er nämlich in vorliegendem Verfahren unterliegen, müsste er die bereits erlangten Steuervorteile wieder zurückzahlen.

Andererseits wäre vom Einkommen des Beklagten selbst dann nicht die geringfügige Steuernachforderung in Höhe von 195,29 € gemäß Steuerbescheid vom 04.09.2007 für das Jahr 2006 einkommensmindernd in Abzug zu bringen, wenn dieser Vortrag berücksichtigt würde. Erklärtermaßen sieht der Beklagte diesen Steuerbescheid nur als vorläufig an und hat bereits angekündigt, dass er für den Fall der Verurteilung die Unterhaltszahlungen steuermindernd geltend machen wird. Dies kann noch in diesem Jahr geschehen, so dass jedenfalls das vom Amtsgericht angenommene monatliche Nettoerwerbseinkommen in Ansatz gebracht werden kann.

Soweit der Beklagte mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 30.09.2007 auf die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zum 01.07.2008 hinweist, ist dies vorliegend nicht entscheidungserheblich, da nicht prognostiziert werden kann, wie sich die Einkommensverhältnisse des Beklagten ab dem 01.07.2008 entwickeln werden.

3. Steuerrückerstattung in Höhe von 13.176,28 €

Streit herrscht zwischen den Parteien darüber, ob und in welchem Umfang dem Nettoeinkommen des Beklagten Steuerrückerstattungsbeträge von insgesamt 13.176,28 € hinzuzurechnen sind, die er im Jahr 2006 für die Jahre 2000 bis 2005 erhalten hat.

An den Beklagten wurden vom Finanzamt 2.706,28 € ausgezahlt und der überschießende Betrag von 10.470,00 € an das Finanzamt L/Süd zum Ausgleich einer Erbschaftssteuerschuld des Beklagten geleistet. Auch wenn der letztgenannte Betrag nicht dem Beklagtenvermögen direkt zugeflossen ist, sind diese Steuerrückerstattungsbeträge in vollem Umfange (auf das Jahr umgerechnet ergibt sich ein monatlicher Durchschnittswert von 1.098,00 €), dem Einkommen des Beklagten zuzurechnen, da sie seinem Vermögen zugeflossen sind. So hat der Beklagte in Höhe von 10.470,00 € eigene Schulden getilgt. Diese Schuldentilgung ist aber vorliegend unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen. Die getilgten Erbschaftssteuerschulden sind nicht ehebedingt. Vielmehr betreffen sie den Beklagten ganz persönlich. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes können zwar nicht ehebedingte bzw. eheprägende Schulden des Unterhaltsverpflichteten berücksichtigt werden. Dies gilt dann, wenn sie seine Leistungsfähigkeit nachhaltig verschlechtern. Der Bundesgerichtshof hat dies damit begründet, dass auch bei Fortbestand der Ehe die wirtschaftliche Situation der Eheleute mit diesen Schulden belastet worden wäre. Andererseits hat der Bundesgerichtshof aber für die Anrechenbarkeit neuer Schulden bzw. nicht eheprägender oder nicht ehebedingter Schulden dahingehend eine Ausnahme gemacht, dass eine Anrechenbarkeit der Schulden nur dann gegeben ist, wenn sie in unterhaltsrechtlich nicht zu beanstandender Weise entstanden sind. Hiervon kann nach Auffassung des Senates vorliegend nicht ausgegangen werden. Zutreffend weist das Familiengericht darauf hin, dass die Erbschaft einen Wert von über 100.000,00 € hatte. Der Beklagte war ohne Weiteres in der Lage, aus der Erbschaft die angefallenen Erbschaftssteuern zu begleichen. Dies hat er nicht getan, statt dessen hat er die Erbschaft - wie er selbst vorträgt - zumindest teilweise für eigene Zwecke verbraucht.

Soweit der Beklagte vorträgt, die Parteien hätten sich dahin geeinigt, dass die im Jahre 2006 rückerstatteten Steuern in Höhe von insgesamt 20.938,25 € dahin aufgeteilt werden sollten, dass hiervon die Klägerin 7.761,97 € und er, der Beklagte, 13.176,28 € erhalten sollten, um von den erhaltenen 13.176,28 € die Erbschaftssteuerschuld in Höhe von 10.470,00 € ausgleichen zu können, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Entscheidend ist, dass die entsprechenden Beträge dem Vermögen des Beklagten zugeflossen sind und er hiervon eigene Schulden tilgen konnte. Die vom Beklagten vorgetragene Einigung zwischen den Parteien hatte somit keine unterhaltsrechtliche Bedeutung. Insbesondere kann sich der Beklagte nicht auf die BGH-Rechtsprechung stützen, wonach die Aufteilung einer nach der Trennung der Eheleute sich ergebende Erstattungsforderung zusammen veranlagter Ehegatten im Innenverhältnis grundsätzlich unter entsprechender Heranziehung des § 270 AO auf der Grundlage fiktiver getrennter Veranlagung der Ehegatten zu erfolgen hat (vgl. u. a. BGH FamRZ 2006, 1178). Dieser Grundsatz gilt nämlich nach Auffassung des Senates dann nicht, wenn die Eheleute - wie hier - eine anderweitige Vereinbarung über die Verteilung der Steuerrückerstattung getroffen haben. Dies ist aber gerade auch nach dem Vortrag des Beklagten der Fall.

Auch der Gesichtspunkt, dass der Beklagte einen Teil seiner Erbschaft darauf verwandt hat, um Steuerschulden der Eheleute bzw. der Klägerin auszugleichen, rechtfertigt aus unterhaltsrechtlicher Sicht keine andere Entscheidung. Zum einen folgt aus der Einigung der Parteien, wie der Steuerrückerstattungsbetrag aufzuteilen ist, gerade nicht, dass er unterhaltsrechtlich nicht als Einkommen zu betrachten ist. Zum anderen rechtfertigt auch der Umstand, dass der hohe Steuerrückerstattungsbetrag daraus resultiert, dass der Beklagte Steuervorauszahlungen aus seinem Vermögen geleistet hat, die auch im Zusammenhang mit den Einkünften der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung standen. Die Eheleute haben in den Jahren bis 2005 gemeinsam gewirtschaftet und entsprechend aus ihrem Vermögen zu zahlende Steuern beglichen. Dabei mag es durchaus zutreffen, dass die Parteien ihre Steuererklärungen nicht mit der notwendigen Sorgfalt abgegeben haben, so dass Steuervorauszahlungen anfielen. Gleichwohl entstanden diese Schulden während intakter Ehe. Im einzelnen kann nicht festgestellt werden, wie die Steuervorauszahlungen, die ja nachträglich erhoben wurden und als Steuervorauszahlungen nur deklariert wurden, weil keine Steuererklärungen abgegeben wurden, geleistet worden sind. Dabei mag durchaus auch aus der Erbschaft des Beklagten auf die Steuervorauszahlungen geleistet worden sein. Diese Zahlungen erfolgten aber im Rahmen der bestehenden ehelichen Gemeinschaft. Für einen internen Ausgleich sieht der Senat nach den dann später getroffenen Vereinbarungen der Parteien zur Aufteilung der Steuerrückerstattung keine Veranlassung. Nach Auffassung des Senates muss es daher bei dem sogenannten "In-Prinzip" bleiben, wonach alles das als Einkommen zu behandeln ist, was den Parteien vermögensmäßig zugeflossen ist.

Andererseits sieht der Senat keine Veranlassung, entsprechend den Einwendungen der Klägerin aus Billigkeitsgründen und wegen der Höhe der Steuerrückerstattung diese auf mehrere Jahre zu verteilen. Dies gilt um so mehr, als die Steuerrückerstattung weitgehend verbraucht worden ist und dem Beklagten in den Folgejahren nicht mehr zur Verfügung stand. Da die Begleichung der Steuerschulden nach Auffassung des Senates unterhaltsrechtlich unbeachtlich ist, ist es im Rahmen der Billigkeitsabwägung andererseits geboten, den Verbrauch der Steuerrückerstattung zumindest insoweit zu berücksichtigen.

II.

Unstreitig ist vom Einkommen des Beklagten die ihn monatlich treffende Darlehensrate in Höhe von 159,84 € abzuziehen.

B.

Einkommen der Klägerin

I.

Unstreitig hat die Klägerin kein eigenes Erwerbseinkommen.

Die Klägerin trifft nach den gegebenen Umständen auch keine Erwerbsobliegenheit. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die lange Ehedauer und die Tatsache, dass die Klägerin niemals berufstätig war. Im Trennungsjahr (2006) brauchte sie ohnehin nicht zu arbeiten. Nunmehr ist die Klägerin 60 Jahre alt und es ist bei der gegebenen Sachlage von einer Vermittelbarkeit der Klägerin gerade im Hinblick auf ihren beruflichen Werdegang nicht mehr auszugehen.

Zudem kommt hinzu, dass die Klägerin auch nach dem Vortrag des Beklagten in erheblicher Weise psychisch erkrankt ist, was für ihre vorgetragene krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit spricht. Worauf diese psychische Erkrankung beruht, braucht vorliegend nicht abschließend geklärt werden. Jedenfalls spricht der gesundheitliche Zustand der Klägerin als weiteres Indiz gegen eine Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt.

Der Klägerin kann auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie erst jetzt einen Antrag auf Zahlung einer Erwerbsunfähigkeitsrente gestellt hat. Die Trennung der Parteien ist im Jahre 2006 vollzogen worden. Zwischenzeitlich befand sich die Klägerin zeitweise in stationärer Krankenhausbehandlung. Zudem steht nicht fest, ob und in welcher Höhe überhaupt eine Rente gezahlt wird.

Dabei ist insbesondere auch darauf hinzuweisen, dass auch der Beklagte, solange die Parteien zusammenlebten, nicht darauf hingewirkt hat, dass ein entsprechender Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente gestellt wurde.

II. Steuerrückerstattung in Höhe von 7.761,97 €

Darüber hinaus muss sich die Klägerin ebenso wie der Beklagte nach dem "In-Prinzip" die an sie gezahlte Steuerrückerstattung anrechnen lassen. Diese belief sich auf 7.761,97 €. Wie oben bereits ausgeführt, ist aufgrund der von den Parteien einvernehmlich getroffenen Aufteilung der Steuerrückerstattung die Frage, wem unter Heranziehung des § 270 AO bei getrennter Veranlagung die zurückerstatteten Steuern zustehen, für den vorliegenden Unterhaltsrechtsstreit unerheblich.

Soweit die Klägerin dartut, dass sie mit dem erhaltenen Rückerstattungsbetrag eigene Verbindlichkeiten getilgt hat bzw. die rückerstattete Steuer verbraucht ist, kann sie hiermit unter Beachtung der oben dargelegten Grundsätze des Bundesgerichtshofes zur Anrechenbarkeit von nicht ehebedingten bzw. nicht eheprägenden Neuschulden nur wie folgt gehört werden:

1. Nicht ausreichend belegt ist die angeblich getilgte Darlehensforderung der Schwester der Klägerin in Höhe von 1.500,00 €. So wird auch nicht konkret belegt, wofür im Einzelnen die Darlehensforderung verwendet wurde. Ein Hinweis der Klägerin im Allgemeinen auf ihren Unterhaltsbedarf ist hierzu nicht ausreichend. Dabei fällt ins Gewicht, dass die Klägerin - was der Beklagte ihr an anderer Stelle auch vorwirft - sehr schnell die Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Anordnung betrieben hat. Mehr als die vollstreckten bzw. auf die einstweilige Anordnung hin gezahlten Beträge standen der Klägerin - wie sich aus ihren nunmehr gestellten Anträgen gerade auch ergibt - nicht zu. Daher ist davon auszugehen, dass der Beklagte - wenn auch nicht freiwillig - grundsätzlich relativ zeitnah, wenn auch nicht immer korrekt zu den Fälligkeitszeitpunkten, seiner Unterhaltsverpflichtung nachgekommen ist. Mehr brauchte er nicht zu tun. Nahm die Klägerin dennoch ein Darlehen auf, um ihren weiteren Bedarf zu decken, kann dies nicht zu Lasten des Beklagten gehen.

2. Auch die Unterstützung des volljährigen Sohnes, der arbeitslos geworden ist, kann nach Auffassung des Senates unterhaltsrechtlich nicht anerkannt werden, da hiermit nicht eine bestehende Schuld getilgt wurde bzw. wird. Unterhaltsberechtigt gegenüber der Klägerin war der Sohn nämlich nicht mehr. Er hat bereits eine Berufsausbildung hinter sich und war in seinem Beruf tätig. Die Arbeitslosigkeit des Sohnes begründete nicht ohne Weiteres einen Unterhaltsanspruch gegen die Klägerin. Die Klägerin mag sich zur Zahlung an den Sohn moralisch verpflichtet gefühlt haben; dies ist auch ehrenwert. Jedoch ist der Beklagte - auch wenn die Zahlungen dem Unterhaltsbedarf des gemeinsamen Sohnes dienten - nicht gehalten, dies aus unterhaltsrechtlicher Sicht zu akzeptieren.

3. Abgezogen werden kann allerdings die Kautionshinterlegung in Höhe von 1.950,00 € für die Mieter, die die Kaution bereits gezahlt hatten, die aber der Beklagte - so der nicht widersprochene Vortrag der Klägerin - vereinnahmt hatte. Die Klägerin war als Vermieterin gehalten, die Kautionshinterlegung "wieder herzustellen".

4. Auch die Begleichung der Zahnarztrechnungen kann als außergewöhnliche Ausgabe berücksichtigt werden. Die Rechnungen belaufen sich auf insgesamt 1.242,00 €.

5. Dagegen ist die Notwendigkeit der angeblich gezahlten Anwaltskosten bezüglich der die Klägerin betreffende Steuersache (458,20 €) nicht belegt und damit unterhaltsrechtlich nicht relevant.

6. Damit ist die an die Klägerin ausgezahlte Steuerrückerstattung um 3.192,00 € einkommensmäßig auf anrechenbare 4.569,97 € zu kürzen.

III. Einkommen aus Vermietung und Verpachtung

1. Die Klägerin erzielt aus Vermietung und Verpachtung eine Jahresnettomiete von 12 x 895,00 € = 10.740,00 €.

2. Hiervon abzuziehen sind jedenfalls bis zum 31.12.2006 nachgewiesene Gesamtbelastungen bezüglich der Darlehen bei der Volksbank X und der Bausparkasse Schwäbisch Hall in Höhe von (409,03 € + 283,58 €) x 12 = rund 8.312,00 €, so dass im Jahre 2006 letztendlich noch anrechenbare Mieten in Höhe von 2.428,00 € verbleiben.

3. Weitere Abzüge sind nicht zu machen. Insbesondere kann die Klägerin keine Instandhaltungsrücklagen geltend machen, da sie solche jedenfalls im Jahre 2006 nicht getätigt hat. Dies gilt auch für das Jahr 2007. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung waren Rücklagen gleichfalls nicht getätigt worden. Soweit die Klägerin nunmehr eine solche Rücklage für den Monat August gebildet hat, kann nicht zuverlässig prognostiziert werden, dass dies in Zukunft beibehalten wird.

4. Für das Jahr 2007 ist zu berücksichtigen, dass nunmehr die Scheidungsklage rechtshängig geworden ist und grundsätzlich bezüglich der Hauslasten nur noch die Zinsleistungen Berücksichtigung finden. Diese beliefen sich bis einschließlich August 2007 bei der Volksbank X auf 50,00 € und bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall auf 165,00 €, so dass sich eine Gesamtzinsbelastung von 215,00 € monatlich ergibt. Auf das Jahr gerechnet ergibt sich damit jedenfalls eine Gesamtzinsbelastung von 2.580,00 €.

Andererseits ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des BGH Tilgungsleistungen nicht ohne Weiteres außer Ansatz bleiben müssen. Vielmehr sind Tilgungsleistungen in angemessenem Umfang dann zu berücksichtigen, wenn sie der Altersvorsorge dienen. Eine angemessene Altersvorsorge ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes am Bruttoeinkommen des Betroffenen auszurichten und kann in der Regel nicht beanstandet werden, wenn sie 24 % des Bruttoeinkommens erreicht. Somit kann nach Auffassung des Senates jedenfalls von den Tilgungsbeträgen ein Betrag von 24 % von 10.740,00 € = 2.578,00 € unterhaltsrechtlich vermögensmindernd auch nach Rechtshängigkeit der Scheidungsklage abgesetzt werden.

5. Damit ergibt sich aus Vermietung und Verpachtung für die Zeit von Januar bis einschließlich August 2007 ein anrechenbares Einkommen aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von (10.740,00 € - 2.580,00 € - 2.578,00 € =) 5.582,00 €, was monatsdurchschnittlich einen Wert von 466,00 € ergibt.

6. Ab September 2007 ist die Darlehensrate für das Darlehen Volksbank X weggefallen. Insoweit sind die Zinslasten in Höhe von 50,00 € nicht mehr in Ansatz zu bringen. Entsprechend erhöht sich der monatliche Durchschnittswert bezüglich des Einkommens aus Vermietung und Verpachtung von 466,00 € um 50,00 € auf 516,00 €.

Die Klägerin kann die "Umschuldung" ab September 2007 dem Beklagten nicht entgegen halten, da die Neuverschuldung der Abdeckung unterhaltsrechtlich nicht beachtlicher Altschulden diente (s. hierzu oben B. II. 2.).

C.

Unterhaltsberechnung

Ausgehend von diesen Überlegungen ergeben sich folgende Unterhaltsberechnungen:

I. Für das Jahr 2006

1. Einkommen des Beklagten

 Erwerbseinkommen des Beklagten (s. oben A. I. 1.) 1.961,52 €
Steuerrückerstattung (13.176,28 € : 12 =) 1.098,02 €
Gesamtmonatsnettoeinkommen 3.059,54 €
abzüglich Darlehensrate 159,84 €
verbleibendes monatliches Nettoeinkommen des Beklagten 2.899,70 €
abzüglich des Erwerbsanreizes von 1/7 (6/7 von 2.899,86 €) gerundet 2.486,00 €.

2. Einkommen der Klägerin

 Jahresmieteinnahmen 10.740,00 €
abzüglich Gesamtbelastungen im Jahre 2006 8.312,00 €
verbleibendes Einkommen aus Vermietung und Verpachtung 2.428,00 €
zuzüglich Steuerrückerstattung 7.761,00 €
Zwischensumme 10.189,00 €
abzüglich Mietkaution 1.950,00 €
abzüglich Arztkosten 1.242,00 €
Jahresgesamteinkommen der Klägerin in 2006 6.997,00 €
Monatseinkommen der Klägerin (6.997,00 € : 12) gerundet 583,00 €
Differenzeinkommen der Parteien (2.486,00 € - 583,00) 1.903,00 €
Unterhaltsanspruch im Jahre 2006 (1.903,00 € : 2) gerundet 952,00 €.

Da vorliegend seitens der Klägerin nur monatlich 793,00 € verlangt werden, ist ihre Berufung für das Jahr 2006 in vollem Umfange erfolgreich. Dagegen musste die Berufung des Beklagten erfolglos bleiben.

II. Ab 2007

Für das Jahr 2007 ergeben sich folgende Unterhaltsberechnungen:

1. Zeitraum bis August 2007

 Erwerbseinkommen des Beklagten (s. oben A. I. 2.) 1.653,40 €
abzüglich Darlehensrate 159,84 €
Resteinkommen des Beklagten 1.493,56 €
abzüglich 1/7 Erwerbsanreiz gerundet 1.280,00 €.
abzüglich dem Beklagten zu belassender mittlerer Selbstbehalt 1.000,00 €
maximaler Unterhaltsanspruch der Klägerin 280,00 €.

Diesen Betrag kann die Klägerin auch verlangen. Wie oben bereits ausgeführt, sind der Klägerin Erträgnisse aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 466,00 € zuzurechnen. Damit ergibt sich ein Differenzeinkommen der Parteien zugunsten der Klägerin von 814,00 €. Ihr Unterhaltsanspruch würde damit rechnerisch 407,00 € betragen. In dieser Höhe ist aber der Beklagte - wie oben dargelegt - nicht leistungsfähig.

2. Ab September 2007 erhöht sich das Einkommen der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung auf 515,00 €. Damit ergibt sich ein Differenzeinkommen der Parteien zugunsten der Klägerin von 765,00 €. Dies ergibt rechnerisch einen Unterhaltsanspruch der Klägerin von 382,50 €. Auch in dieser Höhe ist der Beklagte aber nicht leistungsfähig.

III. Damit ist zusammenfassend festzustellen, dass der Beklagte ab dem Jahr 2007 lediglich verpflichtet ist, noch Unterhalt in Höhe von 280,00 € zu zahlen. Seine Berufung hat damit insoweit Erfolg, als er erstinstanzlich verurteilt worden ist, an die Klägerin monatlich 425,00 € zu zahlen.

D.

Hilfswiderklage des Beklagten.

Die Hilfswiderklage auf Rückforderung von Überzahlungen ist nicht begründet.

Es ergibt sich nach Auffassung des Senats kein Rückforderungsanspruch des Beklagten gegenüber der Klägerin. Zwar hat im Jahre 2007 eine Überzahlung der Klägerin stattgefunden, dennoch erscheint es gerechtfertigt, jedenfalls unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben eine Rückforderung in diesem Falle auszuschließen. Dies gilt um so mehr, als der Beklagte noch im Jahre 2007 den Realsplitting-Vorteil nachträglich geltend machen kann und die Überzahlung jedenfalls in diesem Rahmen ausgleichen kann.

E.

Die Unterhaltsforderungen der Klägerin sind nicht verwirkt.

I. Soweit sich der Beklagte darauf beruft, die Klägerin habe ihn gegenüber der Zeugin O, einer Freundin der Parteien "und auch in der Gesellschaft" schlecht gemacht, rechtfertigt dies nicht den Verwirkungseinwand. Soweit der Beklagte konkrete Äußerungen der Klägerin, diese als wahr unterstellt, gegenüber der Zeugin O vorgetragen hat, sind diese nicht von einem solchen Gewicht und damit nicht geeignet, den Verwirkungstatbestand des § 1579 Ziffer 7 BGB zu erfüllen. Bei den vorgetragenen Äußerungen handelt es sich um solche, die im Zusammenhang mit Vorfällen getätigt worden sind, die im sog. "Rosenkrieg" durchaus nicht als ganz unüblich anzusehen sind. So hat der Beklagte nicht einmal ernsthaft bestritten, dass Teile der Behauptungen der Klägerin nicht den Tatsachen entsprechen. So ist der gegenüber der Klägerin weiter getätigte Vorwurf, diese unterlasse nichts, um ihn, den Beklagten, in der "Gesellschaft" schlecht zu machen, in dieser Pauschalität nicht geeignet, um einen Verwirkungstatbestand bejahen zu können. Immerhin müssen gemäß § 1579 Ziffer 7 BGB solche Gründe vorliegen, die ebenso schwer wiegen, wie die in Nummer 1 bis 6 dieser Vorschrift aufgeführten Gründe. Zudem muss die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig erscheinen. Dies kann unter Abwägung der Interessen beider Parteien und unter Berücksichtigung der Umstände, unter denen die Trennung stattgefunden hat, nicht angenommen werden. Insoweit ergibt sich auch aus dem nachgelassenen Schriftsatz des Beklagten vom 07.08.2007 (Bl. 527 bis 530 GA) nichts substantiell Neues.

II. Soweit der Beklagte sich darauf beruft, die Klägerin überziehe ihn mit Strafanzeigen, erscheint dieser Vorwurf etwas schwerwiegender. Indes ist auch er nicht geeignet, die Verwirkung des Unterhaltsanspruches gerade im Zusammenhang mit der langen Ehedauer und der psychischen Erkrankung der Klägerin zu rechtfertigen. Dabei ist erneut darauf hinzuweisen, dass das Verhalten der Klägerin durch die gesamten Umstände, die mit der Trennung der Parteien zusammen hingen, erklärbar wird. Teilweise wird man der Klägerin ein berechtigtes Interesse nicht absprechen können. Dies gilt insbesondere, soweit es den gegenüber dem Beklagten erhobenen Vorwurf betrifft, dieser habe ihr Vermögen von 800.000,00 DM durchgebracht. Schließlich kann auch nicht festgestellt werden, dass durch die Strafanzeige irgendwelche nennenswerten Nachteile dem Beklagten drohten. Konkret ist der Beklagte den Vorwürfen auch nicht entgegen getreten. Er behauptet lediglich pauschal, die Vorwürfe seien insoweit wahrheitswidrig.

III. Soweit der Beklagte eine Rechnung der Staatsanwaltschaft Bonn vom 12.04.2006 (Bl. 272 GA) zum Beleg eines schädigenden Verhaltens der Klägerin zu den Akten gereicht hat, bezieht sich diese Kostennote der Staatsanwaltschaft Bonn auf ein Strafbefehlsverfahren zu Aktenzeichen 81 Cs 135/06 Amtsgericht Bonn, welches zeitlich vor den hier der Klägerin vorgeworfenen Äußerungen bei der Polizei durchgeführt worden ist und früheres, mit den Vorwürfen nicht in Zusammenhang stehendes Verhalten des Beklagten betrifft.

Anlass für die der Klägerin vom Beklagten vorgehaltenen Äußerungen gegenüber der Polizei waren wohl die Vorfälle vom 22.03.2006. Hier kam es zu Handgreiflichkeiten zwischen den Parteien, die im Einzelnen streitig sind. Jedenfalls wurde am 22.03.2006 gegen den Beklagten nach dem Gewaltschutzgesetz vorgegangen. Im Einzelnen geht der Beklagte, obwohl er auch aus der Einleitung des Verfahrens nach dem Gewaltschutzgesetz einen Verwirkungseinwand herleiten will, nicht darauf ein, warum denn gegen ihn polizeilich vorgegangen wurde. Im Übrigen scheint sich der Beklagte auch nicht gegen die gegen ihn erlassenen Anordnungen gewehrt zu haben. Im Zusammenhang mit diesem Vorgehen der Klägerin gegen den Beklagten muss jedenfalls ein berechtigtes Interesse der Klägerin angenommen werden.

IV. Auch der Vorwurf des Beklagten, die Klägerin betreibe gegen ihn unberechtigter Weise die Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Unterhaltsanordnung, erscheint dem Senat nicht geeignet, den Verwirkungseinwand durchgreifen zu lassen. Schon aus der Einlassung des Beklagten ergibt sich, dass jedenfalls zu Beginn der Auseinandersetzung zwischen den Parteien die Unterhaltszahlungen nicht pünktlich erfolgt sind. Vielmehr trägt der Beklagte selbst vor, dass der Unterhalt für Mai und Juni 2006 erst am 26.06.2006 und der Unterhalt für Juli 2006 erst zum 17.07.2006 überwiesen worden sind. Da Unterhalt aber zu Beginn eines jeden Monats fällig wird, waren die Unterhaltszahlungen deutlich verspätet und der Beklagte befand sich mit diesen im Verzug. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin bei Einleitung der Zwangsvollstreckung im Krankenhaus befand und zuvor die Zahlungen an die Anwältin der Klägerin gehen sollten. Da der Beklagte jedoch dennoch auf das Konto der Klägerin zahlte, welches von ihrer Anwältin nicht kontrolliert wurde, ging diese von einem Nichtbewirken der Leistung aus und erwirkte daher den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Da der Beklagte sich nicht an die vorgegebene Zahlstelle hielt, kann dieser Umstand der Klägerin jedenfalls nicht zum Vorwurf gereichen.

V. Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass keine Umstände vorliegen, die eine Verwirkung oder Einschränkung des Unterhaltsanspruches der Klägerin rechtfertigen könnten. Dies gilt auch, wenn man die verschiedenen Vorwürfe gegenüber der Klägerin in einer Gesamtschau betrachtet. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte durch sein Verhalten nicht ganz unerheblich zu der Eskalation der Ereignisse mit beitrug.

F.

Nebenentscheidungen

I. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO.

II. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

III. Streitwert:

1. Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt bis zur teilweisen Berufungsrücknahme durch die Klägerin 11.895,00 € , wovon 2.690,00 € auf die Berufung der Klägerin und 9.205,00 € auf die Berufung des Beklagten entfallen (vgl. Senatsbeschluss vom 20.03.2007, Bl. 465 GA).

2. Nach der Berufungsrücknahme beträgt der Streitwert 10.055,00 €, wovon 850,00 € auf die Berufung der Klägerin und 9.205,00 € auf die Berufung des Beklagten entfallen.

Ende der Entscheidung

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