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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 26.01.2005
Aktenzeichen: 11 U 73/02
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 985 |
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Anlage zum Protokoll vom 26.1.2005
Verkündet am 26.1.2005
In dem Rechtsstreit
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 22.12.2004 durch die Richter am Oberlandesgericht Dr. Küpper, Wurm und Borzutzki-Pasing
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 29.02.2002 (18 O 29/01) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 5/6 und die Beklagte zu 1/6.
Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen der Kläger zu 6/7 und die Beklagte zu 1/7.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
I.
Wegen des Sachverhalts wird auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Klageanträge fort. Er behauptet weiterhin, er sei Alleineigentümer des Pkw Daimler-Benz Typ 190 SL gewesen. Auch habe die Beklagte bei Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage noch Besitz an dem Fahrzeug gehabt. Das Landgericht habe zu Unrecht als unstreitig angesehen, dass das Fahrzeug bereits am 03.04.2001 in den unmittelbaren Besitz der Firma C übergegangen sei. Der Zeuge Q habe bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht bekundet, dass er das Fahrzeug nach Ostern des Jahres 2001 zur Firma C gegeben habe. Da Ostern auf den 15./16.4.2001 gefallen sei, müsse die Überführung des Fahrzeuges nach Eintritt der Rechtshängigkeit am 5.4.2001 stattgefunden haben.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils
1.
die Beklagte zu verurteilen, den Pkw Daimler Benz Typ 190 SL, Fahrzeugidentifikations-Nummer ####, an den Kläger herauszugeben;
2.
der Beklagten zur Herausgabe eine Frist von vier Wochen nach Rechtskraft des Urteils zu setzen, nach deren Ablauf er die Leistung ablehnt;
3.
die Beklagte zu verurteilen, nach fruchtlosem Fristablauf 25.564,59 € nebst 4 % Zinsen ab dem Zeitpunkt des fruchtlosem Fristablaufs als Schadenersatz zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält an ihrer Behauptung fest, der Pkw Daimler Benz sei am 03.04.2001 zur Firma C zur Reparatur transportiert worden. Den Reparaturauftrag habe der Zeuge Q erteilt, dem sie das Fahrzeug als Gegenleistung für finanzielle Unterstützung übereignet habe.
Hinsichtlich der auf Herausgabe des Pkw Toyota gerichteten Widerklage haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem der Kläger dieses Fahrzeug entsprechend einer in einem familiengerichtlichen Verfahren getroffenen Vereinbarung herausgegeben hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie die sonstigen zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.
Der Senat hat durch Zeugenvernehmung Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 19.02.2003 (Bl. 174 ff. d. A.), 10.12.2003 (Bl. 215 ff. d. A.) und 22.12.2004 (Bl. 294 ff. d. A.) Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung gegen die Abweisung der Klage ist unbegründet.
Das Landgericht hat ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Herausgabe des streitgegenständlichen Pkw Daimler Benz aus § 985 BGB. Dabei könne dahinstehen, ob der Kläger Alleineigentümer des Fahrzeuges sei oder gewesen sei. Jedenfalls sei die Beklagte im Zeitpunkt der Klagezustellung am 05.04.2001 nicht - auch nicht mittelbar (§ 868 BGB) - dessen Besitzerin mehr gewesen und auch in der Folgezeit nicht wieder geworden. Unstreitig sei der Wagen am 03.04.2001 in den unmittelbaren Besitz der Firma C übergegangen. Der Transport sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Auftrag des Zeugen Q erfolgt, ebenso wie die anschließend von der Firma C durchgeführte Instandsetzung des Fahrzeugs, sodass im Zeitpunkt der Klageerhebung ausschließlich ein Besitzmittlungsverhältnis zwischen der Firma C und dem Zeugen Q bestanden habe. Die Beklagte sei demgegenüber im Zeitpunkt der Klagezustellung weder im Verhältnis zur Firma C noch im Verhältnis zum Zeugen Q mittelbare Besitzerin des Pkw gewesen. Vielmehr habe die Beklagte dem Zeugen Q bereits zuvor sowohl - unstreitig - den Kfz-Brief als auch - nach dem Beweisergebnis der Beweisaufnahme - den einzigen Schlüssel zum streitgegenständlichen Mercedes übergeben gehabt. Unter diesen Voraussetzungen sei daher durch die mit Einverständnis der Beklagten im Auftrag des Zeugen Q erfolgte Überführung des Wagen an die Firma C am 03.04.2001 ein vollständiger Besitzverlust der Beklagten gemäß § 854 Abs. 2 BGB zugunsten des Zeugen Q eingetreten.
Dagegen wendet sich die Berufung im Ergebnis ohne Erfolg. Der rechtliche Ansatz des Landgerichts ist nicht zu beanstanden. Allerdings rügt der Kläger zu Recht, das Landgericht habe nicht als unstreitig unterstellen dürfen, dass der Pkw schon am 03.04.2001 in den unmittelbaren Besitz der Firma C überstellt worden sei. Die vom Senat durchgeführte Beweisaufnahme hat jedoch kein anderes Ergebnis erbracht. Für die Klage aus § 985 BGB muss der Kläger sowohl sein Eigentum als auch den Besitz des Beklagten an der herauszugebenden Sache zur Zeit der Klageerhebung beweisen (BGH WM 1982, 749, 750; RG Recht 1923 Nr. 745; Fritzsche in: Bamberger/Roth, BGB, § 985 Rdn. 40 f.; Erman-Hefermehl, BGB, 11. Auflage, § 985 Rn. 13; Medicus in: Münchener Kommentar, BGB, 4. Auflage, § 985 Rn. 60; Soergel-Mühl, BGB, 12. Aufl., § 985 Rdn. 47; vgl. ferner Baumgärtel in: Baumgärtel-Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 2, 2. Auflage, § 985 Rn. 1 ff.; Palandt-Bassenge, BGB, 64. Auflage, § 985 Rn. 18; Staudinger-Gursky, BGB, Neubearbeitung 1999, § 985 Rn. 36 und 54). Dieser Beweis ist dem Kläger nicht gelungen.
Die Behauptung der Beklagten, das Fahrzeug sei bereits am 03.04.2001 zur Firma C verbracht worden, wo es im Auftrag des Zeugen Q instandgesetzt worden sei, ist nicht widerlegt worden. Der Zeuge Q hat diese Behauptung bei seinen beiden Vernehmungen durch den Senat bestätigt. Nach seiner Bekundung hat er das Fahrzeug im Jahre 1999 von der Beklagten als Sicherheit bekommen, weil er ihr ein Darlehen gewährt habe. Dabei hat er sich auf die schriftlichen Darlehensverträge vom 20.11.1999 und 30.03.2000 (Anlage Band Bl. 19 und 20) bezogen. Er sei davon ausgegangen, dass die Beklagte Eigentümerin des Fahrzeugs sei, da sie auch im Kfz-Brief als Eigentümerin eingetragen gewesen sei. Er habe das Fahrzeug bei der Firma C instandsetzen lassen. Der Auftrag sei von ihm und nicht von der Beklagten erteilt worden, die dafür auch gar kein Geld gehabt habe. Das Fahrzeug sei am 03.04.2001 zu der Firma C transportiert worden. Er sei mit der Beklagten bereits in der Nacht vom 03. auf den 04.04.2001 nach Italien gefahren, wie sich aus der von ihm vorgelegten Quittung der Fähre (Bl. 200 d. A.) ergebe. Diese Aussage ist weder im Hinblick auf den Zeitpunkt des Transports des Fahrzeuges noch zu der Frage, wer den Auftrag der Firma C erteilt hat, entkräftet oder gar widerlegt.
Dafür, dass der Zeuge Q der Firma C den Reparaturauftrag erteilt hat, sprechen die Gesamtumstände. Er unterhielt - wie der Zeuge C bestätigt hat - eine Geschäftsbeziehung zu der Firma C, im Rahmen deren er dieser mehrfach Fahrzeuge in Reparatur gegeben hat. Demgegenüber war die Beklagte bei der Firma C persönlich nicht bekannt. Allein der Umstand, dass sie auf der Arbeitskarte (Bl. 253 d. A.) namentlich erwähnt wird, ist kein aussagekräftiges Indiz dafür, dass sie Auftraggeberin der Reparatur war, sondern beruht naheliegend darauf, dass sie im Kfz-Brief als Eigentümerin eingetragen war.
Die Angaben des Zeugen Q sind auch in Bezug auf den Zeitpunkt des Transportes des Fahrzeuges zur Firma C nicht widerlegt. Zweifel daran, dass er im Jahr 2001 entsprechend seinen üblichen Geflogenheiten vor Ostern nach Italien gefahren ist, haben sich nicht ergeben. Seine Aussage wird insoweit gestützt durch die von ihm zur Akte gereichte Quittung der Fähre vom 04.04.2001. Die übrigen Zeugen konnten zum Zeitpunkt des Transportes nichts bekunden. Soweit sie zur Art und zu den Umständen des Transportes widerstreitende Aussagen gemacht haben, ist dies für die entscheidende Frage des Zeitpunktes ohne Belang.
Danach ist - entsprechend den zutreffenden rechtlichen Erwägungen des Landgerichts - davon auszugehen, dass die Beklagte schon vor Eintritt der Rechtshängigkeit den - unmittelbaren oder auch mittelbaren (zum Herausgabeanspruch in diesem Falle BGH NJW-RR 2004, 570, 571 m.w.N.) - Besitz an dem Fahrzeug verloren hat, so dass der Besitz als Voraussetzung für einen Eigentumsherausgabeanspruch aus § 985 BGB nicht mehr gegeben war.
Der Klage war auch nicht deshalb ohne Beweisaufnahme stattzugeben, weil sich die Beklagte durch die Überlassung des Fahrzeuges an den Zeugen Q dem Kläger gegenüber nach §§ 989 f. oder §§ 823 ff. BGB schadensersatzpflichtig gemacht haben kann. Zwar wird verbreitet die Auffassung vertreten, dass dann, wenn der Besitzverlust streitig ist, jedoch feststeht, dass der Besitzer wegen Verschuldens dem Eigentümer auf Schadensersatz haftet, der Herausgabeklage aus § 985 BGB ohne Beweisaufnahme zum Besitz stattzugeben ist (RG WarnR 1929 Nr. 27; OLG Koblenz Anwaltsblatt 1990, 107, 108; Palandt-Bassenge, § 985 Rn. 18; Baumgärtel a.a.O. § 985 Rn. 15; dagegen Staudinger-Gursky, § 985 Rn. 47; Wittig NJW 1993, 635, 637; offenlassend BGH WM 1976, 248, 250 = Betrieb 1976, 573 jew.m.N.). Ob dem zu folgen ist, kann dahinstehen. Voraussetzung wäre jedenfalls die unstreitige oder bewiesene Feststellung, dass der Kläger im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit noch Eigentümer gewesen ist. Daran fehlt es. Selbst wenn der Kläger Allein- oder Miteigentümer des Fahrzeuges gewesen sein sollte, ist nicht auszuschließen, dass der Zeuge Q spätestens im Zusammenhang mit dem Verbringen des Fahrzeuges zur Reparatur bei der Firma C nach §§ 929, 932 BGB gutgläubig Eigentum erworben hat. Selbst nach der Beweisaufnahme ist nicht widerlegt, dass die Beklagte dem Zeugen Q das Fahrzeug übereignet hat und dass dieser im Hinblick auf die Eintragung der Beklagten im Kfz-Brief gutgläubig war. Die Eigentumsvermutung in § 1006 Abs. 1 und 2 BGB kommt dem Kläger schon deshalb nicht zugute, weil die Beklagte unstreitig Alleinbesitz erlangt hatte.
Da der mit dem Klageantrag geltend gemachte Herausgabeanspruch nicht besteht, ist die Klage auch hinsichtlich der nach § 255 ZPO und § 283 BGB a. F. gestellten Anträge zu 2. und 3. abzuweisen. Die Begründetheit dieser Anträge hängt davon ab, dass ein Herausgabeanspruch besteht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 und § 91 a Abs. 1 ZPO. Die Parteien haben die Widerklage in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, so dass gemäß § 91 a Abs. 1 ZPO über den auf die Widerklage entfallenen Kostenanteil unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden war. Dabei entsprach es billigem Ermessen, diesen Kostenanteil beiden Parteien gleichmäßig aufzuerlegen, weil nicht festgestellt werden konnte, aus welchen Gründen sich die Parteien auf die Herausgabe des PKW Toyota verständigt haben.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen; die dafür erforderlichen Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO sind nicht gegeben.
Berufungsstreitwert: 38.346,89 € (50.000,00 DM Klage, 25.000,00 DM Widerklage), für die Beweisaufnahme und ab dem 22.12.2004 im übrigen 25.564,59 € (50.000,00 DM Klage).
Ende der Entscheidung
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