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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 29.12.2003
Aktenzeichen: 14 WF 180/03
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 127 II |
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS
In der Familiensache
hat der 14. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am OLG Dr. Büttner und der Richter am OLG Quack und Thiesmeyer
am 29.12.2003
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bergisch Gladbach vom 26. 8. 2003 (27 F 203/03) wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Seit der Scheidung der Ehe am 23.5.1997 zahlt der Beklagte freiwillig und regelmäßig nachehelichen Unterhalt in Höhe von 520 EUR. Auf diesen Betrag hatten sich die Parteien, ausgehend von einem Nettoeinkommen des Beklagten von 4630,- DM monatlich und 2366,- DM monatlich für die Klägerin, geeinigt.
Im Jahr 2000 bezog der Beklagte ein Bruttogehalt von 137.000 DM, das Nettogehalt ist nicht mitgeteilt.
Mit Wirkung vom 1.4.2001 ist der Beklagte zum Abteilungsdirektor der Bank P befördert worden.
2002 bezog er ein Bruttogehalt von 92521 EUR und ein Nettogehalt von 48121 EUR. Die Klägerin bezog 2002 ein Nettogehalt von monatlich ca. 1500 EUR.
Die Klägerin verlangt ab März 2003 höheren Unterhalt, und zwar stehen ihr nach ihrer Berechnung 888 EUR monatlich zu. Da die Gegenseite die Unterhaltszahlung zum 30.10.2005 begrenzen und danach auf 300 EUR monatlich herabsetzen wolle, seien die 520 EUR monatlich jedenfalls zu titulieren. Da der Beklagte aber ab 2002 ein wesentlich höheres Einkommen bezogen habe, sei auch der verlangte höhere Betrag geschuldet.
Sie beantragt, ihr für diese Anträge Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Der Beklagte beruft sich darauf, ohne eine Übernahme der Kosten für eine Titulierung zur Schaffung eines Titels nicht verpflichtet zu sein. Er meint weiter, sein seit 2002 erzieltes höheres Einkommen sei nicht auf eine schon in der Ehe angelegte Entwicklung zurückzuführen, sondern angesichts der Trennung im Jahr 1992 nicht eheprägend.
Das Amtsgericht hat Prozesskostenhilfe versagt und der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die gem. § 127 II ZPO zulässige und rechtzeitige sofortige Beschwerde, die der Einzelrichter dem Senat zur Entscheidung übertragen hat, ist in der Sache nicht begründet.
1)
Die Rechtsverfolgung in Bezug auf die Titulierung des freiwillig gezahlten Unterhalts ist mutwillig (OLG Köln FamRZ 1997, 822).
Der Klägerin steht kein Anspruch auf Titulierung des freiwillig gezahlten Unterhalts zu, da sie die Kostenübernahme einer freiwilligen Titulierung nicht zugesagt hat und die bloße Ankündigung des Beklagten, er werde den Unterhalt in zwei Jahren reduzieren, kein Titulierungsinteresse begründet. Nur wenn eine kostenfreie Titulierung möglich ist (nach §§ 59, 60 KJHG im Kindesunterhalt), genügt die bloße Weigerung einen Titel zu schaffen auch bei bisher regelmäßiger und pünktlicher Zahlung zur Begründung eines Titulierungsinteresses (BGH FamRZ 1998, 1165). Im Ehegattenunterhalt besteht dagegen ein Titulierungsinteresse nur dann, wenn der Berechtigte bei regelmäßiger und pünktlicher Zahlung die Titulierungskosten zu übernehmen bereit ist und dies dem Schuldner auch erklärt hat (vgl. Johannsen/Henrich/Büttner, Eherecht, 4. Aufl. (2003) § 1585 BGB Rn. 3). Die bloße Tatsache, dass der Beklagte in etwa zwei Jahren ein Unterhaltsreduzierung angekündigt hat, begründet jedenfalls gegenwärtig noch kein Titulierungsinteresse, denn die möglicherweise in zwei Jahren eintretenden Veränderungen sind nicht sicher voraussehbar und es ist zumutbar, mit der Titulierung des Anspruchs zu warten, wenn sein Ausmaß zum künftigen Zeitpunkt absehbar ist und der Beklagte auch unter den dann gegebenen Umständen an seiner Reduzierungsankündigung festhält.
Ebenso steht der Klägerin, wie unter 2) auszuführen ist, gegenwärtig kein weitergehender Unterhaltsanspruch als der freiwillig gezahlte Betrag zu, so dass sich auch aus der Weigerung, schon jetzt einen höheren Unterhalt zu zahlen, kein (Gesamt)titulierungsinteresse ergibt.
2)
Einen höheren nachehelichen Unterhaltsanspruch als 520 EUR monatlich hat die Klägerin derzeit nicht, da das höhere Einkommen des Klägers auf einem "Karrieresprung" beruht, das die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt hat und das daher bei der Unterhaltsberechung nicht zugrundezulegen ist.
Veränderungen der Einkommenshöhe, die nach der Trennung oder Scheidung eintreten, sind schon bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen, wenn sie auf zu erwartenden Entwicklungen beruhen oder sich als Surrogat der Familienarbeit darstellen, nicht aber, wenn sie auf einem Karrieresprung beruhen (BGH FamRZ 2001, 986; BVerfG FamRZ 2002, 527).
Von einem Karrieresprung ist immer dann auszugehen, wenn es sich um eine erhebliche unerwartete Einkommensverbesserung infolge der Tätigkeit in einer anderen Funktion oder einem anderen Tätigkeitsbereich handelt (OLG Schleswig OLGR 2003, 184; OLG München OLGR 2003, 286). Von einer erheblichen unerwarteten Einkommensverbesserung ist jedenfalls dann auszugehen, wenn das Einkommen infolge der neuen Funktion um mehr als 20 % über dem bisher erzielten Einkommen liegt. In der Ehe hat diese Weiterentwicklung nur dann ihre Grundlage, wenn bis zum Trennungs- bzw. Scheidungszeitpunkt aufgrund der bisherigen Arbeit mit großen Wahrscheinlichkeit dieser Aufstieg (diese Änderung) zu erwarten war und die Grundlagen für ihn schon vor der Trennung/Scheidung gelegt worden sind (Palandt/Brudermüller, 62. Aufl. (2003) § 1578 Rn. 20 ff.).
Im Streitfall hatten sich die Parteien aufgrund der Einkünfte zum Zeitpunkt der Scheidung auf einen Unterhalt von monatlich 520 EUR geeinigt. Zum 1.4. 2001 ist der Beklagte auf den Posten eines Abteilungsdirektors (Prokuristen) mit einem Nettoeinkommen von ca. 4.200 EUR monatlich befördert worden. Dabei handelt es sich nicht um eine "Regelbeförderung", denn es ist ungewöhnlich und entspricht nicht dem normalen Karriereverlauf, dass ein Bankangestellter zum Abteilungsdirektor mit Prokura aufsteigt. Bei dieser Sachlage handelt es sich nicht nur um die Auswechslung des Titels, sondern um eine echte Funktionsänderung. Auch wenn der Beklagte schon vor der Trennung der Parteien Seminare und Fortbildungsveranstaltungen besucht hat, war damit sein späterer Aufstieg zum Abteilungsdirektor nicht in der Ehe angelegt, sondern hat sich erst nach der Ehe aufgrund der dann bestehenden Verhältnisse ergeben.
Die Ausführungen des Amtsgerichts dazu, dass sich auch bei Berücksichtigung der normalen Einkommenssteigerung und bei Unterhaltserrechnung nach der Differenzmethode ohne Berücksichtigung des Mehreinkommens aufgrund des Karrieresprungs in der Zeit nach der Scheidung kein höherer Unterhaltsanspruch als 520 EUR ergibt, werden von der Beschwerde nicht angegriffen.
Die Beschwerde bleibt daher erfolglos.
Ende der Entscheidung
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