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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 23.06.2003
Aktenzeichen: 16 Wx 121/03
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 15 Abs. 3
WEG § 21 Abs. 1
BGB § 1004 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
16 Wx 121/03

OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

In der Wohnungseigentumssache

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Sturhahn

am 23.06.2003

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 31.03.2003 - 29 T 269/02 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.

1.

Das Rechtsmittel kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil das Beseitigungsverlangen der Antragsteller unabhängig von einem etwaigen gesetzlichen Anspruch seine Grundlage in dem bestandskräftig gewordenen und nicht nichtigen Beschluss zu TOP 6 der Eigentümerversammlung vom 28.05.2001 hat.

Nach st. Rspr. - auch des Senats - kann sich aus Eigentümerbeschlüssen eine selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche der Gemeinschaft gegen einzelne Wohnungseigentümer ergeben (vgl. Senat WE 1998, 191 = ZMR 1998, 248 m. Anm. Köhler; NZM 1999, 424 = OLGReport Köln 1999, 185; BayObLG ZMR 1996, 565; WE 1997, 436; NZM 2003, 239 = ZMR 2003, 433; OLG Karlsruhe NJW-RR 1996, 1103;Palandt/Bassenge, BGB, 62. Auflage, § 22 Rdn. 22; Schuschke ZWE 2000, 146 [153]). Ob und inwieweit dies der Fall ist oder der Beschluss lediglich deklaratorisch einen - ggfls. mit der Androhung eines gerichtlichen Verfahrens verbundenen - Verweis auf eine bestehende Rechtslage enthält, ist eine Frage der Auslegung. Hierzu wird allerdings teilweise die Auffassung vertreten, dass ohne besondere Anhaltspunkte ein Beschluss, in dem von einem Wohnungseigentümer etwa die Beseitigung einer baulichen Veränderung gefordert oder die Zahlung von Schadensersatz bzw. einer Nutzungsentschädigung verlangt wird, regelmäßig nicht als konstitutive Begründung einer Sonderpflicht, sondern lediglich als Androhung gerichtlicher Maßnahmen wegen eines sich bereits aus die Gesetz ergebenden Anspruchs verstanden werden kann (KG in st. Rspr. z. B. KG ZMR 1997, 318 = NJW-RR 1997, 1033 = KGReport 1997, 85; ferner Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Auflage, § 22 Rdn. 269 u. § 23 Rdn. 52). Ob dem zu folgen ist (kritisch hierzu BayObLG NZM 2003, 239 = ZMR 2003, 433), kann offen bleiben; denn die Auslegung, die der Senat auch als Rechtsbeschwerdegericht selbst vornehmen kann, da sich der Beschluss auf eine bestimmte Wohnung bezieht, also auch gegenüber einem Sonderrechtsnachfolger des Antragsgegners gelten soll, ergibt hier, dass eine selbständige Begründung von Pflichten gewollt war. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass ein etwaiger Beseitigungsanspruch wegen unzulässiger baulicher Veränderungen grundsätzlich nur den einzelnen Wohnungseigentümern selbst zusteht. Zu einem "Anspruch der Gemeinschaft" bzw. einer "Angelegenheit der Verwaltung" wird er erst dadurch, dass die Wohnungseigentümer darüber gem. § 21 Abs. 1 WEG einen Beschluss fassen (BayObLG ZMR 1996, 565). Bereits dies spricht dafür, dass dem Beschluss konstitutive Bedeutung zukommt, es sei denn, dass sein Regelungsinhalt sich in einer bloßen Ermächtigung an die Verwalterin zur außergerichtlichen und/oder gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs erschöpfen würde. Dies ist indes nicht der Fall, da in dem Beschluss differenziert wird zwischen dem Verlangen der Eigentümergemeinschaft nach Rückbau und dem Auftrag an die Verwalterin zur Durchsetzung, wenn es hierin heißt:

"Die Eigentümergemeinschaft verlangt u.a. wegen der inzwischen auch nachgewiesenen immer wieder auftretenden Durchfeuchtungen des Gemeinschaftseigentums, den Rückbau der nicht genehmigten Verglasung der Loggia der Wohnung Nr. 07/04 ...

Die Verwaltung wird beauftragt und bevollmächtigt, ggfls. auch auf dem Klagewege den Rückbau durchzusetzen".

Dem war nach dem weiteren Protokollinhalt vorausgegangen, eine Situationsbeschreibung durch die Verwalterin und zunächst ein Vorschlag ihrerseits, die Loggiaverglasung gegen Auflagen zu genehmigen. Erst als sich in der Diskussion ergab, dass die Meinungsbildung in der Versammlung eine andere Tendenz hatte, wurde ein neuer Vorschlag mit dem o. a. Inhalt eingebracht und mehrheitlich angenommen. Die Versammlung stand daher vor der Frage einer Genehmigung oder dem Verlangen nach Entfernung der Verglasung. Da jedenfalls einer bestandskräftigen Beschlussfassung nach der ersten Alternative (Genehmigung gegen Auflagen) konstitutive Wirkung zugekommen wäre, ist die nächstliegende Auslegung die, dass dies auch für die zweite Alternative, für die sich die Versammlung mehrheitlich entschied, gelten sollte.

Der Beschluss könnte zwar unabhängig von der nach Rücknahme eines Anfechtungsantrags des Antragsgegners eingetretenen Bestandskraft keine Wirkungen entfalten, wenn dieser nichtig wäre. Dies ist indes nicht der Fall. Maßnahmen im Zusammenhang mit baulichen Maßnahmen am Gemeinschaftseigentums sind von der Beschlusskompetenz der Gemeinschaft erfasst (BGH NZM 2000, 1184). Auch greift der Beschluss weder in den Kernbereich unentziehbarer Individualrechte des Antragsgegners aus der Nutzung seines Wohnungseigentums ein, noch verstößt er gegen unverzichtbare Rechtsvorschriften.

2.

Im übrigen und unabhängig von der somit gegebenen konstitutiven Wirkung des Eigentümerbeschlusses vom 28.05.2001, wäre auch ein gesetzlicher Beseitigungsanspruch aus den §§ 15 Abs. 3 WEG, 1004 Abs. 1 BGB begründet.

Die hierauf gestützten Entscheidungen des Amts- und Landgerichts sind frei von Rechtsfehlern. Dies gilt zum einen wegen der Feststellung einer zumindest optisch nachteiligen Veränderung, zu der das Landgericht zutreffend den Unterschied zwischen der den architektonischen Gesamteindruck des Gebäudes prägenden Loggia der Wohnung des Antragsgegners im obersten Geschoss zu anderen Änderungen der äußeren Gestaltung des Gebäudes hervorhebt. Wegen möglicher sonstiger Nachteile ist es zwar offen, ob eingetretene Feuchtigkeitsschäden auf die Verglasung zurückzuführen sind. Fest steht indes, dass durch die Verglasung im Bereich des Balkons der Ablauf des Regenwassers geändert wurde. Es liegt auf der Hand, dass das jetzt nicht mehr über den Balkon des Antragsgegners ablaufende Wasser nunmehr konzentriert anhand der durch die Verglasung gebildeten "Fassade" auf den Balkon der darunter liegenden Wohnung gelangen und dort zu Nachteilen führen kann. So wurde bereits in der Antragsbegründung - insoweit unwidersprochen und im übrigen der Lebenserfahrung entsprechend - vorgetragen, dass die Pflanzen in den Blumenkästen an der Brüstung des darunter liegenden Balkons bei Regen in dem herunterströmenden Wasser "ertrinken".

Zur Frage der Verwirkung können Rechtsgedanken, die sich aus den am 01.01.2002 in Kraft getretenen Verjährungsvorschriften des neuen Schuldrechts ergeben, auf den vorliegenden Sachverhalt eines bereits vorher entstandenen Beseitigungsanspruchs keine Berücksichtigung finden, dessen gerichtliche Geltendmachung noch im Jahre 2001 unterblieben war, weil zunächst das Anfechtungsverfahren abgewartet wurde und man danach einer Bitte des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners nachgekommen war, noch einige Monate abzuwarten, um der Frage etwaiger Nässeschäden weiter nachzugehen. Die schließlich von dem Antragsgegner erhobene Verjährungseinrede greift ersichtlich nicht durch.

Im übrigen enthält die Begründung der weiteren Beschwerde lediglich Gesichtspunkte, mit denen sich bereits das Landgericht auseinandergesetzt hatte, so dass ergänzende Bemerkungen nicht veranlasst sind.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dem unterlegenen Antragsgegner die Gerichtskosten des Verfahrens dritter Instanz aufzuerlegen. Für eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten bestand keine Veranlassung, weil der Senat die Antragsteller am Rechtsbeschwerdeverfahren nicht beteiligt hat.

Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt aus § 48 Abs. 3 WEG und entspricht den unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzungen der Vorinstanzen.

Ende der Entscheidung

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