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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 02.03.2001
Aktenzeichen: 16 Wx 186/00
Rechtsgebiete: WEG
Vorschriften:
WEG § 47 | |
WEG § 47 S. 1 | |
WEG § 21 Abs. 4 | |
WEG § 15 Abs. 3 | |
WEG § 48 Abs. 3 |
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS
16 Wx 186/00 29 T 161/00 - LG Köln - - 204 II 104/99 - AG Köln
In der Wohnungseigentumssache
pp.
hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Reinemund
am 2.3.2001
beschlossen:
Tenor:
Auf die weitere sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) bis 9) wird der Beschluss des Landgerichts Köln vom 28.11.2000 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 7.2.2001 - 29 T 161/00 - abgeändert und die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 7.6.2000 - 204 II 104/99 - zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten aller drei Instanzen trägt die Beteiligte zu 1). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 20.000,- DM festgesetzt.
GRÜNDE:
Durch die Teilungserklärung vom 8.5.72 ist das Erbbaurecht an dem Grundbesitz T. 1 aufgeteilt worden in 10 Miteigentumsanteile verbunden mit dem Sondereigentum jeweils an einem Ladenlokal, Appartement oder Wohnung. Die Beteiligte zu 1) ist Inhaberin zweier im Erdgeschoss gelegener und im Aufteilungsplan mit den Nr. 1 und 2 bezeichneter Miteigentumsanteile, und zwar einem 1260/10.000stel Anteil an dem "Ladenlokal", bestehend aus einem Raum, separater Kochnische und separatem WC, groß: 84 qm und Kellerraum (Nr. 1), und einem 700/10.000stel Anteil an dem "Appartement", bestehend aus einem Zimmer, Küche, Dusche mit WC, Windfang und Abstellraum, groß: 46,22 qm (Nr. 2)- Bl. 21 GA. Die Beteiligten zu 2) - 9) sind die Anteilsinhaber jeweils einer Eigentumswohnung in den oberen Geschossen. Die beiden Anteile im Erdgeschoss gehörten ursprünglich Herrn B. O., einem Mitinitiator der Anlage, der kurz nach der Aufteilung zwischen den Anteilen einen Wanddurchbruch schuf und fortan den gesamten Bereich zum Betrieb seines
Ingenieurbüros gewerblich nutzte. Von Anfang an erfolgte der auch nach der Planung so vorgesehene Kunden-/Publikumsverkehr zu dem Ingenieurbüro durch den neben dem Haupteingang gelegenen zusätzlichen Ladeneingang (Zeichnung Anlage 1 - Bl. 4 GA). § 2 Nr. 1 der Teilungserklärung wendet sich an den "Wohnungs- bzw. Teileigentümer" und bestimmt im zweiten Absatz, dass für diese zur Mitbenutzung "insbesondere die Hauszugänge, das Treppenhaus, Gemeinschaftsantennen ........ zur Verfügung" stehen (Bl. 10 GA). In der Eigentümerversammlung vom 25.1.95 wurde auf seinen Antrag hin Herrn O. durch einstimmigen Beschluss gestattet, die Ladeneingangstür an der T. zu entfernen sowie auf eigene Kosten den Eingang durch den Einbau eines weiteren Schaufensterelements zu schließen sowie am Außeneingang H.straße, der sodann als Zugang zum Ingenieurbüro diente, den Briefkasten und die Klingelanlage zu installieren (Bl. 36 GA). In der Folgezeit erwarb die Beteiligte zu 1) die Anteile des Herrn O.. Die an sich "ca. 130 qm" große Gewerbeeinheit vermietete sie "abzüglich des Eingangs in der H.straße, dem angrenzenden Küchenraum und der danebenliegenden Toilette" (siehe Zeichnung Bl. 52 GA) mit Vertrag vom 1.4.99 (Bl. 50 GA) an ihren Ehemann zum Betrieb einer Kinderarztpraxis. Die Praxis wurde nach umfangreichen Umbauarbeiten am 19.4.1999 eröffnet, zugänglich gemacht für die Patienten nunmehr durch den Haupteingang der T. (Bild Nr. 4/Bl. 137 GA) und den Nebeneingang im Haus zum Keller und Flur/Treppenhaus (Bild Nr. 7/Bl. 139 GA), wozu am Außentableau ohne Zustimmung der Eigentümergemeinschaft eine zusätzliche Klingel- mit Sprechanlage angebracht worden ist (Bild Nr. 5 und 6/Bl. 137 GA). Durch Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung vom 20.4.1999 ist zum TOP 2 der Beteiligten zu 1) untersagt worden, den Hauseingang T. 1 nebst dazugehörigem Flur/Treppenhaus auch als Zugang/Ausgang für Kunden, Besucher, Patienten etc. der im Erdgeschoss gelegenen Gewerbeeinheit zu nutzen (Bl. 36 GA). Diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 1) fristgemäß angefochten. Die Beteiligten zu 2) bis 9) beantragten daraufhin im Wege des Gegenantrags, die Beteiligte zu 1) zur Unterlassung zu verpflichten, den Hauseingang T. 1 nebst dazugehörigem Flur/Treppenhaus als Zugang/Ausgang für Kunden, Besucher, Patienten etc. der im Erdgeschoss gelegenen Gewerbeeinheit (Aufteilungsplan Nr. 1) zu nutzen oder nutzen zu lassen. Das Amtsgericht gab dem Gegenantrag unter Abweisung des Anfechtungsantrags antragsgemäß statt. Auf die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde änderte das Landgericht die amtsgerichtliche Entscheidung ab und erklärte unter Zurückweisung des Gegenantrags den angefochtenen Eigentümerbeschluss für ungültig. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2) bis 9), mit der diese ihr Begehren weiterverfolgen.
Die form- und fristgerecht eingelegte weitere sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 43 Abs.1 Nr. 1 und 4, 45 Abs.1 WEG, 2o, 22 Abs.1, 27, 29 FGG). Sie hat auch in der Sache Erfolg. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt: Der angefochtene Eigentümerbeschluss entspreche nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, § 21 Abs. 4 WEG, denn die getroffene Regelung widerspreche § 2 Nr. 1 der Teilungserklärung, der für die Beteiligte zu 1) das Recht begründe, das "Ladenlokal" zum Betrieb einer Kinderarztpraxis und dabei den Hauseingang T. 1 und das Treppenhaus auch für Patienten/Besucher zu nutzen. Die Nutzungsregelung sei nicht durch den Eigentümerbeschluss vom 25.1.95 geändert worden. Auf den Außenzugang H.strasse müsse sich die Beteiligte zu 1) nicht verweisen lassen, da das Ladenlokal über den keinen Nutzungsbeschränkungen unterliegenden Außeneingang über das gemeinschaftliche Treppenhaus verfüge.
Die Erwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand (§§ 27 I FGG, 55o ZPO). Die Auslegung der Regelung der Gemeinschaftsordnung ist rechtsfehlerhaft, denn das Landgericht hat entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdegegnerin wesentlichen Auslegungsstoff außer Acht gelassen.
Entgegen der Ansicht des Landgerichts und auch der Beteiligten zu 1) räumt die Regelung in § 2 Nr. 1 der in der Teilungserklärung vereinbarten Gemeinschaftsordnung dem Teileigentümer des "Ladenlokals" (Miteigentumsanteil Nr. 1) weder ausdrücklich noch konkludent das Recht ein, den Haushaupteingang (auch) für Patienten/Besucher als Zugang zur Kinderarztpraxis zu nutzen oder nutzen zu lassen. Richtig ist zwar, dass sich § 2 Nr. 1 der Teilungserklärung sowohl an den Wohnungs- als auch an den Teileigentümer wendet, und darin im zweiten Absatz bestimmt ist, dass für diese zur Mitbenutzung "insbesondere die Hauszugänge, das Treppenhaus, Gemeinschaftsantennen ........ zur Verfügung" stehen. Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht bei seiner Auslegung der vorgenannten Bestimmung aber die baulichen Gegebenheiten unberücksichtigt gelassen. Von Anfang an war nämlich für das Ladenlokal ein separater Außenzugang direkt neben dem Haushaupteingang vorgesehen und errichtet, so dass dieses dementsprechend auch im Zeitpunkt der Erstellung und des Wirksamwerdens der Gemeinschaftsordnung über einen eigenen Außenzugang verfügte. Diese bauliche Gestaltung belegt mit hinreichender Deutlichkeit, dass der separate Eingang eigens dafür angelegt worden war, um von vorneherein jedwede durch den Publikumsverkehr des Ladens für die Wohnungseigentümer im Flur/Treppenhaus mögliche Belästigung auszuschließen. Die Bestimmung der Gemeinschaftsordnung begründet deshalb für den Teileigentümer des Ladenlokals (Miteigentumsanteil Nr. 1) ersichtlich nicht das Recht, den Haushaupteingang zum Betrieb der Praxis zu nutzen, sondern allenfalls das Recht, den Eingang über den innerhalb des Hauses gelegenen Nebenausgang des Ladenlokals zum Keller und Treppenhaus ausschließlich für sich und etwa auch seine Mitarbeiter zu benutzen. Sämtliche Kunden/Besucher des Ladens hatten dagegen grundsätzlich nicht den Haushaupteingang sondern den extra dafür geschaffenen Außenzugang des Ladens zu benutzen. Aus § 2 Nr. 2 der Teilungserklärung ergibt sich nichts anderes. Mit Recht hat bereits das Amtsgericht angenommen, dass sich diese Bestimmung nicht auch an die Teileigentümer sondern nur an die Inhaber von Eigentumswohnungen wendet, denn darin ist anders als in der vorangegangenen Bestimmung ausdrücklich nur "bezgl. des Wohnungseigentums" die Rede.
An der Feststellung dieses Inhalts der streitigen Nutzungsregelung der Gemeinschaftsordnung ist der Senat nicht gehindert. Die Bestimmungen der Teilungserklärung kann der Senat als Rechtsbeschwerdegericht - "aus sich heraus" - orientiert am Wortlaut und Sinngehalt - objektiv und normativ - uneingeschränkt selbst auslegen (vgl. BGH NZM 98, 955, 956 mwN = ZMR 99,41 und Senat, NZM 99, 178 und OLGReport 2000, 479). Bei der Auslegung ist im übrigen abzustellen auf den Wortlaut und Sinn der Regelung, wie er sich für einen unbefangenen Leser als nächstliegende Bedeutung ergibt (vgl. OLG Köln NJW-RR 97, 1442 mwN; BayObLG Report 98, 65; OLG Düsseldorf ZMR 98, 3o5 + WE 97,344 jeweils mwN; OLG Oldenburg NZM 98,39; OLG Stuttgart NJW-RR 91, 913). Auch Umstände außerhalb der Gemeinschaftsordnung - wie hier die damals gegebenen baulichen Gegebenheiten - dürfen herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGH aaO mwN).
Einer Änderung der danach festzustellenden Benutzungsregelung dahin, dass der Haushaupteingang grundsätzlich nicht als Außenzugang zum Ladenlokal zur Verfügung steht, hat die Eigentümergemeinschaft bislang nicht zugestimmt, insbesondere nicht etwa konkludent durch den Eigentümerbeschluss vom 25.1.1995. Das folgt hinreichend deutlich daraus, dass dem Beschluss der Umstand zugrundeliegt, dass als Zugang zum Ladenlokal fortan der Außeneingang an der H.strasse dienen sollte, an dem nunmehr die Klingelanlage und der Briefkasten für das Ingenieurbüro auch installiert werden sollte und auch wurde. Steht sonach der Beteiligten zu 1) nicht das in Anspruch genommene Nutzungsrecht zu, entspricht der angefochtene Eigentümerbeschluss vom 20.4.1999 sowie der Gegenantrag auf Unterlassung der streitigen Nutzung ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 15 Abs. 3 WEG). Die landgerichtliche Entscheidung kann deshalb nicht aufrechterhalten werden. Auch eine andere Begründung trägt die getroffene Entscheidung nicht (§ 563 ZPO). Im Gegenteil ist nach den vorstehenden Ausführungen der Anfechtungsantrag, wie schon das Amtsgericht im Ergebnis mit Recht entschieden hat, unbegründet und der Gegenantrag begründet. Der Senat kann dies selbst aussprechen, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, der unterlegenen Beteiligten zu 1) die Gerichtskosten des Verfahrens dritter Instanz aufzuerlegen (§ 47 S. 1 WEG). Im übrigen sieht der Senat angesichts dessen, dass Amts- und Landgericht entgegengesetzt entschieden haben, keinen Anlass, von dem in § 47 WEG bestimmten Grundsatz abzuweichen, dass die Beteiligten im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ihre außergerichtlichen Kosten grundsätzlich selbst zu tragen haben. Die Wertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 WEG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung der Vorinstanzen.
Ende der Entscheidung
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