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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 19.12.2003
Aktenzeichen: 16 Wx 228/03
Rechtsgebiete: FEVG, AuslG, FGG
Vorschriften:
FEVG § 3 Satz 2 | |
FEVG § 7 Abs. 1 | |
AuslG § 103 Abs. 2 | |
AuslG § 57 Abs. 2 | |
AuslG § 57 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 | |
AuslG § 57 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 | |
AuslG § 57 Abs. 2 S. 4 | |
FGG § 27 | |
FGG § 29 | |
FGG § 12 |
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS
In der Freiheitsentziehungssache
hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Appel-Hamm und Sturhahn am 19.12.2003 beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 17.11.2003 - 1 T 405/03 - aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Verfahrens der Rechtsbeschwerde - an das Landgericht Köln zurückverwiesen.
Gründe:
Die gemäß §§ 3 Satz 2, 7 Abs. 1 FEVG, 103 Abs. 2 AuslG, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache vorläufig Erfolg.
Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts ist nicht frei von Rechtsfehlern ( §§27 Abs.1, 546 ZPO ).
Das Landgericht wird erneut zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen für die Anordnung von Abschiebungshaft nach § 57 Abs.2 AuslG vorliegen.
Soweit das Landgericht den Betroffenen für vollziehbar ausreisepflichtig hält und die Haftgründe des § 57 Abs.2 S.1 Nr. 2 und 5 bejaht hat, ist seine Entscheidung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Beschluss des Landgerichts enthält jedoch entgegen § 12 FGG keine Feststellungen dazu, ob § 57 Abs.2 S.4 AuslG der Anwendung der Sicherungshaft entgegensteht. Nach dieser Vorschrift ist die Sicherungshaft unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann, wobei die Frist ab Haftanordnung beginnt und deshalb Untersuchungshaftzeiten einzurechnen sind. Die Regelung lässt erkennen, dass im Regelfall die Dauer von drei Monaten nicht überschritten werden soll und eine Haftdauer von sechs Monaten ( § 57 Abs.3 S.1 AuslG ) nicht ohne weiteres als verhältnismäßig angesehen werden darf. Im Hinblick darauf, dass für den Betroffenen zunächst die erforderlichen Passersatzpapiere für die Heimreise zu beschaffen sind, hätte das Landgericht ermitteln müssen, auf welche konkreten Tatsachen sich die Erwartung der Ausländerbehörde gründet, die Abschiebung des Betroffenen innerhalb von drei Monaten durchführen zu können. Da die Abschiebung von algerischen Staatsangehörigen, die nicht über Ausreisepapiere verfügen und nicht freiwillig zur Ausreise bereit sind, häufig mehr als drei Monate in Anspruch nimmt ( vgl. OLG Düsseldorf Beschluss vom 03.11.2003 - I-3 Wx 275/03; LG Berlin NVwZ-Beilage I 2/2001 S.24 ), wie auch die von der ZAB Köln im Rechtsbeschwerdeverfahren überreichte Statistik ergibt, haben die Tatsachengerichte stets zu prüfen, ob die Abschiebung im konkreten Fall innerhalb von drei Monaten möglich ist und - wenn dies nicht der Fall ist - ob Gründe für die zeitweise Undurchführbarkeit der Abschiebung von dem Betroffenen zu vertreten, also ihm zurechenbar oder vorzuwerfen sind. Zu der von der antragstellenden ZAB Köln vorgelegten Statistik ist anzumerken, dass die dort genannten Fristen zwischen Antragstellung beim algerischen Konsulat und der Zusage für die Ausstellung von Passersatzpapieren nichts darüber besagen, ob vorliegend die Abschiebung des Betroffenen ab Haftanordnung unter Anrechnung von Untersuchungshaftzeiten innerhalb von drei Monaten zu erwarten war. Es ist nicht ersichtlich, welche Zeitdauer für die Ausstellung der Papiere in Ansatz zu bringen und mit welchem Vorlauf ein Flug zu buchen ist, wobei auch die Zeit nicht außer Betracht bleiben darf, die die Ausländerbehörde zur Vorbereitung des Antrags benötigt.
Der Senat kann die entsprechenden Feststellungen im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht selbst treffen. Daher ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur Nachholung der erforderlichen Ermittlungen an das Landgericht zurückzuverweisen.
Im Hinblick darauf, dass die im Anschluss an die Untersuchungshaft als Überhaft angeordnete Sicherungshaft am 24.12.2003 endet, der Vorstellungstermin beim algerischen Generalkonsulat aber erst für den 7./8. Januar 2004 vorgesehen und deshalb ein Antrag auf Verlängerung der Abschiebungshaft wahrscheinlich ist, ist folgendes anzumerken: Eine Verlängerung der Abschiebungshaft über die Frist des § 57 Abs.2 S.4 AuslG hinaus, kommt nur in Betracht, wenn die Abschiebung innerhalb von drei Monaten zu erwarten war ,aber aus Gründen unerblieben ist, die der Ausländer zu vertreten hat ( Vgl. BGH NJW 1996,2796f ). Zu berücksichtigen ist hierbei allerdings auch das von der Ausländerbehörde zu beachtende Beschleunigungsgebot. Die Ausländerbehörde ist verpflichtet, einen Ausländer, den sie abschieben will, unverzüglich nach Kenntniserlangung von dessen Inhaftierung aufzusuchen, um mit ihm die notwendigen Maßnamen zur Passersatzpapierbeschaffung in die Wege zu leiten. Dies gilt umsomehr bei Staatsangehörigen, bei denen die Ausländerbehörden davon ausgehen können, dass die Beschaffung von Rückreisepapieren einen längeren Zeitraum einnehmen wird. Vorliegend bedarf dies besonderer Prüfung im Hinblick darauf, dass der seit 06.09.2006 in Untersuchungshaft befindliche Betroffene erst am 20.11.2003 zwecks Vorbereitung der Passersatzpapierbeschaffung in der JVA Köln aufgesucht wurde, wobei darauf hinzuweisen ist, dass auch bereits während der Untersuchungshaft die zur Abschiebung erforderlichen Maßnahmen ohne Aufschub und beschleunigt zu treffen sind.
Ende der Entscheidung
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