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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 07.01.2009
Aktenzeichen: 16 Wx 233/08
Rechtsgebiete: BGB, VBVG, FGG, SGB XII
Vorschriften:
BGB § 1835 Abs. 4 | |
BGB § 1836 Abs. 1 | |
BGB § 1836 c | |
BGB § 1836 c Nr. 2 | |
BGB § 1836 d | |
BGB § 1908 i | |
VBVG § 1 Abs. 2 | |
VBVG § 4 Abs. 1 | |
FGG § 22 Abs. 2 | |
SGB XII § 85 | |
SGB XII § 90 | |
SGB XII § 90 Abs. 1 |
Tenor:
Dem Beteiligten zu 1. wird Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdefrist gewährt.
Auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. werden der Beschluss der 1. Zivilkammer des LandgerichtsKöln vom 21.10.2008 - 1 T 331/08 - und der Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 01.08.2008 - 60 XVII B 167 - aufgehoben.
Der Vergütungsanspruch des Berufsbetreuers X T. vom 08.06.2008 richtet sich dem Grunde nach in voller Höhe gegen die Staatskasse, §§ 1908 i, 1836 Abs. 1, 1835 Abs. 4 BGB, § 4 Abs. 1 i.V. m. § 1 Abs. 2 VBVG.
Die Festsetzung der Höhe der Vergütung wird dem Vormundschaftsgericht übertragen.
Gründe:
1.
Dem Beschwerdeführer ist Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Rechtsmittelfrist zu gewähren, da ihm die angegriffene Entscheidung ohne Rechtsmittelbelehrung zugestellt und damit die Fristversäumung entschuldigt worden ist, § 22 Abs. 2 FGG.
2.
Die vom Beschwerdegericht zugelassene und auch sonst zulässige sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts ist nicht rechtsfehlerfrei (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO), da der Betroffene trotz des durch Erbschaft erworbenen Vermögens nicht leistungsfähig ist im Sinne des §§ 1835 Abs. 4, 1836 c BGB ist.
Die Vorinstanzen gehen davon aus, dass der Betroffene sein Vermögen gemäß § 1836c Nr. 2 BGB in Verbindung mit § 90 SGB XII einzusetzen hat und verweisen darauf, dass ihm aufgrund seiner Erbenstellung nach dem Tod seines Großvaters in Wertpapieren angelegtes Vermögen im Wert von rund 70.000 € zugefallen ist. Dieses Vermögen ist für den Betroffenen indes kein verwertbares Vermögen iSd. § 90 Abs. 1 SGB XII. Denn das ererbte Vermögen unterliegt der Testamentsvollstreckung. Der Erblasser hat für den Erbteil des Betroffenen Testamentsvollstreckung ohne zeitliche Beschränkung angeordnet, weil der Betroffene - so der Erblasser - "unter Verschwendungssucht leidet". Ferner ist in dem Testament vorgesehen, dass der Testamentsvollstrecker den Erbteil verwalten und an den Betroffenen monatlich nur den Reinertrag des Vermögens auszahlen soll. Sonderzahlungen aus diesem Vermögen sind dem Testamentsvollstrecker nur erlaubt, soweit sie der beruflichen Ausbildung oder Fortbildung des Betroffenen dienen. Unter "Verwertung" des Vermögens, wie sie § 90 SGB XII verlangt, ist nicht nur die Veräußerung, sondern jede Art der finanziellen Nutzbarmachung zu verstehen. Es fehlt an einer Verwertbarkeit, wenn dieser ein rechtliches oder tatsächliches Hindernis entgegensteht oder die Verwertung wirtschaftlich unvertretbar wäre (so m.w.n. BayObLG, NJW-RR 2001,1515; OLG Frankfurt v. 11.8.2008 - 20 W 211/08- in juris). Im vorliegenden Fall liegt wegen eines rechtlichen Hindernisses eine Unverwertbarkeit des Vermögens vor. Aufgrund der angeordneten Testamentsvollstreckung und der mit ihr verbundenen Beschränkungen sind grundsätzlich Zahlungen aus dem Vermögensstamm nur in Ausnahmefällen zu Zwecken der beruflichen Bildung zulässig. Zu Auszahlungen für andere Zwecke ist der Testamentsvollstrecker nicht befugt. Er würde in einem solchen Fall eine Pflichtverletzung begehen und sich Schadensersatzansprüchen aussetzen. Da mit der Vergütung des Betreuers keine Verwendung für die berufliche Bildung des Betroffenen - auch bei weiter Auslegung der testamentarischen Bestimmung - gegeben ist, scheidet aus Rechtsgründen eine Entnahme aus dem Vermögen aus.
Eine andere Verwertung des Vermögens, die zwar theoretisch in Betracht kommen kann, wie z.B. in Form von Belastung, Verpfändung oder Bestellung eines Nießbrauchs, scheidet ebenfalls aus. Anders als das Landgericht meint, kommt eine Verpfändung oder Sicherungsabtretung zur Erlangung eines Kredits nicht in Betracht. Es ist schon fraglich, ob diese Möglichkeit überhaupt praktisch umsetzbar ist, da das Vermögen der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegt und dieser aufgrund der testamentarischen Anordnungen kaum seine Zustimmung erteilen würde. Im Übrigen hat das Vormundschaftsgericht bereits gegenüber dem Betreuer Bedenken gegen diese Verfahrensweise erhoben. Selbst wenn ein Kredit zur Zahlung der Betreuervergütung ausgezahlt würde, könnte der Betroffene, der über eine Rente von ca. 590 € verfügt, zusätzlich 150 € an Zinsen aus dem Vermögen vereinnahmt, aber auch noch Schulden zu tilgen hat, diesen nicht aus seinen Einkünften zurückzahlen. Eine Kreditgewährung würde deshalb letztlich ebenfalls zu dem Ergebnis führen, dass die Betreuervergütung aus dem ererbtem Vermögen zu leisten wäre.
Der Betreute verfügt über kein sonstiges verwertbares Vermögen. Sein Einkommen liegt unter Einbeziehung seiner Mietkosten unter der Einkommensgrenze des § 85 SGB XII, so dass er gemäß §§ 1836d, 1836c BGB auch nicht in der Lage ist, die Vergütung des Betreuers aus überschießenden Einkünften zu zahlen. Der Betroffene ist demnach mittellos mit der Folge, dass die Staatskasse zur Erstattung der Betreuervergütung verpflichtet ist, § 1835 Abs. 4 BGB.
Der Antrag des Beteiligten zu 1. vom 8.6.2008 ist bisher in der Sache noch nicht überprüft worden. Hierzu bedarf es noch weiterer Aufklärung zur Höhe des vom Betreuer verlangten Stundensatzes. Deshalb ist die Entscheidung über die Höhe der zu erstattenden Vergütung dem Vormundschaftsgericht zu übertragen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Geschäftswert: 924,- €
Ende der Entscheidung
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