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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 28.02.2002
Aktenzeichen: 16 Wx 30/02
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 1004
WEG § 47
WEG § 23 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 30/02

In der Wohnungseigentumssache

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Appel-Hamm

am 28. Februar 2002

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerinnen vom 30.01.2002 wird der Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 19.12.2001 - 29 T 23/01 -, zugestellt am 16.01.2002, aufgehoben und abgeändert:

Die Anträge der Antragsteller werden zurückgewiesen. Die Gerichtskosten des Verfahrens werden den Antragstellern auferlegt. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Gründe:

I.

Die Verfahrensbeteiligten bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft L.straße 9, ... K.. Die Antragsgegner sind Eigentümer des im Aufteilungsplan mit Nummer 33 bezeichneten Sondereigentums. Hinsichtlich dieser Sondereigentumseinheit bestimmt die Teilungserklärung vom 01.03.1994 (Ur. Nr. .../94 des Notars Dr. R. in K.) in Ziffer 7 unter anderem:

"Dem jeweiligen Eigentümer des Miteigentumsanteils mit der Aufteilungsplan Nummer 33 erhält nachfolgende weitere Sondernutzungsrechte mit folgenden Inhalten:

Er ist berechtigt, auf dem Dach des Gebäudes L.straße 9 auf der in der Anlage 4 rot schraffierten Fläche eine beleuchtete und/oder drehende Werbetafel in den Ausmaßen 10 x 10 Meter mit allen hierfür erforderlichen Einrichtungen und Anlagen (insbesondere Technikeinheit, Stromanschlüsse, Stromzähler etc.) uneingeschränkt zu errichten, wieder aufzubauen, baulich zu ändern, instandzusetzen, instandzuhalten, dauernd zu unterhalten und zu nutzen.

Er ist weiter berechtigt, auf dem Dach des Gebäudes L.straße 9 auf der in der Anlage 4 blau schraffierten Fläche eine standortbezogene Funkfeststation und/oder Antennenanlage einschließlich aller hierfür erforderlichen Einrichtungen und Anlagen, insbesondere Stromanschluss, Stromzähler, Technikeinheit uneingeschränkt zu errichten, wieder aufzubauen, baulich zu ändern, instandzusetzen, instandzuhalten, dauernd zu unterhalten und zu nutzen.

Unter Funkfeststation ist die Einrichtung zur Verteilung, zum Senden sowie zum Empfang von Funksignalen zu verstehen. Über sie wird der unmittelbare Kontakt zu Mobiltelefonen u.ä. Einheiten hergestellt, die sowohl zum Empfang als auch zur Sendung von Nachrichten dienen. Die Funkfeststation umfasst die erforderlichen Ausrüstung, um Funksignale zu senden, zu empfangen, insbesondere zum Betrieb von Mobiltelefonen sowie diese Signale direkt über Kabel oder indirekt von der Funkfeststation aus der über Richtfunk an Fernmeldeeinrichtungen zu übertragen. Eine Funkfeststation besteht insbesondere aus der Versorgungseinheit, den Antennenträgern und der Antennenanlage. Die Versorgungseinheit besteht aus der Sende- und Empfangseinrichtung, der Stromversorgung (bestehend aus dem Anschluss an das Stromnetz, den Notstrombatterien und - soweit im Einzelfall erforderlich - dem Notstromaggregat) und dem Übergabepunkt für die Einspeisung der Antenne. Die Versorgungseinheit kann sowohl im Freien als auch in einem Raum untergebracht werden. Die Antennenanlage besteht aus einer Konfiguration von Antennen, der Antennenträger besteht aus einer an dem Gebäude angepassten Konstruktion zur Aufnahme der Antennen.

Er ist jederzeit berechtigt, das gemeinschaftliche Eigentum zum Zwecke der Ausübung der vorgenannten Sondernutzungsrechte zu betreten und mit PKW und LKW zu befahren. Er ist ferner berechtigt, zum Zwecke der Ausübung der in den vorgenannten Ziffern 7.2.1 und 7.2.2 beschriebenen Sondernutzungsrechte alle öffentlichen Versorgungseinrichtungen, die im gemeinschaftlichen Eigentum stehen (insbesondere alle Leistungen, Strom- und Nachrichtenleistungen) zu benutzen und an diese anzuschließen. Dies beinhaltet auch die Leitungsverlegung an oder im Gebäude. Der jeweilige Eigentümer hat die Kosten des Verbrauchs und des Anschlusses selbst zu tragen und hat für den Verbrauch eigene Zähler zu installieren.

Sämtliche Rechte aus den vorgenannten Sondernutzungsrechten kann der jeweilige Eigentümer auch von seinen Angestellten, Vertretern, Beauftragten, Mietern und Pächtern wahrnehmen lassen.

Die Ausübung der vorgenannten Rechte und Sondernutzungsrechte kann jederzeit einem Dritten entgeltlich oder unentgeltlich gestattet werden.

Die Instandsetzung, Instandhaltung und Unterhaltspflichten beziehen sich nur auf die vorgenannte Werbefläche/Funkfeststation sowie auf die hierfür erforderlichen Einrichtungen und Anlagen, nicht auf die Dachfläche selbst."

Die Antragsgegner ließen auf dem Dach innerhalb der Sondernutzungsfläche im Jahre 1994 eine Sendeanlage des Netzbetreibers E. montieren und im Winter 1997/1998 zusätzlich eine Anlage der Firma V.-I..

In einer Wohnungseigentümerversammlung am 21.10.1999 wurde von den anwesenden Eigentümern, die jedoch nicht sämtliche Eigentümer der Wohnungseigentumsanlage repräsentierten, folgender Beschluss einstimmig gefasst:

1.) "Die Eigentümer des Miteigentumsanteils Nr. 33, derzeit Frau B. und Frau K. St., werden verpflichtet, die auf dem Dach des Gebäudes L.straße 9 im Bereich ihrer Sondernutzungsfläche befindliche ortsfeste Sendefunkanlage der Firma V.-I. nebst sämtlichen Zubehörteilen ersatzlos zu entfernen. Sollte dies den Eigentümern nicht möglich sein, so sind sie verpflichtet, ihre vertraglichen Vereinbarungen mit der Firma V.-I. aus wichtigem Grunde mit sofortiger Wirkung, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt, zu kündigen und die Firma V.-I. zur Entfernung der Anlage zu veranlassen.

2.) Ggf. soll auch der Entfernungsanspruch unmittelbar gegenüber der Firma V.-I. geltend gemacht werden.

3.) Der Verwalter ist beauftragt und bevollmächtigt, auf Kosten der Eigentümergemeinschaft eine Rechtsanwaltskanzlei mit der Durchsetzung der Ansprüche der Eigentümergemeinschaft aus den vorstehenden Beschlüssen zu beauftragen und auch Vollmacht zur gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche zu erteilen. Die hierdurch entstehenden Kosten einschließlich eventueller Gerichtskosten trägt die Eigentümergemeinschaft.

Der Verwalter ist berechtigt, im Zusammenwirken mit dem Verwaltungsbeirat Verhandlungen mit den Eigentümern St. und/oder V.-I. über eine gütliche Beilegung zu führen sowie ggf. einen Vergleich für die Eigentümergemeinschaft abzuschließen, ohne dass es der erneuten Beschlußfassung in einer Eigentümerversammlung bedarf.

4.) In einem eventuellen Gerichtsverfahren ist auch die Frage zu klären, ob die Eigentümer St. berechtigt sind, mehr als eine Funkfeststation und/oder Antennenanlage auf der Sondernutzungsfläche auf dem Dach des Gebäudes zu errichten."

Das Anfechtungsverfahren hinsichtlich dieses Beschlusses ist noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Die Beteiligten streiten insbesondere darüber, ob die Antragsgegner den Beschluss überhaupt rechtzeitig angefochten haben. Das Amtsgericht hat die Antragsgegner antragsgemäß wie folgt verurteilt:

Die Antragsgegner werden als Gesamtschuldner verpflichtet, die auf dem Dach des Gebäudes L.straße 9, ... K., im Bereich der ihnen gemäß Ziffer 7.2.2 der Gemeinschaftsordnung (Urkunde Nr. .../1994 des Notars Dr. R. aus K.) zugewiesenen Sondernutzungsfläche befindliche ortsfeste Sendefunkanlage der Firma V.-I., bestehend aus drei Antennenträgern nebst daran montierter Antennen- und Richtfunkeinrichtungen, BTS-Konsole nebst Aufbauten und Kabelführungen zu den drei Antennenträgern sowie sämtliche Zubehörteile und Elektroinstallationen einschließlich der Elektroverkabelung bis zum Kellerraum des Hauses und sämtliche Ankerplatten der Antennentragkonstruktionen und der BTS-Konsole ersatzlos zu entfernen und den ursprünglichen insbesondere alle nach der Demontage verbleibenden Bohrlöcher dicht zu schließen und die Dacheindichtung entsprechend den anerkannten Regeln der Technik wieder herzustellen.

Es wird festgestellt, dass die Antragsgegner nicht berechtigt sind, auf dem Dach des Gebäudes L.straße 9, ... K., im Bereich ihrer Sondernutzungsfläche mehr als eine Funkfeststation und/oder Antennenanlage zu errichten oder errichten zu lassen.

Die sofortige Beschwerde hiergegen hat das Landgericht mit der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich nunmehr die weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegner.

II.

Die weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegner ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Was den Antragsgegnern in Ausübung ihres Sondernutzungsrechtes gemäß Ziffer 7 der Teilungserklärung vom 01.03.1994 gestattet ist, ist durch Auslegung dieser Teilungserklärung zu ermitteln. Zur Auslegung der Teilungserklärung in vollem Umfange ist der Senat selbstständig befugt (BGHZ 121, 236; BayObLG, WuM 1996, 362; Staudinger/Wenzel, § 45 WEG Rdn. 40). Die Auslegung hat sich zunächst am Wortlaut zu orientieren. Sie hat darüberhinaus den Sinn aus dem Gesamtzusammenhang der Normen zu ermitteln. Diese Auslegung ergibt, dass die Antragsgegner auf der Sondernutzungsfläche technische Einrichtungen installieren und montieren lassen dürfen, die erforderlich sind, um Funksignale insbesondere für Mobiltelefone zu verteilen, zu senden und zu empfangen. Diese technischen Geräte, die in der Teilungserklärung grob umschrieben sind, werden unter dem Oberbegriff "standortbezogene Funkfeststation und/oder Antennenanlage" zusammengefasst. Das vorangestellte Wort "eine" stellt hierbei einen unbestimmten Artikel, keine Zahl dar. Der unbefangene, nichttechnische Betrachter, an den die Beschreibung in Ziffer 7 der Teilungserklärung sich richtet, sieht in den Installationen unabhängig davon, ob sie einem Mobilfunkbetreiber oder mehreren Mobilfunkbetreibern als Anlaufstation für ihre Funksignale dienen, immer nur "eine Funkfeststation". Die Beschreibung in der Teilungserklärung stellt sich für den unbefangenen Betrachter nur als Abgrenzung gegenüber anderen möglichen technischen Einrichtungen dar, nicht aber als Begrenzung der Zahl der Sendeanlagen. Nur eine solche Auslegung ist auch sinnvoll. Denn die technischen Gegebenheiten ändern sich schnell. Allein davon ist aber abhängig, wie viele Betreiber von Mobilfunknetzen die technischen Geräte auf dem Dach der Liegenschaft L.straße 9 benutzen können. Ob die Betreiber die erforderlichen technischen Anlagen gemeinsam errichten oder ob jeder Betreiber einzelne Teile zur Anlage hinzufügt, ist am Ende für den Betrachter, der auf dem Dach des Hauses "eine Funkfeststation" feststellt, ohne Bedeutung. Diese Auslegung der Ziffer 7.2.2 der Teilungserklärung wird durch die vorangehende Ziffer 7.2.1 bestätigt. Die dort beschriebene Werbetafel bleibt auch die gleiche, ob sie für eine gleichbleibende Werbung oder für ständig wechselnde Werbungen oder mehrere Werbeaufschriften nebeneinander benutzt wird. Entscheidend ist allein die Fläche, die genutzt werden darf, und der Zweck, zu welchem sie genutzt werden darf.

Da die Antragsgegner mit ihrer Nutzung der in Ziffer 7.2.2 der Teilungserklärung bezeichneten Fläche auf dem Dach des Gebäudes L.straße 9, so lange sie mit den technischen Installationen die angegebene Fläche nicht überschreiten, sich innerhalb der Grenzen ihres Sondernutzungsrechtes halten, steht den Antragstellern kein Anspruch aus § 1004 BGB auf Beseitigung eines Teiles der Anlage zu.

Ein solcher Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 21.10.1999. Dieser Beschluss ist unabhängig davon, ob rechtzeitig innerhalb der Frist des § 23 Abs. 3 WEG angefochten wurde oder nicht, nichtig, weil er als Mehrheitsbeschluss das Sondernutzungsrecht der Antragsgegner beschränkt, insoweit aber außerhalb der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft liegt (BGH NZM 2000, 1184). Das in der Teilungserklärung eingeräumte Sondernutzungsrecht kann nur durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer inhaltlich geändert oder beschränkt werden. Der einstimmige Beschluss in der Versammlung vom 21.10.1999 hat nicht Vereinbarungscharakter, weil auf der Versammlung nicht sämtliche Wohnungseigentümer vertreten waren.

Das die Funkfeststation in der Form, wie sie sich augenblicklich darstellt, aus anderen Gründen nicht zulässig wäre, etwa weil sie die Statik des Hauses gefährdet oder weil von ihr nachgewiesene erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigungen ausgehen oder weil sie ansonsten in baulich gefährlicher Weise errichtet wäre, ist nicht substantiiert vorgetragen und nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 47 WEG. Ein Abweichen von dem im Wohnungseigentumsverfahren geltenden Grundsatz, dass außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden, ist nicht angezeigt.

Der Beschwerdewert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000,00 Euro festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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