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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 01.07.1999
Aktenzeichen: 18 U 240/98
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 566
BGB § 571
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

18 U 240/98 11 O 307/98 LG Aachen

Anlage zum Verkündungsprotokoll vom 1. Juli 1999

Verkündet am 1. Juli 1999

Brüggen, JA als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

der Firma GmbH,

Beklagte und Berufungsklägerin,

- Prozeßbevollmächtigte: -

gegen

1.) Herrn

2.) Herrn

gemeinschaftlich handelnd in GbR

Kläger und Berufungsbeklagte,

- Prozeßbevollmächtigte: -

hat der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 18.3.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Reppel, den Richter am Oberlandesgericht Bodens und die Richterin am Amtsgericht Grassmann

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 2.11.1998 (11 O 307/98) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,-DM abwenden, sofern nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringen.

Tatbestand

Die Kläger sind Alleingesellschafter der GbR und als solche Eigentümer des Grundstücks in A. Die Beklagte ist als Rechtsnachfolgerin der Firma GmbH Mieterin dieses Grundstücks.

Voreigentümerin des Grundstücks war seit 1988 die Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) für den Kreis Aachen. Diese schloß am 16.12.1991 einen notariellen Public-Leasing-Vertrag mit den Gesellschaftern der GbR über die Nutzung des Grundstücks. In § 3 Ziff. 3 des Vertrages vereinbarten sie, daß die GbR bis zum Ende der Leasing-Zeit wirtschaftliche Eigentümerin des Grundstücks sein sollte mit allen zugehörigen Rechten und Pflichten. § 2 Ziff.3 des Vertrages sah vor, daß die GbR nach fünf Jahren das Grundstück zum Eigentüm erwerben sollte. Hierzu wurde im Grundbuch eine Eigentumsvormerkung eingetragen.

Am 14./15.7.1992 schlossen die Gesellschafter der GbR einen Mietvertrag über das Grundstück mit der Firma GmbH. Dabei vertraten die Kläger die Firma GmbH, deren geschäftsführende Gesellschafter sie zu dieser Zeit waren. § 2 des Mietvertrages sah u.a. folgende Regelung vor:

"Das Mietverhältnis endet am 30.6.1997. Es verlängert sich jeweils um weitere 5 Jahre bis zum 30.6.2002, wenn die Mieterin nicht spätestens 6 Monate vor Ablauf der Mietzeit der Verlängerung widerspricht."

Am 3.9.1992 machten die Gesellschafter der GbR den Klägern ein notarielles Angebot zum Abschluß eines Vertrages, durch den die Rechte aus dem Public-Leasing-Vertrag mit der WFG an die Kläger abgetreten und die Verpflichtungen aus dem Public-Leasing-Vertrag von den Klägern übernommen werden.

Die WFG genehmigte das Angebot.

Mit notarieller Urkunde vom 30.3.1994 nahmen die Kläger das Angebot an.

Die Firma GmbH, die dem Vermieterwechsel zugestimmt hatte, zahlte fortan den Mietzins an die Kläger entsprechend dem Vertrag vom 14./15.7.1992 in Höhe von 17.850,-DM netto im Monat. Ein neuer schriftlicher Vertrag wurde nicht geschlossen.

Mit notariellem Vertrag vom 17.5.1994 wurde der Public-Leasing-Vertrag zwischen den Klägern und der WFG aufgehoben und das Grundstück an die Kläger veräußert. Die Kläger wurden am 16.12.1994 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Durch Fusion mit der Fa. GmbH zum 31.12.1996 wurde die Beklagte deren Rechtsnachfolgerin.

Mit Schreiben vom 1.7.1998 kündigte die Beklagte das Mietverhältnis zum 31.12.1998. Mit Schreiben vom 3.7.1998 widersprachen die Kläger der Kündigung unter Hinweis auf § 2 des Mietvertrages und forderten die Beklagte zum Kündigungswiderruf auf. Mit Antwortschreiben vom 7.7.1998 teilte die Beklagte mit, daß sie an der Kündigung festhalte.

Die Kläger haben vorgetragen, daß durch die Annahme des notariellen Angebots der GbR der Mietvertrag auf sie übergegangen sei, ohne daß dies der Schriftform bedurft hätte. Die Beklagte habe dies genehmigt.

Die Kläger haben beantragt,

festzustellen, daß der Mietvertrag über das Grundstück A, durch die Kündigung der Beklagten vom 1.7.1998 nicht zum 31.12.1998 beendet ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, daß ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit bestehe, da zwischen den Parteien kein schriftlicher Mietvertrag geschlossen worden sei.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung zugesprochen, daß die Kündigung zum 31.12.1998 gem. § 2 des Mietvertrages vom 14./15.7.1998 nicht wirksam sei. Der hier vorliegende Wechsel des Vermieters habe nicht der Schriftform gem. § 566 BGB bedurft.

Die Beklagte wiederholt und vertieft mit der Berufung ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt weiter vor: Die Kläger seien in die Vermieterposition aufgrund mündlicher Vereinbarung mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der GbR eingetreten. Diese nachträgliche vertragliche Änderung habe für eine länger als ein Jahr andauerndes Mietverhältnis nach § 566 BGB der Schriftform bedurft. Nach dem Sinn und Zweck des § 566 BGB bedürfe auch ein Vermieterwechsel der Schriftform. § 571 sei hier auch nicht entsprechend anwendbar, da es sich um eine Ausnahmevorschrift handele, die eng auszulegen und auf den Fall nicht übertragbar sei.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 2.11.1998 verkündeten Urteils des Landgerichts Aachen, Aktenzeichen 11 O 307/98, die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tragen weiter vor, daß eine analoge Anwendung von § 571 BGB in Betracht komme. Jedenfalls habe aber die Übernahme der Vermieterposition durch die Kläger nicht der Schriftform bedurft.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, da die zulässige Klage in vollem Umfang begründet ist.

Die Klage ist zulässig. Das Landgericht hat zu Recht das erforderliche Feststellungsinteresse der Kläger bejaht. Auf die zutreffende Begründung des landgerichtlichen Urteils wird insoweit Bezug genommen.

Die Klage ist auch begründet. Die Kündigung der Beklagten vom 1.7.1998 hat das Mietverhältnis der Parteien nicht zum 31.12.1998 beendet. Die vertragliche Laufzeit des Mietvertrages gem. § 2 des Mietvertrages bis zum 30.6.2002 ist für die Parteien verbindlich.

Der Eintritt der Kläger in den zwischen der GbR und der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Fa. GmbH, geschlossenen Mietvertrag bedurfte nicht der Schriftform des § 566 BGB. In die Vermieterstellung sind die Kläger aufgrund einer mündlichen Vereinbarung mit den Parteien des Mietvertrages gelangt.

Der Senat neigt zu der Ansicht, daß § 566 BGB auf den Wechsel des Vermieters, der nicht gleichzeitig Eigentümer der Sache ist, keine Anwendung findet. Tritt ein neuer Vermieter mit Zustimmung des bisherigen Vermieters und der Mietpartei in einen langfristigen Mietvertrag ein, so kann es der Mieterschutz geradezu erforderlich machen, daß § 566 BGB keine Anwendung findet, da der Mieter zu Recht auf die langfristige Dauer des bestehenden, schriftlichen Mietvertrages vertrauen darf.

Eine andere Wertung ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt, daß ein Wechsel auf Mieterseite grundsätzlich der Schriftform des § 566 BGB bedarf (BGH NJW 1975, 1653; BGH NJW 1979,369, 370). Dies folgt gerade aus dem hauptsächlichen Sinn und Zweck des § 566 BGB, den späteren Grundstückserwerber über die Person des Mieters und die Dauer des Mietverhältnisses zu unterrichten, da die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Mieters für den Vermieter von entscheidender Bedeutung sein können (BGH NJW 1979, 369, 370). Das Interesse des Vermieters an einer längerfristigen Bindung der Mietpartei muß demgegenüber notwendigerweise zurückstehen, zumal § 566 BGB auch den schutzwürdigen Belangen des Mieters dient.

Jedenfalls bedarf in der vorliegenden Konstellation der Eintritt der Kläger in das langfristige Mietverhältnis nicht der Form des § 566 BGB. Zwar handelt es sich nicht um einen Fall des § 571 BGB und scheidet auch eine entsprechende Anwendung der eng auszulegenden Vorschrift aus. Die Ausgangssituation entspricht aber der Situation und der Interessenlage des § 571 BGB, der den Hauptfall des Vermieterwechsels regelt und auf den § 566 BGB gerade keine Anwendung findet. Die Vermietung erfolgte zunächst durch die GbR, die aufgrund des Public-Leasing-Vertrages mit der ursprünglichen Grundstückseigentümerin, der Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Aachen (WFG), wirtschaftliche Eigentümerin der Mietsache geworden war. In diese Rechtsstellung traten die Kläger mit Zustimmung der Beklagten ein und übernahmen gleich einem Erwerber des Grundstückes vertraglich die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag. Aufgrund des Veräußerungsvertrages mit der WFG erhielten sie dann auch formal das Eigentum an dem Grundstück. Spätestens mit dieser Vereinigung von wirtschaftlichem und formalem Eigentum und der einvernehmlichen Fortsetzung des Mietvertrags verlangt der Schutzzweck des § 566 BGB nicht mehr die Schriftform.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs.1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Berufungsstreitwert und Beschwer der Beklagten: 248.472, DM.

Ende der Entscheidung

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