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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 22.09.2004
Aktenzeichen: 19 W 40/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 434
BGB § 437
BGB § 442
BGB § 444
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

19 W 40/04

In dem Prozesskostenhilfeverfahren

pp.

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Bonn vom 4. Mai 2004 (7 O 175/04) durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jaeger, den Richter am Oberlandesgericht Conzen und den Richter am Amtsgericht Dr. Lorenz

am 22. September 2004

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Bonn (7 O 175/04) vom 4. Mai 2004 abgeändert und, wie folgt, neu gefasst:

Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe bewilligt und ihm zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung seiner Rechte in erster Instanz Rechtsanwalt K, P-Straße 7, #### C, beigeordnet, soweit der Antragsteller mit seiner Klage einen Zahlungsanspruch in Höhe von 5.300,-- Euro gegen die Beklagte verfolgt.

Gründe:

Die gem. §§ 127, 567 Abs. 1 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache Erfolg.

Die verständige Auslegung des vorgetragenen Sachverhalts und der verschiedenen angekündigten Klageanträge ergibt, dass der Antragsteller hauptsächlich Zahlung von 5.300,-- Euro zur Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum der Wohnung in der Wohnanlage in T.B. begehrt. Bei der im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung des Vorbringens hat der Antragsteller insoweit die Voraussetzungen eines Minderungsanspruchs gem. §§ 434, 437 Nr. 2, 441 BGB dem Grunde nach schlüssig dargetan. Dieser Anspruch, dessen Bemessung (vgl. § 441 Abs. 3 BGB) dem Erkenntnisverfahren vorbehalten bleiben muss, kommt in Betracht, nachdem die Antragsgegnerin offenbar ernsthaft und endgültig Nacherfüllung verweigert.

Die vom Antragsteller erworbene Eigentumswohnung ist gem. §§ 434 Abs. 1 Satz1 BGB mangelhaft, da diese nicht der vertraglichen Sollbeschaffenheit im notariellen Kaufvertrag vom 27. März 2003 entsprach. Nach dem Vortrag des Antragstellers wies das Gemeinschaftseigentum bei Gefahrübergang erheblichen und akuten Sanierungsbedarf im Dachbereich sowie an den Balkonbefestigungen auf. Bezogen auf die Gesamtimmobilie soll die Beseitigung der Mängel einen kostenmäßigen Aufwand von über 300.000,-- Euro erfordern. Der sanierungsbedürftige Zustand des Objekts war den damaligen Eigentümern - also auch der Beklagten - im Jahr vor dem Vertragsschluss mit dem Antragsteller bekannt geworden. Abhilfe ist nunmehr von der Eigentümergemeinschaft beschlossen und in Angriff genommen worden, indem wegen des voraussichtlichen Kostenaufwandes der Maßnahmen zunächst eine Erhöhung der Rücklagen der Eigentümergemeinschaft um 60.000,-- Euro beschlossen worden ist. Damit wird es aller Voraussicht nach nicht sein Bewenden haben.

Der Zustand des Kaufgegenstandes entsprach nicht der vertraglichen Sollbeschaffenheit. Die Eigentumswohnung ist dem Antragsteller als komplett renoviert (laut Zeitungsannonce: "Superschnäppchen") verkauft worden. Bei der Besichtigung ist der Antragsteller insbesondere auch auf erst kürzlich durchgeführte Renovierungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum hingewiesen worden. Angesichts dessen konnte der Käufer von einem Zustand des Gemeinschaftseigentums ohne die Notwendigkeit kostenintensiver und akuter Sanierungsleistungen ausgehen.

Die Haftung der Antragsgegnerin ist nicht aufgrund § 11.1 des notariellen Kaufvertrages ausgeschlossen. Die Regelung des § 11.1. Abs. 2 greift bereits nach ihrem Wortlaut nicht ein. Es handelt sich bei dem vom Antragsteller dargelegten Sanierungsbedarf am Gemeinschaftseigentum nämlich weder um einen für ihn bei Besichtigung der Wohnung erkennbaren noch um einen der Verkäuferin unbekannten Mangel des Vertragsgegenstandes. Auch Ziffer 11.1 Abs. 1 des notariellen Kaufvertrages "Der Vertragsgegenstand wird verkauft in dem Zustand, in dem er sich bei Besichtigung befand und der dem Käufer bekannt ist; dieser Zustand wird hiermit als vertragsgemäße Beschaffenheit vereinbart" steht einer Haftung der Antragsgegnerin nicht entgegen. Auch diese Formulierung betrifft bereits ihrem Wortlaut nach nicht Mängel am Gemeinschaftseigentum, welche im Rahmen einer üblichen Besichtigung (der Wohnung) nicht erkannt werden (können). Sofern die Antragsgegnerin mit der Klausel einen Ausschluss der Haftung für Mängel am Gemeinschaftseigentum vereinbaren wollte, wäre die vertragliche Regelung unter dem Gesichtspunkt des arglistigen Verschweigens gem. § 444 BGB unwirksam. Die Antragsgegnerin war angesichts der Art und des Umfangs der Mängel verpflichtet, den Käufer auf den tatsächlichen Zustand des Gebäudes und die kurzfristig anstehenden Sanierungsarbeiten hinzuweisen. Es handelt sich um Arbeiten, die über den üblicherweise infolge altergemäßer Abnutzung der Immobilie anfallenden Renovierungsaufwand deutlich hinausgehen. Dass die Antragsgegnerin diesbezüglich keine Aufklärung gegeben hat - so jedenfalls der Vortrag des Antragstellers -, begründet in Bezug auf einen etwaigen Haftungsausschluss den Einwand der Arglist. Diese Rechtsfolge kann ein Verkäufer nicht dadurch vermeiden, dass die Kaufsache von den Vertragsparteien trotz erheblicher, dem Käufer aber unbekannter Mängel als vertragsgemäß bezeichnet wird.

Dem Antragsteller war der Zustand des Daches und der Balkonbrüstungen nach seinem Vortrag nicht bekannt, so dass die Haftung der Antragsgegnerin nicht wegen § 442 BGB entfällt. Die Vorschrift setzt positive Kenntnis des Käufers von den Sachmängeln voraus. Eine solche Kenntnis hatte der Antragsteller nach seinem Vortrag nicht, wovon auch das Landgericht auszugehen scheint. Eine lediglich fahrlässige Unkenntnis des Antragstellers würde die Verkäuferin aber - selbst im Falle grober Fahrlässigkeit (vgl. § 442 Abs. 1 Satz 2 BGB) - nicht entlasten. Soweit die Antragsgegnerin daher behauptet, dem Käufer seien vor Beurkundung des Kaufvertrags sämtliche Unterlagen, insbesondere das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 22.05.2002, zur Verfügung gestellt bzw. zugänglich gemacht worden, ist sie für diese Behauptung in vollem Umfang darlegungs- und beweispflichtig. Daran ändert nichts die erst im Beurkundungstermin in den Vertrag aufgenommene Formulierung in Ziffer 10 "Nach Angaben von Käufer und Verkäufer hatte der Käufer vor Beurkundung ausreichend Gelegenheit, Einsicht in die Unterlagen zu nehmen, die den Vertragsgegenstand und die Wohnanlage betreffen". Es handelt sich um eine nichtssagende Floskel ohne Aussagekraft bezüglich konkreter Unterlagen. Die Regelung ist dem Antragsteller nach seinem insoweit glaubhaften und nachvollziehbaren Sachvortrag anlässlich der Beurkundung untergeschoben worden. Tatsächlich verfügte er zum Zeitpunkt der Beurkundung nicht über Unterlagen, in denen Mängel des Objekts dokumentiert waren.

Eine Kostenentscheidung ist im Beschwerdeverfahren nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Ende der Entscheidung

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