Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 06.12.2007
Aktenzeichen: 2 Ws 643/07
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 56 f Abs. 1 Nr. 1
Ein vor dem Ermittlungsrichter bei der Verkündung des Haftbefehls abgegebenes glaubhaftes Geständnis kann ausreichende Grundlage für einen Bewährungswiderruf wegen neuer Straftaten nach § 56 f Abs. 1 Nr. 1 StGB sein.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten (§ 473 Abs. 1 StPO) verworfen.

Gründe:

I.

Der betäubungsmittelabhängige, seit 1986 mit Straftaten aufgefallene Verurteilte wurde am 19.12.2000 durch das Landgericht A. u. a. wegen schweren räuberischen Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Nach teilweiser Verbüßung dieser Strafe wurde er im Sommer 2006 zur Bewährung aus der Strafhaft entlassen, nachdem er seit 1993 fast ununterbrochen wegen verschiedener schwerer Straftaten eingesessen hatte. Der Senat hat die seinerzeitige Bewährungsentscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 22.06.2006 mit Beschluss vom 11.07.2006 (2 Ws 328/06) bestätigt. Mit Beschluss vom 30.11.2006 widerrief die Strafvollstreckungskammer die Bewährung. Diese Entscheidung hob der Senat mit Beschluss vom 16.02.2007 ( 2 Ws 685706) auf, so dass es bei der Bewährungsentscheidung vom 22.06.2006 verblieb.

Wegen der Einzelheiten zum Werdegang des Verurteilten und der für die Strafaussetzung zur Bewährung maßgeblichen Umstände wird auf die beiden angeführten Senatsentscheidungen Bezug genommen.

Im April 2007 erklärte der Beschwerdeführer bei einer polizeilichen Beschuldigtenvernehmung, bei der es um den Vorwurf des Diebstahls eines Fahrrades ging, er sei seit Oktober 2006 (wieder) heroinabhängig. Am 31.08.2007 geriet er aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts A. vom 24.08.2007 in Untersuchungshaft. Mit dem Haftbefehl werden dem Beschwerdeführer mehrere Diebstähle, darunter auch ein räuberischer Diebstahl zur Last gelegt. Während der Beschwerdeführer die anderen Taten bestreitet, räumte er bei der Verkündung des Haftbefehls am 31.08.2007 den räuberischen Diebstahl mit den Worten "Die Tat zu 5., das trifft zu" ein und gab außerdem an, "auf Droge gewesen zu sein". Die Tat, die inzwischen in die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft A. vom 18.09.2007 als Fall 4. Eingang gefunden hat, betraf den Diebstahl von 150 € aus einer Ladenkasse in A. am 03.08.2007. Als der Ladeninhaber den Beschwerdeführer überraschte, kam es zu einem Gerangel, in dessen Verlauf der Beschwerdeführer den Geschädigten mit erheblicher Kraft beiseite schubste, um mit dem erbeuteten Geld zu fliehen.

Wegen dieser Tat widerrief die Strafvollstreckungskammer auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Bewährung mit dem angefochtenen Beschluss. Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Verurteilten.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde ist - anders als in dem vorangegangenen Widerrufsverfahren - nicht begründet.

Die neuerliche schwerwiegende Straftat vom 03.08.2007, deretwegen der Verurteilte inzwischen unter Anklage steht, stellt einen gravierenden Bewährungsbruch dar, der den Widerruf der Strafaussetzung aus dem Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 22.06.2006 gemäß § 56 f Abs. 1 Nr. 1 StGB nunmehr unvermeidbar macht. Veränderungen in der Lebensführung des Beschwerdeführers, die es als vertretbar erscheinen lassen könnten, gemäß § 56 f Abs. 2 StGB vom Widerruf abzusehen, sind diesmal nicht mehr erkennbar. Der Beschwerdeführer hat die ihm eingeräumte Bewährungschance nicht nutzen können. Er scheint wieder in den Drogenkonsum verfallen zu sein und begeht zu dessen Finanzierung erneut Straftaten.

Den Widerruf hindert nicht, dass der Beschwerdeführer wegen der neuen Straftat noch nicht rechtskräftig verurteilt ist. Der Senat hat mehrfach entschieden, dass in der Hauptverhandlung vor dem erkennenden Gericht abgelegte Geständnisse Grundlage eines Widerrufs der Strafaussetzung zu Bewährung sein können. Der Grundsatz, dass bis zur rechtskräftigen Verurteilung auf Grund einer förmlichen Hauptverhandlung die Unschuldsvermutung gilt, wird damit nicht verletzt ( Senat, Beschlüsse vom 09.06.2004 - 2 Ws 209/04 - = NStZ 2004, 685; und vom 16.10.2007 - 2 Ws 555-556/07-; ebenso für das gegenüber dem Einzelrichter der Strafvollstreckungskammer abgegebene Geständnis Senat Beschluß vom 8.11.2005 - 2 Ws 550-553/05 - ).

Diese Rechtsprechung kann ohne weiteres auch auf das glaubhaftes Geständnis vor dem Haftrichter angewendet werden. Denn maßgeblich ist der Gesichtspunkt, dass es sich um ein richterliches Geständnis handeln muß. Auch das BVerfG lässt für die Verneinung eines Verstoßes gegen die Unschuldsvermutung genügen, dass der Betroffene die neue Straftat glaubhaft gestanden hat (BVerfG Beschluss vom 09.12.2004 - NStZ 05,204; ebenso Tröndle/Fischer, StGB, 54.Aufl., § 56 f Randnr.7 m.w.N.)

Die Strafvollstreckungskammer ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass das von dem Beschwerdeführer vor dem Ermittlungsrichter abgelegte Geständnis zur Feststellung der neuen Straftat genügt.

Da das Rechtsmittel nicht begründet worden ist, hat der Senat zu weiteren Ausführungen keine Veranlassung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

Zurück