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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 08.12.2006
Aktenzeichen: 20 U 133/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 839a
ZPO § 313a Abs. 1
ZPO § 540 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das am 5.8.2004 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 18 O 79/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens tragen die Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 8.473,32 € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Zum Sachverhalt wird auf den Tatbestand des Urteils des Senats vom 20.5.2005 verwiesen. Nachdem der Bundesgerichtshof das die Berufung zurückweisende Urteil durch Urteil vom 9.3.2006 aufgehoben hat mit der Begründung, der Wertgutachter im Zwangsversteigerungsverfahren könne dem Ersteigerer gegenüber grundsätzlich nach § 839a BGB zum Schadensersatz verpflichtet sein, hat der Senat Beweis durch Zeugenvernehmung erhoben über die Frage, ob und in welcher Höhe den Klägern durch die behaupteten Fehler im Wertgutachten ein Schaden entstanden ist.

Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Den Klägern steht ein Schadensersatzanspruch aus § 839a BGB, der einzigen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, wegen der behaupteten Fehler des vom Beklagten im Zwangsversteigerungsverfahren erstatteten Wertgutachtens nicht zu. Die Beweisaufnahme hat nicht mit der erforderlichen Sicherheit ergeben, ob überhaupt und wenn ja in welcher Höhe den Klägern durch die behaupteten Fehler des Gutachtens ein Schaden entstanden ist.

Die Kläger machen als Schaden geltend, dass sie das Grundstück bei richtiger Begutachtung zu einem niedrigeren Preis hätten ersteigern können, weil in diesem Fall auch die anderen Mitbieter nur bis zu einem entsprechend niedrigen Betrag geboten hätten. Diese Behauptung hat sich in der Beweisaufnahme nicht bestätigt. Die Zeugin T und der Zeuge M konnten letztlich keine zuverlässigen Angaben dazu machen, bis zu welchem Betrag sie geboten hätten, wenn in dem Gutachten ein niedrigerer Wert festgesetzt und der Überbau sowie die - aus Sicht der Kläger - zutreffende Zahl der Stellplätze genannt worden wäre. Es lässt sich insbesondere nicht feststellen, dass ein um etwa 10.000,00 € niedrigerer Verkehrswert sich auf das Bieterverhalten überhaupt ausgewirkt hätte.

Der Aussage des Zeugen M kann nicht entnommen werden, dass er in diesem Fall nur einen niedrigeren Betrag geboten hätte. Der Zeuge hat bekundet, dass er das Gutachten gar nicht eingesehen habe. Seiner Aussage lässt sich auch nicht entnehmen, von welchen objektiven Kriterien sein Bieterverhalten abhängig war. Seine allgemeine Einschätzung, bei einem niedrigeren Verkehrswert und Kenntnis von einer "Überbauproblematik" hätte er weniger geboten, reicht zur Feststellung auch nur eines Mindestschadens nicht aus.

Das gleiche gilt letztlich auch für die Aussage der Zeugin T. Diese hat sich zwar bemüht, den Wert der zwei Stellplätze, die nach dem Vortrag der Kläger zu Unrecht in dem Gutachten angegeben sind, entsprechend zu bewerten. Dabei handelte es sich aber erkennbar um eine Rückrechnung, die keine hinreichenden Rückschlüsse auf ihr tatsächliches Bieterverhalten zulässt.

Die Vernehmung der Zeugin T hat ergeben, dass die Kläger sich vor ihrer Aussage mit ihr in Verbindung gesetzt haben. Sie haben ihr mit Schreiben vom 16.9.2006 (GA 159) Auszüge aus dem Gutachten des Beklagten überlassen und ihr mitgeteilt, dass nach ihrer Auffassung das Gutachten deshalb falsch sei, weil dort 8 statt vorhandener 6 Stellplätze ausgewiesen seien und auf eine Überbauproblematik nicht hingewiesen sei. Auf dieser Grundlage hat sich die Zeugin bemüht, nachträglich die Stellplätze zu bewerten, indem sie errechnet hat, welche Kosten bei einer Finanzierung des auf die beiden Stellplätze entfallenden Ertragswertes angefallen wären. Dabei ist sie von folgendem Gedankengang ausgegangen: Der Betrag von 554.000,00 €, bis zu dem die Eheleute T geboten haben, wird zu 100 % finanziert, wobei der jährliche Reinertrag - also die Mieteinnahmen - ausreichen muss, um Zins und Tilgung aufzubringen. Der Reinertrag belief sich laut Gutachten auf 35.562,00 €. Dies entspricht einer Rate von ca. 6,42 % (35.562,00 : 554.000 x 100). Die Stellplatzmiete beläuft sich auf monatlich 20,00 €, jährlich mithin 480,00 €. Eine Verringerung der jährlichen Darlehensraten um 480,00 € führe bei dem Zinssatz von 6,42 € zu einer Darlehenssumme von 547.508,85 €. Wegen der Einzelheiten wird auf die von der Zeugin zur Akte gereichte Berechnung Bezug genommen (GA 161).

Diese Rückrechnung ist zur Bestimmung des entstandenen Schadens nicht geeignet. Denn es lässt sich nicht feststellen, dass diese Berechnung auch dem konkreten Bieterverhalten der Zeugen T im Versteigerungstermin zu Grunde lag. Die Zeugin hat zunächst nämlich ausgesagt, dass sie grundsätzlich immer einen Prozentsatz von 70 % bis 80 % des Ertragswertes bieten, das wären im vorliegenden Fall bis 523.200,00 € gewesen (80 % von 654.000,00 €), sie seien allerdings höher gegangen, weil ihnen das Objekt besonders gefallen habe. Ob und in welcher Höhe die Zeugen T sich seinerzeit ein Limit gesetzt haben, konnte die Zeugin nicht mehr angeben.

Damit ist aber der von der Zeugin nachträglich erstellten Berechnung die Basis entzogen. Ihre Berechnung erweist sich darüber hinaus auch deshalb als zum Nachweis des Schadens ungeeignet, weil der Zinssatz von 6,42 % nicht den damaligen Bedingungen entspricht, zu denen sie ein Darlehen bekommen hätten. Vielmehr errechnet sich dieser Zinssatz allein aus der Relation zwischen dem Gebot und dem jährlichen Reinertrag und stellt damit lediglich einen theoretischen Rechnungsposten dar.

Die Aussage der Zeugin beruht daher auf einer rein hypothetischen Rückrechnung.

Zu ihrem tatsächlichen Bietverhalten konnte die Zeugin keine verlässlichen Angaben mehr machen, so dass sich nicht feststellen lässt, wie sich eine andere Begutachtung auf ihr Gebot ausgewirkt hätte. Vielmehr zeigt ihre Aussage, dass sie dieses Objekt gerne haben wollte und daher eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für ihr Bieterverhalten in diesem Fall letztlich nicht ausschlaggebend war, sondern sie ohnehin höher geboten haben, als es ihrer Grundregel (70 - 80 % des Verkehrswertes) entspricht.

Auf dieser Grundlage lässt sich ein Schaden daher nicht verlässlich feststellen. Auch für die Schätzung eines Mindestschadens fehlen konkrete Anhaltspunkte.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Der Frage, ob im Einzelfall ein Schaden entstanden und nachgewiesen ist, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die hierfür maßgeblichen Umstände können nicht ohne weiteres auf andere Sachverhalte übertragen werden.

Ende der Entscheidung

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