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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 25.01.2008
Aktenzeichen: 20 U 177/07 (1)
Rechtsgebiete: ZPO, AHB, VVG


Vorschriften:

ZPO § 286
ZPO § 522 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 522 Abs. 2 Nr. 3
AHB § 4 II Abs. 1
AHB § 5 Nr. 2
AHB § 6
VVG § 6 Abs. 3
VVG § 6 Abs. 3 Satz 2
VVG § 152
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

werden die Parteien darauf hingewiesen, dass der Senat nach Beratung erwägt, die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch die weiteren Voraussetzungen gemäß § 522 Abs. 2 Nr. 2, 3 ZPO vorliegen.

Gründe:

I. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Gewährung von bedingungsgemäßem Deckungsschutzes im Hinblick auf die gegen ihn vor dem Landgericht Marburg bzw. OLG Frankfurt anhängigen Forderungen der Eheleute I bejaht.

Auch der Inhalt der Berufungsbegründung vermag eine andere Entscheidung nicht zu begründen.

Eine Leistungsfreiheit der Beklagten gemäß § 5 Nr. 2 AHB i.V.m. §§ 6 AHB, 6 Abs. 3 VVG scheidet aus, weil der Kläger rechtzeitig den Schaden ihr gegenüber gemeldet hat bzw. eine verspätete Schadensmeldung allenfalls infolge leichter Fahrlässigkeit erfolgte. Unstreitig hat nämlich der Kläger mit Schreiben vom 21. September 2004 gegenüber der X-L GmbH mitgeteilt, dass er von einem möglichen Haftpflichtschaden betroffen ist und er zunächst Vergleichsverhandlungen führen wird. Auch wenn dieses Schreiben nicht direkt an die Beklagte gerichtet ist, muss sich diese den Zugang des Schreibens an die X-L GmbH zurechnen lassen, was die Beklagte letztlich auch nicht in Abrede stellt. Vor diesem Hintergrund konnte der Kläger aber darauf vertrauen, zunächst keine weiteren Angaben zum Schadensfall machen zu müssen.

Unabhängig davon wäre selbst bei einer grob fahrlässigen Handlung des Klägers, wovon hier allenfalls ausgegangen werden kann, eine Leistungsfreiheit der Beklagten nicht anzunehmen. Nach § 6 Abs. 3 Satz 2 VVG bleibt der Versicherer auch dann soweit zur Leistung verpflichtet, als die Obliegenheitsverletzung weder Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung des Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung hat (vgl. Prölss/Martin, VVG 27. Auflage, § 6 VVG, Rn. 104). Dass hier die Beklagte bei früherer Konkretisierung des Schadensfalles durch den Kläger besondere Maßnahmen ergriffen hätte, ist von der Beklagten nicht vorgetragen worden und auch nicht anderweitig ersichtlich. Allgemeine Erwägungen des Versicherers hierzu, wie sie die Beklagte hier lediglich dargelegt hat, genügen insoweit nicht (vgl. BGH VersR 2001, 756; OLG Köln, RuS 1996, 432).

Ebenfalls ist die Beklagte nicht gemäß Ziffer IV Nr. 5 BBR von ihrer Leistungspflicht befreit. Wie das Landgericht hierzu zutreffend feststellt, lässt sich ein bewusst gesetz-, vorschrifts- oder sonst pflichtwidriges Verhalten des Klägers in Bezug auf die Planung der Erschließung des streitgegenständlichen über den Wirtschaftsweg nicht feststellen. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen ist zunächst auf die umfassenden und überzeugenden Erwägungen in der angegriffenen Entscheidung zu verweisen.

Das Berufungsvorbringen der Beklagten vermag auch insofern keine andere Entscheidung zu begründen.

Durch eine Klausel wie Ziffer IV Nr. 5 BBR werden § 152 VVG und § 4 II Abs. 1 AHB dahin erweitert, dass die Haftung des Versicherers nicht erst dann entfällt, wenn der Versicherte den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat, sondern schon dann, wenn der Schaden durch ein wissentlich pflichtwidriges Verhalten verursacht worden ist. Es genügt dabei subjektiv das Bewusstsein des Versicherten, pflichtwidrig zu handeln; dagegen braucht er nicht den schädigenden Erfolg als möglich vorausgesehen und gebilligt zu haben. Der Versicherer hat daher auch nur den objektiven Verstoß gegen Vorschriften sowie das Bewusstsein der versicherten Person, gegen Vorschriften zu verstoßen, darzulegen und notfalls zu beweisen (vgl. nochmals die oben genannten Zitate). Dabei wird im allgemeinen davon ausgegangen werden können, dass bei Verstößen gegen Vorschriften, die speziell die berufliche Tätigkeit der versicherten Person betreffen, dieser die Vorschriften geläufig sind (Prölss/Martin, VVG 27. Auflage, Ziffer IV Arch-Haftpfl., Rn. 30 - S. 1498 -). Im Übrigen müssen, weil es sich bei dem Merkmal "wissentlich" um eine innere Tatsache handelt, indizielle Umstände herangezogen werden, wobei im Rahmen der freien Beweiswürdigung gem. § 286 ZPO die Möglichkeit besteht, vom äußeren Geschehensablauf oder vom Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge zu schließen (vgl. BGH, VersR 1989, 582 sowie VersR 1984, 480). Mit Hilfe des Anscheinsbeweises kann dagegen der Nachweis eines wissentlichen Verstoßes nicht erbracht werden, weil es keinen Satz der Lebenserfahrung gibt, dass jedermann in Fällen der vorliegenden Art das Bewusstsein eines Pflichtverstoßes hat (vgl. BGH VersR 86, 647; OLG Köln, VersR 1990, 193).

Entsprechend den vorgenannten Grundsätzen kann hier, ohne dass es noch einer Beweiserhebung bedurfte, davon ausgegangen werden, dass kein wissentlicher Verstoß des Klägers vorgelegen hat. Dem Kläger kann nämlich nicht vorgeworfen werden, dass er bewusst die Prüfung der möglichen Erschließung des Gebäudes unzureichend durchgeführt hat. Seiner eigenen Schilderung ist vielmehr zu entnehmen, dass ihm die Erforderlichkeit dieser Prüfung vor Augen stand. Im Hinblick auf eine mögliche Erschließung über den Wirtschaftsweg hat er diese Frage jedoch für sich schlicht falsch beantwortet. Dem Kläger mag dabei vielleicht ein fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden, ein wissentlicher Verstoß kann ihm hingegen sicher nicht zum Vorwurf gemacht werden. Der Absicherung gerade dieses Fehlverhaltens indes dient seine bei der Beklagten unterhaltene Berufshaftpflichtversicherung.

II. Auch die weiteren Voraussetzungen, unter denen die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen ist, liegen vor.

Dem Rechtsstreit kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu; es handelt sich vielmehr um einen Streit, dessen Tragweite sich im konkreten Einzelfall erschöpft. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil.

III. Die Beklagte erhält Gelegenheit, zu vorstehenden Hinweisen binnen drei Wochen ab Zustellung des Beschlusses Stellung zu nehmen.

Ende der Entscheidung

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