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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 04.07.2006
Aktenzeichen: 22 U 13/06
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 535 | |
BGB §§ 987 ff. |
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Anlage zum Protokoll vom 04.07.2006
Verkündet am 04.07.2006
In dem Rechtsstreit
hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 13.6.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Müller, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Törl sowie die Richterin am Amtsgericht Dr. Knipper
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 23.12.2005 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - AZ: 10 O 374/05 - abgeändert und wie folgt neugefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.604, 25 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.3.2005 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt; die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin vermietete im November 1997 Gewerberäume an die später insolvent gewordene Fa. L E GmbH, deren Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagte war. Das Mietverhältnis endete durch fristlose Kündigung der Klägerin wegen Mietrückstands der GmbH.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin den Beklagten auf Zahlung von 5.604,25 € rückständiger Miete in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da nicht der Beklagte, sondern nur die GmbH Mieterin und Besitzerin des Mietobjekts gewesen sei.
Mit Ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter und macht geltend, dass der Beklagte mit einer von ihm gegründeten GbR den Geschäftsbetrieb der GmbH übernommen und in dem Mietobjekt weitergeführt habe, so dass er wegen Eigennutzung des Objekts auf Nutzungsentgelt in Höhe der Mietrückstände hafte.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg.
Die Klägerin kann von dem Beklagten Nutzungsentschädigung in zuerkannter Höhe verlangen.
Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Nutzungsentschädigung sind die §§ 990, 987 BGB. Als Gesellschafter der nicht zum Besitz berechtigten L GbR ist der Beklagte persönlich verpflichtet, die gezogenen Nutzungen in Form der ortsüblichen Miete der Klägerin herauszugeben.
Im einzelnen:
1.)
Die L GbR war in der hier maßgebenden Zeit Besitzer des Mietobjekts. Der Beklagte kann sich insbesondere nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er den Besitz unverändert für die GmbH ausgeübt habe. Grundsätzlich ist zwar davon auszugehen, dass bei einem Mietverhältnis mit einer GmbH auf Mieterseite die juristische Person, also die GmbH, Besitzer des Mietobjekts ist. Die von ihren Organen ausgeübte Sachherrschaft wird der juristischen Person als eigene zugerechnet (BGH, NJW 1971, 1358). Es ist jedoch möglich, dass das der Geschäftsführer der GmbH, den Besitz der GmbH durch Eigennutzung des Objekts in eigenen Besitz umwandelt.
Dies ist vorliegend der Fall:
Der Beklagte hat eine Eigennutzung zugunsten der GbR begründet.
Hat ein Organ eine Doppelstellung für mehrere Gesellschaften, hier als GmbH-Geschäftsführer sowie geschäftsführender GbR-Gesellschafter, so hängt es von dem erkennbaren Willen ab, für welche Gesellschaft es den Besitz ausübt. Fehlt es an besonderen Erklärungen, so wird in der Regel diejenige Gesellschaft Besitzer sein, auf deren Geschäftsbereich sich die Besitzausübung durch das Organ bezieht (Münchener Kommentar, BGB, 4. Auflage, 2004, § 854 Rz 20).
Zwar ist die GbR keine juristische Person, jedoch ist deren beschränkte Rechtsfähigkeit von der Rechtsprechung für den Fall einer Außengesellschaft anerkannt (BGHZ 142,315). Der Besitz der Gesellschaft wird durch die geschäftsführenden Gesellschafter ausgeübt.
Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass zwar ursprünglich die GmbH die gemieteten Geschäftsräume genutzt hat, diese ihre Geschäftstätigkeit jedoch eingestellt hat und deren Geschäftstätigkeit unstreitig durch die GbR fortgeführt wurde.
Den entsprechenden Vortrag, den die Klägerin erstmals in der Berufungsbegründung vorgebracht hat, hat der Beklagte nicht substantiiert bestritten. Unstreitig haben der Beklagte sowie sein Bruder und Mitgesellschafter in der GbR mit Schreiben vom 20.8.2003, erstmals in der Berufungsinstanz vorgelegt, ein Angebot für die L GbR auf Abschluss eines kurzfristigen Pachtvertrags ohne Übernahme der Schulden der GmbH und ohne Mietbürgschaft o.Ä. gemacht.
Dem Gutachten des Sachverständigen Dr. G vom 19.5.2003 in der beigezogenen Akte des Insolvenzgerichts, (dort Bl. 49) ist zu entnehmen, dass "die Mietverhältnisse der GmbH dadurch beendet worden seien, dass die GbR in die Mietverträge auf Mieterseite eingetreten" sei. Aus diesen - auf Angaben der Geschäftsführer beruhenden - Ausführungen ergibt sich insgesamt, dass die GbR die Geschäftstätigkeit der GmbH fortgeführt hat. Der Geschäftsbetrieb der GmbH ruhte bereits seit Mai 2002 ; das Anlagevermögen ist laut Gutachten bereits im Mai 2002 von der GbR übernommen worden. Dass die GbR das hier in Rede stehende Objekt für ihre eigene Geschäftstätigkeit im hier maßgeblichen Zeitraum Juli 2003 bis Oktober 2003 genutzt hat, wird von dem Beklagten nicht substantiiert in Abrede gestellt.
Obwohl der ergänzende Vortrag der Klägerin im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden ist, ist er nicht gemäß § 531 Abs. 2 Ziff. 3 ZPO zurückzuweisen, da er unstreitig ist.
Der seinerzeit noch existierende Mietvertrag mit der GmbH steht einem Besitz der GbR nicht entgegen. Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er gleichzeitig Geschäftsführer der GmbH war. Denn seine gewerbliche Tätigkeit und damit auch die Benutzung der Mieträume hat er im fraglichen Zeitraum nicht für die GmbH, deren Geschäftstätigkeit bereits eingestellt war, sondern für die GbR entfaltet.
2.)
Da die GbR einen Mietvertrag mit der Klägerin nicht abgeschlossen hatte, war sie auch nicht zum Besitz berechtigt.
Selbst wenn man während der Verhandlungen über den Abschluss eines Mietvertrags eine geduldete Nutzung durch die GbR unterstellen würde, wäre diese Befugnis mit dem Scheitern der Verhandlungen rückwirkend entfallen (BGH, NJW-RR 2000, 383).
Die GbR hatte aber auch kein von der GmbH abgeleitetes Recht zum Besitz. Denn zu einer rechtsgeschäftlichen Übertragung des Besitzrechts, beispielsweise durch Abschluss eines Untermietvertrags oder einer sonstigen Gebrauchsüberlassung, hat der Beklagte nicht vorgetragen. Vielmehr hat die GbR allein aufgrund eines tatsächlichen Vorgangs den Geschäftsbetrieb der GmbH und damit auch die Mieträume übernommen.
3.)
Bei Erwerb des Besitzes, hier bei Begründung der Eigennutzung bzw. der Nutzung durch die GbR, war der Beklagte auch bösgläubig. Er hatte positive Kenntnis davon, dass die GbR keinen Mietvertrag mit der Klägerin begründet hatte. Er wusste auch, dass der Mietvertrag mit der inzwischen vermögenslosen und geschäftlich nicht mehr tätigen GmbH keinen Rechtsgrund für eine Nutzung der Räume durch die GbR darstellt.
4.)
Nach § 987 BGB hat der Beklagte die Gebrauchsvorteile, also hier den ersparten Mietzins herauszugeben. Unstreitig entspricht der mit der GmbH vereinbarte Mietzins einer ortsüblichen Miete. Der Höhe nach besteht zwischen den Parteien kein Streit.
Der Beklagte haftet als Gesamtschuldner neben seinem Bruder, dem weiteren Gesellschafter der L GbR und Mitbesitzer der Räume, in voller Höhe. Dies ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 128 HGB. Aus der Anerkennung der beschränkten Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGHZ 142, 315) leitet der BGH die gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter in entsprechender Anwendung des § 128 HGB ab (BGHZ 146, 341, 358). Das bedeutet, dass der Gesellschaftsgläubiger für eine von der Gesellschaft geschuldete Leistung den Gesellschafter persönlich, unbeschränkt und auf die gesamte Leistung und nicht nur auf den auf den Gesellschafter im Innenverhältnis entfallenden Anteil in Anspruch nehmen kann (Palandt-Sprau, BGB, 65. Auflage, 2006, § 714 Rz 12).
Ein "Mitverschulden" der Klägerin dahingehend, dass diese zu lange mit der fristlosen Kündigung gegenüber der GmbH gewartet habe, kann der Beklagte nicht geltend machen. Dieser Einwand würde allenfalls bei einem Schadensersatzanspruch greifen, jedoch nicht bei einem vom Verschulden unabhängigen Anspruch auf Nutzungsersatz.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB. Zinsen sind ab Zustellung des Mahnbescheids am 31.3.2005 zuzusprechen.
5.)
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 2 ZPO. Obwohl die Klägerin im Berufungsverfahren obsiegt, waren ihr die in 2. Instanz entstandenen Kosten aufzuerlegen, da sie die Eigennutzung der GbR erst mit der Berufung vorgebracht hat, obwohl ihr dies bereits in der ersten Instanz möglich gewesen wäre.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen (§ 543 ZPO). Weder weicht der Senat von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab, noch besteht wegen grundsätzlicher Bedeutung die Notwendigkeit einer Entscheidung des Revisionsgerichts.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 5.604,25 €
Ende der Entscheidung
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