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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 25.09.2007
Aktenzeichen: 24 U 45/07
Rechtsgebiete: BGB, LBauO


Vorschriften:

BGB § 652
BGB § 654
LBauO § 65
LBauO § 67
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 7.2.2007 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 26 O 621/05 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges tragen die Beklagten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Kläger hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Maklerlohnanspruch gem. § 652 BGB. Die Beklagten sind zur Zahlung der geltend gemachten Käuferprovision in Höhe von 11.553,80 € verpflichtet. Der Anspruch des Klägers ist nicht gem. § 654 BGB verwirkt.

Der von den Beklagten erhobene Einwand der Verwirkung greift gegenüber dem Provisionsverlangen nicht durch. Nach dem in § 654 BGB zum Ausdruck gebrachten allgemeinen Rechtsgedanken verwirkt der Makler seinen Provisionsanspruch, wenn er durch eine vorsätzliche oder zumindest grob leichtfertige Verletzung wesentlicher Vertragspflichten den Interessen seines Auftraggebers in schwerwiegender Weise zuwiderhandelt und sich damit seines Lohns unwürdig erweist (BGH WM 1981, 591; NJW-RR 1989, 760). Jedoch gebietet es der Strafcharakter der Verwirkung, deren Anwendungsbereich auf solche Fälle zu beschränken, in denen der Makler seine Treuepflicht gegenüber dem Auftraggeber vorsätzlich, wenn nicht gar arglistig, mindestens aber in einer dem Vorsatz nahekommenden grob leichtfertigen Weise verletzt und deshalb den Maklerlohn nach allgemeinem Rechts- und Billigkeitsempfinden nicht verdient, nicht aber immer schon dann, wenn er (grob) fahrlässig irgendeine den Auftraggeber schädigende Pflichtverletzung begangen hat (BGH NJW 1981, 280, 2297). Treuwidrige Doppeltätigkeit ist der in § 654 BGB ausdrücklich genannte Hauptfall der Verwirkung.

Die Beklagten haben eine treuwidrige Doppeltätigkeit des Klägers weder erstinstanzlich noch in ihrer Berufungsbegründung hinreichend dargelegt. Dem Makler ist eine Doppeltätigkeit nur untersagt, wenn sie zu vertragswidrigen Interessenkollisionen führen würde. Das ist in der Regel nicht der Fall, wenn der Makler für beide Teile als Nachweismakler oder für den einen Teil als Vermittlungsmakler und für den anderen als Nachweismakler tätig wird (BGH NJW - RR 1998, 992; Palandt-Sprau, BGB, 66. Aufl., § 654 Rn. 4). Darüber hinaus ist die Doppeltätigkeit nicht vertragswidrig, sofern sie nach dem Vertrag gestattet oder zumindest für die jeweils andere Seite klar erkennbar ist (BGH a. a. O.; Palandt-Sprau, a. a. O.). Eine Vermittlungsmaklertätigkeit besteht darin, dass der Makler bewusst und aktiv auf die Willensentschließung des Vertragspartners des jeweiligen Auftraggebers einwirkt, um dessen Bereitschaft zum Abschluss des beabsichtigten Hauptvertrags zu fördern (Palandt-Sprau, a.a.O., § 652 Rn. 27, m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in solcher Weise als Vermittlungsmakler für beide Partner des Kaufvertrags aufgetreten ist, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Vorschrift des § 654 BGB findet nach der Rechtsprechung über ihren Wortlaut hinaus Anwendung, wenn der Makler durch eine vorsätzliche oder zumindest grob leichtfertige Verletzung seiner Vertragspflichten den Interessen seines Auftraggebers in schwerwiegender Weise zuwider handelt und sich damit seines Lohns als unwürdig erweist (BGH NJW 1981, 280 ff.; BGH WM 1985, 1276 f). Zu den Vertragspflichten des Maklers gehört eine sachgemäße Wahrung der Interessen des Auftraggebers. Die Interessenwahrung gebietet dem Makler, den Auftraggeber über alle ihm, dem Makler, bekannten tatsächlichen und rechtlichen Umstände aufzuklären, die sich auf den Abschluss des Hauptgeschäfts beziehen und für den Willensentschluss des Auftraggebers von Bedeutung sein können (BGH NJW 1982, 1145; BGH NJW-RR 2007, 711 (712 Tz 11)). Die Erklärungen des Maklers müssen insgesamt so beschaffen sein, dass sie seinem Kunden keine unzutreffenden Vorstellungen vermitteln (BGH NJW 2000, 3642; BGH NJW-RR 2003, 700 (701 f.); Palandt-Sprau, BGB, 66. Auflage (2007), § 652 Rn 14). Die Reichweite der Aufklärungspflicht bestimmt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls (BGH NJW 2000, 3642).

Vorliegend behaupten die Beklagten, der Kläger habe ihnen seine Kenntnis von der Unrechtmäßigkeit folgender Baumaßnahmen vorenthalten. Die Errichtung der Dachgauben und des sog. Wintergartens (Ausbau) im Objekt C-Straße 43 in xxxxx L bedarf baubehördlicher Genehmigung. Beide baulichen Veränderungen sind weder nach § 65 Landesbauordnung noch nach § 67 Landesbauordnung genehmigungsfrei. Eine baubehördliche Genehmigung wurde nicht erteilt. In seinem Exposé erläutert der Kläger nichts zu einer fehlenden Baugenehmigung. Die Beklagten haben behauptet, die Verkäuferin, die Zeugin V, habe den Kläger vor Erstellung seines Exposés darüber unterrichtet, dass weder die Dachgauben noch der sog. Wintergarten bauordnungsrechtlich genehmigt waren, so dass der Kläger Kenntnis von der Baurechtswidrigkeit gehabt habe. Der Kläger hat dies bestritten.

Damit war eine die Verwirkung des Provisionsanspruchs rechtfertigende Verletzung der Aufklärungspflicht bereits in der ersten Instanz hinreichend dargetan.

Die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen der tatsächlichen Umstände der Verwirkung trägt der Auftraggeber des Maklers (BGH NJW 1981, 2292 (2294 a. E.); Münchener Kommentar-Roth, BGB, 4. Auflage (2005), § 654 Rn 26). Da § 654 BGB als Ausnahme zu § 652 BGB konzipiert ist, enthält er eine Beweislastumkehr in dem Sinne, dass die anspruchsbegründende Voraussetzung der vertragsgerechten Tätigkeit des Maklers nicht von dem Anspruchssteller, dem Makler, sondern ihr Gegenteil, die Pflichtverletzung, von dem Anspruchsgegner, dem Auftraggeber darzulegen und zu beweisen ist (Staudinger-Reuter, BGB, (2003), § 654 Rn 16 a. E.).

Hiernach obliegt den Beklagten die Beweislast für die Kenntnis des Klägers von der Baurechtswidrigkeit.

Den Beweis, dass die Zeugin V dem Kläger die Baurechtswidrigkeit der Baumaßnahmen mitgeteilt hat, haben die Beklagten nicht geführt.

Der Beweis einer Behauptung ist erst dann erbracht, wenn der Richter von deren Wahrheit voll überzeugt ist. Die Überzeugung von der Wahrheit erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewissheit, weil eine solche nicht zu erreichen ist. Das Gericht darf keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und deshalb nicht darauf abstellen, ob jeder Zweifel und jede Möglichkeit des Gegenteils ausgeschlossen ist. Es genügt vielmehr ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH NJW 1993, 935 (937); NJW 1998, 2969 (2971)); NJW 2004, 777 (778); BGH NJW-RR 2007, 312 (314)).

Der Senat hat einen solchen Gewissheitsgrad infolge der durchgeführten Beweisaufnahme nicht gewonnen. Zwar hat die Zeugin V den Umstand bekundet, den Kläger über die fehlenden Baugenehmigungen informiert zu haben. Auch die Bekundung, dem Kläger - wie auch allen Kaufinteressenten - Kopien der Baupläne aus dem Jahre 1926 überlassen zu haben, kann Anzeichen dafür sein, dass die fehlenden Baugenehmigungen für den Ausbau von Dachgauben und sog. Wintergarten Gesprächgegenstand mit dem Kläger gewesen sind; zwingend ist dies jedoch nicht.

Ob die Zeugin tatsächlich den Kläger über die Baurechtswidrigkeit aufgeklärt hat, bleibt vielmehr mit erheblichen Zweifeln, die den erforderlichen Gewissheitsgrad ausschließen, behaftet. Denn die Zeugin war nicht in der Lage, Einzelheiten zum Randgeschehen mit hinreichender Anschaulichkeit zu schildern. Dies betrifft etwa die Angabe, ihr damaliger Lebensgefährte sei bei der Information des Klägers dabei gewesen, ohne dass die Zeugin dessen Rolle oder Verhalten näher zu umschreiben wusste. Die Zeugin V vermittelte außerdem kein verlässliches Bild über den Ablauf, die Art und Weise der Auskunftserteilung und die zeitliche bzw. örtliche Einbettung der fraglichen Information.

Auch die Entwicklung der Aussage der Zeugin V begründet erhebliche Zweifel, die der Gewinnung der notwendigen Gewissheit entgegen stehen. So hat die Zeugin zunächst bekundet, sie wisse nicht mehr, wann sie mit dem Kläger das Thema der fehlenden Baugenehmigung erörtert habe; es werde bei einem von mehreren Telefongesprächen gewesen sein. Sodann hat die Zeugin bekundet, es sei in ihrem damaligen Haus gewesen, also nicht bei einem Telefonat. Das Aussageverhalten der Zeugin war auch bzgl. der Wiedergabe der Kontaktaufnahme zum Kläger wenig überzeugend. Während die Zeugin zunächst ohne Wenn und Aber bekundet hat, den Kläger aus dem Branchenfernsprechverzeichnis ausgesucht und anschließend angerufen zu haben, hat sie im Verlauf ihrer Einvernahme bekundet, den Kläger erstmals in ihrem Haus gesprochen zu haben. Dort habe sie den Kläger auf die fehlende Baugenehmigung hingewiesen. Unklarheiten enthält die Bekundung der Zeugin V ferner im Hinblick auf die Initiative zur Thematisierung der fehlenden Baugenehmigungen.

Skepsis an der Glaubhaftigkeit der Bekundung der Zeugin V resultiert auch daher, dass die Zeugin nicht in der Lage war, wiederzugeben, wie denn der Kläger auf die angebliche Mitteilung fehlender Baugenehmigungen reagiert habe.

Unabhängig von den bisherigen Erwägungen kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Zeugin ein Interesse daran hat, dass ihr im Zusammenhang mit dem Verkauf des Hauses nicht zur Last gelegt werden kann, das Fehlen der Baugenehmigungen verschwiegen zu haben, dies umso mehr, als die Beklagten nach eigenen Angaben - wie im Termin vom 21.8.2007 vorgetragen - bereits entsprechende Ansprüche gegen die Zeugin erhoben haben und im Begriff sind, diese gegenüber der Zeugin gerichtlich geltend zu machen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Zeugin bei ihrer Aussage bewusst oder unbewusst von dem Bestreben hat leiten lassen, derartige Ansprüche von sich abzuwenden. Auch dies begründet Zweifel an der Richtigkeit ihrer Sachdarstellung.

Sonstige Pflichtverletzungen, die so schwer wiegen, dass sie zur Verwirkung des Maklerlohnanspruchs führen, liegen nicht vor. Wie schon angeführt, müssen die Erklärungen des Maklers insgesamt so beschaffen sein, dass sie seinem Kunden keine unzutreffenden Vorstellungen vermitteln (BGH NJW 2000, 3642; BGH NJW-RR 2003, 700 (701 f.); Palandt-Sprau, BGB, 66. Auflage (2007), § 652 Rn 14). Die Reichweite der Aufklärungspflicht bestimmt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls (BGH NJW 2000, 3642). Erkundungs- und Nachforschungspflichten treffen den Makler aber regelmäßig nicht (BGH NJW-RR 2007, 711 (712 Tz 13); OLG Hamm - 18 U 10/05 - v. 24.4.2006, zitiert nach der juris-Rechtsprechungsdatenbank; Münchener Kommentar-Roth, BGB, 4. Auflage (2005), § 652 Rn 258). Ein (Immobilien-)Makler ist lediglich Wissensvermittler und hat seinem Auftraggeber lediglich Informationen über seinen eigenen Kenntnisstand weiterzugeben und ist darüber hinaus zu weiteren Erkundungen oder Hinweisen nur verpflichtet, wenn dies zwischen den Parteien besonders vereinbart worden ist, sich aus der Verkehrssitte ergibt oder der Makler den Eindruck weitergehender Erkundungen vermittelt hat (OLG Hamm - 18 U 68/02 - v. 6.2.2003, zitiert nach der juris-Rechtsprechungsdatenbank). Bezüglich der in dem Exposé des Klägers enthaltenen Angaben liegt jedenfalls eine derart schwerwiegende Pflichtverletzung des Klägers, dass er seines Lohns unwürdig erschiene, nicht vor.

Die Angabe im Exposé zur eventuellen Nutzung des Spitzbodens ist im Konjunktiv formuliert und versteht sich als Hinweis auf bauliche Gegebenheiten. Sie ist daher keine fehlerhafte Angabe, die eine unzutreffende Vorstellung vermittelt hätte.

Bei den weiteren von den Beklagten beanstandeten Hinweisen des Exposés ist nicht ersichtlich, dass diese aus der damaligen Sicht des Klägers für die Beklagten trotz der zu erwartenden und dann auch durchgeführten Besichtigung des Objekts für den Kaufentschluss wesentlich sein könnten. Dies gilt für die Planskizze des Dachgeschosses gleichermaßen wie für die Angaben zur Wohn- und Nutzfläche. Die Beklagten behaupten auch selbst nicht, dass diese Angaben für ihren Kaufentschluss von wesentlicher Bedeutung gewesen seien. Die Beklagten können sich nicht mit Erfolg auf die von ihnen angeführte Entscheidung des OLG Düsseldorf (NJW-RR 1999, 848) berufen. Ein vergleichbar gravierender Aufklärungsverstoß liegt hier nicht vor. In jenem Verfahren hatte der Makler gegenüber einem Kunden, der bei dem Kauf eines Hauses aufgrund unterschiedlicher Urkunden zweifelte, ob die Wohnfläche 110 qm oder 93,15 qm beträgt, auf dessen Frage bewusst wahrheitswidrig geantwortet, die Wohnfläche betrage 110 qm.

Die Angaben zum Sanierungsniveau stellen eine werbliche Aussage dar. Erkennbar unverbindliche Anpreisungen, Erklärungen mit Werbecharakter, begründen aber eine Pflichtverletzung des Maklers nicht (vgl. Ibold, Maklerrecht, (2003), Rn 135 a. E.; Palandt-Sprau, BGB, 66. Auflage (2007), § 652 Rn 14).

Den Kläger traf schließlich auch keine Erkundungspflicht. Weder haben die Beklagten behauptet, die Parteien hätten eigens eine Ermittlungstätigkeit des Klägers verabredet, noch existiert eine entsprechende Verkehrssitte. Dafür, dass der Kläger den Beklagten den Eindruck vermittelt hätte, weitere Erkundigungen zu den vorgenannten Exposéangaben angestellt zu haben, haben die Beklagten nichts Greifbares vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung; auch einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung bedarf es nicht.

Der Schriftsatz der Beklagten vom 17.9.2007 gibt keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Der Senat hat davon abgesehen, die Zeugin V zu vereidigen, weil ihm dieses Mittel für den Fall, dass die Aussage der Zeugin unzutreffend ist, nicht geeignet erscheint, eine wahrheitsgemäße Aussage herbeizuführen.

Berufungsstreitwert: 11.553,80 €.

Ende der Entscheidung

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