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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 14.04.2000
Aktenzeichen: 3 U 147/99
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
BGB § 139
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 147/99 BSch 5 C 4/99 BSch Schiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort

Anlage zum Protokoll vom 14.04.2000

Verkündet am 14.04.2000

Lech, JS z. A. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Schiffahrtsobergericht Köln auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Lampenscherf und die Richter am Oberlandesgericht Caesar und Dr. Richter

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 23. August 1999 verkündete Urteil des Schiffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort - 5 C 4/99 BSch - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Klägerin steht über das vereinbarte und von der Beklagten gezahlte Liegegeld hinaus ein weitergehender Liegegeldanspruch nach den Antwerpener FOB-Bedingungen nicht zu. Dabei kann offen bleiben, ob der Zeuge S. als Vertreter der Beklagten den Gesellschafter der Klägerin, Herrn van der W., bei den Vertragsverhandlungen über den Fortbestand der FOB-Bedingungen Antwerpen arglistig getäuscht hat, oder ob seine angebliche Äußerung, diese Bedingungen gälten nicht mehr, entsprechend der Annahme des Schiffahrtsgerichts dahin zu verstehen war, dass die Beklagte Verträge unter Einbeziehung der FOB-Bedingungen Antwerpen nicht mehr abschließen wollte. Selbst wenn man den Vortrag der Klägerin als richtig unterstellt, der Zeuge S. habe bei ihrem Gesellschafter die falsche Vorstellung erweckt, die genannten Konditionen seien aufgehoben, vermag die von ihr erklärte Anfechtung der Liegegeldvereinbarung wegen arglistiger Täuschung keinen Anspruch auf ein höheres Liegegeld nach den Antwerpener FOB-Bedingungen zu begründen.

Allerdings ist anerkannt, dass eine Teilanfechtung zulässig ist, wenn es sich um ein zusammengesetztes und deshalb teilbares Rechtsgeschäft handelt (vgl. RGZ 146, 234 ff. (236 f.); BGH LM § 139 BGB Nr. 43 = NJW 69, 1759; BGH LM § 119 HGB Nr. 10; BGH DnotZ 84, 684 f.; Palandt-Heinrichs, BGB 59. Aufl., § 142 Rn. 1).

An der objektiven Zerlegbarkeit des Rechtsgeschäfts kann im vorliegenden Fall kein Zweifel bestehen. Der Frachtvertrag ist auch dann als selbständiges Rechtsgeschäft denkbar, wenn die streitige Liegegeldvereinbarung wegfällt.

In der Regel wäre dann aber das Rechtsgeschäft gemäß § 139 BGB im Ganzen nichtig, sofern nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden wäre. Dabei ist auf den mutmaßlichen Parteiwillen abzustellen. Maßgebend ist, ob eine objektive Bewertung ergibt, dass das Rechtsgeschäft auch ohne den nichtigen Teil vernünftigerweise vorgenommen worden wäre (vgl. BGH a.a.O. sowie BGH LM § 139 Nr. 42; BGH NJW 86, 2576 f. u. 96, 2087 f.; Palandt-Heinrichs BGB § 139 Rn. 10, 14; MünchKom-Mayer-Maly, BGB 3. Aufl., § 139 Rn. 17, 24 ff.).

Dass die Parteien das Rechtsgeschäft ohne die Liegegeldabrede vorgenommen hätten, kann nicht angenommen werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der nichtige Teil entweder ganz wegfällt oder an seine Stelle die gesetzliche Regelung tritt. Kommt eine solche nicht in Betracht und ist der verbliebende Rest für sich geltungsfähig, so unterbleibt seine Ergänzung nach richterlich ermittelter Vernünftigkeit, da kein Vertragsinhalt aufgedrängt werden darf (vgl. MünchKom-Mayer-Maly, BGB § 139 Rn. 30; Palandt-Heinrichs BGB § 139 Rn. 18).

Die Antwerpener FOB-Bedingungen sind unstreitig keine gesetzlichen Bestimmungen. Es steht den Parteien frei, welche Liegegelder vereinbart werden, wie die Klägerin selbst nicht verkennt. Es kann offen bleiben, ob die Anwendung der Antwerpener FOB-Bedingungen für das Laden und Löschen in Antwerpen einem Handelsbrauch entspricht. Vertragsinhalt könnten sie nämlich nur werden, wenn die Parteien diesbezüglich überhaupt keine Regelungen getroffen hätten. Bei den Vertragsverhandlungen war die Beklagte aber gerade nicht bereit, Liegegeld nach den Anwerpener FOB-Bedingungen zu akzeptieren. Unstreitig wollte und konnte sie nur ein Liegegeld von 500 hfl anbieten, weil sie mit dem von ihrem Vertragspartner aufgegebenen Gesamtpreis auskommen musste. Für den Fall der Teilnichtigkeit der Liegegeldabrede scheidet somit eine Ergänzung des Frachtvertrages durch Einbeziehung der Antwerpener FOB-Bedingungen aus.

Nach alledem war die Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer der Klägerin: 5.430,-- DM.



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