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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 12.01.2001
Aktenzeichen: 6 U 139/00
Rechtsgebiete: UWG, ZPO


Vorschriften:

UWG § 7 Abs. 3 Ziff. 2
UWG § 13 Abs. 2 Ziff. 2
UWG § 7 Abs. 1
UWG § 7 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 546 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 139/00 84 O 8/00 LG Köln

Anlage zum Verkündungsprotokoll vom 12.1.2001

Verkündet am 12.1.2001

Berghaus, JS als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 15.12.1999 unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schwippert, Pietsch und von Hellfeld

für Recht erkannt:

Tenor:

1.) Die Berufung der Beklagten gegen das am 6.7.2000 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 84 O 8/00 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Hauptausspruch der angefochtenen Entscheidung wie folgt neu gefasst wird:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten zu unterlassen, wie auf den nachfolgenden Seiten 3-10 dieses Urteils wiedergegeben zu werben und/oder eine so beworbene Veranstaltung durchzuführen.

2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in nachbenannter Höhe abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit jeweils in derselben Höhe leistet. Es ist Sicherheit in folgender Höhe zu leisten bzw. sind folgende Beträge zu hinterlegen:

Bei Vollstreckung des Anspruches auf

a) Unterlassung

100.000,00 DM;

b) Kostenerstattung

15.000,00 DM.

4.) Die Beschwer der Beklagten wird auf 100.000,00 DM festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein eingetragener Verein, deren Mitglieder Verbände und Vereinigungen zur Förderung des lauteren Wettbewerbs sind.

Die Beklagte betreibt in R. ein großes Einrichtungshaus.

Im Herbst des Jahres 1999, in dem die Voraussetzungen des § 7 Abs.3 Ziff.2 UWG für einen Jubiläumsverkauf nicht vorlagen, warb die Beklagte zunächst u.a. mit den Aussagen "Über 30 Jahre Rabatte beim Größten" und "Das größte Geburtstagsfest Deutschlands vom 22.9. bis 6.10.1999", die Gegenstand eines vorangegangenen Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung waren.

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, dem das Verfügungsverfahren 84 O 71/99 LG Köln vorangegangen ist, ist ein am 20. 9. 1999 in diversen Anzeigenblättern verteilter mehrseitiger Farbprospekt, der sich im Original als lose Anlage 6 bei den Akten befindet und in schwarz/weiß Kopie Bestandteil des Klageantrags ist.

Die Klägerin ist der Auffassung, es handele sich bei der Prospektwerbung um die Ankündigung einer Sonderveranstaltung im Sinne des § 7 Abs.1 UWG, und hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, wie nachstehend wiedergegeben eine Sonderveranstaltung anlässlich eines Jubiläums des Geschäftes, dessen Jahreszahl nicht durch 25 teilbar ist, anzukündigen und/ oder ankündigungsgemäß eine derartige Verkaufsveranstaltung durchzuführen:

Es folgte eine verkleinerte ausschnittweise schwarz-weiß Kopie des erwähnten Prospektes.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat der Klägerin die Prozessführungsbefugnis abgesprochen und die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen einer unzulässigen Sonderveranstaltung lägen nicht vor.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Dass die Klägerin die Voraussetzungen des § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG erfülle, sei teilweise gerichtsbekannt und im übrigen zu vermuten. In der Sache stelle sich die Werbung aus der maßgeblichen Sicht des Verkehrs so dar, dass aus Anlass des Geburtstages bei einer Fülle von Artikeln zeitlich befristete Sonderpreise gelten würden, weswegen es sich um eine unzulässige Sonderveranstaltung handele.

Zur Begründung ihrer Berufung gegen dieses Urteil trägt die Beklagte vor:

Der Vortrag der Klägerin zu den Voraussetzungen des § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG reiche nicht aus, insbesondere sei nicht vorgetragen, dass sie im Sinne der Vorschrift personell, sachlich und finanziell hinreichend ausgestattet sei. In der Sache wiederholt und vertieft die Beklagte ihre Auffassung, eine Sonderveranstaltung im Sinne des § 7 Abs.1 UWG sei nicht beworben worden. Soweit Preise herabgesetzt worden seien, handele es sich um Sonderangebote. Die beworbenen Sonderangebote stellten angesichts einer Anzahl von 379 verschiedenen von ihr vertriebenen Waren einen ganz geringen Bruchteil des Sortiments dar.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln - 33 O 139/00 - vom 30.45.2000 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Urteilsausspruch wie im obigen Urteilstenor geschehen neu gefasst wird.

Sie verweist zur Frage seiner hinreichenden Ausstattung auf den Umstand, dass sie - was unstreitig ist - keine Abmahnkosten erhebe, und bezieht sich zu ihrer Prozessführungsbefugnis im übrigen erneut auf ihre als Anlage K 4 schon in erster Instanz angeführte Mitgliederliste. In der Sache wiederholt und vertieft die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag und tritt dem landgerichtlichen Urteil bei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, weil das Landgericht die Beklagte zu Recht antragsgemäß verurteilt hat.

A

Die Klage ist zunächst zulässig. Insbesondere ist die Klägerin gem. § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG befugt, den vorliegenden Prozess zu führen. Sie verfügt über eine hierfür ausreichende Zahl von Mitgliedern, die auf demselben Markt Waren gleicher oder verwandter Art vertreiben wie die Beklagte.

Durch die - unbestrittene - Mitgliedschaft der in der Anlage K 4 aufgeführten Verbände und Institutionen erfüllt die Klägerin die für die Prozessführungsbefugnis in § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG festgeschriebenen Anforderungen. Das gilt mit Blick auf die umfassende Interessenvertretung der Industrie- und Handelskammern zunächst ohne weiteres hinsichtlich der erforderlichen Verwandtschaft der vertriebenen Waren. Ebenso sind die aufgeführten - zahlenmäßig bei weitem ausreichenden - Mitglieder auf demselben räumlichen Markt wie die Beklagte tätig. Dieser ist weit zu fassen, weil die Beklagte sich als "das größte Einrichtungshaus im Rheinland" bezeichnet.

Die Klägerin ist auch nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung im Stande, die Verfolgung gewerblicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen. Dafür spricht angesichts der Breite und Vielschichtigkeit ihrer Mitgliederstruktur zunächst eine Vermutung. Diese wird überdies dadurch bestätigt, dass die Klägerin - wie sie unwidersprochen vorträgt - in der Vergangenheit in Verfolg ihrer satzungsgemäßen Aufgaben eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren betreiben konnte und betrieben hat. Überdies ist sie hierzu sogar in der Lage, ohne Abmahnkosten geltend zu machen, was entgegen der Auffassung der Beklagten ebenfalls belegt, dass die Klägerin zur Wahrnehmung dieser Interessen personell, sachlich und finanziell hinreichend ausgestattet ist.

B

Die mithin zulässige Klage ist auch begründet. Zu Recht hat das Landgericht die angegriffene Werbung als Verstoß gegen § 7 Abs.1 UWG untersagt.

Durch den beanstandeten Prospekt wird eine Verkaufsveranstaltung beworben, die außerhalb des regelmäßigen Geschäfstverkehrs liegt, der Beschleunigung des Warenabsatzes dient und den Eindruck der Gewährung besonderer Kaufvorteile erweckt. Diese Bewerbung und die Durchführung der Veranstaltung sind daher gem. § 7 Abs.1 UWG untersagt. Es handelt sich entgegen der Behauptung der Beklagten nicht um die - gem. § 7 Abs.2 UWG zulässige - Ankündigung einer Anzahl von Sonderangeboten, sondern darum, dass aus der maßgeblichen Sicht des Verkehrs für die Zeit des "Geburtstagsfestes" die Preise für zumindest einen wesentlichen Teil des Sortiments durchgängig reduziert waren und mithin eine Sonderveranstaltung im vorstehenden Sinne durchgeführt wurde.

Es trifft zu, dass nicht jede Geburtstagswerbung, die nicht durch die hier nicht einschlägige Bestimmung des § 7 Abs.3 Ziff.2 UWG privilegiert ist, eine unerlaubte Sonderveranstaltung darstellt. Insbesondere ist es dem Werbenden erlaubt, auch aus Anlass seines "Geburtstages" auf besonders günstige Preise hinzuweisen. Das setzt aber voraus, dass es sich um dauerhaft geforderte Preise handelt und nicht um solche, die gerade aus Anlass des Geburtstages herabgesetzt sind und in ihrer Gesamtheit den Eindruck eines Verkaufes weiter Teile des Sortiments zu Sonderpreisen erwecken, die gerade nur im Hinblick auf den Geburtstag zeitlich begrenzt gelten (vgl. BGH WRP 99,1159,1161 - "RUMMS!"; WRP 99,1163,1166 - "Wir dürfen nicht feiern"). Dieser Eindruck wird indes durch den angegriffenen Prospekt hervorgerufen.

Der gesamte Prospekt wird geprägt von dem Hinweis, dass die Beklagte Geburtstag feiere und aus diesem Grunde die Preise generell herabgesetzt seien. Schon auf der Titelseite findet sich die blickfangmäßige, diese zur Hälfte ausfüllende Aussage "GEBURTSTAG BEIM GRÖSSTEN" und ist für das einzige dort beworbene, ebenfalls hervorgehoben dargestellte Produkt, eine Polstergarnitur, unter Angabe eines durchgestrichenen Preises ein Sonderpreis ausgewiesen, von dem es ausdrücklich heißt, er gelte nur bis zum 6.10.99. Der bereits so hervorgerufene Eindruck eines Sonderverkaufes aus Anlass des "Geburtstages" wird auf der ersten Doppelseite durch die Werbeaussage bestätigt, die den Gegenstand des Verfahrens bildet. Bereits ungeachtet der noch anzusprechenden Preisherabsetzungen im Einzelnen versteht der Verkehr aufgrund dieser Aufmachung des Prospektes die Werbung dahin, dass die Beklagte nicht die Preise einzelner Produkte als Sonderangebote, sondern insgesamt die Preise zumindest wesentlicher Teile seines Sortiments zeitlich befristet herabgesetzt hat, und zwar nicht aus Gründen, die mit der einzelnen Ware zusammenhängen, sondern allein wegen des "Geburtstages". Dieser Eindruck wird durch die weiteren - ebenfalls von der streitgegenständlichen bzw. der von der Titelseite wiederholten Aussage beherrschten - Seiten des Prospektes bestätigt, auf denen ausschließlich Waren zu auf die beschriebene Weise auf den 6.10.1999 befristeten Sonderpreisen angeboten werden. Der Verkehr hat schon deswegen keinen Anlass anzunehmen, es handele sich lediglich um Sonderangebote, weil kein einziges Produkt zu regulären Preisen angeboten wird und der Prospekt auch nicht etwa nur einzelne Warengruppen erfasst, sondern mit Polstergarnituren, Schränken und sonstigen Möbeln sowie Lampen und Teppichen die für Einrichtungshäuser typischen Branchen erfasst. Vor diesem Hintergrund ändert auch der Umstand nichts an der Beurteilung, dass es sich bei den angebotenen Waren nur um einen Teil des Sortiments der Beklagten handelt. Das gilt insbesondere angesichts des Umstandes, dass der Prospekt mit etwa 80 auf die beschriebene Weise beworbenen Produkten keineswegs nur einen kleinen Bruchteil der Angebotspalette der Beklagten enthält. Überdies wird der Verkehr, soweit er angesichts der Werbung mit der Bezeichnung "Das größte Einrichtungshaus im Rheinland" tatsächlich eine weitaus größere Angebotspalette erwartet, als sie in dem streitgegenständlichen Prospekt aufgeführt ist, angesichts der beschriebenen Aufmachung - ohne dass es hierauf für die Beurteilung noch maßgeblich ankäme - die in dem Prospekt dargestellten Angebote als Beispiele auffassen und annehmen, dass auch weitere, aus Platzgründen in den Prospekt nicht aufgenommenen Waren aus Anlass des Geburtstagfestes zu Sonderpreisen abgegeben werden.

Der nach allem vorliegende Verstoß gegen § 7 Abs.1 UWG ist auch im Sinne des § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG geeignet, den Wettbewerb wesentlich zu beeinträchtigen. Das bedarf angesichts der Größe der Beklagten keiner Begründung, zumal diese selbst das nicht in Abrede stellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO. Die Neufassung des Klageantrags im Termin zur Berufungsverhandlung war lediglich redaktioneller Natur und stellt insbesondere keine teilweise Rücknahme der Klage dar, die Kostenfolgen zu Lasten der Klägerin haben müsste.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festgesetzte Beschwer der Beklagten entspricht dem Wert ihres Unterliegens im Rechtsstreit.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 100.000 DM.

Ende der Entscheidung

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