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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 26.05.2000
Aktenzeichen: 6 U 191/99
Rechtsgebiete: UWG, ZPO


Vorschriften:

UWG § 3
ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 545 Abs. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 191/99 81 O 162/99 LG Köln

Anlage zum Protokoll vom 26.05.2000

Verkündet am 26.05.2000

Berghaus, JS als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

pp.

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 12. Mai 2000 unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schwippert, von Hellfeld und Pietsch

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 14.10.1999 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssache des Landgerichts Köln - 81 O 162/99 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg. Vielmehr hat das Landgericht dem Verfügungsbegehren der Antragstellerin zu Recht stattgegeben, weil die Aussage "Internet zum Festpreis" in der jeweiligen konkreten Verletzungsform irreführend und deshalb gemäß § 3 UWG zu unterlassen ist. Auch der Begründung der angefochtenen Entscheidung schließt sich der Senat an. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt er die Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil in vollem Umfang in bezug und sieht insoweit auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 543 Abs. 1 ZPO).

Die mit der Berufung gegen das angefochtene Urteil vorgebrachten Einwände greifen nicht durch. Namentlich ist das Berufungsvorbringen der Antragsgegnerin nicht geeignet, den Senat zu veranlassen, die von der Werbung der Antragsgegnerin ausgehende Irreführungsgefahr im Sinne des § 3 UWG anders zu beurteilen, als das Landgericht es getan hat. Die von der Werbung der Antragsgegnerin angesprochenen Verbraucher, zu denen die Mitglieder des Senats ebenso zählen wie die Mitglieder der Kammer, und was diese deshalb ebenso wie die Kammer aus eigener Erfahrung und Sachkunde zu beurteilen in der Lage sind, verstehen die in der jeweiligen konkreten Verletzungsform angegriffene Aussage "Internet zum Festpreis" dahin, dass der dort angegebene Preis derjenige ist, den sie bezahlen müssen, um die beworbene Dienstleistung in Anspruch nehmen zu können. Der Sinngehalt des Wortes "Festpreis" ist aus Sicht des angesprochenen Verkehrs eindeutig: Der Verbraucher versteht ihn bezogen auf das beworbene Medium "Internet" dahin, dass er dann, wenn er das Angebot der Antragsgegnerin in Anspruch nimmt, exakt und nur den beworbenen Preis von 9,90 DM bezahlen muss; er rechnet nicht damit, dass es sich in Wirklichkeit nur um eine monatliche Grundgebühr handelt und dass er 6 Pfennige für jeden Verbindungsaufbau und 3,9 Pfennig für jede Minute bezahlen muss, die er im Internet verbringt. Für den angesprochenen Verkehr ist der Festpreis ein "Inklusivpreis" der alle Dienstleistungen umschließt, die er zu seinem Internet-Zugang benötigt.

Der Hinweis der Antragsgegnerin, der von ihrer Werbung angesprochene Verkehr sei daran gewohnt, dass neben einer monatlichen Grundgebühr nutzungsabhängige (Telefon-) Kosten anfielen, deshalb lasse er sich von der Angabe "Festpreis" nicht in die Irre leisten, überzeugt nicht. Zwar ist es richtig, dass die Verkehrsauffassung durch die tatsächlichen Gegebenheiten im Markt bestimmt wird, Entwicklungen unterliegt und auch durch das Geschäftsgebaren des Werbenden beeinflusst und bestimmt werden kann. Im Streitfall kann jedoch schon nicht davon ausgegangen werden, dass der mit dem Internet und den Zugangsvoraussetzungen und namentlich der Abrechnungspraxis bestimmter Anbieter vertraute Verbraucher stets davon ausgeht, er müsse neben einer monatlichen Grundgebühr eine einmalige Verbindungsgebühr und weitere, von der Verweildauer im Internet abhängige Kosten zahlen. Denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es in dem noch relativ jungen Internetgeschäft auch Anbieter gibt, die dem an der Internetnutzung interessierten Verbraucher die Möglichkeit bieten, das Internet gegen Zahlung einer bestimmten, vorher festgelegten und monatlich zu entrichtenden Pauschale (sprich: einen Festpreis) zu nutzen, ohne dass weitere nutzungsabhängige Kosten anfallen. Schon aus diesem Grunde hat auch derjenige, der das Internet bereits nutzt und bislang neben einer Grundgebühr nutzungsabhängige (Telefon-) Kosten zahlt, in Anbetracht des eindeutigen Sinngehalts der Aussage "Internet zum Festpreis" keine Veranlassung, die sich aus dem Wortsinn ergebende Vorstellung in Frage zu stellen, es handele sich um einen Inklusivpreis, mit dessen Zahlung alle anfallenden Kosten abgedeckt werden. Auch ein solcher Verbraucher geht wegen der Eindeutigkeit der einer abweichenden Auslegung nicht zugänglichen Angabe "Festpreis" davon aus, nunmehr biete die Antragsgegnerin ihm die Möglichkeit, das Internet gegen Zahlung eines alle Kosten abdeckenden Pauschalpreises uneingeschränkt zu nutzen.

Diesen vom angesprochenen Verbraucher, dem Internetnutzer und erst recht demjenigen, der sich bislang mit den Zugangsvoraussetzungen zum Internet und der Frage, welche Kosten auf ihn zukommen, nicht auseinandersetzen und vertraut machen konnte, gewonnenen Eindruck verstärkt und perpetuiert die Antragsgegnerin durch ihre weiteren Werbeaussagen im Zusammenhang mit dem angegriffenen Slogan, wenn dort - zum Teil optisch hervorgehoben - von der "Internet-Revolution" die Rede ist und es anderer Stelle unter anderem beispielsweise heißt, der neue Festpreis für das Internet sei ebenso einfach wie revolutionär, für deutlich weniger Geld, als ein Kino-Besuch koste, könne jedermann jetzt Zugang zum Internet haben und das Medium online erstmalig ohne zeitliche Begrenzung zu einem kalkulierten Preis nutzen, mit dem in Deutschland eingeführten Pauschaltarif "Internet zum Festpreis" werde man seiner Verantwortung gerecht, den Zugang zum Internet nicht nur so einfach wie möglich, sondern auch sehr günstig und damit für jedermann erschwinglich zu machen. Ähnliches gilt für die Ankündigung einer "Internet-Revolution in Deutschland" und den neuen "sensationellen A.-Tarif", der von der Antragsgegnerin ausdrücklich damit beworben wird, es sei ihre Vision, dass Online und Internet zum festen Bestandteil des täglichen Lebens würden, mit der Einführung ihres neuen Tarifs mache sie einen großen Schritt in diese Richtung, ab dem 1. Oktober 1999 gebe es das Internet zum Festpreis, die Antragsgegnerin bringe die Internet-Revolution nach Deutschland, ab dem 1. Oktober könne man A. und die Welt des Internets zum "sensationell günstigen Festpreis von nur 9,90 DM pro Monat nutzen", und zwar so viel man wolle. Bei dieser Sachlage kann kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass erhebliche Teile des angesprochenen Verkehrs die Werbung der Antragsgegnerin ihrem Wortsinn entsprechend verstehen und meinen, sie könnten das Internet zu eben diesem "sensationell günstigen Festpreis" nutzen.

Mit dem Landgericht stellt auch der Senat fest, dass die konkret mit dem Verfügungsbegehren angegriffenen Werbungen der Antragsgegnerin, die als konkrete Verletzungsformen Eingang in die durch das angefochtene Urteil bestätigte Beschlussverfügung gefunden haben, nicht hinreichend darüber aufklären, dass der beworbene Festpreis in Wirklichkeit kein Inklusivpreis, sondern nur ein Teil des Preises ist, den der interessierte Verbraucher zahlen muss, wenn er sich der Dienstleistungen der Antragsgegnerin bedienen und sich Zugang zum Internet verschaffen will. Soweit sich in den Werbungen Anlagen K 3, K 4 und K 5 jeweils nach dem Wort "Monat" ein Sternchen befindet, über das dem Betrachter der Werbung vor Augen geführt werden soll, dass der Festpreis kein Festpreis ist, sondern dass weitere 6 Pfennig pro Verbindungsaufbau und weitere 3,9 Pfennig für jede Minute Internet-Nutzung gezahlt werden müssen, ist dieser "Sternchen-Hinweis" zur hinreichenden Aufklärung des Verbrauchers nicht geeignet. Dabei teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts, dass die von einer Blickfangwerbung der vorliegenden Art ausgehende Irreführungsgefahr dann nicht durch einen Sternchenhinweis beseitigt werden kann, wenn der Hinweis die Blickfangangabe nicht erläutert, sondern praktisch ins Gegenteil verkehrt. So liegt es hier. Der Sternchenhinweis kann die Angabe "Internet zum Festpreis" nicht klarstellend erläutern, sondern allenfalls bewirken, dass sich der von der Blickfangangabe "Internet zum Festpreis" angelockte (und zu diesem Zeitpunkt bereits irregeführte) Interessent näher mit dem Angebot des werbenden befasst, um alsdann festzustellen, dass die werbliche Ankündigung so, wie er sie verstanden hat, schlichtweg falsch ist. In solchen Fällen müssen die im Blickfang besonders herausgestellten, die Aufmerksamkeit des Publikums erweckenden Angaben auch nach Auffassung des Senats als solche wahr sein, gerade weil Werbeankündigungen der vorliegenden Art erfahrungsgemäß in der Regel nur oberflächlich nach ihrem Gesamteindruck, insbesondere nach dem Blickfang beurteilt werden. Deshalb kommt es im übrigen nicht mehr darauf an, dass sich der Sternchenhinweis in der angegriffenen und als Anlage K 3 vorgelegten Werbung an sehr versteckter Stelle befindet und u.a. wegen der gewählten Schriftgröße kaum lesbar ist, und dass namentlich bei der als Anlage K 5 zu den Akten gereichten und vom Landgericht verbotenen Werbung die Aussage "Internet zum Festpreis" und die anschließende Preisangabe "9,90" nicht nur durch die gewählte Schriftgröße, sondern insbesondere durch die verwendete rote Farbe besonders ins Auge springen und den Blickfang ausmachen, das nach Auffassung der Antragsgegnerin die Blickfangangabe erläuternde Sternchen sich aber nicht im Blickfang selbst, sondern an anderer Stelle, nämlich neben dem vom Blickfang abgesetzten Wort "Monat" befindet.

Zuzugeben ist der Antragsgegnerin, dass in ihren als Anlagen K 1 und K 2 zu den Akten gereichten und vom Landgericht in die Beschlussverfügung einbezogenen Internetwerbungen auch von "weiteren Verbindungsendgelten", "Telefongebühren" und "Verbindungsgebühren" die Rede ist. Zum Beispiel heißt es in der Anlage K 1 zur Antragsschrift über und unter dem Satz "Ab 1. Oktober startet "Internet zum Festpreis" für 9,90 Mark", die Antragsgegnerin bringe "mit neuem Festpreis und drastisch gesenkten Verbindungsgebühren die Internet-Revolution nach Deutschland", Mitglieder profitierten "von bis zu 46 Prozent günstigeren Telefongebühren und vereinfachter Abrechnung". Das klärt den Verbraucher indessen nicht auf, gerade weil die Antragsgegnerin in den beiden Anzeigen, die als Anlage K 1 und K 2 zu den Akten gereicht worden und Gegenstand der Beschlussverfügung sind, nicht hinreichend deutlich macht, dass es in Wirklichkeit eine Internetnutzung zum Festpreis nicht gibt, vielmehr den vom Verbraucher gewonnenen Eindruck, er müsse pro Monat nur einen bestimmten Pauschalbetrag zahlen, noch verfestigt, indem sie ausdrücklich darauf verweist, der Interessent könne das Internet zum "sensationell günstigen Festpreis von nur 9,90 DM" nutzen, soviel er wolle, und indem es an anderer Stelle heißt, ab dem 1. Oktober 1999 könne jedermann das Internet zum Festpreis von 9,90 DM pro Monat "unbegrenzt nutzen".

Hat das Landgericht demgemäß die Beschlussverfügung zu Recht erlassen und durch das angefochtene Urteil bestätigt, war die Berufung der Antragsgegnerin mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Das Urteil ist gemäß § 545 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.

Ende der Entscheidung

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