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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 13.04.2007
Aktenzeichen: 6 U 211/06
Rechtsgebiete: UWG
Vorschriften:
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1 | |
UWG § 3 | |
UWG § 8 Abs. 3 Nr. 1 | |
UWG § 5 | |
UWG § 5 Abs. 1 |
Tenor:
Auf die Berufung wird das am 19. Oktober 2006 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn (12 O 86/06) abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken der Förderung des Absatzes von Waren des eigenen Unternehmens für den Verkauf von Kraftfahrzeugen unter Angabe fehlerhafter Erstzulassungsdaten zu werben.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
I.
Die Parteien bieten den Verkauf von Kraftfahrzeugen auf der Internetseite www.b###1.de an. Die Klägerin beanstandet zwei dort präsentierte Angebote der Beklagten als irreführend, bei denen unter der Rubrik "Erstzulassung" 1/2002 bzw. 1/2004 angegeben war, die Erstzulassung tatsächlich aber bereits in 12/2001 bzw. 12/2003 erfolgt war, worauf im weiteren Text unterhalb der Rubrikangaben auch hingewiesen worden war.
Die Beklagte hat sich im Wesentlichen mit dem Argument verteidigt, in der Branche sei es üblich, ein gegen Jahresende neu hergestelltes Modell mit dem Modelljahr des darauf folgenden Jahres zu bezeichnen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Bagatellgrenze des § 3 UWG nicht überschritten sei.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlich gestellten Antrag, wegen dessen Wortlauts im Einzelnen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen wird, weiter. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
II.
Die Berufung ist begründet und führt - bei einer redaktionellen Bearbeitung des gestellten Antrags - zu der erstrebten Verurteilung.
1.
Die Klägerin ist entgegen der von der Beklagten auch in der zweiten Instanz vertretenen Auffassung als Mitbewerberin gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG klagebefugt. Der Ansicht der Beklagten, zwischen den Parteien bestehe kein Wettbewerbsverhältnis, weil sie sich mit ihren Werbeauftritten im Internet im Wesentlichen nur an ausländische Kunden richte, mit denen sie 95 % ihrer Geschäfte abwickele, kann nicht beigetreten werden. Beide Parteien handeln in Deutschland mit Gebrauchtwagen. Der Internetauftritt der Beklagten findet unter einer in Deutschland registrierten Domän in deutscher Sprache statt. Hinweise, an deutsche Kunden nicht auszuliefern, finden sich dort nicht. Auch wenn es tatsächlich richtig sein sollte, dass sie nur 5 % ihrer Geschäfte mit deutschen Kunden tätigt, würde dies ein Wettbewerbsverhältnis zu der Klägerin begründen.
2.
Die angegriffenen Internetauftritte sind geeignet, den Verbraucher im Sinne des § 5 Abs. 1 UWG in die Irre zu führen. Unter der Rubrik "Erstzulassung" ist jeweils der erste Monat eines nachfolgenden Jahres angegeben, wohingegen in Wirklichkeit die Erstzulassung im Dezember des vorangegangenen Jahres erfolgt war.
Die Irreführung wird nicht dadurch beseitigt, dass im weiteren Text unterhalb der rubrizierten Anmerkungen das richtige Erstzulassungsdatum schließlich doch noch genannt wird. Für einen Verstoß gegen § 5 UWG reicht es aus, wenn von der unrichtigen Werbeaussage jedenfalls ein Anlockeffekt ausgeht (BGH GRUR 2003, 249 - Preis ohne Monitor; vgl. auch Hefermehl/Köhler/Bornkamm, 25. Auflage, § 5 UWG 2. 192). Die Beklagte benutzt erklärtermaßen die Falschangabe in der Rubrik Erstzulassung, um damit auch Interessenten auf ihre Seite zu locken, die (nur) nach Fahrzeugen ab einem bestimmten Erstzulassungsdatum - hier: 2002 bzw. 2004 - suchen. Sie verschafft sich infolgedessen einen Wettbewerbsvorteil durch das anfängliche Erregen eines Irrtums bei den Kunden, und es spielt alsdann keine Rolle, wenn der Irrtum zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung nicht mehr existent sein sollte. Zudem kann bei bewusst falschen Angaben der Täuschende nicht mit dem Hinweis gehört werden, dass weitere Angaben im Werbetext dem durchschnittlichen Verbraucher, der das Alles lese, doch den zutreffenden Kenntnisstand verschaffe (BGH GRUR 2001, 78, 79 - falsche Herstellerpreisempfehlung). Der durch ein Schreiben des Fahrzeugherstellers bestätigte Umstand, dass die Beklagte das Modelljahr zutreffend angegeben haben mag, verhilft ihrem Verteidigungsvorbringen gleichfalls nicht zum Erfolg. In der Rubrik auf der Internetseite war nämlich nicht nach dem Modelljahr, sondern nach dem Datum der Erstzulassung gefragt. Das von der Beklagten dort angegebene Datum der Erstzulassung war objektiv unrichtig. Soweit die Beklagte erstinstanzlich mehrfach betont hat, die Fahrzeuge seien von dem deutschen Hersteller jeweils erst mit Beginn des nachfolgenden Jahres auch ins Ausland geliefert worden, so dass Ausländer, die nach einem bestimmten Modell dieses Jahres suchen würden, derartige Modelle im Internet nicht auffinden würden, wenn ein Erstzulassungsdatum aus dem vorangegangenen Jahr angegeben werde, ist dies durch das bereits angeführte und von der Beklagten zu den Akten gereichte Schreiben des Herstellers widerlegt. Darin ist ausgeführt, dass das in Rede stehende Fahrzeug seit September 2003 sowohl in Deutschland als auch in Europa ausgeliefert worden ist.
3.
Der Senat vermag nicht der Auffassung des Landgerichts zu folgen, dass das Verhalten der Beklagten die Bagatellschwelle des § 3 UWG nicht überschreite. Die Beklagte hat dazu vorgetragen, es sei in der Branche Gang und Gäbe, bei der Rubrizierung des Erstzulassungsdatums so zu verfahren wie sie selbst. Sie hat dazu einige Beispiele zu den Akten gereicht, welche das belegen könnten. Eine derartige Praxis der systematischen Irreführung kann indessen nicht hingenommen werden. Es handelt sich um bewusste Fehlangaben, um Interessenten anzulocken, die sonst zu dem eigenen Angebot nicht hinfinden würden. Es geht nicht um ein einzelnes Fehlverhalten infolge einer Nachlässigkeit, sondern um eine systematische Manipulation. Das kann nicht über die Bagatellklausel toleriert werden.
4.
In dem gestellten Klageantrag findet sich fast wörtlich die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG enthaltene Definition einer "Wettbewerbshandlung". Soweit darin auch Handlungen zu Gunsten eines fremden Unternehmens und in bezug auf Dienstleistungen genannt sind, passt dies ersichtlich nicht auf den Streitfall, in welchem es ausschließlich um den Absatz eigener Waren geht. Darauf beruht die redaktionelle Glättung, die im Urteilstenor vorgenommen worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Ende der Entscheidung
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