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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 22.03.2002
Aktenzeichen: 6 W 102/01
Rechtsgebiete: ZPO, EGZPO
Vorschriften:
ZPO § 91 a Abs. 2 | |
ZPO §§ 567 ff a.F. | |
ZPO § 91 a Abs. 1 a.F. | |
ZPO § 97 Abs. 1 | |
EGZPO § 26 Nr. 10 |
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS
In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schwippert, von Hellfeld und Schütze am 22.03.2002
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den am 28.09.2001 verkündeten Beschluss der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 181/00 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Gründe:
Die gemäß §§ 91 a Abs. 2, 567 ff ZPO a.F. i.V. mit § 26 Nr. 10 EGZPO statthafte und auch im übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Zu Recht hat das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss die Beklagte mit den (gesamten) Kosten des Rechtsstreits belastet. Diese Kostenentscheidung hält sowohl der äußeren Form als auch dem Inhalt nach den von der Beklagten mit der Beschwerde vorgebrachten Beanstandungen stand. Die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien führten eine Gesamterledigung des Rechtsstreits herbei, dessen Kosten gemäß § 91 a Abs. 1 ZPO a.F. unter Berücksichtigung des bis zur Erledigung gegebenen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen der Beklagten aufzuerlegen sind, weil die Klägerinnen ohne die Erledigung aller Voraussicht nach mit ihrem Unterlassungsbegehren durchgedrungen wären.
Mit den im Termin vor dem Landgericht am 16.06.2001 abgegebenen beiderseitigen Erledigungserklärungen ist der Prozess in der Hauptsache insgesamt zur Erledigung gebracht worden, so dass das Landgericht die Kostenentscheidung zutreffend durch Beschluss und nicht etwa im Rahmen der gemischten Kostenentscheidung eines sich mit einem weitergehenden Streitgegenstand befassenden Urteils getroffen hat. Soweit die Beklagte sich der klägerseits erklärten Erledigung mit dem Hinweis angeschlossen hat, ihre Erklärung beziehe sich lediglich auf "...die Art und Weise des Sternchenhinweises und dessen Auflösung", rechtfertigt das keine abweichende Beurteilung. Diese Erklärung der Beklagten schöpft den die Hauptsache definierenden Streitgegenstand des Rechtsstreits aus mit der Folge, dass die Beklagte sich damit nicht etwa nur teilweise der von den Klägerinnen unbeschränkt erklärten Erledigung der Hauptsache angeschlossen hat. Die Erklärungen der Parteien sind ihrem sachlichen Umfang nach vielmehr übereinstimmend auf eine Gesamterledigung der Hauptsache bezogen.
Der jeweilige Streitgegenstand eines Rechtsstreits bestimmt sich auch im Bereich des Wettbewerbsrechts unter Zugrundelegen des sog. zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriffs anhand des Antrags sowie des dazu als Klagegrund vorgetragenen Lebenssachverhalts (vgl. BGH GRUR 1992, 625/627 -"Therapeutische Äquivalenz" -; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Auflage, 46. Kapitel Rdn. 2 m.w.N.). Ist der formulierte Unterlassungsantrag - so wie hier - allein auf das Verbot der konkreten wettbewerblichen Verletzungshandlung gerichtet, so steht dem Kläger, der das damit begehrte Verbot auf mehrere Verbotsnormen stützt, ein weitgehendes Bestimmungsrecht hinsichtlich dessen zu, was Gegenstand seines aus dem Antrag allein nicht erkennbaren prozessualen Begehrens ein soll. Er kann einerseits bestimmen, hat andererseits aber auch klarzustellen, ob die Stützung seines Antrags auf mehrere Verbotsnormen lediglich eine alternative Begründung - mit entsprechend alternativen Subsumtionsmöglichkeiten des Gerichts - darstellen soll oder ob er mehrere selbständige und voneinander unabhängige Verbote mit dem - nur - wortlautmäßig einheitlichen Verbotsantrag begehrt, so dass in Wirklichkeit ein Fall der objektiven Klagenhäufung vorliegt (vgl. Teplitzky, a.a.O., 46. Kap. Rdn. 5 und Rdn. 6). Ersteres ist hier der Fall. Den Klägerinnen ging es vorliegend um das Verbot der Werbung unter dem Gesichtspunkt der Irreführung und des unzulässigen Werbevergleichs. Ausgangspunkt für den unter verschiedenen Aspekten vorgebrachten Irreführungsvorwurf war vordergründig der Umstand, dass nur unzureichend auf die sich mit der Preisgestaltung der Beklagten befassende Fußnote und in dieser wiederum nur unzureichend auf die 3-Minuten-Taktung hingewiesen werde, sowie die hierdurch erzeugte, den Eindruck besonderer Preisgünstigkeit ihres Angebots im Vergleich zu Wettbewerbern hervorrufende Fehlvorstellung, die Abrechung erfolge im Minutentakt. Die weiteren in der Klageschrift genannten Gesichtpunkte - Irreführung dahingehend, die Beklagte sei die billigste Anbieterin und es bestehe ein erhebliches Preisgefälle zu den anderen Anbietern - stellen sich im wesentlichen als Folge dieser primären Fehlvorstellung dar. Gleiches gilt hinsichtlich des Vorwurfs des unzulässigen Werbevergleichs, der dahin ging, dass der Vergleich irreführend sei und auf der Basis sachlich ungleicher Angebote vorgenommen werde. Auch wenn die jeweilige Tragweite der diversen Irreführungsaspekte sowie des Vorwurfs eines unzulässigen Werbevergleichs bzw. darauf gestützter Verbotsansprüche nicht in jeder Hinsicht übereinstimmt und verschiedene Vollstreckungsmöglichkeiten nach sich zieht, lässt bereits die dargestellte Struktur der Klagebegründung darauf schließen, dass die in der Klageschrift aufgeführten verschiedenen Gesichtspunkte lediglich der mehrfachen, alternativen Begründung des mit dem Antrag formulierten Unterlassungspetitums dienten. Hinzu tritt maßgeblich aber die nachstehende Erwägung: Der aufgezeigte Hintergrund gab jedenfalls Anlass, für eine Klarstellung des tatsächlichen Petitums der Klägerinnen im Rahmen eines Hinweises des Gerichts (§ 139 ZPO) Sorge zutragen. Dies hat die erstinstanzlich entscheidende Kammer auch getan, indem sie im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf das vorangegangene einstweilige Verfügungsverfahren (81 O 187/00 LG Köln), in dem die Klägerinnen auf der Grundlage eines wortgleichen, mit einer der hiesigen Klageschrift entsprechenden Begründung vorgebrachten Antrags eine Unterlassungsverfügung gegen die Beklagte erwirkt hatten, klarstellte, was Kern dieses Verbots war. Entsprechend definierte die Beklagte den Inhalt ihrer nunmehr vorbehaltlos abgegebenen Unterlassungsverpflichtungserklärung. Wenn die Klägerinnen vor diesem Hintergrund im folgenden Termin zur mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit insgesamt in der Hauptsache für erledigt erklärten, so spricht alles dafür, dass die zur Begründung des Unterlassungsantrags vorgebrachten verschiedenen Aspekte, darunter "die Art und Weise des Sternchenhinweises und seiner Auflösung", lediglich alternative, das Verbot tragende Subsumtionsmöglichkeiten eröffnen, hingegen nicht mehrere selbständige und voneinander unabhängige Verbote herbeiführen sollten. Liegt damit aber lediglich die mehrfache alternative Begründung eines mit dem Klageantrag begehrten Verbots vor, so ist - indem die Beklagte sich der Erledigungserklärung der Klägerin hinsichtlich einer dieser Begründungsalternativen angeschlossen hat - der Streitgegenstand ausgeschöpft und die Hauptsache insgesamt übereinstimmend zur Erledigung gebracht.
Die Kosten sind danach der Beklagten aufzuerlegen. Die Klägerinnen hätten ohne die übereinstimmende Erledigung der Hauptsache mit ihrem Unterlassungsbegehren aller Voraussicht nach Erfolg gehabt. Die Werbung ist wegen des nach der Anbringung des Sternchenhinweises sowie der Gestaltung der Fußnote selbst unzureichenden Hinweises auf die 3-Minuten-Taktung und des deswegen hervorgerufenen unzutreffenden Eindrucks der Preisgünstigkeit des beworbenen Angebots der Beklagten geeignet, einen mehr als unbeachtlichen Teil des angesprochenen Verkehrs in wettbewerblich relevanter Weise in die Irre zu führen (§ 3 UWG). Dass die Werbung sich unter dem genannten Gesichtpunkt als wettbewerblich unzulässig darstellt, hat auch die Beklagte - worauf das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss mit Recht hingewiesen hat - nicht in Abrede gestellt, sondern im wesentlichen eingewandt, bereits ihre vorprozessual mit Schreiben vom 10.07.2000 abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung habe die Wiederholungsgefahr eines solchen Wettbewerbsverstoßes ausgeräumt und damit eine materielle Berechtigung des Unterlassungsanspruchs in Wegfall gebracht. Das ist indessen nicht der Fall. Eine Unterlassungsverpflichtungserklärung beseitigt die Wiederholungsgefahr nur dann, wenn sie eine hinreichende Gewähr für die künftige Unterlassung des fraglichen Wettbewerbsverstoßes bietet. Sie muss den ernsthaften Unterlassungswillen des Schuldners zum Ausdruck bringen, was neben der Übernahme einer angemessenen Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung erfordert, dass die Erklärung uneingeschränkt, bedingungslos und unwiderruflich abgegeben wird (vgl. BGH WRP 1996, 199/201 m.w.N.). Da die durch den begangenen Wettbewerbsverstoß indizierte Wiederholungsgefahr nicht nur identische Verletzungshandlungen, sondern auch alle im Kern gleichartigen Verletzungsformen umfasst, muss die Unterlassungsverpflichtungserklärung zweifelsfreie Gewähr dafür bieten, dass auch insoweit die Besorgnis eines künftigen Wettbewerbsverstoßes ausgeräumt ist. Bestehen am Inhalt der Unterlassungserklärung auch nur geringe Zweifel, so ist sie grundsätzlich nicht geeignet, diese Funktion zu erfüllen (vgl. BGH a.a.O. ). So liegt der Fall hier. Vorliegend hat die Beklagte sich in ihrer Erklärung vom 10.07.2000 vorbehalten, auch in Zukunft mit einem Preisvergleich in der Form der streitbefangenen Werbeanzeige zu werben, bei dem allerdings "...auf den Umstand, dass es sich bei dem Preis von 1,9 Pf./Minute um einen rechnerischen Minutenpreis handelt, durch einen Sternchenhinweis aufmerksam..." gemacht wird, "...der etwaige Irreführungen ausschließt". Mit dieser Einschränkung hat die Beklagte erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich der sachlichen Reichweite der von ihr übernommenen Unterlassungsverpflichtung aufgeworfen. Denn wie der künftige Irreführungen ausschließende "Sternchenhinweis" gestaltet sein soll und ob dieser tatsächlich geeignet sein wird, die in Frage stehende Fehlvorstellung eines erheblichen Teils der Werbeadressaten nicht aufkommen zu lassen, ist Teil einer ins einzelne gehenden Subsumtion, die eine scharfe Abgrenzung des Vorbehaltenen auf Schwierigkeiten und Zweifel stoßen lässt. Mit einer solche Abgrenzungsschwierigkeiten aufwerfenden Einschränkung, die nicht zuletzt den Sinn der Unterlassungserklärung als eines praktisch und einfach handhabbaren Mittels der Streitbereinigung in Frage stellt, ist jedenfalls nicht die hinreichend sichere Gewähr der künftigen Unterlassung im Kern gleichartiger Verletzungsformen geschaffen und kann folglich die Wiederholungsgefahr des betroffenen Wettbewerbsverstoßes nicht ausgeräumt sein.
Soweit die Beklagte sich schließlich zur Begründung des Wegfalls der Wiederholungsgefahr auf die unter dem Datum des 08.03.2001 zu dem vorbezeichneten einstweiligen Verfügungsverfahren abgegebene Abschlusserklärung beruft, rechtfertigt auch dies keine abweichende Würdigung. Dabei kann es dahinstehen, ob der Abschlusserklärung überhaupt eine die Wiederholungsgefahr beseitigende Wirkung beizumessen ist (bejahend: die wohl h. M., vgl. Köhler/Piper, UWG, 2. Auflage, Vor § 13 Rdn. 8 und Großkommentar/ Kreft, Vor § 13 Rdn. UWG C Rdn. 4; m.w.N.; ablehnend: Teplitzky, a.a.O., 7 Kap. Rdn. 16). Dies ist deshalb nicht von streitentscheidender Bedeutung, weil die für die Kostenentscheidung maßgebliche Erfolgsprognose bei übereinstimmender Erledigung der Hauptsache auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage zu beziehen ist (Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Auflage, § 91 a Rdn. 16). Im Zeitpunkt der Klageeinreichung am 31.07.2000 war die Abschlusserklärung indessen noch nicht abgegeben, so dass sie die materielle Beurteilung der Erfolgsaussichten des Unterlassungsbegehrens nicht zu beeinflussen vermag.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Beschwerdewert entspricht der Summe der in erster Instanz angefallen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten.
Ende der Entscheidung
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