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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 20.09.2005
Aktenzeichen: 6 W 112/05
Rechtsgebiete: UWG, AMG, AMPreisV
Vorschriften:
UWG § 3 | |
UWG § 4 Nr. 11 | |
AMG § 78 | |
AMPreisV |
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln (31 O 616/05) vom 07.09.2005 abgeändert.
Im Wege der einstweiligen Verfügung wird angeordnet:
1) Der Antragsgegner hat es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,0 EUR, ersatzweise von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten zu unterlassen, wie nachstehend wiedergegeben mit der Ankündigung zu werben
"Bei Rezepteinreichung wird ein Gutschein über EUR 3,00 ausgestellt einzutauschen gegen rezeptfreie Medikamente und andere Lieferartikel":
2) Die Kosten des Verfügungsverfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Gründe:
I.
Der Antragsgegner betreibt eine Apotheke, für welche er mit den in den Tenor eingeblendeten Schreiben wirbt. Der Antragsteller sieht in dieser Bewerbung eine Verletzung des § 4 Nr. 11 UWG, weil gegen die Vorschriften der Arzneimittelpreisverordnung verstoßen werde. Dem ist die zunächst angerufene Zivilkammer nicht gefolgt und hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit der Begründung zurückgewiesen, dass nicht auf die Gewährung eines Gutscheins bei dem Erstkauf eines verschreibungspflichtigen Medikaments abzustellen sei, sondern in wettbewerblich unbedenklicher Weise anlässlich der rechtlich gesondert zu beurteilenden Einlösung des Gutscheins lediglich ein Nachlass auf nicht der Preisbindung unterliegende Apothekenartikel gewährt werde.
Mit der sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller den erstinstanzlich formulierten Verfügungsantrag weiter.
II.
Die insgesamt zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache Erfolg und führt zur Anordnung des begehrten Unterlassungsgebots.
1.
Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter im Sinne von § 3 UWG, wer einer im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten regelnden Vorschrift zuwiderhandelt. Um eine derartige Vorschrift handelt es sich bei der auf der Ermächtigungsgrundlage des § 78 AMG beruhenden, die Apothekenabgabepreise für verschreibungspflichtige Arzneimittel gesetzlich normierenden Arzneimittelpreisverordnung - AMPreisV - des Bundesministers für Wirtschaft in der Fassung vom 14.11.2003 (vgl. Baumbach/Hefermehl-Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 4 Rn. 11.138).
Der Senat vermag sich der Auffassung der Kammer nicht anzuschließen, dass die beanstandete Werbung keinen Verstoß gegen die Vorschriften der AMPreisV darstelle. Der Ansatz des Landgerichts, formal zwischen dem - den jeweiligen Apothekenabgabepreis unberührt lassenden - Erstkauf, anlässlich dessen der fragliche Gutschein über 3 EUR gewährt wird, und dem isoliert betrachtet zulässigen nachfolgenden Preisnachlass auf freie Apothekenartikel zu unterscheiden, trägt der einem unmittelbaren Barnachlass gleichstehenden wirtschaftlichen Bedeutung des 3 EUR-Gutscheins im Bewusstsein des Verbrauchers nicht Rechnung:
Bereits unter Geltung des Rabattgesetzes hat der Gesetzgeber die identische wirtschaftliche Bedeutung eines sofortigen Barrabatts und des einen Preisnachlass gewährenden (Bargeld-)Gutscheins erkannt und beide in § 4 Satz 1 RabattG gleichgestellt. Auch nach Abschaffung des Rabattgesetzes ist höchstrichterlich klargestellt worden, dass die in Form eines Gutscheins über einen bestimmten Geldbetrag gewährte Vergünstigung sich der Sache nach als ein Preisnachlass beim Wareneinkauf darstellt und der verständige Verbraucher dies erkennt (BGH GRUR 2003, 1057 - "Einkaufsgutschein"). Vor diesem Hintergrund kann nach Ansicht des Senats aber kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass sich die Gewährung eines Gutscheins über 3 EUR auf frei verkäufliche Apothekenartikel anlässlich der Einlösung eines Rezepts über ein der AMPreisV unterliegendes Arzneimittel bereits als Nachlass auf dessen Preis darstellt. Wenn der Betrag von 3 EUR auch nicht unmittelbar von dem zu entrichtenden Preis des sog. Erstkaufs, d.h. also schon beim Erwerb eines verschreibungspflichtigen Medikaments, abgezogen wird, so stellt sich der Gutschriftsbetrag in der Vorstellung des Verbrauchers dennoch als bei dem Erstkauf erzielte Ersparnis und also auf diesen unmittelbar anzurechnender Geldvorteil dar. Angesichts des der Öffentlichkeit bekannten überaus breiten Angebots von in Apotheken freiverkäuflichen Artikeln, so z.B. an Kosmetika oder nicht rezeptpflichtigen Heilmitteln, finden sich darunter nämlich zwangsläufig viele, welche jeder Verbraucher im Zuge seines Alltagslebens fortlaufend benötigt. Er kann deshalb schon anlässlich der Aushändigung des Gutscheins sicher darauf vertrauen, jedenfalls in den Genuss einer Ersparnis von 3 EUR zu kommen, wobei die Sicherheit dieser Erwartung sich unmittelbar auf seine Vorstellung von der Preisbildung des zunächst erworbenen, der Preisbindung unterliegenden Arzneimittels auswirken wird: es wird ihm nämlich um die fraglichen 3 EUR billiger erscheinen.
Die von der Kammer zitierten Entscheidungen des OLG Frankfurt (GRUR 2005, 72 und GRUR 2004, 885) rechtfertigen keine abweichende Auffassung. Im Unterschied zu der vorliegenden Fallgestaltung hatte das OLG Frankfurt über die Gewährung von Preisnachlässen auf ihrerseits der (Buch-)Preisbindung unterliegende Artikel zu entscheiden. Damit stellte sich schon im Ansatz nicht die Notwendigkeit einer formaljuristischen Unterscheidung zwischen Erstkauf und nachfolgender Einlösung, weil letzterer Akt auch bei isolierter Betrachtung gegen zwingende Rabattverbote verstieß. Im Übrigen hat der Frankfurter Senat offen gelassen, wie der - dort nicht zu beurteilende - Erstkauf unter Lauterkeitsaspekten zu beurteilen wäre.
2.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 12.000 EUR
Ende der Entscheidung
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