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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 04.07.2006
Aktenzeichen: 6 W 81/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 174 Abs. 2
ZPO § 174 Abs. 3
ZPO § 922 Abs. 2
ZPO § 936
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den am 06.06.2006 verkündeten Beschluss der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 33 O 387/05 - SH I wird zurückgewiesen.

Der Gläubigerin werden auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist nicht begründet.

1.)

Der Senat neigt allerdings der Auffassung der Gläubigerin zu, dass die inkriminierten Aussagen aus dem Internetauftritt der Schuldnerin

"die T-Gruppe ist weltweit die Nr. 5 und in Europa die Nr. 3 bei der Vermarktung von P I-Medien,"

"Nr. 5 weltweit,"

unter das durch die Beschlussverfügung vom 15.12.2005 ausgesprochene Verbot fallen. Darin war der Schuldnerin untersagt worden, mit der Angabe zu werben, sie sei "weltweit unter den Top Five der P I-Media-Anbieter". Der Umstand, dass die beiden jetzt im Vollstreckungsverfahren beanstandeten Aussagen sich auch bereits in dem Internetauftritt befanden, mit dem sich die Beschlussverfügung vom 15.12.2005 befasst hat und sie dort nicht ausdrücklich Gegenstand des von der Antragstellerin verbalisierten Antrags gemacht worden sind, dürfte dem nicht entgegen stehen. Die drei genannten Aussagen liegen inhaltlich so nahe beieinander, dass sie nicht unbedingt zum Gegenstand einer dreifachen - isolierenden - Verbalisierung gemacht werden mussten.

2.)

Die sofortige Beschwerde hat gleichwohl keinen Erfolg, weil die Schuldnerin der Verfügung vom 15.12.2005 nämlich nicht schuldhaft zuwider gehandelt hat. Die Verhängung eines Ordnungsmittels setzt nämlich Verschulden voraus (vgl. Zöller / Stöber, 25. Auflage, § 890 Rn. 5 m. N.).

a)

Die Schuldnerin hatte die einstweilige Verfügung erst mit Zustellung des Beschlusses durch die Gläubigerin zu beachten (vgl. §§ 922 Abs. 2, 936 ZPO). Die Zustellung der Beschlussverfügung ist, wie das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss zutreffend angenommen hat, erst mit der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses durch den Verfahrensbevollmächtigten der Schuldnerin am 23.12.2005 wirksam erfolgt. Der mit der Beschwerdebegründung bekräftigten Auffassung der Gläubigerin, demgegenüber sei auf den bloßen Zugang des Faxschreibens vom 21.12.2005 in den Büroräumen des Verfahrensbevollmächtigten abzustellen, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. In der Rechtsprechung ist seit jeher die Auffassung vertreten worden, dass zustellungsrechtlich zwischen dem Zugang eines Schriftstückes und dessen Zustellung strikt zu unterscheiden sei. Unabdingbares Erfordernis für eine Zustellung sei eine unzweifelhafte Äußerung des Willens, das Schriftstück zur Zustellung anzunehmen (vgl. BGH NJW 74, 1469 und 94, 2297; Musielak / Wolst, ZPO, 4. Auflage, § 195 Rn. 5; Münchener Kommentar /Wenzel, 2. Auflage, § 198 Rn. 4; Zöller / Stöber, ZPO, 25. Auflage, § 195 Rn. 11 und § 174 Rn. 6). An dieser Rechtslage hat sich die durch das Zustellungsreformgesetz von 2001 eingefügte Möglichkeit, die Zustellung auch durch Telekopie oder elektronische Mittel vorzunehmen (§ 174 Abs. 2 und 3 ZPO), nichts geändert. Die damit einhergehende Vervielfältigung der in Frage kommenden Briefkästen verbietet es im Gegenteil zum Schutze des Zustellungsadressaten in noch stärkeren Maße als vorher, den bloßen Zugang des Schriftstückes als ausreichend zu erachten. Wer mit der Möglichkeit rechnet, dass der gegnerische Verfahrensbevollmächtigte eine Zustellung per Fax oder elektronischem Dokument missbräuchlich zu einer Verschiebung des Zustellungszeitpunktes nutzt, muss auf die althergebrachten Mittel der Zustellung - etwa per Gerichtsvollzieher - zurückgreifen.

Von einer wirksamen Zustellung kann daher im Streitfall erst am 23.12.2005 nach 14.00 Uhr ausgegangen werden.

b)

Die Schuldnerin trägt unwidersprochen vor, dass bis zum 24.12.2005 gegen 10.00 Uhr alle beanstandeten Aussagen von der Homepage entfernt worden sind. Damit ist die Schuldnerin innerhalb von 20 Stunden noch am Morgen des Heiligen Abends 2005 ihren sich aus der einstweiligen Verfügung ergebenden Verpflichtungen nachgekommen. Das war schnell genug, ohne dass ihr der Vorwurf einer fahrlässigen Verzögerung entgegengehalten werden könnte. Der in dem Verfügungsbeschluss ausdrücklich im Tenor herausgegriffene Satz aus dem Internetauftritt war bereits vor der Zustellung entfernt worden. Zur Beantwortung der Frage, welche weiteren Äußerungen angesichts der Kernbereichslehre darüber hinaus zu entfernen waren, bedurfte die Schuldnerin eines anwaltlichen Rates und der anschließenden Umsetzung. Die Schuldnerin hat in der gegebenen Situation hinreichend rasch reagiert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens beträgt 25.000,00 €.

Ende der Entscheidung

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