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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 09.05.2000
Aktenzeichen: 9 U 127/99
Rechtsgebiete: VVG, ZPO


Vorschriften:

VVG § 38 Abs. 1 Satz 2
VVG § 38 Abs. 2
VVG §§ 49 ff.
VVG § 5 Abs. 1
VVG § 5 Abs. 2
VVG § 5 Abs. 3
VVG § 38
VVG § 35 Satz 1
ZPO § 540
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 304
ZPO § 538 Abs. 1 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
9 U 127/99 10 O 337/98 Landgericht Aachen

OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Anlage zum Protokoll vom 9. Mai 2000

Verkündet am 9. Mai 2000

Meinecke, J.H.S.'in als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Münstermann, die Richterin am Oberlandesgericht Keller und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Halbach

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 25. Mai 1999 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 10 O 337/98 - abgeändert und neu gefaßt:

Der auf Zahlung gerichtete Klageantrag ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

Die Sache wird zur weiteren Verhandlung an das Landgericht Aachen zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden haben wird.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger beantragte unter dem 30. Januar 1996 bei der Beklagten den Abschluß einer Hausrat- und einer Haushalt-Glas-Versicherung. Als Versicherungsbeginn wurde der 1.2.1996 vorgesehen. Der Antrag wurde von dem für die Beklagte als Agent tätigen Zeugen H. auf dessen Laptop ausgefüllt. Dabei wurden die im Text vorgesehenen Stellen nicht angekreuzt, vielmehr wurden die Textzeilen am rechten Rand mit Nummern gekennzeichnet, dahinter wurde der jeweils für die Zeile maßgebliche Text eingetragen, soweit das Formular zu ergänzen oder zu konkretisieren war. Zur Zahlungsweise heißt es in Zeile 20: "monatlich/LSV liegt vor". Im Formulartext heißt es im übrigen kleingedruckt: "Hiermit ermächtige ich bis auf Widerruf die D., für die D.-Unternehmen die Beiträge für bestehende, beantragte oder für künftig abzuschließende Versicherungen (ausgenommen Beiträge zur Kraftfahrtversicherung oder zur vermögenswirksamen Lebensversicherung) zu Lasten meines Girokontos einzuziehen." Der Kläger hatte zuvor bei der Beklagten eine Kraftfahrtversicherung abgeschlossen, bei der die Beiträge aufgrund einer Einzugsermächtigung vom 6. September 1995 monatlich von seinem Girokonto aufgrund einer entsprechenden Lastschriftermächtigung eingezogen wurden. Der Kläger erhielt vom Zeugen H. am 30. Januar 1996 für die abzuschließenden Verträge eine vorläufige Deckungszusage der Beklagten, in der es u.a. heißt: "... erteilen wir Ihnen - zum beantragten Versicherungsbeginn, frühestens ab Antragseingang bei der D. - vorläufigen Versicherungsschutz im Rahmen Ihres Antrags und der für die jeweilige Versicherung gültigen Allgemeinen Versicherungsbedingungen." Das fragliche Formular enthält ferner einen "Besonderen Hinweis" mit folgendem Wortlaut: "Die erteilte vorläufige Deckungszusage tritt - selbst für einen bereits eingetretenen Schaden - rückwirkend außer Kraft, wenn der Beitrag nicht innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der Versicherungsurkunde gezahlt wird oder - bei entsprechender Vereinbarung - von Ihren Bezügen bzw. Ihrem Konto (Lastschrift) eingezogen werden kann. Die vorläufige Deckungszusage erlischt bei Annahme des Antrages mit rechtzeitiger Zahlung des Erstbeitrages. Kommt der Vertrag nicht zustande, endet der Versicherungsschutz mit einer Frist von einer Woche, nachdem wir Ihnen dies mitgeteilt haben."

Unter dem 14. Februar 1996 übersandte die Beklagte dem Kläger einen Versicherungsschein für die Zeit vom 1. Februar 1996 bis 1. Januar 1998 mit der üblichen Verlängerungsklausel. Das Formular enthält eine Belehrung über die Möglichkeit, binnen 14 Tagen dem Vertragsschluß schriftlich zu widersprechen, es schließt mit der Beitragsberechnung, die zunächst die Jahresbeiträge für beide Versicherungen nennt, sodann den gemeinsamen Monatsbetrag für diese Versicherungen und schließlich mit der Berechnung der Beiträge für die Zeit vom 1.2.1996 bis 1.4.1996 schließt, zu deren Zahlung der Kläger aufgefordert wird. Es heißt: "Bitte überweisen Sie einmalig sofort 57,00 DM, laufend ab 1.4.1996 28,50 DM auf unser Konto .... Eine gesonderte Zahlungsaufforderung erfolgt nicht mehr." Danach leistete der Kläger keine Zahlung, die Beklagte nahm keine Abbuchungen vor, obwohl das Girokonto des Klägers, von dem die Beiträge für die Kraftfahrtversicherung eingezogen wurden, in der Zeit von Februar 1996 bis einschließlich Januar 1998 stets eine genügende Deckung aufwies.

Am Abend des 16. Januar 1998 hatte der Kläger das von ihm bewohnte Einfamilienhaus verlassen. Nach seiner Rückkehr kurz nach Mitternacht meldete er der Polizei einen Einbruch. Es fanden sich Einbruchsspuren an der Haustür und Verwüstungen im Haus. Es fehlten u. a. Fernseher, Hifi-Geräte und eine CD- und Schallplattensammlung des Klägers. Auf der ersten Etage waren am Treppenabsatz Gegenstände - offenbar zum Abtransport - bereitgestellt, u.a. ein PC-Drucker sowie ein Fernglas. Der Kläger verlangt Zahlung der Kosten von Reparaturmaßnahmen in Höhe von 6.739,60 DM sowie den Wiederbeschaffungswert der nach seiner Darstellung entwendeten Gegenstände in Höhe von 70.268,00 DM.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 77.007,60 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 21. Januar 1998 zu zahlen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Diebstahlsereignis in seiner Wohnung vom 16./17. Januar 1998 Deckungsschutz zu erteilen,

hilfsweise,

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm Deckungsschutz für das Diebstahlsereignis vom 16./17. Januar 1998 in seiner Wohnung H.ring in A. zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, der Diebstahl sei nur vorgetäuscht. Sie hat die Aufassung vertreten, dies ergebe sich aus den von der Polizei festgestellten Spuren.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil kein wirksamer Versicherungsvertrag bestehe. Wegen der Einzelheiten wird auf das am 25. Mai 1999 verkündete Urteil verwiesen, das dem Kläger am 1. Juni 1999 zugestellt worden ist und gegen das er am 1. Juli 1999 Berufung eingelegt hat. Er hat das Rechtsmittel nach entsprechender Fristverlängerung am 2. September 1999 begründet.

Der Kläger wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Sachvortrag. Er beruft sich insbesondere auf die ihm erteilte vorläufige Deckungszusage.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Aachen vom 25.5.1999 nach den zuletzt erstinstanzlich gestellten Anträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Sachvortrag. Sie ist der Ansicht, gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 VVG sei von einem Rücktritt auszugehen. Im übrigen sei sie gemäß § 38 Abs. 2 VVG leistungsfrei. Sie bestreitet einen Versicherungsfall und geht davon aus, der Einbruch sei vorgetäuscht worden.

Die Akten 51 Js 732/98 der Staatsanwaltschaft Aachen (in Kopie bis Bl. 25) sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen aller weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Sitzungsniederschrift vom 14. März 2000 und auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig und begründet, nämlich dem Grunde nach gerechtfertigt.

A. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz des ihm bei dem Einbruch am 16./17. Januar 1998 entstandenen Schadens. Da die Höhe dieses Schadens streitig ist und der Klärung bedarf, ist die Sache nur dem Grunde nach entscheidungsreif, über ihn ist gemäß § 304 ZPO durch Grundurteil vorab zu entscheiden. Zur weiteren Verhandlung wird der Rechtsstreit gemäß § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO an das Gericht der ersten Instanz zurückverwiesen.

I. Der Kläger hat gemäß den §§ 49 ff. VVG in Verbindung mit den Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen (VHB 92) Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm beim Einbruchsdiebstahl vom 16./17.1.1998 entstanden ist.

1.) Zwischen den Parteien ist ein Versicherungsvertrag (Hausrat und Haushalt-Glas) zustande gekommen.

Der Kläger hat mit Datum vom 30.1.1996 einen Antrag auf Hausratversicherung ab 1.2.1996 gestellt (GA 8 ff). Diesen Antrag hat die Beklagte mit Schreiben vom 14.2.1996 angenommen, indem sie dem Kläger einen Versicherungsschein nebst weiteren Unterlagen übersandt hat. Der Umstand, daß Antrag und Annahmeerklärung in einem Punkt nicht übereinstimmen, steht der Bejahung eines Vertragsschlusses nicht entgegen. Die Abweichung zwischen dem Antrag und der Annahme liegt in der Vereinbarung einer bestimmten Zahlungsweise. Der Kläger hat unzweideutig das Lastschriftverfahren beantragt, während die Beklagte bei der Annahme seines Antrages davon ausgegangen ist, der Kläger sei - mangels wirksamer Einzugsermächtigung - zur Zahlung verpflichtet. Dementsprechend hat sie ihn zur Überweisung der Prämien aufgefordert.

Die hinsichtlich der vorgesehenen Zahlungsweise festzustellende Abweichung zwischen Antrag und Annahme führt hier im Ergebnis dazu, daß der Vertrag mit dem Inhalt zustande gekommen ist, wie dies der Kläger beantragt hat, § 5 Abs. 2, 3 VVG. Dies heißt, daß die Beklagte zur Einziehung der Beiträge berechtigt und verpflichtet war. Die fragliche Abweichung im Versicherungsschein gilt nicht nach § 5 Abs. 1 VVG als genehmigt, denn es fehlt an den Voraussetzungen für den Eintritt der Genehmigungsfiktion. Nur dann, wenn die Abweichung (Zahlung statt Lastschriftverfahren) für den Kläger günstig wäre, wäre sie Vertragsinhalt geworden. Hingegen konnte eine dem Kläger ungünstige Abweichung nur dann als genehmigt gelten, wenn die Beklagte entsprechend den Anforderungen des § 5 Abs. 2 VVG den Kläger darauf hingewiesen hätte, daß der Versicherungsschein hinsichtlich der Zahlungsweise eine Abweichung vom Antrag enthielt und daß diese Abweichung als genehmigt gelten würde, wenn er nicht innerhalb eines Monats nach Empfang des Versicherungsscheins schriftlich widersprechen würde (vgl. z.B. Römer in Römer/Langheid, VVG, § 5 Rn. 15, 18). An einer solchen Belehrung fehlt es hier. Sie war erforderlich, weil die von der Beklagten vorgesehene Zahlungsart für den Kläger nicht günstig war. Die von der Beklagten vorgesehene Zahlungsweise war für den Kläger sogar eher ungünstiger als das Lastschriftverfahren. Indem der Kläger eine Abbuchung der Monatsprämien wünschte, wollte er, daß aus der Schickschuld eine Holschuld werden sollte (vgl. BGH VersR 1985, 447, 448). Bei dieser Zahlungsweise war der Kläger nur noch verpflichtet, bei seiner Bank für entsprechende Kontodeckung durch Guthaben oder Kreditzusage zu sorgen (BGH a.a.O., OLG Hamm VersR 1984, 231), im übrigen brauchte er sich um den Zahlungsvorgang nicht mehr zu kümmern. Daß der Einzug der Beiträge im Lastschriftverfahren auch von den Versicherern in aller Regel als die für sie günstigere Zahlungsart angesehen wird, weil sie eine erhebliche Vereinfachung im Verwaltungsablauf zur Folge hat, steht dieser Bewertung nicht entgegen. Entscheidend ist allein, daß die fragliche Abweichung für den Kläger jedenfalls nicht günstig war.

Gemäß § 5 Abs. 3 VVG ist bei dieser Sachlage der Vertrag mit dem vom Kläger beantragten Inhalt zustande gekommen, so daß die Beklagte zur Einziehung der Prämien berechtigt (und verpflichtet) war.

2.) Es bleibt an dieser Stelle klarzustellen, daß der Versicherungsantrag entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur die Erklärung des Klägers, das Lastschriftverfahren als Zahlungsweise zu wünschen, sondern darüber hinaus sogar - kleingedruckt - auch die Ermächtigung enthält, die die Beklagte benötigt, um gegenüber der Bank die gewünschte Einziehung vornehmen zu können. Selbst wenn diese Erklärung im Formular noch nicht enthalten wäre, hätte die Beklagte wegen der vereinbarten Zahlungsart den Kläger gegebenenfalls zur Abgabe der für das Lastschriftverfahren erforderlichen Erklärung auffordern müssen, statt ihn zur Zahlung aufzufordern. Es ist im Ergebnis erst recht unerheblich, daß der Kläger im fraglichen Formular seine Bankverbindung nicht angegeben hatte. War diese der Beklagten nicht bekannt, so hätte sie den Kläger zur Abgabe der entsprechenden Angaben auffordern müssen.

Hier hätte sich dies sogar als entbehrlich erwiesen, wenn sie ihren Versicherungsagenten, den Zeugen H. dazu befragt hätte, aus welchen Gründen er eintrug "LSV liegt vor". Aus dem Eintrag folgt zwangsläufig, daß der Zeuge und der Kläger davon ausgingen, die für die Kraftfahrtversicherung erteilte Lastschriftermächtigung werde sich auch auf die neue Versicherung erstrecken. Eine solche Annahme lag nahe. Für sie spricht der von der Beklagten im Formular gewählte Wortlaut der Ermächtigung ("für bestehende, beantragte oder künftig abzuschließende Versicherungsverträge"). Der Text, den der Kläger unterzeichnete, als er für die Kraftfahrtversicherung eine Einziehungsermächtigung erteilte, ist nicht mitgeteilt worden. Er wird zwangsläufig einen im Detail anderen Wortlaut gehabt haben, denn die Ermächtigung, die der Kläger am 30. Januar 1996 unterzeichnete, galt erklärtermaßen nicht für Beiträge zur Kraftfahrtversicherung. Dies schließt allerdings nicht aus, daß die für diesen Versicherungszweig erklärte Ermächtigung auch auf andere erstreckt wird. Der Zeuge H. war über die erteilte Ermächtigung jedenfalls informiert. Die Beklagte bestreitet eine entsprechende Kenntnis des Zeugen auch nicht. Sein Wissen muß sie sich zurechnen lassen ("Auge und Ohr"-Rechtsprechung, grundlegend BGHZ 102, 194 = VersR 1988, 234; OLG Hamm r+s 1993, 356; OLG Köln r+s 1991, 183), so daß sie sich letztlich sogar so behandeln lassen muß, als ob ihr die für die Durchführung des Lastschriftverfahrens benötigten Daten im Versicherungsantrag mitgeteilt worden wären. Wie bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt, hätte sie diese Daten im übrigen, wenn sie ihr nicht bekannt gewesen wären, beim Kläger anfordern müssen. Die Zahlungsaufforderung entsprach hingegen nicht den vertraglichen Vereinbarungen.

3.) Die Beklagte beruft sich zu Unrecht darauf, sie sei gemäß § 38 Abs. 2 VVG von der Verpflichtung zur Leistung frei geworden, weil der Kläger die Erstprämie nicht gezahlt habe.

Die Voraussetzungen des § 38 Abs. 2 VVG liegen aus mehreren Gründen nicht vor.

a) Zum einen hat die Beklagte unter dem 14.2.1996 nicht "die Erstprämie" angefordert, auf die § 38 VVG abstellt. Sie hat vielmehr, obwohl monatliche Prämienzahlung vereinbart war, sogleich die Prämien für zwei Monate, also die Erstprämie und eine Folgeprämie angefordert, ohne zwischen beiden Prämien zu differenzieren. Schon diese Vorgehensweise steht der Berufung auf § 38 Abs. 2 VVG entgegen (BGH VersR 1988, 484; OLG Hamm VersR 1988, 709).

b) Die Erstprämienanforderung ist darüber hinaus auch fehlerhaft, weil die Zahlung "sofort" gefordert wird, obwohl die Erstprämie noch nicht fällig war. Nach § 35 Satz 1 VVG ist die Prämie "sofort nach dem Abschluß des Vertrags" zu zahlen. Auch wenn die Prämienpflicht bei dem hier nach dem Policenmodell (vgl. § 5 a VVG) zustande gekommenen Vertrag seit dem Zeitpunkt besteht, auf den der Vertragsschluß zurückwirkt, so wird die Erstprämie jedoch erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist fällig (Römer a.a.O. § 35 Rn. 4). Diese Frist begann erst mit Zugang der Vertragsunterlagen, dies war hier gleichzeitig der Zeitpunkt der Zahlungsaufforderung, die dementsprechend eine Frist enthalten mußte, die der Widerspruchsfrist Rechnung trug, auf die der Kläger im Versicherungsschein hingewiesen wurde. Eine "sofortige" Zahlungspflicht bestand nicht.

c) Ferner fehlt in der Anforderung der Prämie eine Belehrung über die Folgen der Nichtzahlung der Prämie. Diese Belehrung war wegen der vorgesehenen rückwärtigen Außerkraftsetzung der vorläufigen Deckung erforderlich (dazu BGH VersR 1985, 981; OLG Hamm VersR 1991, 220 = r+s 1990, 401).

d) Im übrigen war der Kläger - wie dargelegt - nicht zur Zahlung verpflichtet, vielmehr hatte die Beklagte die Prämien im Lastschriftverfahren einzuziehen. Auch insoweit war die Prämienanforderung inhaltlich unzutreffend, so daß die Beklagte sich nicht auf § 38 Abs. 2 VVG berufen kann. Die Beklagte hat nicht (vergeblich) versucht, die Prämie einzuziehen. Ist die Durchführung des Lastschriftverfahrens - so wie dies hier geschehen ist - vereinbart, so kann § 38 Abs. 2 VVG nur dann greifen, wenn eine ordnungsgemäße Lastschrift angekündigt wird und erfolgt und wenn der Versicherungsnehmer über die Folgen eines vergeblichen Einzugsversuchs belehrt wird (Römer a.a.O. § 38 Rn. 12, 20). All dies ist hier nicht geschehen.

4.) Es kann auch nicht gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 VVG davon ausgegangen werden, daß die Beklagte vom Vertrag zurückgetreten ist. Nach der genannten Vorschrift gilt es als Rücktritt, wenn der Anspruch auf die Erstprämie nicht innerhalb von drei Monaten vom Fälligkeitstage an gerichtlich geltend gemacht wird.

Aus dem Zusammenhang zwischen den beiden Sätzen des § 38 Abs. 1 VVG ergibt sich, daß der Versicherer zum Rücktritt berechtigt sein muß, bevor er sich auf die Fiktion des § 38 Abs. 1 Satz 2 VVG berufen kann. Ein solches Recht zum Rücktritt setzt voraus, daß der Versicherungsnehmer die Erstprämie nicht rechtzeitig gezahlt hat. Auch insoweit ist eine wirksame Aufforderung zur Zahlung der Erstprämie erforderlich, bevor ein Rücktrittsrecht besteht und bevor sodann gegebenenfalls die Rücktrittsfiktion greifen kann.

An einer wirksamen Anforderung der Erstprämie fehlt es hier - wie dargelegt - aus einer Reihe von Gründen. Dementsprechend sind auch die Voraussetzungen der Rücktrittsfiktion des § 38 Abs. 1 Satz 2 VVG zu verneinen. Im übrigen kann die Beklagte sich auch deswegen nicht auf § 38 Abs. 1 VVG berufen, weil sie berechtigt war, die Prämien einzuziehen. Wenn sie von dieser Berechtigung keinen Gebrauch macht, so kann sie durch weitere Untätigkeit (Unterlassung einer Klage) nicht die Wirkungen des § 38 Abs. 1 VVG herbeiführen (vgl. OlG Hamm VersR 1984, 231 und zum fraglichen Problem im Rahmen des § 39 Abs. 1 VVG BGH VersR 1977, 1153 ff.). Erst nachdem eine wirksame Anforderung der Erstprämie erfolgt ist, ist die Zahlung zu bewirken. Einem Versicherer, der die Erstprämie fehlerhaft anfordert und sie danach auch nicht einklagt, ist es verwehrt, sich auf die Rücktrittsfiktion zu berufen.

II. Auf die dem Kläger erteilte vorläufige Deckungszusage (GA 10) kommt es nach den vorstehenden Ausführungen nicht an. Der Vollständigkeit halber ist jedoch klarzustellen, daß der Kläger seine Klage ansonsten auch auf diese Deckungszusage stützen könnte, denn sie wäre zur Zeit des Versicherungsfalls nach wie vor wirksam gewesen.

Geht man von dem in der Zusage formulierten "Besonderen Hinweis" aus, wonach die Deckungszusage rückwirkend außer Kraft tritt, "wenn der Beitrag nicht innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der Versicherungsurkunde gezahlt wird oder - bei entsprechender Vereinbarung - ...eingezogen werden kann", so ist die Deckungszusage schon deswegen nicht weggefallen, weil die Beklagte zu keinem Zeitpunkt eine Einziehung der Prämien versucht hat. (Darauf, daß es wegen des Widerrufsrechts fehlerhaft ist, eine Frist von 14 Tagen nach Erhalt der Versicherungsurkunde vorzusehen, muß hier nicht weiter eingegangen werden.)

Da der Kläger den Erstbeitrag auch seinerseits nicht gezahlt hat und da die Beklagte dem Kläger nicht mitgeteilt hat, daß der Versicherungsschutz ende (dazu bestand objektiv auch kein Anlaß, weil der Vertrag - wie dargelegt - zustande gekommen ist), liegen auch die übrigen Fälle, in denen die vorläufige Deckungszusage nach dem Inhalt des "Besonderen Hinweises" außer Kraft treten sollte, nicht vor.

III. Die Beklagte ist auch nicht aus sonstigen Gründen leistungsfrei.

Das äußere Bild des Einbruchsdiebstahls liegt nach den Feststellungen, die die Polizeibeamten ausweislich der Ermittlungsakten getroffen haben, vor. Die Hauseingangstür war in einer für ein gewaltsames Öffnen typischen Weise beschädigt (Hebelspuren), und es fehlten augenscheinlich bestimmte größere Geräte, unter anderem zwei Fernseher und eine Hifi-Anlage. Damit ist das äußere Bild des Einbruchs belegt. Daß weitere Spuren vorhanden waren, die sich nicht ohne weiteres erklären lassen (von innen geöffnete Terrassentür und ein an dieser Tür hochgeschobener Rolladen), steht dem nicht entgegen. Es ist denkbar, daß die Täter zunächst versuchten, von hinten ins Haus einzudringen und daß sie später die Türverriegelung dieser Tür von innen geöffnet haben, nachdem sie durch die Haustür eingedrungen waren.

Soweit die Beklagte im Vorhandensein der fraglichen Spuren Ungereimtheiten sieht, die sogar dafür sprechen sollen, daß der Versicherungsfall vorgetäuscht wurde, kann dem nicht gefolgt werden. Daß die Polizei die Spuren als widersprüchlich wertete, ist nach Aktenlage nicht nachvollziehbar und erst recht nicht plausibel. Die Strafakten legen vielmehr den Eindruck nahe, daß die Polizei von der durch nichts gesicherten Annahme ausging, der Abtransport der Beute müsse über die Terrasse erfolgt sein. Daß die vorhandenen Spuren hierzu nicht paßten, mag sein. Da der Abtransport aber ebenso durch die Haustür erfolgt sein kann, ist es unerheblich, daß die andere Möglichket (Abtransport durch den Garten) nach dem Spurenbild eher auszuschließen war. Die Polizeibeamten nahmen den Rasen im übrigen erstmals am 19. Januar 1998 in Augenschein. Spuren, die vielleicht entstanden waren, als der Garten durch die hintere Tür betreten wurde und als danach der Rolladen möglicherweise hochgeschoben wurde, waren zu diesem Zeitpunkt möglicherweise nicht mehr erkennbar. Jedenfalls läßt die fehlende Feststellung entsprechender Spuren nicht auf die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Vortäuschung schließen. Daß die Polizei anhand der Spuren nicht den ursprünglich vermuteten Tatablauf (Einbruch und Abtransport von hinten) verifizieren konnte, lag offenbar allein daran, daß die ursprüngliche Vermutung schlicht falsch war.

Soweit die Beklagte eine Ungereimtheit darin sehen will, daß der Kläger zum Tennisspielen gewesen sein wolle, während er an anderer Stelle meine, er sei über das gesamte Wochenende weggewesen, kann dem nicht gefolgt werden. Tatsächlich hat der Kläger erklärt, er habe am Tatabend - so wie er dies freitags stets tue - Tennis gespielt. Wenn es dann jedoch im Polizeibericht vom 19.1.1998 heißt, der Kläger sei nach seinen Angaben am Wochenende nicht zu Hause gewesen, so kann hierin keine Ungereimtheit gesehen werden, denn es ist durch entsprechende Polizeiberichte festgehalten, daß der Kläger den Einbruch am 17. Januar gegen 0.10 Uhr meldete und daß er in seiner Wohnung angetroffen wurde, als die Polizei wenige Minuten später eintraf. Dies belegt, daß der Kläger zunächst nach dem Einbruch zu Hause war. Daß er danach - möglicherweise aufgrund einer entsprechenden Absprache mit der Polizei - das Haus wieder verließ, um das Wochenende anderweitig zu verbringen, kann nicht als "auffällig" gewertet werden. Daß in der Wohnung von der Polizei trotz der Verwüstungen keine Beschädigungen festgestellt wurden, ist auch keineswegs "unbegreiflich". Da es an entsprechenden Feststellungen der Polizei fehlt, ist nicht ersichtlich, welche Gegenstände angesichts der Gegebenheiten am Tatort erwartungsgemäß hätten beschädigt sein müssen, ohne es zu sein. Bei Durchsicht der Strafakte fällt vielmehr auf, daß mehrere Umstände dafür sprechen, daß der Einbruch nicht vorgetäuscht war. Wenn Diebesgut bereitgestellt, jedoch nicht weggebracht wird, spricht dies nicht für, sondern gegen eine Vortäuschung. Und der Kläger hat der Polizei Umstände mitgeteilt, die dafür sprechen, daß ein interessierter Täterkreis Gelegenheit hatte, die mögliche Beute anzuschauen (der Kläger hatte einige Geräte zum Verkauf angeboten) und eine günstige Gelegenheit zum Einbruch (regelmäßige Abwesenheit an einem bestimmten Abend in der Woche) ausfindig machen konnte. Der Kläger hat sich auch bemüht, die entwendeten Gegenstände in Geschäften oder auf dem Flohmarkt zu finden. Das alles spricht nicht für einen vorgetäuschten Einbruch.

Schließlich bleibt darauf einzugehen, daß die Beklagte dem Kläger vorwirft, er habe eine Einstellung des Strafverfahrens mit dem Hinweis erreicht, er habe durch die Tat mangels einer Versicherung keinen Vorteil. Die damalige Darstellung des Klägers beruhte auf dem Verhalten der Beklagten und sie entspricht der von ihr in zwei Instanzen vertretenen Rechtsauffassung. Bei seiner Vernehmung im April 1998 mußte der Kläger damit rechnen, keine Entschädigung zu erhalten, denn die Beklagte vertrat die Auffassung, es sei kein Vertrag zustande gekommen. Wenn der Kläger in dieser Situation der Polizei erklärte, er sei nicht versichert, so kann ihm dies nicht vorgeworfen werden, auch wenn er gleichzeitig mit anwaltlicher Hilfe versuchte, die Zivilgerichte davon zu überzeugen, daß die Rechtsauffassung der Beklagten unrichtig sei.

B. Über den Umfang des Anspruchs wird das Landgericht zu entscheiden haben. Da in erster Instanz Ansprüche des Klägers bereits dem Grunde nach verneint wurden, ist eine Aufklärung der streitigen Schadenshöhe unterblieben. Letztlich dürfte die Sache zur Höhe nicht einmal ausgeschrieben sein. In dieser Situation ist es nicht angezeigt, die erforderliche Beweisaufnahme im Rahmen des Berufungsverfahrens durchzuführen, § 540 ZPO.

C. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens ist dem Landgericht vorzubehalten. Sie ist derzeit nicht möglich, weil nicht feststeht, in welchem Umfang der Kläger letztlich obsiegen wird. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren und zugleich Urteilsbeschwer für die Beklagte: 77.007,60 DM



Ende der Entscheidung

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