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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 10.03.2008
Aktenzeichen: 1 U 15/08
Rechtsgebiete: BGB, VVG
Vorschriften:
BGB § 280 | |
BGB § 307 | |
BGB § 310 | |
BGB § 535 | |
BGB § 823 | |
VVG § 61 |
2. Schäden am Aufbau des LKW, die auf falscher Einschätzung der Höhe und Breite beruhen, kann ein Vermieter nur durch Individualvereinbarung ausnehmen; ein Stempelaufdruck stellt keine Individualvereinbarung dar.
Oberlandesgericht Karlsruhe 1. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil
Geschäftsnummer: 1 U 15/08
Verkündet am 10. März 2008
In dem Rechtsstreit
wegen Forderung
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe im schriftlichen Verfahren nach dem Sach- und Streitstand vom 29. Februar 2008 durch
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 1. Juni 2007 - 5 O 491/06 - abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Streitwert: € 5.191,52.
Gründe:
I.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 1. Juni 2007 verwiesen. Zweitinstanzliche Änderungen und Ergänzungen ergeben sich aus den nachfolgenden Ausführungen.
Das Landgericht hat der Klage, mit der das klägerische Mietwagenunternehmen gegen den Beklagten als Mieter und Fahrer eines Mietfahrzeugs Schadensersatzansprüche i.H.v. restlichen (nachdem vorprozessual € 1.100,00 gezahlt worden waren) € 6.801,49 nebst Zinsen geltend gemacht hat, i.H.v. € 5.191,52 nebst Zinsen stattgegeben. Es hat den Beklagten aufgrund eines von ihm abgegebenen deklaratorischen Schuldanerkenntnisses als Unfallverursacher für verpflichtet angesehen, der Klägerin den Fahrzeugschaden zu ersetzen. Die im Mietvertrag vom 29.09.2005 vorgesehene Ausnahme von der Haftungsbeschränkung für Schäden am Aufbau hat das Landgericht als wirksam angesehen. Von dem geltend gemachten Schaden hat es lediglich die Position Wertminderung mit € 1.600,00 nicht zuerkannt und insoweit die Klage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, der nach wie vor Klagabweisung begehrt. Er rügt eine falsche rechtliche Würdigung durch das Landgericht und trägt erneut vor, er sei weder Mieter noch Fahrer des beschädigten Fahrzeugs der Klägerin gewesen. Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis liege nicht vor, er habe lediglich den von der Klägerin vorbereiteten Unfallbericht unterschrieben. Jedenfalls aber habe er ein eventuelles deklaratorisches Schuldanerkenntnis rechtzeitig angefochten.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 01.06.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Instanzen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt. Mit Beschluss vom 12. Februar 2008 wurde das schriftliche Verfahren angeordnet.
II.
Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Sie hat auch Erfolg.
1. Die Klägerin hat keinen noch zu erfüllenden Anspruch aus Delikt gemäß § 823 BGB bzw. aus Vertrag gemäß § 280 BGB wegen der Verletzung von vertraglichen Pflichten aus dem Mietvertrag vom 29.09.2005 (AH Klägerin Seite 63). Durch den Unfall am 21.11.2005 wurde zwar unstreitig das im Eigentum der Klägerin stehende Fahrzeug beschädigt. Im vorliegenden Fall greift aber die in dem genannten Mietvertrag vereinbarte Haftungsbeschränkung ein, die regelmäßig auch für den berechtigten Fahrer gilt, so dass offen bleiben kann, ob der Beklagte oder die Firma A Transporte GmbH Mieter des Fahrzeugs war.
In dem Mietvertrag wurde eine Haftungsbeschränkung dahingehend vereinbart, dass der Mieter, sofern er bzw. der berechtigte Fahrer nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt, für Schäden nur mit einem Eigenanteil von € 1.100,00 haftet und im übrigen die Vermieterin, also die Klägerin, den Schaden zu tragen hat.
Diese Haftungsbeschränkung muss die Klägerin sich entgegenhalten lassen. Zwar hat sie in Ziff. 4.3 des Mietvertrages die Klausel aufgenommen, wonach der Mieter bei einer Anmietung von Lkw mit Aufbauten und Transportern mit Hochdachaufbau vollumfänglich für Schäden an Aufbauten haftet, die daraus resultieren, dass er die Höhe oder die Breite des Fahrzeuge falsch eingeschätzt und deshalb einen Schaden verursacht hat, es sei denn, er kann nachweisen, dass der Schaden von ihm nicht schuldhaft verursacht wurde, und dass diese Haftung durch keinerlei Haftungsbegrenzung ausgeschlossen werden könne.
Diese Klausel ist aber wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam, da sie den Mieter unangemessen benachteiligt. Gemäß § 310 BGB greift die Vorschrift des § 307 BGB auch gegenüber einem Unternehmen bei einer gewerblichen Anmietung eines Fahrzeugs - wie hier - ein.
Es ist entspricht feststehender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, dass derjenige, der gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgeltes eine Haftungsfreistellung bzw. Haftungsreduzierung gewährt, diese dem Leitbild der Kaskoversicherung anpassen muss (vgl. dazu auch Urteil des 10. ZS des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 22. Juni 2007, 10 U 159/06). Denn dem Fahrzeugmieter geht es bei der Vereinbarung einer Haftungsreduzierung erkennbar um eine wirksame Verbesserung seiner Rechtsstellung. Er darf daher davon ausgehen, dass ihm bei Zahlung eines zusätzlichen Entgelts ein Schutz wie bei einer Kaskoversicherung zugute kommt, d.h. ein Schutz gegenüber allen mit der Teilnahme am Straßenverkehr normalerweise verbundenen Risiken, soweit sie - entsprechend § 61 VVG - nicht im vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verhalten begründet sind. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze werden in Allgemeinen Geschäftsbedingungen formulierte Bestimmungen, wonach für bestimmte Unfallgeschehen und/oder Schäden eine vereinbarte Haftungsreduzierung auch bei einfacher Fahrlässigkeit wieder entfällt, in der Regel als unwirksam angesehen, da dies nicht den berechtigten Erwartungen des Vertragspartners entspricht und daher unangemessen und treuwidrig ist (BGHZ 70, 305 ff.). Denn ein Mieter darf in diesen Fällen von einer umfassenden Versicherung - einschließlich Aufbau - ausgehen (OLG Hamm OLGR 2005, 557; so auch OLG Koblenz OLGR 2003, 271).
An diesem Ergebnis ändert auch nichts, dass auf Seite 1 des Mietvertrages vom 29.09. 2005 ein Stempel aufgebracht ist, der nochmals auf die volle Haftung des Mieters für Schäden an Lkw-Aufbauten hinweist. Insoweit entfällt allenfalls das Überraschungsmoment (§ 305 c BGB); der Stempelaufdruck ändert aber nichts daran, dass die Klausel unangemessen ist. Es handelt sich auch nicht um eine individuell ausgehandelte Vereinbarung zwischen den Parteien, die eine Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB verbieten würde (§ 305 b BGB). Vielmehr ist es offensichtlich so, dass die Klägerin jedes Mal dann, wenn sie einen Lkw mit Aufbau vermietet, diesen Stempel auf den Mietvertrag anbringt. Damit handelt es sich bei dem Stempelaufdruck ebenfalls um eine Allgemeine Geschäftsbedingung und keine Individualvereinbarung.
Bereits aus diesem Grund haftet der Mieter des Fahrzeugs nicht unbeschränkt für Schäden an Aufbauten.
Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 21.02.2008 auf einen Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 11.01.2008 verweist, vermag dies eine andere Entscheidung ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Der Senat kann sich aus den oben ausgeführten Gründen der Auffassung des OLG Oldenburg - die im übrigen in Widerspruch zu den zitierten Entscheidungen des OLG Hamm und OLG Koblenz steht - zur Wirksamkeit der Klausel, die Schäden an Aufbauten von der Haftungsbeschränkung ausnimmt, nicht anschließen.
Es kommt noch hinzu, dass die genannte Klausel, unabhängig davon, dass sie unwirksam ist, auch bereits ihrem Wortlaut nach im vorliegenden Fall nicht eingreift. Ausgenommen von der Haftungsbeschränkung werden nämlich Schäden an Aufbauten, die daraus resultieren, dass die Höhe oder die Breite des Fahrzeugs falsch eingeschätzt wurde. Das betrifft ersichtlich die typischen Fälle, dass ein Fahrzeug mit Aufbau unter Brücken oder Bäumen hindurch fährt bzw. in Tiefgaragen einfährt oder ähnliches und dabei nicht beachtet wird, ob die Höhe des Aufbaus dies zulässt. Im vorliegenden Fall handelte es sich aber ersichtlich um einen "normalen" Kollisionsunfall mit einem anderen Fahrzeug, bei dem zwar der Aufbau beschädigt wurde, dies aber keinerlei Zusammenhang mit der Höhe des Aufbaus hatte. Jedenfalls hat die Klägerin derartiges nicht vorgetragen. Die zuständige vorbereitende Einzelrichterin hat auf diesen Gesichtspunkt bereits mit Verfügung vom 21.12.2007 hingewiesen. Eine Stellungnahme der Klägerin dazu ist bis zur mündlichen Verhandlung vor der vorbereitenden Einzelrichterin und auch bis heute nicht eingegangen.
Der Mieter des klägerischen Fahrzeugs würde daher nur dann über den - zwischenzeitlich gezahlten Selbstbehalt von 1.100,00 € hinaus haften, wenn der Unfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt worden wäre. Dazu hat die Klägerin aber ebenfalls keinen Vortrag erbracht, so dass von einem lediglich fahrlässigen Verhalten des Fahrers des Mietfahrzeugs ausgegangen werden muss.
Das hat zur Folge, dass der Mieter des Fahrzeugs sich auf die vertraglich vereinbarte Haftungsbeschränkung für nicht grob fahrlässig herbeigeführte Fahrzeugschäden berufen kann. Unabhängig davon, ob der Beklagte Mieter des Fahrzeugs und/oder Fahrer war, hat die Klägerin jedenfalls keine weiteren Ansprüche aus dem Mietvertrag bzw. Delikt.
Die Haftungsfreistellung entfällt auch nicht deshalb, weil keine Polizei zu dem Unfall hinzugezogen wurde. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 09.02.2007 vortragen lassen, der Fahrer des unfallverursachenden Fahrzeugs habe nach dem Unfall die Polizei informiert. Diese habe erklärt, sie würde grundsätzlich keine Unfälle mit ausschließlich Sachschäden aufnehmen, die sich auf einem Privatgelände ereigneten.
Diesen Vortrag hat die Klägerin in der Folge nicht bestritten. Eine Pflichtverletzung des Fahrers des gemieteten Fahrzeugs ist somit nicht dargetan.
Auf die Berufung des Beklagten war daher das Urteil des Landgerichts Karlsruhe abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben (§ 543 ZPO). Der Senat vertritt zwar hinsichtlich der Wirksamkeit der von der Klägerin verwendeten AGB eine andere Auffassung als das OLG Oldenburg; da diese Klausel -wie ausgeführt - aber im vorliegenden Fall auch dann nicht eingreifen würde, wenn sie wirksam wäre, kommt es darauf streitentscheidend nicht an.
Ende der Entscheidung
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