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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 24.02.2006
Aktenzeichen: 1 U 190/05
Rechtsgebiete: BGB, AuslInvestmG


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 2
BGB § 849
AuslInvestmG § 2 Abs. 1 Nr. 1
AuslInvestmG § 2 Abs. 1 Nr. 2
AuslInvestmG § 2 Abs. 1 Nr. 3
AuslInvestmG § 2 Abs. 1 Nr. 4
AuslInvestmG § 2 Abs. 1 Nr. 5
1. Sämtliche in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 AuslInvestmG bezeichneten Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Vertrieb von ausländischen Investmentanteilen sind Schutzgesetze zugunsten der Kapitalanleger im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.

2. Die Verzinsungspflicht nach § 849 BGB gilt für die Entziehung von Geld nur, wenn diese beispielsweise in Gestalt einer Unterschlagung (BGHZ 8, 288) oder durch die Nichtauskehrung eines Versteigerungserlöses (OLG Düsseldorf NJW-RR 1989, 1253) oder von verspäteter Auskehrung eingezogener Mandantengelder (OLG Düsseldorf JurBüro 2004, 536) erfolgt ist. Die freiwillige Überlassung von Geld zu Investitionszwecken fällt hingegen nicht mehr unter die Tatbestandsvoraussetzungen der Entziehung oder Beschädigung einer Sache.


Oberlandesgericht Karlsruhe 1. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 1 U 190/05

Verkündet am 24. Februar 2006

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatz

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Absatz 2 ZPO (Ende des Schriftsatzrechts: 13. Februar 2006) durch

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 7. September 2005 - 3 O 394/03 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 21.084,77 EUR und Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10.09.2003 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung des Beklagten werden zurückgewiesen.

3. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

4. Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aufgrund fehlerhafter Aufklärung durch ein Prospekt beim Kauf von Anteilen einer Kapitalanlage, des X-Rentenplans, geltend.

Im Jahre 1985 trat A., ein Vermittler der Vermögensberatung B. , an den Kläger, der von Beruf Physiotherapeut ist, heran. A. führte eine Regionalabteilung der Vermögensberatung B.. A. unterbreitete dem Kläger das Angebot, sich am X -Rentenplan-Trust zu beteiligen. Er legte dem Kläger ein Prospekt X-Rentenplans (fortan: XR) vor, das der Kläger durchlas. § 4 des Prospekts sah folgenden Rentenplan vor: Die Anlagesumme wird in jährlichen Raten, beginnend im vierten Jahr nach der Einzahlung bis zum zehnten Jahr, vollständig zurückgezahlt; ab dem elften Jahr erhält der Anleger jährlich eine Rente in Höhe von 25 % der Anlagesumme.

Der Kläger zeichnete am 28.07.1984 einen Anteil am XR in Höhe von 50.000,00 DM zuzüglich 2.500,00 DM Agio. Am 30.11.1984 zahlte der Kläger 52.420,00 DM (26.801,92 EUR) ein. Der Eingang des Beteiligungsbetrages auf ein Treuhandkonto wurde am 11.12.1984 von der Z AG, die Treuhand- und Verwaltungsaufgaben für den XR-Trust erledigte, bestätigt. Der Beklagte war Managing Director des XR-Trust, der die Anlagen tätigte und verwaltete. Die Projektvorprüfung, Rechtsgestaltung, Investitionsverwaltung und das Vorschlagswesen wurde für den XR-Trust von der V. Ltd., deren Präsident der Beklagte war, durchgeführt.

Der Kläger erhielt vier Rückzahlungen:

am 04.10.1988 1.600 US Dollar (1.522,01 EUR),

am 31.10.1989 1.600 US Dollar (1.504,43 EUR),

am 09.08.1990 1.600 US Dollar (1.303,02 EUR),

am 11.09.1991 1.600 US Dollar (1.387,69 EUR).

Weitere Rückzahlungen blieben aus.

Durch ein Schreiben des XR vom Juli 1995 wurden die Rentenplaninhaber über die Vermögensaufstellung des XR informiert. Gleichzeitig machte der XR von seinem Auflösungsrecht aus § 10 des Vertrages Gebrauch. Die Rentenplaninhaber sollten ihre Einlage und die bis dahin erarbeiteten Wertsteigerungen zurückerstattet bekommen. Alternativ konnte die Rückerstattung auch in Aktien der E. verlangt werden. Durch vier Schreiben vom 30.10.1997, vom 16.07.1997, vom 07.01.1998 und vom Februar 2000 wurden den Investoren vom XR Informationen über das E. Projekt mitgeteilt, unter anderem über Probleme bei Produkten, den Umtausch von Aktien und zukünftigen Entwicklungen.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug im Wesentlichen vorgetragen:

Die Beteiligung am XR sei - entgegen dem Wort "Rentenplan" - für die von ihm gewollte Altersvorsorge völlig ungeeignet. Das Geld sei in höchst spekulative vorbörsliche Aktien, so genannten Penny-Stocks, investiert worden. Darüber sei der Kläger nicht aufgeklärt worden. Der Beklagte habe sich in einem Interessenkonflikt befunden, da er sowohl Managing Director des XR-Trust, Präsident der V. Ltd., Verwaltungspräsident der R. Anstalt war und Führungsrollen in den Penny-Stocks-Unternehmen begleitete.

Über diese personelle Verbindung sei ebenfalls nicht aufgeklärt worden. Außerdem sei der Vertrieb und die Festlegung der Kurse der Penny-Stocks allein durch den Beklagten erfolgt. Der Beklagte sei Initiator dieser betrügerischen Kapitalanlage. Er habe bei der Konzeption und Verbreitung des XR als maßgeblicher Hintermann die Fäden gezogen. Mit der Vermögensberatung B. habe er bei der Verbreitung kollusiv zusammengearbeitet. Das Prospekt des XR sei für eine Aufklärung unzureichend. Der Kläger hätte nicht investiert, wenn er aufgeklärt worden wäre. Das Auslandinvestmentgesetz (AIG) sei auf den XR anwendbar, da es sich um einen angelsächsischen Trust handele. Verschiedene Voraussetzungen der §§ 2, 7 AIG seien nicht erfüllt.

Der Kläger ist der Auffassung, der Klaganspruch leite sich aus Prospekthaftung/C.i.C., § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB, 264 a StGB, §§ 2, 7 AIG und § 826 BGB her. Die geltend gemachten Ansprüche seien weder verwirkt noch verjährt.

Der Kläger hat beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 21.084,77 EUR zzgl.

4 % Zinsen aus 26.801,92 EUR vom 30.11.1984-03.10.1988,

4 % Zinsen aus 25.279,91 EUR vom 04.10.1988-30.10.1989,

4 % Zinsen aus 23.775,48 EUR vom 31.10.1989-08.08.1990,

4 % Zinsen aus 22.472,46 EUR vom 09.08.1990-10.09.1991,

4 % Zinsen aus 21.084,77 EUR vom 11.09.1991-30.04.2000

und Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 21.084,77 EUR seit dem 01.05.2000 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage wird abzuweisen.

Der Beklagte hat im ersten Rechtszug im Wesentlichen vorgetragen:

Der Kläger habe in der Anlage kein sicheres Investment für die Altersvorsorge gesehen. Es lägen keine Investitionen in Penny-Stocks vor. Eine kollusive Zusammenarbeit zwischen dem Beklagten und der Vermögensberatung B. habe es nicht gegeben. Der Beklagte habe im Auftrag von B. gearbeitet und die Kapitalanlage zusammen mit der Z. AG und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft F. entwickelt. Der Beklagte sei somit nicht Initiator gewesen, sondern B.. Ihn träfen keine Aufklärungspflichten, da er keinen Kontakt zu dem Kläger gehabt habe. Außerdem sei das Prospekt nicht unrichtig und weise auf alle Gefahren hin. Das Prospekt sei auch nicht ursächlich für die Entscheidung des Klägers gewesen. Ein Interessenkonflikt sei ebenfalls nicht ersichtlich. Es liege kein Schaden vor, da die Anteile werthaltig seien. Außerdem seien Steuervorteile des Klägers anzurechnen. Zusätzlich sei dem Kläger durch sein langes Abwarten ein Mitverschulden vorzuwerfen. Das Verhalten des Beklagten sei weder sittenwidrig noch vorsätzlich. Der Vorwurf des Betruges gehe wegen fehlenden Irrtum, Vorsatz, fehlender Stoffgleichheit und Bereicherungsabsicht fehl. Der Vortrag des Klägers zum AIG sei als verspätet zurückzuweisen. Darüber hinaus sei dieses Gesetz weder anwendbar, noch liege ein schuldhafter Verstoß vor. Für nicht deliktische Ansprüche sei das Landgericht Karlsruhe unzuständig. Ferner seien die Ansprüche des Klägers verwirkt, da die Beteiligung am XR vor neunzehn Jahren stattfand, bisher nicht gekündigt wurde und der Beklagte sich darauf eingestellt habe, nicht in Anspruch genommen zu werden. Schließlich seien etwaige Ansprüche verjährt.

Mit am 7. September 2005 verkündetem Urteil - in der Fassung des Berichtigungsbeschusses vom 9. September 2005 - , auf das wegen aller Einzelheiten und Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht unter Abweisung der weitergehenden Klage den Beklagten verurteilt, an den Kläger 21.084,77 EUR Zug um Zug gegen Herausgabe der Urkunde über die Beteiligung am X-Rentenplan-Trust zu bezahlen.

Hiergegen wenden sich sowohl der Kläger als auch der Beklagte mit ihren Berufungen.

Der Beklagte wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt im Wesentlichen ergänzend vor:

Die Voraussetzungen seiner Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 2, 7 AIG und § 826 BGB seien nicht gegeben. Jedenfalls seien seine Einwände - Verzicht des Klägers, Verjährung, Verwirkung - gerechtfertigt. Der Vortrag des Klägers im ersten Rechtszug zu den Vorschriften des AIG sei bereits dort als verspätet gerügt worden. Das Landgericht setze sich nicht mit der Frage auseinander, ob diesen Vorschriften Schutzcharakter zukomme. Der Beklagte habe nicht schuldhaft gehandelt, da er sich auf seinen Beraterstab, insbesondere auf die Auskünfte von Rechtsanwalt G., habe verlassen dürfen.

Zur Berufung des Klägers führt der Beklagte im Wesentlichen aus: § 849 BGB sei auf die Klageansprüche nicht anwendbar, denn es sei kein Geld weg genommen worden. Vielmehr habe der Kläger willentlich den streitgegenständlichen Betrag in den XR investiert. Der Beklagte beantragt,

1. auf seine Berufung das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 07.09.2005 - 3 O 394/03 - abzuändern und die Klage abzuweisen;

2. die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

1. auf seine Berufung das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 07.09.2005 - 3 O 394/03 - abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 21.084,77 EUR zzgl.

4 % Zinsen aus 26.801,92 EUR vom 30.11.1984-03.10.1988,

4 % Zinsen aus 25.279,91 EUR vom 04.10.1988-30.10.1989,

4 % Zinsen aus 23.775,48 EUR vom 31.10.1989-08.08.1990,

4 % Zinsen aus 22.472,46 EUR vom 09.08.1990-10.09.1991,

4 % Zinsen aus 21.084,77 EUR vom 11.09.1991-30.04.2000

und Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 21.084,77 EUR seit dem 01.05.2000 zu zahlen;

2. die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen, macht sich - soweit für ihn günstig - die Gründe des Landgerichtsurteils zu eigen und trägt ergänzend vor:

Zur Berufung des Beklagten: Der Beklagte, bei dem es sich nach seiner Selbstauskunft schon damals um einen seit langem überaus erfahrenen Kaufmann auf dem Gebiet der Kapitalanlageprodukte gehandelt habe, könne sich nicht durch den Hinweis auf eine etwaige unzutreffende Beratung durch Rechtsanwalt G. entlasten.

Mit der eigenen Berufung verfolgt der Kläger seinen auf § 849 BGB gestützten Zinsanspruch im beantragten Umfang weiter und wendet sich gegen die Zug-um-Zug-Verurteilung. Der Kläger habe bereits im Jahre 1996 das Originalzertifikat herausgegeben. Dies werde in einem Schreiben des Beklagten vom 23.02.1996) ausdrücklich bestätigt.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Beide Berufungen sind zulässig.

A.

Die Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Rechtsfehlerfrei und mit den Rechtsmitteln nicht angegriffen hat das Landgericht gemäß § 32 ZPO seine örtliche und internationale Zuständigkeit und die damit verbundene Begrenzung seiner Prüfungs- und Entscheidungskompetenz auf deliktische Ansprüche bejaht und deutsches materielles Recht angewandt (Art. 40 Abs. 1 Satz 2 und 3 EGBGB).

2. Der Beklagte ist dem Kläger gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 2, 7 Auslandsinvestmentgesetz (im Folgenden AIG) zum Schadensersatz verpflichtet.

a) Entgegen der mit der Berufung vorgetragenen Auffassung sind die vom Landgericht getroffenen Feststellungen zum Vorliegen der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen der angewandten Normen nicht zu beanstanden. Es bestand weder Veranlassung, den Klägervortrag als verspätet zurück zu weisen, noch, einen besonderen richterlichen Hinweis zu seiner Berücksichtigung zu erteilen. Das Gericht hat beiden Parteien, deren Prozessbevollmächtigte durch mehrere Parallelverfahren vor anderen Gerichten mit den spezifischen streitgegenständlichen Rechtsfragen in besonderem Maße vertraut sind, hinreichend rechtliches Gehör gewährt und ist, wie die Protokolle über die mündlichen Verhandlungen vom 24.11.2004 und vom 7.9.2005 zeigen, § 139 ZPO gerecht geworden.

b) Wie das Landgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, unterliegen die Anteile des XR den Vorschriften des AIG, denn bei ihnen handelt es sich um - öffentlich vertriebene - ausländische Investmentanteile im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AIG, d.h. um Anteile an einem ausländischen Recht unterstehenden Vermögen aus Wertpapieren, das nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt ist. Nach § 1 der Statuten des Prospekts des XR-Trusts handelt es sich um eine Trust-Gesellschaft nach britischem Recht. Das ausländische Investment-Vermögen besteht aus Wertpapieren (vorbörslichen Aktien) und wurde, wie sich aus der im Prospekt angegebenen Anlagepolitik ergibt, nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt. Die Anteile wurden von der Vermögensberatung B. öffentlich vertrieben.

c) Ohne Erfolg wendet der Beklagte sich gegen die Entscheidung des Landgerichts, dass mehrere Verstöße gegen § 2 AIG gegeben sind. Auch im zweiten Rechtszug hat der Beklagte nicht substantiiert bestritten, dass dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen keine Person mit Sitz oder Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes als Repräsentant benannt (§ 2 Nr. 1 AIG) worden war. Andererseits hat der Kläger auf eine gegen den selben Beklagten ergangene Entscheidung des OLG Stuttgart (Urt. v. 2.11.2005 - 9 U 108/05 -) hingewiesen, in der zu entsprechenden Anteilen an dem XR ebenfalls festgestellt wurde, dass der zuständigen Behörde kein Repräsentant benannt wurde. Des Weiteren waren auch die Mindestanforderungen an die Vertragsbedingungen des § 2 Nr. 4 AIG nicht erfüllt. Die Anteilseigner haben nicht jederzeit die Möglichkeit, die Auszahlung des auf ihren Anteil entfallenden Vermögensteils in Geld zu verlangen (§ 2 Nr. 4 b AIG). Statt dessen ist in § 5 a der Statuten des Prospekts des XR ein Kündigungsrecht mit einer Sechs-Monatsfrist vorgesehen. Die Vertragsbedingungen enthalten auch kein Belastungsverbot für die zum Fondsvermögen gehörenden Wertpapiere (§ 2 Nr. 4 e AIG), ebenso wenig wie ein Kreditaufnahmeverbot (§ 2 Nr. 4 Buchst. f AIG). Darüber hinaus liegt ein Verstoß gegen § 2 Nr. 5 AIG vor, da das Verkaufsprospekt nicht den inhaltlichen Anforderungen entspricht. Es enthält u. a. keinen Rechenschaftsbericht gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 AIG, keine Belehrung über ein Widerrufsrecht nach § 11 AIG und keine Belehrung darüber, dass die Investmentgesellschaft einer staatlichen Aufsicht durch eine deutsche Behörde nicht untersteht. Außerdem liegt ein Verstoß gegen §§ 7, 14 AIG vor, da unstreitig die notwendige Anzeige über die Absicht des Vertriebs an das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen fehlt.

d) Entgegen der Berufung hat das Landgericht zu Recht den Schutzcharakter der herangezogenen Vorschriften des AIG bejaht. Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden (WM 2004, 2150), dass die Vorschriften des § 2 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 4 f und des § 8 Abs. 1 AIG Schutzgesetze sind. Darüber hinaus enthalten alle Einzelregelungen in § 2 AIG zwingende Anforderungen an die Zulassung eines öffentlichen Vertriebs mit der Folge, dass bei Nichterfüllung einer jeden dieser Zulassungsvoraussetzungen die Behörde ohne Ermessenspielraum (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 und 2 AIG) ebenso wie bei fehlender Anzeige (§ 7 AIG) den Vertrieb untersagen muss. Es besteht daher kein Grund für eine unterschiedliche Würdigung des Schutzcharakters der einzelnen Anforderungen in § 2 Abs. 1 AIG (so auch zutreffend OLG Stuttgart a.a.O.).

e) Der Beklagte ist für die Verstöße gegen das AIG verantwortlich. Er hat bei der Erstellung des XR eine führende Rolle gespielt und bei der Konzeption des Prospekts mitgewirkt. Nach seiner Selbstauskunft vom 12.04.1996 war er Managing Director des XR-Trust und Präsident der V. Ltd. Laut seiner Vernehmung vom 05.06.1996 in Traunstein wurde der XR von dem Beklagten und einigen Experten erstellt und von der V. Ltd. koordiniert und bereitgestellt. Das Prospekt wurde in Zusammenarbeit mit dem Beklagten erstellt. Im Schreiben des Beklagten an die Vermögensberatung B. vom 16.07.1985 wird ersichtlich, dass der Beklagte Anweisungen zur Änderung des Prospekts geben konnte. Er konnte also durch seine Führungsrolle beim XR-Trust maßgeblichen Einfluss ausüben. Der Beklagte handelte fahrlässig. Selbst wenn ihm die Anzeigepflicht gemäß § 7 AIG und die Mindestvoraussetzung des § 2 AIG nicht bekannt gewesen sein sollte, ist der Fahrlässigkeitsvorwurf zu bejahen. Als Organ des XR-Trust war er verpflichtet, sich über die rechtlichen Rahmenbedingungen des öffentlichen Vertriebs auf dem Deutschen Markt zu informieren (BGH WM 2003, 325). Die Ausführungen in dem an den Beklagtenvertreter gerichteten Schreiben des Rechtsanwalts G. vom 24. August 2005 (II, 119) vermögen den Beklagten nicht von dessen Eigenverantwortlichkeit zu entlasten, zumal diese deutlich machen, dass konkrete Erinnerungen an Informationen ebenso fehlen wie schriftliche Unterlagen über erteilte Rechtsberatungen zu der Frage der Vereinbarkeit des XR-Trusts mit den seinerzeit geltenden Vorschriften des AIG und der Rechtsprechung zum Kapitalanlagerecht. Die Vernehmung des Rechtsanwalts G. würde auf die unzulässige Erhebung eines Ausforschungsbeweises hinauslaufen. Im Übrigen wird nicht substantiiert vorgetragen, weshalb weder der Beklagte noch Rechtsanwalt G., dessen Verschulden der Beklagte sich zurechnen lassen muss, die (oben unter lit. d) dargestellten) offensichtlichen Verstöße gegen die Vorschriften des AIG bei ihrer Prüfung nicht erkannt haben wollen (vgl. dazu auch BGH WM 2005, 27; sowie OLG Stuttgart Urt. v. 05.08.2004 - 19 U 30/04 - ).

f) Der deliktische Anspruch fällt schon nicht unter den Wortlaut der formularmäßigen, ohnehin unwirksamen Haftungsbeschränkung und ist gemäß § 852 BGB auch nicht verjährt. Eine analoge Anwendung des § 12 Abs. 5 AIG kommt nicht in Betracht (vgl. BGH WM 2004, 2150). Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht auch die Voraussetzungen für eine Verwirkung des Klaganspruchs verneint. Seine Ausführungen zum Schaden, der Kausalität und dem Nichtvorliegen eines Mitverschuldens unterliegen keiner Beanstandung. Der Vortrag des Beklagten rechtfertigt es nicht, anzunehmen, der Kläger habe auf seine Ansprüche wirksam verzichtet.

3. Ob die Klagforderung auch gemäß § 12 AIG, gemäß § 823 Abs. 2 i. V. m. § 32 KWG, gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 264 a StGB, § 823 Abs. 2 i. V. m. § 263 StGB und/oder gemäß § 826 BGB begründet ist, bedurfte keiner Entscheidung.

B.

1. Die Berufung des Klägers hat insoweit Erfolg, als sein Klaganspruch ohne die Einschränkung einer Zug-um-Zug-Verurteilung begründet ist. Wie er im zweiten Rechtszug dargelegt und durch Vorlage eines Schreiben des Beklagten vom 23.02.1996 (AHK14), in dem dies ausdrücklich bestätigt wird, auch nachgewiesen hat, ohne dass dies vom Beklagten substantiiert bestritten wurde, hatte der Kläger bereits im Jahre 1996 das Originalzertifikat herausgegeben. Danach ist er zur erneuten Herausgabe weder verpflichtet noch in der Lage.

Daraus folgt weiter, dass der Kläger seit Rechtshängigkeit gemäß § 291 BGB Prozesszinsen zu fordern berechtigt ist.

2. Unbegründet ist die Berufung des Klägers insoweit, als er Zinsen gemäß § 849 BGB fordert. Es besteht kein allgemeiner Rechtsgrundsatz, wonach Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung generell vom Zeitpunkt der Entstehung an zu verzinsen seien (BGH NVwZ 1994, 409; Soergel/Krause BGB § 849 Rdnr. 2; MüKo / Wagner BGB § 849 Rdnr. 4; Staudinger/Vieweg BGB § 849 Rdnr. 4) Aus § 849 BGB ergibt sich vielmehr, dass eine solche "automatische" Verzinsung die Ausnahme ist und auf die dort geregelten Fälle der Entziehung oder Beschädigung einer Sache beschränkt bleiben muss (BGH a.a.O. vgl. ferner BGH VersR 1962, 548). Die Verzinsungspflicht gilt für die Entziehung von Geld nur, wenn diese beispielsweise in Gestalt einer Unterschlagung (BGHZ 8, 288) oder durch die Nichtauskehrung eines Versteigerungserlöses (OLG Düsseldorf NJW-RR 1989, 1253) oder von verspäteter Auskehrung eingezogener Mandantengelder (OLG Düsseldorf JurBüro 2004, 536) erfolgt ist. Die freiwillige Überlassung von Geld zu Investitionszwecken fällt hingegen nicht mehr unter die Tatbestandsvoraussetzungen der Entziehung oder Beschädigung einer Sache.

Die Voraussetzungen für Verzugszins vor Rechtshängkeit liegen ebenfalls nicht vor.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs.1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Zins-mehrforderung des Klägers war geringfügig.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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