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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 28.06.2000
Aktenzeichen: 11 W 83/00
Rechtsgebiete: BRAGO, ZPO, GKG-KVNr


Vorschriften:

ZPO § 103 ff.
ZPO § 485 ff.
BRAGO § 13 Abs. 2
BRAGO § 37 Nr. 3
GKG-KVNr 1610
Eine im selbständigen Beweissicherungsverfahren ergangene Kostengrundentscheidung (hier aus Anlass der Zurückweisung des Antrages) berechtigt bei noch anhängigem Hauptverfahren mit identischem Verfahrensgegenstand und identischen Parteien nicht zur Festsetzung bereits verdienter Gebühren. Sie ist aber vom Gericht der Hauptsache bei einer späteren Kostengrundentscheidung zu beachten und hat gegebenenfalls nur für die Gerichtskosten Bedeutung (vgl. GKG - KVNr 1610).
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE 11. Zivilsenat

11 W 83/00

Karlsruhe, 28. Juni 2000

In Sachen

Beschluß

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Karlsruhe vom 15. Mai 2000 - 10 O 410/98 - aufgehoben.

Der Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten vom 10. Februar 2000 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

4. Der Beschwerdewert wird auf 32.868,30 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin macht mit ihrer Klage Restwerklohnansprüche in Höhe von 5.335.447,34 DM geltend. Die Klage ist vom Landgericht als derzeit unbegründet abgewiesen worden, weil es noch an einer Abnahme fehle. Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und diese begründet. Mit weiterem Schriftsatz hat sie Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gestellt zum Beweise der Behauptung, daß ihre Werkleistung mangelfrei sei. Die Beklagten haben durch Schriftsatz vom 20.01.2000 Zurückweisung des Antrags auf Beweissicherung beantragt. Durch Beschluß vom 31.01.2000 hat der Berufungssenat den Antrag auf selbständige Beweissicherung zurückgewiesen und zugleich der Klägerin die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens auferlegt. Die Beklagten haben sodann beim Landgericht Kostenfestsetzungsantrag gestellt und darin eine nach ihrer Ansicht - im selbständigen Beweisverfahren entstandene Prozeßgebühr in Höhe von 32.828,30 DM nebst 40 DM Pauschale geltend gemacht. Der Rechtspfleger bei dem Landgericht Karlsruhe hat die Kosten antragsgemäß festgesetzt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin.

II.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin hat Erfolg. Zu Recht beanstandet Sie, daß für das selbständige Beweisverfahren zugunsten der Beklagten eine Prozeßgebühr nebst Post- und Telekommunikationspauschale festgesetzt wurden.

1. Hauptsacheverfahren und selbständiges Beweisverfahren bilden gebührenrechtlich eine Einheit (§§ 37 Nr. 3, 13 Abs. 2 BRAGO), weshalb dem Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im selbständigen Beweisverfahren vor dem Prozeßgericht neben den bereits verdienten Gebühren (hier: Prozeßgebühr) keine weiteren Gebühren erwachsen (vgl. HansOLG Hamburg MDR 1996, 1298) OLG Koblenz MDR 1994, 522 f; OLG Düsseldorf OLGR 1997; 38 f). Das setzt allerdings voraus, daß der Gegenstand von Hauptsache- und Beweisverfahren identisch ist.

So liegt der Fall hier: Mit der Klage wird Zahlung von Werklohn verlangt. Die Klage ist durch das Landgericht wegen fehlender Abnahme als derzeit unbegründet abgewiesen worden. Nach Berufungseinlegung hat die Klägerin versucht, die Mangelfreiheit und damit die Abnahmefähigkeit ihrer Werkleistung durch einen gegenüber dem Berufungssenat gestellten Antrag auf selbständige Beweissicherung klären zu lassen. Der Berufungssenat hat den Antrag unter anderem deshalb zurückgewiesen, weil das "beantragte Beweisverfahren... im Ergebnis auf eine vorgezogene Beweisaufnahme zur Frage der Abnahmefähigkeit und damit Fälligkeit der Werklohnforderung... (abziele), die Hauptgegenstand der Berufungsbegründung... und damit zentrale Entscheidungsfrage der Berufungsinstanz" sei. Die für die Anwendung der §§ 37 Nr. 3, 13 Abs. 2 BRAGO erforderliche Identität der Parteien und des Verfahrensgegenstandes ist somit gegeben.

2. Entgegen der Ansicht des Rechtspflegers kommt es nicht darauf an, ob die (selbständige) Beweiserhebung durchgeführt wurde oder nicht. Für eine derartige Differenzierung bietet das Gesetz keine Grundlage. Im übrigen würde es auch einen Wertungswiderspruch darstellen, wenn der Anwalt seine Gebühren gesondert erheben könnte, wenn es nicht zur selbständigen Beweiserhebung kommt, er sich aber mit den Gebühren des Hauptsacheverfahrens begnügen müßte, wenn das Beweisverfahren vollständig durchgeführt wird und ihm im Zweifel mehr Arbeit entsteht als im Falle der Zurückweisung des Beweissicherungsantrages.

3. Schließlich rechtfertigt auch der Umstand, daß im selbständigen Beweisverfahren eine eigene Kostengrundentscheidung ergangen ist, keine gesonderte Festsetzung der Prozeßgebühr. Die Kostenentscheidung des 8. Zivilsenats regelt verbindlich lediglich eine Kostenerstattungspflicht zwischen den Parteien. Sie ist vom Gericht der Hauptsache bei einer späteren Kostengrundentscheidung zu beachten, und zwar auch dann, wenn der Beweisführer in der Hauptsache obsiegt (OLG Düsseldorf, a.a.O., S.39). Mit der Kostengrundentscheidung ist indessen nichts über die Höhe der zu erstattenden Kosten gesagt. Ob dem Gegner tatsächlich erstattungsfähige Kosten entstanden sind, bleibt der Prüfung im Kostenfestsetzungsverfahren vorbehalten (OLG Frankfurt MDR 1998, 128). Wie sonst auch können im Kostenfestsetzungsverfahren nur die gesetzlichen Gebühren geltend gemacht werden, die bei Anhängigkeit der Hauptsache - wie dargelegt - nur einmal anfallen und die in dem sich an die Hauptsacheentscheidung anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren geltend zu machen sind (OLG Düsseldorf, a.a.O.). Die Kostengrundentscheidung hat hier folglich nur für die Gerichtskosten Bedeutung (vgl. Nr. 1610 KV).

Ende der Entscheidung

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