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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 15.02.2001
Aktenzeichen: 11 W 9/01
Rechtsgebiete: GKG, ZPO, KostVfg
Vorschriften:
GKG § 5 I 1 | |
GKG § 49 | |
GKG § 54 Nr. 1 | |
GKG § 54 Nr. 2 | |
GKG § 57 | |
ZPO § 106 | |
KostVfg § 8 III Nr. 3 |
1. Haften auf Grund eines Vergleichs die Beklagten der Staatskasse nach Bruchteilen, hat aber der Kostenbeamte den vom Kläger eingezahlten Vorschuss nur mit der Forderung gegen einen der Beklagten verrechnet, so ist auch nur dieser dem Kläger gegenüber zum Ausgleich verpflichtet. Die gegen den hierauf ergangenen Kostenausgleichsbeschluss eingelegte sofortige Beschwerde ist (auch) als Erinnerung gegen den Kostenansatz nach § 5 I 1 GKG auszulegen.
2. Hat schon bei Gesamtschuldnerhaftung die Gerichtskasse im Regelfall den Kostenvorschuss nach Kopfteilen anzufordern und den -überschuss zu verrechnen, muss dies erst recht bei Bruchteilshaftung gelten.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 15.02.2001 - 11 W 9/01 - rechtskräftig.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE 11. Zivilsenat
11 W 9/01 10 65/97 LG Bad.
Karlsruhe, den 15. Februar 2001
In Sachen
Beschluss
Gründe:
I.
Die Parteien sind zu je 1/4 Erben ihrer verstorbenen Mutter. Der Kläger machte gegen die drei Beklagten im Wege der Gesamtschuldklage einen Wertersatzanspruch gemäß § 2170 Abs. 2 Satz 1 BGB geltend. Er unterlag in erster Instanz unter Auferlegung der Kosten. Dem Beklagten Ziffer 1 wurde für diese Instanz Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung, in der Berufungsinstanz allen vier Parteien Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung gewährt, dem Beklagten Ziffer 2 erst, nachdem ihm zuvor nur solche mit Ratenzahlung zugebilligt worden war. Mit Vergleich vor dem Berufungsgericht einigten sich die Parteien bezüglich der Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs dahin, dass jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten auf sich behält und die Gerichtskosten der Kläger und die drei Beklagten je zu 1/4 tragen.
Nachdem ein Kostenausgleichsantrag des Klägers beim Landgericht eingegangen war, erstellte die Kostenbeamtin eine Kostenrechnung für die erste Instanz dahin, dass sie den für diese Instanz zu erhebenden Betrag in Höhe von 7.254,00 DM (Gebühren und Auslagen für den Sachverständigen) entsprechend dem Vergleich auf den Kläger und jeden der drei Beklagten mit je 1.813,50 DM aufteilte, auf die Forderung gegen den Kläger dessen eingezahlten Vorschuss und seinen Überschuss in Höhe von 1.651,50 DM mit der Forderung gegen den Beklagten Ziffer 1 verrechnete. Mit der Forderung gegen den Beklagten Ziffer 2 verrechnete sie die mit von diesem geleisteten Raten in Höhe von 240,00 DM und mit der Forderung gegen den Beklagten Ziffer 3 einen Betrag in Höhe von 50,00 DM. Die gegen die Beklagten Ziffern 1 bis 3 bestehen bleibenden Restforderungen blieben "unerhoben, da Prozesskostenhilfe o.R. auch für 1.I. gilt".
Hierauf erließ der Rechtspfleger Kostenausgleichsbeschluss, in dem die von dem Beklagten Ziffer 1 an den Kläger nach dem rechtswirksamen Vergleich vor dem Oberlandesgericht zu erstattenden Kosten auf 1.651,50 DM festgesetzt wurden.
Hiergegen richtet sich die "Erinnerung" des Beklagten Ziffer 1.
II.
Das Rechtsmittel des Beklagten Ziffer 1 ist (auch) als Erinnerung gegen den Kostenansatz nach § 5 Abs. 1 Satz 1 GKG auszulegen, weil nur auf diese Weise das von ihm erstrebte Ziel, nicht den aus der klägerischen Vorschusszahlung verbleibenden Überschuss in Höhe von 1.651,50 DM im Wege des Kostenausgleichs allein tragen zu müssen, erreicht werden kann.
Der Kläger hat gegenüber der Staatskasse wegen des zu viel bezahlten Vorschusses keinen Kostenerstattungsanspruch, weil er ihr gegenüber nicht nur in Höhe von 1/4 der Gerichtskosten erster Instanz als Vergleichsschuldner nach § 54 Nr. 2 GKG, sondern zugleich in voller Höhe als Antragsschuldner nach § 49 GKG und als Entscheidungsschuldner nach § 54 Nr. 1 i.V.m. § 57 GKG haftet. Der in zweiter Instanz geschlossene Vergleich konnte die erstinstanzlich zu seinen Lasten im Urteil ergangene Kostenentscheidung weder aufheben noch abändern (KG Rpfleger 1962, 123; JurBüro 1972, 806; OLG Nürnberg Rpfleger 1962, 180; Markl/Meyer, 4. Aufl., Rdnr. 4 zu § 57 GKG; Hartmann, 30. Aufl., Rdnr. 3 zu § 57 GKG).
Obwohl der vor dem Oberlandesgericht geschlossene Vergleich der Parteien nicht eine gesamtschuldnerische Verpflichtung der Beklagten Ziffer 1-3 auf 3/4 der Gerichtskosten, sondern eine 1/4 Bruchteilsverpflichtung eines jeden Beklagten vorsieht, hat der Kläger nach dem Kostenansatz nur gegen den Beklagten Ziffer 1 einen Erstattungsanspruch, weil die Kostenbeamtin den gesamten Überschuss aus der Vorschusszahlung des Klägers ausschließlich mit der Forderung gegen diesen Beklagten verrechnet und sich dessen Haftung gegenüber der Staatskasse damit von 1813,50 DM um 1651,50 DM auf 162,00 reduziert hat.
Dieser Erstattungsanspruch ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass dem Beklagten Ziffer 1 schon für die erste Instanz Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt wurde, da er nicht Entscheidungsschuldner (vgl. insoweit BVerfG MDR 1999, 1089), sondern Vergleichsschuldner ist (vgl. BVerfG MDR 2000, 1157; Senat in JurBüro 2000, 28 = NJW 2000, 1121; OLG Koblenz NJW 2000, 1122; OLG Stuttgart, Die Justiz 2000, 84; OLG Nürnberg MDR 2000, 1034; OLG Bamberg NJW 2000, 3077; OLG Düsseldorf Rpfleger 2001, 87; a.A. OLG Frankfurt NJW 2000, 1120).
Da der Beklagte Ziffer 1 die Verrechnung des klägerischen Kostenüberschusses ausschließlich mit seiner Kostenlast für nicht rechtmäßig hält, ist sein Rechtsmittel in erster Linie gegen den Kostenansatz durch die Kostenbeamtin beim Landgericht gerichtet; denn die Verrechnung von Vorschusszahlungen ist Teil des Kostenansatzes (OLG Köln JurBüro 1999, 260).
Im Hinblick auf das in § 5 GKG geregelte eigenständige Erinnerungs-/Beschwerdeverfahren gegen den Kostenansatz, das eine dem § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG vergleichbare Regelung, wonach die Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren auch von dem Rechtsmittelgericht geändert werden kann, nicht enthält, ist eine Abänderung des Kostenansatzes im Verfahren über den Kostenausgleichsbeschluss nicht möglich (ebenso OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22.12.1980 - 13 W 126/80). Vor einer abschließenden Entscheidung des Senats über die Beschwerde gegen den Kostenausgleichsbeschluss sind daher die Akten wegen Vorgreiflichkeit über den Bezirksrevisor dem Landgericht Baden-Baden zur Entscheidung über die Erinnerung gegen den Kostenansatz vorzulegen.
III.
Der Kostenansatz der Kostenbeamtin beim Landgericht Baden-Baden (AS. VI der erstinstanzlichen Akten) gibt dem Senat Veranlassung auf folgendes hinzuweisen:
Die (nur) dem Beklagten Ziffer 1 für die erste Instanz bewilligte Prozesskostenhilfe ohne Raten hat zur Folge, dass jede Verrechnung des Überschusses aus dem Kostenvorschuss des Klägers mit der Forderung der Staatskasse gegen den Beklagten Ziffer 1 aus dessen 1/4 Vergleichsverpflichtung zu einer Beschwer dieses Beklagten führt. Zwar erlischt hierdurch in Höhe der Verrechnung die Forderung der Staatskasse gegen ihn, gleichzeitig entsteht jedoch nach dem oben Gesagten gegen ihn ein Erstattungsanspruch des Klägers. Dieser Erstattungsanspruch ist im Gegensatz zur untergegangenen Forderung der Staatskasse, die gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gegen den Beklagten Ziffer 1 nicht hätte geltend gemacht werden können, vom Kläger aufgrund des Kostenausgleichsbeschlusses auch vollstreckbar.
Gleiches gilt nicht bei einer Verrechnung des Überschusses mit den Forderungen der Staatskasse gegen die Beklagten Ziffer 2 und 3, da diese Prozesskostenhilfe nur für die zweite Instanz ohne Ratenzahlung bewilligt bekommen haben und sich dies - entgegen der im Kostenansatz festgehaltenen Meinung der Kostenbeamtin - nicht auf die Kosten der ersten Instanz auswirkt. Bedeutung kann dieser Umstand allenfalls für die Einschätzung der Zahlungs(un)fähigkeit der Kostenschuldner im Rahmen der Bestimmungen der Kostenverfügung erlangen.
Die Tatsache, dass die Kostenbeamtin den Überschuss ausschließlich auf die Forderung der Staatskasse gegen den Beklagten Ziffer 1 verrechnet hat, lässt vermuten, dass sie von einer Gesamtschuldnerhaftung der Beklagten Ziffer 1-3 ausgegangen ist. Dies entspricht jedoch nicht der Vereinbarung im vor dem Berufungsgericht geschlossenen Vergleich, wonach (auch) die Beklagten Bruchteilsschuldner sind und dementsprechend nicht auf den ganzen Betrag, sondern jeweils nur auf 1/4 haften (vgl. Markel/Meyer, Gerichtskostengesetz, 4. Aufl., Rdnr. 1 zu § 58; das Bestehen einer gesamtschuldnerischen Haftung zu 1/4 zwischen dem Kläger und jedem der drei Beklagten ist vorliegend ohne Bedeutung).
Im Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren nach § 5 GKG kann auch nachgeprüft werden, ob bei dem Kostenansatz die Vorschriften der Kostenverfügung beachtet worden sind (OLG Koblenz Rpfleger 1988, 384). Im Hinblick auf das zur (fehlenden) gesamtschuldnerischen Haftung Gesagte können die Bestimmungen in § 8 KostVfg nicht angewendet werden. Aber selbst bei gesamtschuldnerischer Haftung sollen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 in der Regel die Kosten von sämtlichen Kostenschuldnern nach Kopfteilen angefordert werden (OLG Koblenz aaO.), was dafür spricht, dass dies erst recht für Fälle gilt, in denen die Kostenschuldner schon nach der Kostengrundentscheidung nur nach Kopfteilen haften. Nichts anderes kann bei der Verrechnung eines Überschusses aus einem Kostenvorschuss gelten.
Ende der Entscheidung
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