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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 21.02.2003
Aktenzeichen: 11 Wx 101/02
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 28 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE 11. Zivilsenat Beschluss

11 Wx 101/02

Karlsruhe, 21. Februar 2003

Tenor:

1. Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 26. November 2002 - 11 T 342/02 - wird zurückgewiesen.

2. Der Wert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf € 3.000,-- festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1. und 2. haben für ihren am 14. September 2001 in Karlsruhe geborenen Sohn, den Beteiligten zu 3, die Vornamen "A ..." gewählt. Der Standesbeamte der Stadt K. hat die Eintragung des Namens "A" abgelehnt, da er als Vorname nicht geeignet sei. Die Eltern haben daraufhin beim Amtsgericht Karlsruhe beantragt, den Standesbeamten anzuweisen, für ihren Sohn die Vornamen "A ..." einzutragen. Das Amtsgericht hat dem Antrag entsprochen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Stadt K. (Beteiligte zu 4) blieb ohne Erfolg. Im Verlauf des Verfahrens vor dem Landgericht haben die Eltern klargestellt, dass die ursprünglich angegebene Schreibweise "A" (mit zwei "s") auf einem Versehen beruhte. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4 hat der Senat mit Beschluss vom 24. Juli 2002 - 11 Wx 26/02 - den Beschluss des Landgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Landgericht Karlsruhe zurückverwiesen. Im neu eröffneten Beschwerdeverfahren hat das Landgericht mit Beschluss vom 26. November 2002 den Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe aufgehoben und den Antrag der Beteiligten zu 1 und 2, den Standesbeamten zur Eintragung des Vornamens "A ..." in das Geburtenbuch anzuweisen, zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Auffassung des Landgerichts, wonach "A" in Deutschland nicht als Vorname eingetragen werden kann, ist frei von Rechtsfehlern.

1. Die Wahl des oder der Vornamen des Kindes steht den Sorgeberechtigten zu Gesetzliche Regelungen über die Wahl und die Führung von Vornamen gibt es nicht. Das bedeutet jedoch nicht dass der Vorname eines Kindes ohne rechtliche Beschränkung gewählt werden kann. Vielmehr bestehen Schranken der Namensgebung die sich aus dem Persönlichkeitsrecht des Kindes sowie aus den mit der Namensgebung verbundenen öffentlichen Belangen ergeben. Zu diesen öffentlichen Belangen gehört auch die Ordnungsfunktion des Namens, der die Person seines Trägers kennzeichnet.

2. Die sich daraus ergebenden Grenzen werden etwa dann nicht eingehalten wenn einem männlichen Kind ein Vorname gegeben werden soll, der im allgemeinen Bewusstsein als weiblicher Vorname wahrgenommen wird und umgekehrt (BGHZ 73, 239, 241). Auch ist es nicht zulässig, einen Vornamen zu wählen, der Befremden oder Anstoß erregt oder den Namensträger der Lächerlichkeit preisgibt (OLG Hamm, NJW-RR 1995 845, 846). Ein Verstoß gegen diese Grenzen des Rechts, den Vornamen eines Kindes zu bestimmen, steht hier nicht in Rede.

3. Der Ordnungsfunktion des Namens widerspricht es aber nach allgemeiner Ansicht im Grundsatz auch, einen Familiennamen als Vornamen zu wählen. Denn Namen, die im rechtlichen und gesellschaftlichen Verkehr als typische Familiennamen angesehen werden fehlt die individuelle Kennzeichnungskraft. Sie werden auf die Familie des Namensträgers bezogen, nicht aber auf diesen selbst. Das begründet die Gefahr der Verwechslung mit dem wirklichen Familiennamen. Außerdem kann der Anschein eines Doppelnamens entstehen (Senat, Beschl. v. 30.4.1999 - 11 Wx 12/99, StAZ 1999, 298f, Beschl. v. 16.5.1986 - 11 W 17/86, StAZ 1986, 286).

4. In der Rechtsprechung ist allerdings anerkannt, dass es Ausnahmen von dem dargestellten Grundsatz gibt. So kann ein Name, der in Deutschland sowohl als Familienname wie als Vorname gebräuchlich ist, wie etwa "Martin", "Werner", H B" oder "Philipp", als Vorname gewählt werden (OLG Frankfurt Beschl. v. 3.9.1991 - 20 W 412/90, StAZ 1991, 314, 315, Beschl. v. 14.2.2000 - 20 W 190/94, StAZ 2000, 237). Ferner ist anerkannt, dass ein typischer Familienname als weiterer Vorname gewählt werden darf, wenn dies - wie in Ostfriesland - einem althergebrachten Brauch entspricht, die Familie in diesem Brauchtum verwurzelt ist und die Wahl auf lauteren Beweggründen, etwa dem Motiv einen Vorfahren zu ehren, beruht (BGHZ 29, 256, OLG Frankfurt Beschl. v. 25.10.1989 - 20 W 420/89, StAZ 1990 18 = NJW-RR 1990, 585). Schließlich kann der Geburtsname eines Elternteils, der nicht als Familienname gewählt wurde, als weiterer Vorname eines Kindes eingetragen werden wenn einer der Elternteile Ausländer ist und es in dessen Herkunftsland eine entsprechende Übung gibt (OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.2.2000 - 20 W 450/98, StAZ 2000, 267, vgl. auch Senat, Beschl. v. 16.5.1986 - 11 W 17/86, StAZ 1986 286, KG, Beschl. v. 24.11.1998 - 1 W 1503/98, StAZ 1999, 171). In den einschlägigen Entscheidungen ging es insbesondere um die in den USA verbreitete Übung, Kindern den Familiennamen der Vorfahren als sogenannte "middle name" zu erteilen.

5. Nach den verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts liegt einer der dargestellten Ausnahmefalle hier nicht vor.

a) Der Name "A" ist in Deutschland als Vorname bislang nicht gebräuchlich. Das internationale Handbuch der Vornamen führt für diesen Namen nur eine Quelle aus dem englischsprachigen Ausland auf (Bl. 29/31 d. A.). Der Hinweis der Namensberatungsstelle der Gesellschaft für Namenskunde e. V., der Name "A" sei bislang in einem Fall, im Jahre 1989 in Wiesbaden, als Folgevorname eingetragen worden (Bl. 5/7 und Bl. 189/191 d. A.) konnte nicht verifiziert werden (Bl. 27 d. A.).

b) Die Beteiligten zu 1. und 2. können sich auch nicht mit Erfolg auf die Zulässigkeit nach lokalem Brauchtum berufen. Die Beteiligte zu 1. ist in Hamburg geboren, das nicht zu Friesland zahlt. Eine friesische Herkunft und eine entsprechende Familientradition sind aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich, gegen sie spricht vielmehr der Geburtsname der Beteiligten zu 1. ( ). Eine Berufung auf friesisches Brauchtum setzte zudem voraus, dass der gewählte Name A in ihrer Familie als Familienname vorkam und gerade deshalb ausgewählt wurde. Die Beteiligten zu 1. und 2. haben jedoch andere Motive für die Wahl des Namens angegeben, nämlich den Wunsch, auch dem jüngsten Kind einen Vornamen zu geben, der mit der Buchstabenfolge "An" beginnt Sie haben zudem darauf verwiesen, dass der Name die Bedeutung "Sohn des A" habe und damit auf den Vornamen des Vaters des Beteiligten zu 2, verweise.

c) Da die Beteiligten zu 1. und 2. Deutsche sind, scheidet schließlich auch die Berufung auf eine Übung im ausländischen Heimatstaat eines Elternteils aus.

6. Die Entscheidung hängt damit nach den oben dargestellten Grundsätzen davon ab, ob der Name "A" als Familienname anzusehen ist. Der Eintragung als Vorname stunde es allerdings nicht entgegen, wenn der betreffende Name nur im Ausland als Familienname Verwendung findet, in Deutschland aber nicht als solcher aufgefasst wird. Ein Name wird jedenfalls dann als Familienname aufgefasst, wenn er in Deutschland als Familienname vorkommt (vgl. LG Würzburg, Beschl. v. 7.1.1987 - 3 T 2097/86, StAZ 1987, 139 für "Peterson") Darüber hinaus kann aber auch ein Name, der in Deutschland nicht als Familienname verwendet wird, als ein solcher aufgefasst werden Das ist etwa dann anzunehmen, wenn ausländische Träger dieses Namens, etwa als Künstler, Sportler, Politiker oder dergleichen, auch in Deutschland bekannt sind (vgl. Senat, StAZ 1999, 298 für "Cezanne", OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.6.1985 - 3 W 20/85, StAZ 1985, 250 für "Hemmingway", OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.9.1991 - 20 W 412/90, StAZ 1991, 314 für "Holgerson") der eines Oberlandesgerichts gäbe, die von der Auffassung getragen wurde, ein bislang in Deutschland nicht als Vorname gebräuchlicher Name könne auch dann als Vorname eingetragen werden, wenn er hierzulande als Familienname aufgefasst wird. Eine solche Entscheidung ist jedoch nicht ersichtlich In der von den Beschwerdeführern erwähnten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.1.1979 (BGHZ 73, 239) ging es lediglich um die Frage der Erkennbarkeit des Geschlechts, in der Entscheidung des OLG Hamm vom 14.3.1995 (NJW-RR 1995, 845) um die Erkennbarkeit.

7. Nach den verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts ist der Name "A" nicht nur im skandinavischen und angelsächsischen Sprachraum als Familienname bzw. als patronymischer Beiname verbreitet. Das Landgericht hat vielmehr festgestellt dass der Name "A" auch in Deutschland als Familienname gebräuchlich ist. Es hat durch Einblick in Telefonbücher beispielhaft 12 entsprechende Einträge in Karlsruhe, 65 in Berlin, 25 in Hamburg, 26 in Frankfurt/Main und 14 in Hannover ermittelt. Die Beschwerdeführer ziehen diese Feststellungen nicht in Zweifel.

Ist somit "A" bislang in Deutschland als Vorname nicht gebräuchlich, wird hierzulande aber als Familienname aufgefasst, widerspricht seine Eintragung als Vorname der Ordnungsfunktion des Namens.

8. Ein Anlass zur Vorlage der weiteren Beschwerde an den Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs. 2 FGG besteht nicht. Eine solche Vorgehensweise wäre nur dann geboten, wenn es eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs oder eines Oberlandesgerichts gäbe, die von der Auffassung getragen wurde ein bislang in Deutschland nicht als Vorname gebräuchlicher Name könne auch dann als Vorname eingetragen werden, wenn er hierzulande als Familienname aufgefasst wird. Eine solche Entscheidung ist jedoch nicht ersichtlich. In der von den Beschwerdeführern erwähnten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.1.1979 (BGHZ 73, 239) ging es lediglich um die Frage der Erkennbarkeit des Geschlechts, in der Entscheidung des OLG Hamm vom 14.3.1995 (NJW-RR 1995, 845) um die Erkennbarkeit des Geschlechts und um die Anstößigkeit bzw. Lächerlichkeit eines Namens. Vielmehr gibt es eine Reihe bereits oben zitierter Entscheidungen, denen gleichfalls die Rechtsauffassung zugrunde liegt, dass ein Name, der in Deutschland als Familienname vorkommt oder aufgefasst wird, nicht als Vorname gewählt werden kann, sofern er nicht schon bislang auch als Vorname gebräuchlich ist. Mit dieser Rechtsprechung haben sich die Beschwerdeführer auch im neu eröffneten Beschwerdeverfahren nicht auseinandergesetzt. Der Senat hätte daher allenfalls dann Anlass zu einer Vorlage an den Bundesgerichtshof gehabt, wenn er die Rechtsauffassung der Beschwerdeführer für zutreffend erachtet hätte.

9. Von einer Kostenentscheidung wird abgesehen (vgl. Johansson/Sachse, Anweisungs- und Berichtigungsverfahren in Personenstandssachen, Rdnr. 1602).

Ende der Entscheidung

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