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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 15.07.2003
Aktenzeichen: 11 Wx 3/03
Rechtsgebiete: BGB, ZVG, FGG


Vorschriften:

BGB § 1365
BGB § 1365 Abs. 1
BGB § 1365 Abs. 2
ZVG § 180
ZVG § 180 Abs. 3
FGG § 13a Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE

11 Wx 3/03

Karlsruhe, 15. Juli 2003

In der Vormundschaftssache

wegen: Zustimmung zum Antrag auf Teilungsversteigerung

hier: weitere Beschwerde

Beschluss

Tenor:

1. Die weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Heidelberg vom 27. November 2002 - 3 T 35/02 - wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner die ihm im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3. Der Geschäftswert wird für das Verfahren der weiteren Beschwerde auf € 3.000 festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind getrennt lebende Eheleute. Zwischen ihnen ist das Scheidungsverfahren beim Amtsgericht - Familiengericht - anhängig. Der Antragsgegner begehrt in diesem Verfahren Zugewinnausgleich in Höhe von DM 61.327,00.

Die Beteiligten lebten vor der Trennung in einer Eigentumswohnung, in der nun noch der Antragsgegner mit dem gemeinsamen Sohn lebt. Die Antragstellerin und die gemeinsame Tochter sind ausgezogen. Das Hausgrundstück, in welchem sich die Eigentumswohnung befindet, stand bis zum Mai 1990 im Eigentum des Vaters des Antragsgegners. Dieser begründete durch Teilungserklärung vom 16. Mai 1990 Wohnungs- und Teileigentum und übertrug eine Eigentumswohnung in Vorwegnahme späterer Erbfolge durch Übergabevertrag vom gleichen Tag dem Antragsgegner. Dieser wiederum räumte in der gleichen Urkunde der Antragstellerin hälftiges Miteigentum ein. In § 2 Abs. 2 des Übergabevertrags verpflichteten sich die Beteiligten, das ihnen übertragene Wohnungs- und Teileigentum zu Lebzeiten der Eltern des Antragsgegners nur mit deren Zustimmung zu veräußern oder zu vermieten. Ferner übernahmen sie die Verpflichtung, den beiden Schwestern des Antragsgegners ein Gleichstellungsgeld in Höhe von jeweils DM 25.000,- zu zahlen.

Die Antragstellerin hat die Teilungsversteigerung der Eigentumswohnung beantragt. Der Antragsgegnerin hat daraufhin Drittwiderspruchsklage erhoben und geltend gemacht, die Antragstellerin bedürfe hierfür in entsprechender Anwendung von § 1365 BGB seiner Zustimmung. Das Amtsgericht hat das Verfahren über die Drittwiderspruchsklage ausgesetzt, und die Antragstellerin darauf hingewiesen, sie möge das Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners nach § 1365 Abs. 2 BGB durchführen.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, es bedürfe keiner vormundschaftsgerichtlichen Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners nach § 1365 Abs. 2 BGB. § 1365 Abs. 1 BGB sei auf den Antrag auf Teilungsversteigerung nach § 180 ZVG nicht anzuwenden. Zudem lägen die Voraussetzungen des § 1365 Abs. 1 BGB nicht vor, weil sie neben dem hälftigen Miteigentumsanteil an der Eigentumswohnung über weiteres Vermögen verfüge. Jedenfalls verweigere der Antragsgegner die Zustimmung ohne ausreichenden Grund, weswegen die Zustimmung durch das Vormundschaftsgericht zu ersetzen sei. Aufgrund ihrer schlechten finanziellen Situation, die u.a. durch zu geringe Unterhaltsleistungen des Antragsgegners bedingt sei, sei sie auf den aus der Teilungsversteigerung zu erwartenden Erlös angewiesen.

Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die Beschwerde der Antragstellerin wurde vom Landgericht zurückgewiesen. Mit der weiteren Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag weiter. Der Antragsgegner tritt dem Rechtsmittel entgegen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

1. (...)

2. Der Senat ist mit der obergerichtlichen Rechtsprechung der Auffassung, dass für den Antrag eines im gesetzlichen Güterstand lebenden Ehegatten auf Teilungsversteigerung gemäß § 180 ZVG in entsprechender Anwendung des § 1365 Abs. 1 BGB die Zustimmung des anderen Ehegatten erforderlich ist, wenn der Anteil des antragstellenden Ehegatten im wesentlichen sein ganzes Vermögen ausmacht. Zwar liegt in dem Antrag auf Teilungsversteigerung weder eine Verpflichtung zur Vermögensübertragung noch eine Verfügung. Das Bedürfnis für eine entsprechende Anwendung des § 1365 Abs. 1 BGB ergibt sich jedoch aus dem Sinn und Zweck der Bestimmung. Diese ist hauptsächlich eine Schutzbestimmung im Interesse der Familiengemeinschaft und zur Erhaltung der wirtschaftlichen Grundlage der Familie, bezweckt aber auch, den anderen Ehegatten vor einer Gefährdung seiner Anwartschaft auf Zugewinnausgleich bei Beendigung des Güterstandes zu schützen (BGH, Beschl. v. 8.3.1978 - IV ZB 32/76, NJW 1978, 1380, 1381). Dieser Zweck wäre in Frage gestellt, wenn es einem Ehegatten, dem der andere die Zustimmung zu einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung zu Recht versagt, gestattet wäre, den vom Gesetz missbilligten Erfolg auf dem Weg über eine Teilungsversteigerung zu erreichen (OLG Koblenz, Beschl. v. 13.12.1966 - 7 W 317/66, NJW 1967, 1139; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.2.1970 - 3 W 105/69, FamRZ 1970, 194; OLG Köln, Beschl. v. 4.8.1971 - 16 Wx 77/71, NJW 1971, 2312; OLG Celle, Urt. v. 11.3.1983 - 4 U 25/82, FamRZ 1983, 591; BayObLG, Beschl. v. 23.5.1985 - BReg. 1 Z 21/85, FamRZ 1985, 1040; Beschl. v. 14.2.1996 - 3Z BR 309/95, FamRZ 1996, 1013, 1014; OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.9.1998 - 14 W 76/98, FamRZ 1999, 524, 525; die abweichende Entscheidung des Kammergerichts vom 18. Januar 1971 - 9 U 2655/69; NJW 1971, 711 - gibt keinen Anlass zu einer Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG, weil sie nicht im Verfahren der weiteren Beschwerde ergangen ist). Die hieran in der Literatur vereinzelt vorgetragene Kritik (z.B. Koch in Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl., § 1365 Rdn. 59) teilt der Senat nicht. Die zeitlich begrenzte Beschränkung der Freiheit des Ehegatten, die Miteigentumsgemeinschaft einseitig aufzuheben, ist durch die dem § 1365 Abs. 1 BGB zugrundeliegenden Schutzzwecke gerechtfertigt. Auch aus § 180 Abs. 3 ZVG kann kein Argument gegen die herrschende Meinung abgeleitet werden. Diese Regelung enthält Einschränkungen der Befugnis, die Aufhebung der Gemeinschaft zu erzwingen, aus Gründen des Kindeswohls und damit unabhängig vom Güterstand der Ehegatten. Die entsprechende Anwendung des § 1365 Abs. 1 BGB trägt dagegen gerade den Besonderheiten der Zugewinngemeinschaft Rechnung. Der Senat sieht daher auch keinen Grund, der Anregung der Antragstellerin, das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, Folge zu geben. Eine Stellungnahme zu der in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilten Frage, ob die Zustimmungsbedürftigkeit entfällt, wenn die Ehe rechtskräftig geschieden wird (vgl. dazu BayObLG, Beschl. v. 20.8.1980 - BReg 1 Z 43/80, FamRZ 1981, 46; OLG Celle, FamRZ 1983, 591; LG Lüneburg, Beschl. v. 14.12.1995 - 4 T 171/95, FamRZ 1996, 1489), ist nicht erforderlich, weil das Scheidungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist.

3. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, der Miteigentumsanteil der Antragstellerin an der Eigentumswohnung mache nahezu das gesamte Vermögen der Antragstellerin aus. Das Landgericht hat insoweit den eigenen Vortrag der Antragstellerin zu ihren Vermögensverhältnissen als ihr günstig zugrunde gelegt. Das ist nicht zu beanstanden. Dieser Vorgehensweise des Landgerichts steht insbesondere nicht entgegen, dass die Antragstellerin in ihrem Vorbringen teilweise Zweifel daran erkennen lässt, ob der Miteigentumsanteil nahezu ihr gesamtes Vermögen ausmache. Die Antragstellerin hätte die Möglichkeit gehabt, die der Aussetzung des Verfahrens über die Drittwiderspruchsklage zugrundeliegende Auffassung des Amtsgerichts, § 1365 BGB finde entsprechende Anwendung, durch Einlegung einer sofortigen Beschwerde zu bekämpfen (§ 252 ZPO). Da sie jedoch nicht diesen Weg wählte, sondern der Anregung des Amtsgerichts folgte und im vorliegenden Verfahren die Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners zum Antrag auf Teilungsversteigerung verfolgt, ist ihr Vorbringen dahin auszulegen, dass sie einen Erfolg ihres Antrags erstrebt. Die Auffassung des Landgerichts, die Geschäftsschulden der Antragstellerin seien bei der danach anzustellenden Berechnung nicht zu berücksichtigen, erweist sich als rechtlich zutreffend, weil diese Geschäftsschulden nach ihrem eigenen Vorbringen nicht grundpfandrechtlich abgesichert sind und damit den Wert der Eigentumswohnung nicht mindern (vgl. BGH, Urt. v. 25.6.1980, IV b ZR 516/80, BGHZ 77, 293). Damit macht der Miteigentumsanteil der Antragstellerin an der Eigentumswohnung mehr als 90 % des maßgeblichen Vermögens aus. Selbst wenn der abweichende rechtliche Ausgangspunkt der Antragstellerin zutreffend wäre, betrüge der Wert ihres sonstigen Vermögens nur 12 % und läge damit unter dem vom Bundesgerichtshof für kleinere Vermögen angegeben Richtwert von 15 % (vgl. BGHZ 77, 293).

4. Zutreffend ist ferner die Auffassung des Beschwerdegerichts, der Antragsgegner habe die erforderliche Zustimmung zum Antrag auf Teilungsversteigerung nicht ohne ausreichenden Grund i.S. von § 1365 Abs. 2 BGB verweigert. Die Beurteilung dieser Voraussetzung ist in erster Linie Sache des Tatrichters, der dabei eine umfassende Abwägung der beiderseitigen Interessen vorzunehmen hat. Seine Würdigung kann vom Senat als Gericht der Rechtsbeschwerde nicht durch eine eigene ersetzt, sondern nur auf Rechtsfehler überprüft werden, also darauf, ob das Beschwerdegericht den Inhalt des genannten unbestimmten Rechtsbegriffs verkannt hat, den Sachverhalt unvollständig und verfahrensfehlerfrei ermittelt, der Bewertung maßgeblicher Umstände unrichtige Maßstäbe zugrundegelegt oder gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat. Derartige Fehler sind nicht ersichtlich. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung liegt ein ausreichender Grund für die Verweigerung der Zustimmung vor, wenn das Zugewinnausgleichsverfahren - wie hier - noch nicht abgeschlossen ist und bei Zustimmung zu der beabsichtigten Maßnahme eine Gefährdung eines etwa bestehenden Ausgleichsanspruchs nicht ausgeschlossen werden kann.

a) Der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zum Antrag auf Teilungsversteigerung muss schon dann erfolglos bleiben, wenn ein Zugewinnausgleichsanspruch des Antragsgegners ernsthaft in Betracht kommt. Dagegen ist es nicht erforderlich, dass das Gericht im Verfahren nach § 1365 Abs. 2 BGB die genaue Höhe des Zugewinnausgleichsanspruchs ermittelt (vgl. BGH, NJW 1978, 1380, 1381; BayObLG, FamRZ 1981, 46). Im Rahmen des Ersetzungsverfahrens reicht es aus, wenn sich aus den gesamten Umständen konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass ein Ausgleichsanspruch besteht, der bei Durchführung der Teilungsversteigerung gefährdet würde. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Antragstellerin stellt nicht in Abrede, dass dem Antragsgegner ein Anspruch auf Zugewinnausgleich zusteht. Die Beteiligten streiten sich lediglich über die Frage der Berücksichtigungsfähigkeit und der Bewertung einzelner Vermögensgegenstände und deren Auswirkungen auf die Höhe des auszugleichenden Zugewinns. Das Landgericht ist danach zu Recht davon ausgegangen, dass dem Antragsgegner ein Anspruch auf Zugewinnausgleich zusteht, der nur der Höhe nach streitig ist.

b) Würde das Teilungsversteigerungsverfahren eingeleitet werden, wäre auch die Durchsetzbarkeit des Ausgleichsanspruchs konkret gefährdet. Der Antragsgegner kann insoweit nicht darauf verwiesen werden, er könne seinen Anspruch gegebenenfalls in einem späteren Stadium des Versteigerungsverfahrens, etwa durch Zugriff auf den anteiligen Versteigerungserlös im Wege des Arrestes, sichern, zumal nicht sicher ist, ob bis zur Verteilung des Erlöses eine gerichtliche Entscheidung über den Anspruch auf Zugewinnausgleich vorliegt. Die Einleitung des auf die Veräußerung der Eigentumswohnung gerichteten Versteigerungsverfahrens würde daher für den Antragsgegner den Verlust einer Sicherheit für seinen Ausgleichsanspruch bedeuten. (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 16.8.1996 - 16 Wx 193/95, FamRZ 1997, 677; Beschl. v. 5.4.2000 - 16 Wx 51/00, OLGReport Köln 2000, 422; Beschl. v. 22.5.2000 - 26 WF 69/00, FamRZ 2001, 176).

c) Ins Einzelne gehende Feststellungen zu der Frage der Höhe der laufenden Einkünfte der Antragstellerin und ihres Unterhaltsanspruchs gegen den Antragsgegner sind hier nicht erforderlich. Beengte finanzielle Verhältnisse der Antragstellerin können eine Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners zum Antrag auf Teilungsversteigerung im Hinblick auf den Anspruch des Antragsgegners auf Zugewinnausgleich nicht rechtfertigen. Soweit in der Rechtsprechung ein ausreichender Grund für die Verweigerung der Zustimmung verneint und die Zustimmung ersetzt wurde, lag der Fall so, dass ein Zugewinnausgleichsanspruch nicht in Rede stand (vgl. etwa OLG Köln, NJW 1971, 2312, 2314).

d) Nach alledem kommt es auf die Frage, ob § 2 des Übertragungsvertrags einer Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners entgegensteht, nicht mehr an. Zumindest spricht der Umstand, dass die Immobilie, deren Versteigerung die Antragstellerin anstrebt, aus der Familie des Antragsgegners stammt, im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung zugunsten des Antragsgegners (vgl. OLG Köln, OLGReport 2000, 422, 423).

Nachdem sich das Rechtsmittel der Antragstellerin als unbegründet erwiesen hat, hat sie gemäß § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG dem Antragsgegner die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf §§ 97 Abs. 2, 30 Abs. 2 Satz 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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