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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 08.11.2002
Aktenzeichen: 11 Wx 48/02
Rechtsgebiete: GmbHG, BeurkG


Vorschriften:

GmbHG § 8 Abs. 3
BeurkG § 16
BeurkG § 38
BeurkG § 40
Bei der öffentlichen Beglaubigung der Anmeldung einer GmbH zur Eintragung in das Handelsregister durch Geschäftsführer, die der deutschen Sprache nicht kundig sind, ist es weder erforderlich, dass der beigezogene Dolmetscher vereidigt wird, noch muss dieser die Anmeldung unterschreiben.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE

11 Wx 48/02

Karlsruhe, den 8. November 2002

In der Registersache betreffend

Beschluss

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde der Anmeldenden werden die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Mannheim - Registergericht - vom 27. Februar 2002, AR 102/02, und der Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 14. Mai 2002, 21 T 3/02, aufgehoben. Die Sache wird zur weiteren Behandlung und erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Mannheim zurückverwiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Der Vertrag über die Gründung der betroffenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung sowie ein Beschluss, durch den Gesellschafter zu Geschäftsführern bestellt wurden, sind am 4. Dezember 2001 notariell beurkundet worden. Die Gesellschafter sind Polen und beherrschen die deutsche Sprache nicht. Die Niederschrift nebst Anlage (Satzung der Gesellschaft) wurde den Beteiligten vom Notar in deutscher Sprache vorgelesen und anschließend von dem anwesenden Dolmetscher in die polnische Sprache übersetzt. Auf eine Vereidigung des Dolmetschers hatten die Beteiligten ausdrücklich verzichtet. Die Niederschrift wurde von den Beteiligten und vom Dolmetscher unterschrieben.

Am gleichen Tag meldeten die Gesellschafter die Gesellschaft und ihre Bestellung als Geschäftsführer zur Eintragung in das Handelsregister an. Die Anmeldung enthält die nach § 8 Abs. 2 und 3 GmbHG erforderlichen Versicherungen. Im Beglaubigungsvermerk des Notars heißt es, die Registeranmeldung sei den Gesellschaftern von dem Dolmetscher in Gegenwart des Notars in die polnische Sprache übersetzt worden.

Mit Zwischenverfügung vom 20. Februar 2002 teilte das Amtsgericht - Registergericht - mit, es bestehe ein Eintragungshindernis. Die Wirksamkeit der in der Anmeldung enthaltenen Versicherungen sowie der Belehrung stehe nicht zweifelsfrei fest. Zur Anmeldung hätte ein vereidigter Dolmetscher beigezogen werden müssen. Ein Verzicht auf die Vereidigung sei nicht möglich, da das Registergericht Erklärungsempfänger sei. Ferner sei erforderlich, dass der Dolmetscher mit unterzeichne.

Der hiergegen eingelegten Beschwerde half das Amtsgericht nicht ab. Das Landgericht wies die Beschwerde mit Beschluss vom 14. Mai 2002 zurück. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde, die am 13. Juni 2002 beim Landgericht einging. Mit Beschluss vom 20. Juni 2002 hat das Amtsgericht die Handelsregisteranmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, die mit der Zwischenverfügung aufgezeigten Eintragungshindernisse seien nicht behoben worden.

II.

A Die weitere Beschwerde ist zulässig.

1. Der Notar hat sowohl die Beschwerde als auch die weitere Beschwerde nicht in eigenem Namen, sondern namens der anmeldenden Geschäftsführer eingelegt. Deren Beschwerdebefugnis ergibt sich aus § 20 Abs. 2 FGG.

a) Da der Notar die zur Eintragung erforderlichen Erklärungen beglaubigt hat, gilt er nach § 129 FGG als ermächtigt, im Namen der Geschäftsführer als derjenigen, die nach § 78 GmbHG zur Anmeldung verpflichtet sind, die Eintragung zu beantragen. Daraus leitet sich seine Befugnis ab, im Namen der Anmeldenden Rechtsmittel gegen eine ablehnende Verfügung des Registergerichts einzulegen (Winkler in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 14. Auflage, § 129 Rdn. 6). Dass der Notar im Namen der Anmeldenden handelte, ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit aus der Firmenangabe im Betreff seines Schriftsatzes, zumal nichts dafür spricht, dass er ein eigenes - dann unzulässiges - Rechtsmittel einlegen wollte (vgl. BayObLGZ 1984, 29, 31).

b). Die Beschwerdebefugnis der Anmeldenden gegen die Beanstandung der Anmeldung durch Zwischenverfügung ergibt sich aus § 20 Abs. 2 FGG.

c) Da der Notar in dieser Angelegenheit für die beschwerdeführenden Geschäftsführer Beschwerde eingelegt hat, bedurfte es nach § 29 Abs. 1 Satz 3 FGG auch nicht der Zuziehung eines Rechtsanwalts.

2. Der Zulässigkeit der weiteren Beschwerde steht nicht entgegen, dass das Amtsgericht den Eintragungsantrag nach Erlass der Beschwerdeentscheidung wegen der in der Zwischenverfügung genannten Eintragungshindernisse zurückgewiesen hat. Damit ist das rechtliche Interesse der Anmeldenden an der Beseitigung der Zwischenverfügung nicht entfallen. Hat die weitere Beschwerde Erfolg, hat das Amtsgericht den Zurückweisungsbeschluss wegen fehlender Rechtsgrundlage von Amts wegen aufzuheben (BGHZ 88, 62, 64; BayObLG NJW-RR 1988, 980; BayObLGZ 1992, 131, 134f., Demharter, GBO, 24. Auflage, § 78 Rdn. 6)

B Die weitere Beschwerde ist auch begründet.

Die Zwischenverfügung des Registergerichts und die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts sind aufzuheben. Die Auffassung, bei der Anmeldung der GmbH zur Eintragung in das Handelsregister müsse ein vereidigter Dolmetscher beigezogen werden, der die Anmeldung auch mit unterschreibe, entbehrt der gesetzlichen Grundlage.

1. Nach § 7 Abs. 1 GmbHG ist die Gesellschaft bei dem Gericht, in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat, zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. In der Anmeldung haben die Geschäftsführer nach § 8 Abs. 3 GmbHG zu versichern, dass keine Umstände vorliegen, die ihrer Bestellung nach § 6 Abs. 2 Satz 3 und 4 GmbHG entgegenstehen, und dass sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden sind. Die Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister ist nach § 12 Abs. 1 HGB in öffentlich beglaubigter Form einzureichen.

2. Die Anforderungen an notarielle Beurkundungen sind im Beurkundungsgesetz geregelt.

a) Für die Beurkundung von Willenserklärungen, bei denen ein Beteiligter der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig ist, sieht § 16 Abs. 1 Satz 2 BeurkG vor, dass die Niederschrift dem Beteiligten übersetzt werden muss. Für die Übersetzung ist, falls der Notar nicht selbst übersetzt, ein Dolmetscher beizuziehen (§ 16 Abs. 3 Satz 1 BeurkG). Ist dieser nicht allgemein vereidigt, soll ihn der Notar nach § 16 Abs. 3 Satz 3 BeurkG vereidigen, es sei denn, dass alle Beteiligten darauf verzichten. Die Niederschrift soll nach § 16 Abs. 3 Satz 5 auch von dem Dolmetscher unterschrieben werden.

b) Die Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister bedarf jedoch nicht der notariellen Beurkundung, sondern nur der öffentlichen Beglaubigung. Das bedeutet nach § 129 Abs. 1 Satz 1 BGB, dass die Erklärung schriftlich abgefasst und die Unterschrift des Erklärenden von einem Notar beglaubigt werden muss. Die Beglaubigung einer Unterschrift ist die öffentliche Beurkundung der Tatsache, dass die Unterschrift von einer bestimmten Person herrührt und dass der Aussteller seine Unterschrift persönlich vor dem Notar vollzogen hat (Keidel/Winkler, BeurkG, 14. Auflage, § 40 Rdn. 2). Anders als bei der notariellen Beurkundung einer Willenserklärung ist es hier nicht erforderlich, dass die Erklärung von der Urkundsperson inhaltlich wahrgenommen und verantwortlich geprüft wird. Die Tätigkeit der Urkundsperson beschränkt sich vielmehr auf die Bezeugung der Richtigkeit der Unterschrift (BGHZ 37, 79, 86). Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass die strengen Anforderungen des § 16 BeurkG für die Beglaubigung einer Unterschrift nicht gelten (Limmer in Eylmann/Vaasen, BNotO, BeurkG, § 40 BeurkG Rdn. 11; Keidel/Winkler, BeurkG, 14. Auflage, § 40 Rdn. 40; Huhn/von Schuckmann, BeurkG, 3. Auflage, § 40 Rdn. 44; Jansen, FGG, 2. Aufl., § 40 BeurkG Rdn. 25). Es steht im pflichtgemäßen Ermessen des Notars, welche Maßnahmen er trifft, um Zweifel, Unklarheiten und Täuschungen auszuschließen. Nach dem Beglaubigungsvermerk hat der Notar den anmeldenden Geschäftsführern die Registeranmeldung durch einen Dolmetscher in die polnische Sprache übersetzen lassen. Anhaltspunkte dafür, dass die Geschäftsführer gleichwohl keine sichere Kenntnis von dem Inhalt der Anmeldung erlangt hätten, sind nicht ersichtlich. Solche sind auch in der Zwischenverfügung des Registergerichts nicht aufgezeigt.

c) Die Notwendigkeit einer Vereidigung des Dolmetschers und der Unterzeichnung der Anmeldung durch ihn kann auch nicht aus § 38 BeurkG abgeleitet werden. Nach dieser Regelung gelten für die Aufnahme von eidesstattlichen Versicherungen die Vorschriften über die Beurkundung von Willenserklärungen - und damit auch § 16 BeurkG - entsprechend. Der Gesetzgeber verlangt jedoch in § 8 Abs. 3 GmbHG von den Anmeldenden keine Versicherung an Eides Statt. Zwar ist die Abgabe einer falschen Versicherung im Sinne von § 8 Abs. 3 GmbHG strafbewehrt. Auch entspricht der Strafrahmen des § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG dem des § 156 StGB. Das genügt jedoch angesichts des eindeutigen Wortlauts von § 8 Abs. 3 GmbH nicht, um eine Anwendung der §§ 38, 16 BeurkG auch auf die öffentliche Beglaubigung einer Anmeldung zu rechtfertigen.

d) Die Notwendigkeit einer Vereidigung des Dolmetschers ergibt sich ferner nicht aus § 9 FGG. Diese Bestimmung findet auf öffentliche Beurkundungen keine Anwendung (Kahl in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 14. Auflage, § 9 Rdn. 2).

e) Schließlich ist eine Vereidigung des Dolmetschers und seine Unterschriftsleistung bei der Anmeldung auch im Hinblick auf die Belehrung nach § 53 Abs. 2 BZRG nicht geboten. Die Belehrung nach § 53 Abs. 2 BZRG dient dazu, den Anmeldenden deutlich zu machen, dass sie selbst dann verpflichtet sind, eine strafrechtliche Verurteilung zu offenbaren, wenn diese Verurteilung nicht in das Führungszeugnis oder nur in ein Führungszeugnis nach § 32 Abs. 3, 4 BZRG aufzunehmen ist. Die Belehrung kann nach § 8 Abs. 3 Satz 2 GmbHG auch durch einen Notar vorgenommen werden. Weder die Belehrung noch die Versicherung der Anmeldenden, die Belehrung erhalten zu haben, bedürfen nach dem Gesetz der notariellen Beurkundung. Nimmt der Notar die Belehrung vor, handelt es sich damit nicht um eine Tätigkeit nach § 20 BNotO, sondern um eine sonstige Tätigkeit nach § 24 BNotO. Auch insoweit steht es daher im pflichtgemäßen Ermessen des Notars, in welcher Weise er sicherstellt, dass fremdsprachige Beteiligte die Belehrung verstehen. Nach dem Beglaubigungsvermerk hat der Notar den anmeldenden Geschäftsführern die Registeranmeldung, in der auch die Belehrung durch den Notar vermerkt ist, durch einen Dolmetscher in die polnische Sprache übersetzen lassen. Anhaltspunkte dafür, dass die Geschäftsführer gleichwohl nicht ordnungsgemäß belehrt wurden, sind nicht ersichtlich. Solche sind auch in der Zwischenverfügung des Registergerichts nicht aufgezeigt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 Abs. 1 Satz 2 KostO, § 13a FGG.

Ende der Entscheidung

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