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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 16.06.2004
Aktenzeichen: 12 U 108/03
Rechtsgebiete: ZPO, VVG, VHB 92


Vorschriften:

ZPO § 286
VVG § 61
VHB 92 § 3 Nr. 2
VHB 92 § 5 Nr. 1 a
Zum Nachweis eines Einbruchdiebstahls in der Hausratversicherung
Oberlandesgericht Karlsruhe 12. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 12 U 108/03

Verkündet am 16. Juni 2004

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juni 2004 durch Richter am Oberlandesgericht Dr. Stecher als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 15. August 2003 - 6 O 488/01 - im Kostenpunkt aufgehoben sowie im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 36.579,10 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 22.06.2001 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen die Klägerin 21 % und die Beklagte 79 %. Von den Kosten des zweiten Rechtszuges tragen die Klägerin 11 % und die Beklagte 89 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte als Hausratversicherer wegen eines durch Einbruchdiebstahl entstandenen Schadens in Anspruch. Dem Versicherungsvertrag vom 02.09.1997 liegen die Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen (VHB 92) zugrunde. Die Beklagte bestreitet in erster Linie das Vorliegen eines versicherten Einbruchdiebstahls. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil es sich nach Beweisaufnahme nicht vom Vorliegen eines versicherten Einbruchdiebstahls hat überzeugen können. Jedenfalls könne der Diebstahl nicht in der von der Klägerin vorgetragenen Weise stattgefunden haben. Insbesondere sei auszuschließen, dass die Wohnungstüre in mindestens einmal umgeschlossenem Zustand aufgebrochen worden sei.

Die Berufung der Klägerin hat überwiegend Erfolg.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte als Hausratversicherer wegen eines durch Einbruchdiebstahl entstandenen Schadens in Anspruch. Dem Versicherungsvertrag vom 02.09.1997 liegen die Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen (VHB 92) zugrunde.

Die Beklagte bestreitet das Vorliegen eines versicherten Einbruchdiebstahls, das behauptete Abhandenkommen von Bargeld, Schmuck und Perser-Teppichen sowie teilweise auch die von der Klägerin angegebenen Werte der Gegenstände.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen. Änderungen und Ergänzungen ergeben sich aus den folgenden Ausführungen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil es sich nach Beweisaufnahme nicht vom Vorliegen eines versicherten Einbruchdiebstahls hat überzeugen können. Jedenfalls könne der Diebstahl nicht in der von der Klägerin vorgetragenen Weise stattgefunden haben. Insbesondere sei auszuschließen, dass die Wohnungstüre in mindestens einmal umgeschlossenem Zustand aufgebrochen worden sei.

Mit ihrer dagegen gerichteten Berufung beantragt die Klägerin, die Beklagte unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zu verurteilen, an sie 40.903,35 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 22.06.2001 zu bezahlen.

Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe entgegen der Auffassung des Landgerichts, das gegen § 286 ZPO verstoßen habe, den Nachweis des äußeren Bildes eines Einbruchdiebstahls geführt. Auf den ihr unbekannten konkreten technischen Hergang des Einbruchs komme es nicht an. Der Täter könne anstatt durch - von ihr im ersten Rechtszug zunächst behauptetes - Aufhebeln der Türe auch in anderer Weise, etwa durch Aufbrechen des Schließzylinders und anschließendem Nach-Hinten-Schieben des Schließriegels mit Hilfe eines Hebels (Schraubenziehers) eingedrungen sein. Hinsichtlich des entwendeten Schmuckes macht die Klägerin im zweiten Rechtszug nicht nur den von ihr im ersten Rechtszug angenommenen Höchstentschädigungswert von 5.000 DM, sondern hilfsweise auch den übersteigenden Betrag bis zu einem vollen Wert von 16.100 DM geltend.

Die Beklagte beantragt unter Verteidigung des landgerichtlichen Urteils, die Berufung zurückzuweisen.

Der - durch den Einzelrichter erkennende - Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung mehrer Zeugen sowie Einholung schriftlicher und mündlicher Sachverständigengutachten zum möglichen Tathergang und dem Wert der angeblich entwendeten Teppiche. Die Klägerin wurde persönlich gehört.

II.

Die Berufung ist zu einem wesentlichen Teil begründet. Die Beklagte schuldet wegen des Vorfalls in der Nacht vom 17. auf 18.10.2000 die beanspruchte vertragsgemäße Versicherungsleistung in Höhe von 36.579,10 €.

1. Gemäß §§ 3 Nr. 2, 5 Nr. 1 a VHB 92 liegt ein versicherter Einbruchdiebstahl vor, wenn der Dieb in einen Raum eines Gebäudes einbricht, einsteigt oder mittels falscher Schlüssel oder anderer nicht zum ordnungsgemäßen Öffnen bestimmter Werkzeuge eindringt. Einen solchen Sachverhalt hat die Klägerin zur Überzeugung des Senats nachgewiesen.

a) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme liegen ausreichende Indizien für einen versicherten Einbruchsdiebstahl vor.

Zum Zeitpunkt des Vorfalls war die Eingangstür zur Wohnung der Klägerin verschlossen oder zumindest zugezogen, so dass ein ordnungsgemäßes Eindringen ohne Schlüssel nicht möglich war. Das ergibt sich nicht nur aus den - wie noch auszuführen ist: glaubhaften - wiederholten Angaben der Klägerin, sondern auch aus den auf S. 7 der Ermittlungsakten protokollierten Angaben ihrer polizeilich vernommenen Hausmitbewohnerin S.. Diese hat am Vortag, dem 17.10.2000, gegen 18.00 Uhr die Post vor der Tür abgelegt und dabei nach eigenen Angaben festgestellt, dass die Tür "verschlossen" war.

Die Klägerin hat gemäß ihren Angaben vor der Polizei (Ermittlungsakte S. 9) den (einzigen) ihr zur Verfügung stehenden Originalschlüssel beim Verlassen der Wohnung zu einem mehrtätigen Besuch ihrer Schwester in R. am 13.10.2000 ihrer Freundin H gegeben. Frau H verfügte nach dem Vorfall offensichtlich noch über den Schlüssel. Diesen Sachverhalt hat die Beklagte nicht bestritten. Ebenso wenig hat sie behauptet, dass die Freundin den Schlüssel zwischenzeitlich einem Dritten überlassen gehabt habe oder damit sogar selbst zum Vorfallszeitpunkt in die Wohnung eingedrungen sei. Damit scheidet ein - nicht versichertes - Betreten der Wohnung mit Hilfe eines zur ordnungsgemäßen Öffnung der Tür bestimmten Schlüssels zur Durchführung des Diebstahls aus.

Nach den polizeilichen Feststellungen fanden sich an der Wohnungseingangstür mehrere Spuren, die auf die Absicht eines gewaltsamen Eindringens in die Wohnung hinweisen. An der Außenseite waren die Metallverkleidung des Türschlosses nebst der Türklinke entfernt. Weiterhin befand sich am Türrahmen in Höhe von 95-100 cm eine Hebelspur mit eine Breite von 5-7 mm. Zwar konnte die zu diesen Spuren führende Gewalteinwirkung nach den Feststellungen des Sachverständigen B. nicht unmittelbar zur erfolgreichen Öffnung der Tür geführt haben, wenn diese, wie von der Klägerin behauptet, durch zumindest einfaches Umdrehen des Schlüssels verschlossen gewesen war. Die Spuren sprechen jedoch nach Auffassung des Senats bei Berücksichtigung aller Umstände jedenfalls dafür, dass der oder die Täter eine gewaltsame Öffnung der Tür versucht haben und damit für einen Einbruch. Dabei liegt ein bedingungsgemäß versicherter Einbruchdiebstahl - vorbehaltlich der gesondert zu prüfenden Frage einer etwaigen Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 61 VVG, vgl. unten 2. - auch dann vor, wenn die nicht umgeschlossene Tür durch Umdrehen des Wechselstifts mit einem hierzu nicht bestimmten Werkzeug wie etwa einer Spitzzange entriegelt worden ist. Ein solches Vorgehen hat insbesondere der Sachverständige B. für möglich gehalten (As. II 209).

Die Möglichkeit, dass der Einbruch mit Wissen und Billigung der Klägerin herbeigeführt und daher ein Versicherungsfall nur vorgetäuscht wurde, ist aus Sicht des Senats nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt. Die Klägerin hat bei ihrer Anhörung vor dem Senat ihre Erlebnisse und Eindrücke im Zusammenhang mit dem ihr am 18.10.2000 mitgeteilten Einbruch detailreich, lebensnah und insgesamt glaubhaft geschildert. Auf die Sitzungsniederschrift vom 03.02.2004 (As. II 135 ff) wird insoweit Bezug genommen.

Unauflösbare Widersprüche, die die Glaubwürdigkeit der Klägerin in Frage stellen, bestehen nicht. Soweit sie angegeben hat, die Polizisten S. und W. hätten ihr nach dem Vorfall mitgeteilt, das Schloss der Tür sei aufgebohrt worden, ist die Klägerin bei dieser Aussage auch nach Zeugenvernehmung der beiden Polizeibeamten im Verhandlungstermin am 16.03.2004 geblieben. Beide Zeugen hatten insoweit keine genaue Erinnerung mehr. Allerdings gingen sie letztlich davon aus, das wahrscheinlich nicht so gegenüber der Klägerin gesagt zu haben, weil man einen solchen Sachverhalt sonst ins polizeiliche Protokoll aufgenommen oder jedenfalls das Schloss sichergestellt hätte. Das erscheint in der Tat nahe liegend. War diese Angabe der Klägerin deshalb möglicherweise objektiv unrichtig, folgt daraus für den Senat jedoch kein unredliches oder im Übrigen nicht den Tatsachen entsprechendes Aussageverhalten. Er ist nach den Eindrücken in der mündlichen Verhandlung vielmehr überzeugt davon, dass die Klägerin subjektiv von der Richtigkeit ihrer Erinnerung ausgegangen ist. Ebenso ist der Senat überzeugt, dass, soweit der Zeuge W. die Angaben der Klägerin zu den Umständen der Aufnahme des polizeilichen Protokolls und dessen teilweiser Unrichtigkeit nicht bestätigen konnte, dies auf Lücken oder Verzerrungen in der Erinnerung entweder des Zeugen oder der Klägerin selbst beruht. Das ist angesichts des inzwischen verstrichenen Zeitraumes von über 3 Jahren auch nachvollziehbar. In vielen wesentlichen Punkten stimmten die Angaben der Klägerin und der ermittelnden Beamten überein. Das gilt insbesondere hinsichtlich des von der Klägerin gegenüber dem Zeugen W. geäußerten konkreten Verdachts, wonach ihr ehemaliger Freund, der Iraner sei und viel mit Teppichen zu tun gehabt habe, möglicherweise der Täter gewesen sei.

Es erscheint sogar nahe liegend, dass dieser Mann den Einbruchsdiebstahl ausgeführt hat oder zumindest daran beteiligt war. Als ehemaliger Lebenspartner der Klägerin wusste er, dass sie über die Teppiche verfügte. Erfahren im Umgang mit persischen Teppichen dürfte er auch deren ungefähren Wert gekannt haben. Die besonderen Kenntnisse dieses möglichen Täters würden auch das Einbruchsmotiv und die Spurenlage in der Wohnung erklären, die entsprechend den Beobachtungen der Polizeibeamten offenbar - nach den Teppichen und möglicherweise auch dem im Schlafzimmer aufbewahrten Schmuck - gezielt durchsucht worden war und keine größere Unordnung oder gar Spuren von Vandalismus aufwies. Das Bargeld in Höhe von ca. 10.000 US-Dollar, dessen Herkunft und Grund der Aufbewahrung im Bücherregal die Klägerin nachvollziehbar und glaubhaft geschildert hat (As. II 143 f), wurde nach ihrer plausiblen Vermutung vom Täter wohl zufällig aufgefunden, als er das Regal nach den Teppichexpertisen durchsuchte. Dem nach allem nahe liegenden Täterverdacht steht nicht entgegen, dass der ehemalige Freund nach Kenntnis der Klägerin selbst nie zuvor in der Anfang des Jahres 2000 angemieteten Wohnung gewesen war. Er dürfte sich auch so in den - ersichtlich nicht übermäßig großen - Räumlichkeiten leicht zurecht gefunden haben. Es kommt hinzu, dass die Klägerin schon gegenüber dem Polizeibeamten W. den Verdacht geäußert hatte, relativ kurze Zeit vor dem Vorfall abends durch einen Mann, den sie wegen der Dunkelheit nicht beschreiben konnte, im Schlafzimmer beobachtet worden zu sein. Die Klägerin hat die Personalie des Verdächtigen auch dem Polizeibeamten W. - wie dieser bei seiner Vernehmung vor dem Senat bestätigt hat (As. II 205 f) - mitgeteilt. Dies geschah allerdings aus Angst vertraulich. W. hatte daher einen separaten "Aktenvermerk" gefertigt und der Staatsanwaltschaft zugeleitet. Dass dieser Vermerk jedoch nicht zu der beigezogene Strafakte genommen wurde und die Ermittlungsansätze entsprechend den Angaben des Zeugen W. nicht weiter verfolgt wurden, weil der Verdächtige wohl nicht mehr in Deutschland aufhältlich war, ist nicht der Klägerin anzulasten und vermag den Täterverdacht als solchen nicht zu entkräften.

In der Gesamtwürdigung aller bekannt gewordenen Umstände ist der Senat überzeugt davon (§ 286 ZPO), dass der Klägerin in der Vorfallsnacht die in den Privatgutachten des Schätzmeisters G (Anlagen K 6 - K 11) ausgewiesenen Teppiche, Bargeld in der angegebenen Höhe von ca. 10.000 US-Dollar sowie die von ihr angegebenen Schmuckstücke durch einen Einbruch in die Wohnung entwendet worden sind. Allerdings hat die Beweisaufnahme keine Klarheit darüber ergeben, auf welche Weise genau der oder die Täter das Schloss der Wohnungseingangtür überwunden haben. War die Tür - entsprechend dem Zustand, in dem die Klägerin überzeugt ist, die Wohnung am 13.10.2000 verlassen zu haben - zumindest einmal umgeschlossen, scheidet nach dem nachvollziehbaren schriftlichen Gutachten des Sachverständigen B. vom 27.05.2003 (Anlagenheft Landgericht S. 181 ff) ein erfolgreiches Aufhebeln aus, da der Riegel des Einsteckschlosses nach dem Lichtbild 3 in der Strafakte (S. 14) nicht beschädigt war. Der Sachverständige schloss vor dem Senat anhand der Lichtbilder nachvollziehbar auch ein Aufbohren des Schlosses aus (As. II 209). Für unwahrscheinlich hielt er auch ein Aufbrechen des Schlosszylinders, da dieser nach dem Lichtbild Nr. 2 (S. 13 der Strafakte) nach der Tat noch im Schlosskanal steckte und der Zylinder auch nicht von der Polizei als Beweismittel sichergestellt worden sei. Gänzlich auszuschließen vermochte er ein solches Vorgehen allerdings - wie auch die Polizeibeamten - nicht. Immerhin meinte der erstinstanzlich vernommene Zeuge S., der kurz nach der Tat das Schloss austauschte, sich auf jeden Fall daran erinnern zu können, dass der Zylinder gebrochen gewesen sei (Protokoll As. I 125). Der Sachverständige B. hielt für am Wahrscheinlichsten, dass der oder die Täter nach Entfernung des äußeren Türbeschlages mit einem geeigneten Werkzeug, z.B. einer Spitz- oder Wasserpumpenzange, an den Wechselstift im Schloss gelangt ist und die Tür durch Umdrehen des Stifts entriegelt hat. Dieses Vorgehen konnte allerdings, wie der Sachverständige überzeugend dargelegt hat (As. II 209), nur funktionieren, wenn die Tür nicht umgeschlossen war.

Letztendlich kann die konkrete Vorgehensweise des Täters dahinstehen, da feststeht, dass dieser nur mittels eines nicht zum ordnungsgemäßen Öffnen der Tür bestimmten Werkzeuges in die Wohnung eingedrungen sein kann und damit ein versicherter Einbruchsdiebstahl vorliegt. Der Klägerin kann nicht zum Nachteil gereichen, dass sie den konkreten Hergang des Einbruchsdiebstahls nicht hat nachweisen können, weil insoweit wichtige Beweisgegenstände, nämlich der Beschlag mit Wechselstift, das Einsteckschloss und der Schließzylinder, - ohne ihr Verschulden - nicht mehr vorhanden sind. Hat sie, wie anzunehmen ist, den Einbruch nicht vorgetäuscht, liegt aber hinsichtlich der Vorgehensweise kein eindeutiges Spurenbild vor, muss es jedenfalls genügen, wenn nicht versicherte Hergangsmöglichkeiten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können (vgl. auch OLG Hamm VersR 1995, 1233).

Dass sich für die Entfernung auch der Beschlaginnenseite keine sinnvolle Erklärung aufdrängt, steht dem Ergebnis der Beweiswürdigung nicht entgegen. Denn dieser Umstand ist ebenso wenig geeignet, ein gewaltsames Eindringen von außen zu widerlegen. Insbesondere macht die Entfernung des Innenbeschlages auch zur Vortäuschung eines Einbruchdiebstahls keinen Sinn. Der Sachverständige B. hat gemutmaßt, der Täter habe den inneren Beschlag einfach mitgenommen, um die Dinge zu beseitigen (As. II 209).

b) Da der Senat die volle Überzeugung vom Vorliegen eines versicherten Einbruchdiebstahls (§ 286 ZPO) gewonnen hat, bedarf es keiner zusätzlichen Prüfung anhand der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung in solchen Fällen zugunsten des Versicherungsnehmers anerkannten Beweiserleichterungen (vgl. BGHZ 130, 1; BGH VersR 1996, 186). Im Übrigen ist auch danach der Versicherungsfall hinreichend nachgewiesen. Insbesondere ist der sogenannte Beweis des äußeren Bildes als voll zu beweisendes Sachverhaltsminimum auch anhand von Indizien möglich und kann auch geführt werden, indem alle anderen in Betracht kommenden Möglichkeiten eines nicht versicherten Diebstahls ausgeschlossen werden (vgl. BGH VersR 1991, 297 unter II 3 m.w.N.; Römer/Römer, VVG, 2,. Aufl., § 49 Rn. 23).

2. Die Beklagte ist nicht gemäß § 61 VVG leistungsfrei. Eine vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalles durch Vortäuschung liegt, wie festgestellt, nicht vor. Der Annahme einer Herbeiführung durch grobe Fahrlässigkeit steht bereits entgegen, dass die Beklagte sich hierauf nicht berufen und dementsprechend auch nicht einmal Umstände dargelegt hat, die den Schluss auf ein grob fahrlässiges Verhalten der Klägerin rechtfertigen könnten. Das wäre jedoch für eine Leistungsfreiheit nach § 61 VVG mindestens erforderlich gewesen (vgl. Römer/Langheid, aaO, § 61 VVG Rn. 87 m.w.N.). Hiervon ausgehend kann dahin stehen, ob eine grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls durch die Klägerin in Betracht käme, wenn sie - entgegen ihrer wiederholten Bekundung und nach Auffassung des Senats auch subjektiven Überzeugung - die Wohnungseingangstür beim Verlassen der Wohnung nicht durch zumindest einfaches Umdrehen des Schlüssels verriegelt hätte. Ob dies tatsächlich der Fall gewesen ist, lässt sich nach dem Sach- und Streitstand nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit feststellen. Dem steht abgesehen von den dargelegten, nach Auffassung des Senats nicht hinreichend aussagekräftigen Beweisergebnissen zum Eintritt des Versicherungsfalls auch die nicht von vornherein auszuschließende Möglichkeit entgegen, dass die Freundin der Klägerin, die den Wohnungsschlüssel während ihrer Urlaubsabwesenheit in R. seit 13.10.2000 im Besitz hatte, die Wohnung zwischenzeitlich betreten haben kann, um nach dem Rechten zu sehen.

3. Der der Klägerin von der Beklagten aufgrund des Versicherungsfalls bedingungsgemäß zu ersetzende Schaden beläuft sich auf insgesamt 36.579,10 € (entsprechend 71.542,50 DM):

Das entwendete Bargeld (ca. 10.000 US-Dollar) ist nach den unstreitig in den "Wichtigen Hinweisen und Erläuterungen zu den einzelnen Versicherungen" im Versicherungsschein vereinbarten Entschädigungsgrenzen (Ziffer 3 a) in Höhe eines Höchstbetrages von 2.000 DM zu ersetzen.

Den Wert des entwendeten Schmucks (vgl. die Beschreibung der Klägerin As. 11 der Ermittlungsakte) macht die Klägerin im zweiten Rechtszug nach richterlichem Hinweis auf die nicht eingreifende Entschädigungsbegrenzung (As. II 147) hilfsweise vollständig geltend (As. II 177). Diese Klagerweiterung war als sachdienlich zuzulassen (§ 533 Nr. 1 ZPO). Der Gesamtwert der Schmuckstücke ist jedoch lediglich mit 13.100 DM zu veranschlagen. Dieser Betrag entspricht der von der Beklagten entsprechend dem Gutachten des Sachverständigen B. (Anlage B 1) anerkannten Werthöhe. Für den von ihr behaupteten höheren Wert von 16.000 DM hat die Klägerin keinen Beweis angeboten.

Hinsichtlich der Teppiche nimmt der Senat gemäß § 287 ZPO einen Gesamtwert (Wiederbeschaffungspreis, vgl. Hinweis As. II 239) von 56.442,50 DM an. Dieser entspricht den summierten Durchschnittswerten, die der Sachverständige B. in seinem Gutachten vom 30.03.2004 angesetzt hat. Die Bedenken der Klägerin gegen die gutachterlichen Feststellungen sind nach der Anhörung des Sachverständigen im Termin am 15.06.2004 ausgeräumt.

4. Die Zinsen sind unter dem Gesichtspunkt des Verzuges gerechtfertigt.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, wobei die Klagerweiterung hinsichtlich des aus der Entwendung des Schmucks entstandenen Schadens im zweiten Rechtszug zu unterschiedlichen Quoten in beiden Rechtszügen führt. Der Ausspruch über die Vollstreckbarkeit stützt sich auf die §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht.

Ende der Entscheidung

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