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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 19.12.2002
Aktenzeichen: 12 U 164/02
Rechtsgebiete: AWG, AWV, BGB, ZPO


Vorschriften:

AWG § 34
AWV § 69 a
BGB § 134
ZPO § 139
ZPO § 139 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Karlsruhe 12. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 12 U 164/02

Verkündet am 19. Dezember 2002

In dem Rechtsstreit

wegen Warenlieferung

hat die 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 19. Dezember 2002 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Zöller Richter am Oberlandesgericht Dr. Delius Richterin am Oberlandesgericht Lampel-Meyer

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 27.05.2002 - 23 O 88/01 - wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

I. (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO)

Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils, das der auf Zahlung der Lieferung von kaltgewalztem Edelstahl gerichteten Klage in vollem Umfang stattgegeben hat, wird Bezug genommen.

Im Berufungsrechtszug verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf Klagabweisung weiter. Sie macht geltend, der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag über den Export der Edelstahlbänder verstoße gegen ein gesetzliches Verbot, weil die Bestellung der Beklagten ausdrücklich zum Export in den ... und die Lieferung der Klägerin auch für diesen konkreten Zweck erfolgt sei. Ihr stehe auch ein Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung zu, weil die Klägerin zugesichert habe, dass die Edelstahlbänder einem Exportverbot nicht unterlägen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

II. (§ 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO)

Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin die geltend gemachte Kaufpreisforderung in Höhe von € 57.647,65 aufgrund des wirksam zwischen den Parteien zustande gekommenen Kaufvertrags über die Lieferung von kaltgewalzten Edelstahlbändern zusteht. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine andere Beurteilung.

1. Der Kaufvertrag ist nicht wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot - hier § 34 AWG in Verbindung mit § 69 a AWV - nichtig (§ 134 BGB). Der Kaufvertrag betrifft den Kauf von Bandstahl zwischen zwei in Deutschland ansässigen Unternehmen und stellt damit ein rein inländisches Geschäft dar. Die Vereinbarung ist auch keine verbotene beiderseitige Vorbereitungshandlung für ein gegen ein Gesetz verstoßendes weiteres Geschäft. Darüber hinaus ist die Genehmigungsfreiheit oder die Genehmigungsfähigkeit des von der Beklagten beabsichtigten Exports des Bandstahls in den ... weder Bestandteil der vertraglichen Abmachungen noch Geschäftsgrundlage des Kaufvertrages der Parteien.

Soweit die Beklagte die Absicht hatte und dies auch durch tatsächliche Auslieferung versucht hat, die Stahlbänder in den ... zu exportieren, ist dies - wie schon das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - für den Inhalt der vertraglichen Übereinkunft letztlich ohne Belang (§§ 133, 157 BGB). Die Auftragserteilung der Beklagten vom 23.09.1999 (I 15) enthält zwar den Zusatz "Export ...". Dies musste die Klägerin jedoch lediglich als die Angabe des Bestimmungsorts verstehen, an den die Beklagte beabsichtigte, die gekaufte Ware weiterzuliefern. Die Klägerin musste nicht annehmen, dass sie selbst damit die Verantwortung für die Exportfähigkeit der Ware in den ... übernehmen sollte. Die Klägerin hat demgemäß eine bestimmte Verwendung des Stahls in ihrer Auftragsbestätigung vom 30.09.1999 (I 17) nicht angeführt. Betroffen ist hier ausschließlich die Risikosphäre der Beklagten. Es ist deshalb alleine Angelegenheit der Beklagten gewesen, ob sie den Bandstahl nach Einholung erforderlicher Ausfuhrgenehmigungen in den ... exportierte oder ihn auf sonstige Weise verwendete. Hätte sie weitergehende vertragliche Verpflichtungen der Klägerin angestrebt, hätte sie dies unzweifelhaft deutlich machen müssen. Dass hier keine vertragliche Risikoübernahme durch die Klägerin erfolgte ist und auch die Beklagte die Abmachungen nicht so verstanden hat, ergibt sich schon aus deren eigenen Vortrag. Eine nach Vertragsschluss vorgenommene telefonische Anfrage bzw. das Fax vom 10.01.2000 wären in diesem Fall nämlich nicht veranlasst gewesen.

Ein strafbewehrtes Verbot im Sinne des § 134 BGB erstreckt sich zudem auf ein Rechtsgeschäft als ganzes grundsätzlich nur dann, wenn der Straftatbestand von beiden Vertragsparteien objektiv und subjektiv verwirklicht wird (BGHZ 132, 313, Sorgel, BGB, 12. Auflage, § 134 Rn. 24). Im vorliegenden Falle fehlt es schon an hinreichenden Ausführungen der Beklagten dazu, dass die Ware auch ohne erforderliche Ausfuhrgenehmigungen ausgeführt werden sollte und/oder die Ware von vorneherein nicht für einen Export genehmigungsfähig gewesen ist. Die Klägerin hat schon aus diesem Grund mit der Lieferung des Stahls an die Beklagte keinen Straftatbestand verwirklicht und somit durch den Abschluss des Kaufvertrages mit der Beklagten keinem gesetzlichen Verbot zuwider gehandelt. Im Außenwirtschaftsverkehr kommt eine Unwirksamkeit gem. § 134 BGB zudem nur für solche Verträge in Betracht, die deutschem Recht unterliegen und mit Bestimmungen des Außenwirtschaftsgesetzes oder der auf dieser Grundlage ergangenen Verordnungen oder sonstigen für den Außenwirtschaftsverkehr maßgebenden Rechtsvorschriften schlechthin nicht in Einklang stehen (Erman, Kommentar zum BGB, 10. Auflage, § 134 Rn. 29). Ausweislich des richterlichen Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Mannheim vom 31.05.2001 (I 49/50) fehlt es für die hier streitige Lieferung an einer Ausfuhrgenehmigung. Hinreichende Ausführungen dazu, dass eine Ausfuhrgenehmigung - aus welchen Gründen auch immer - nicht hätte erteilt werden können, fehlen seitens der Beklagten.

2. Die Klägerin hat bei Vertragsschluss auch keine Nebenverpflichtung verletzt, auf eine Exportbeschränkung und die Notwendigkeit einer Ausfuhrgenehmigung für die bestellte Stahllieferung in den ... hinzuweisen. Die Klägerin macht zum einen unwiderlegt geltend, keine Kenntnis von Exportbeschränkungen in den ... gehabt zu haben. Zum anderen ist nicht dargetan, dass insoweit zum Zeitpunkt des Vertragschlusses bei der Beklagten für die Klägerin erkennbar Aufklärungsbedarf bestand. Im Regelfall darf ein Lieferant davon ausgehen, dass sein Abnehmer die Bedingungen der Weiterverwertung der Waren kennt.

3. Ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung aufgrund einer nach Vertragsschluss erbetenen unrichtigen Auskunft scheitert schon daran, dass es an der Darlegung eines auf eine Pflichtverletzung der Klägerin zurückzuführenden, konkret bezifferbaren Schadens der Beklagten fehlt. Die Hilfsaufrechnung, die einen die Klagforderung übersteigenden Schaden betreffen soll, ist bereits unzulässig, weil die Tatsachenangaben so unzureichend sind, dass eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über die Schadensersatzforderung nicht ergehen kann (BGH VersR 1994, 1003).

Allerdings hat die Beklagte in der Berufungsbegründung um einen Hinweis des Senats gebeten, wenn eine Bezifferung für sinnvoll erachtet werde. Der Senat hat diesen Hinweis nicht erteilt und war hierzu auch nicht nach § 139 ZPO gehalten. Gemäß § 139 Abs. 2 ZPO darf das Gericht seine Entscheidung dann nicht ohne Hinweis und Gelegenheit zur Äußerung auf einen nicht nur Nebenforderungen betreffenden Gesichtspunkt stützen, wenn die Partei diesen erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat. Bereits in erster Instanz hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass der zur Aufrechnung gestellte Anspruch unsubstantiiert ist. Die Beklagte hat das Problem ausweislich der Berufungsbegründung auch erkennbar gesehen. Sie gibt lediglich vor, dessen Bedeutung nicht zu erfassen. Da hier aber Grundprinzipien des Prozessrechts berührt sind, kann von einer ernstlichen Fehleinschätzung der Rechtslage durch die anwaltlich vertretene Beklagte nicht ausgegangen werden. Der Senat geht vielmehr davon aus, dass die Beklagte ihrer in ihrer Bedeutung voll erfassten Substantiierungslast erst nachkommen möchte, wenn sich dies nach einer Vorprüfung des Gerichts für sie "lohnt". Ein solches Prozessieren "auf Raten" entspricht nicht der Zivilprozessordnung und kann auch nicht durch das Erbeten von Hinweisen auf Selbstverständliches ermöglicht werden.

Ein Hinweis ist allerdings auch schon deshalb entbehrlich, weil die Beklagte nicht hat belegen können, dass nach der Exportmöglichkeit des Stahls gefragt worden ist und die Klägerin eine unrichtige Auskunft erteilt hat. Der Zugang des Faxes vom 10.01.2000 steht nicht fest. Zudem lässt der Inhalt des Faxes nicht mit der hierfür erforderlichen Sicherheit erkennen, dass der zuständige Mitarbeiter der Klägerin eine entsprechende Zusage gemacht hat. Der Senat teilt die Erwägungen des Landgerichts und nimmt auf diese zur Vermeidung von Wiederholungen zustimmend Bezug. Insbesondere kann in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch deshalb Bedenken gegen das Vorbringen der Beklagten bestehen, sie habe den Stahl auf der Grundlage einer verbindlichen Zusicherung der Klägerin exportiert, weil die Beklagte einerseits mit Faxschreiben die schriftliche Bestätigung der Exportfähigkeit von der Klägerin erbat, andererseits jedoch den Export dann ohne eine solche Bestätigung tatsächlich durchführte.

Eine rechtsverbindliche Zusage ergibt sich auch nicht aus den Bekundungen der in erster Instanz vernommenen Zeugin .... Der Senat schließt sich der Beweiswürdigung des Landgerichts an. Die Schlussfolgerung, die die Zeugin aus dem Inhalt des Faxes vom 10.01.2000 gezogen hat, führen - worauf schon das Landgericht zutreffend abgestellt hat - hier nicht weiter.

Im übrigen würde der Schadensersatzanspruch der Beklagten an ihrem ganz überwiegenden Mitverschulden scheitern (§ 254 Abs. 1 BGB). Zum einen ist hier der Umstand zu berücksichtigen, dass die erbetene schriftliche Bestätigung der Exportfähigkeit beim Export nicht vorlag. Schon dies hätte die Beklagte zur Vorsicht ermahnen müssen. Zum anderen geht aus dem die angeblich schadensstiftende Beschlagnahme anordnenden Beschluss des Amtsgerichts Mannheim vom 31.05.2001 hervor, dass der Beklagten weitere 4 Straftaten nach § 34 AWG vorgeworfen werden, die allesamt zeitlich vor dem hier streitgegenständlichen Geschäft liegen. Zu diesen Taten hat die Klägerin keinerlei Verbindung.

III.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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