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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 08.12.2006
Aktenzeichen: 12 U 208/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 66
ZPO § 71
BGB § 426
Wer auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, hat regelmäßig ein rechtliches Interesse im Sinne von § 66 ZPO am Obsiegen des Anspruchstellers in dessen Rechtstreit mit einem eventuellen weiteren Schädiger, der zusammen mit dem Nebenintervenienten als Gesamtschuldner haften würde.
Oberlandesgericht Karlsruhe 12. Zivilsenat Im Namen des Volkes Zwischenurteil

Geschäftsnummer: 12 U 208/05

Verkündet am 08. Dezember 2006

In dem Rechtsstreit

wegen Zwischenstreit über den Beitritt als Nebenintervenient

hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 08.Dezember 2006 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Zöller Richterin am Oberlandesgericht Lampel-Meyer Richter am Oberlandesgericht Dr. Roth

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Der Beitritt des D als Nebenintervenient auf Seiten der Klägerin zu 4 wird hinsichtlich der Gesellschafterin Nr. 44 - D- Bank - zugelassen.

Im Übrigen wird der Beitritt zurückgewiesen.

II. Die Entscheidung über die Kosten des Zwischenstreits bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren aus Amtshaftung Schadensersatz vom beklagten Land in Höhe von über 1 Milliarde Euro. Beamten des Landes sei der Vorwurf zu machen, ein als solches erkanntes betrügerisches Schneeballsystem nicht aufgedeckt, teilweise sogar unterstützt zu haben. Insbesondere einem Betriebsprüfer falle eine Beihilfe zu einem Betrug zum Nachteil der Kläger zur Last.

Der Nebenintervenient, gegen den in einem gesonderten Verfahren der von einem Kläger behauptete Schaden geltend gemacht wird, der andererseits in einem weiteren Rechtstreit das beklagte Land wegen des dargestellten Verhaltens seiner Beamten Ersatz seines Schadens geltend macht, hat seinen Beitritt auf Klägerseite erklärt und diesen damit begründet, dass er ein rechtliches Interesse daran habe, dass die Kläger gegenüber dem beklagten Land ihre Schadensersatzansprüche durchsetzten.

Die Kläger beantragen die Zurückweisung der Nebenintervention. Sowohl die Kläger als auch das beklagte Land machen geltend, der Beitritt sei mangels rechtlichen Interesses unzulässig. Die Kläger führen weiter aus, dass der Beitritt gemäß § 426 Abs. 2 S. 2 BGB nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden könne, wovon hier schon deshalb auszugehen sei, weil der Nebenintervenient aus Sicht der Kläger Gehilfe oder Mittäter des F - Betrugs gewesen sei. Das beklagte Land ist darüber hinaus der Auffassung, dass das rechtliche Interesse auch deshalb zu verneinen sei, weil ihm im Falle des Obsiegens der Kläger ein Ausgleichsanspruch gem. § 426 Abs. 1 BGB in Milliardenhöhe gegen den Nebenintervenient als Gehilfen zustünde, mit dem die Aufrechnung gegen einen bei Ausgleich der Forderung der D- Bank auf den Nebenintervenient übergegangenen Anspruch erklärt werden könne.

Gründe:

I.

Die Kläger begehren in dem vor dem Senat anhängigen Rechtsstreit unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung Schadensersatz vom beklagten Land in Höhe von über 1 Milliarde Euro. Die Kläger werfen u. a. Betriebsprüfern des beklagten Landes vor, sie hätten im Rahmen der Ende 1995 bis Anfang 1997 durchgeführten Betriebsprüfung der F - Unternehmensgruppe den den Geschäftsführern S, Dr. K und N angelasteten Betrug durch Verkauf von nicht existenten Horizontal - Bohrsystemen (HBS) erkannt. Den Betriebsprüfern sei deshalb der Vorwurf zu machen, das von ihnen erkannte, betrügerische Schneeballsystem nicht bereits zum 30.06.1996, spätestens aber zum 31.03.1997 aufgedeckt, teilweise sogar unterstützt zu haben. Insbesondere dem Betriebsprüfer Se und auch den Steuerfahndern falle damit eine Beihilfe zum Betrug zur Last.

Der Nebenintervenient hat mit Schriftsatz vom 30.11.2006 seinen Beitritt auf Klägerseite erklärt und diesen damit begründet, dass er ein rechtliches Interesse daran habe, dass die Kläger gegenüber dem beklagten Land ihre Schadensersatzansprüche durchsetzten. Zum einen habe er einen inhaltlich identischen Anspruch, den er in einem derzeit vor dem Landgericht Karlsruhe (AZ 2 O 4/04) anhängigen Verfahren gegen das beklagte Land geltend mache. Aufgrund der Parallelität der von den Klägern und ihm geltend gemachten Ansprüche bestehe die Gefahr, dass ein Prozessausgang zu Lasten der Kläger faktisch sein Verfahren gegen das beklagte Land vor dem Landgericht präjudizieren könnte. Zum anderen mache der Insolvenzverwalter über das Vermögen der K Ansprüche der der Klägerin zu 4 angehörenden D- Bank AG auf Ersatz des dieser aus dem F - Betrug entstandenen Schadens gem. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB als Prozessstandschafter gegen ihn in einem weiteren, vor dem Senat anhängigen Rechtsstreit (12 U 209/02) geltend. Die in dem Verfahren vor dem Senat verfolgten Ansprüche seien auf Ersatz des auch hier streitgegenständlichen, durch die Kläger zu 4 geltend gemachten Schadens gerichtet. Der Nebenintervenient werde im vorliegenden Verfahren wie in dem gegen ihn geführten Rechtsstreit als Gehilfe der rechtskräftig verurteilten Haupttäter S, Dr. K und N bezeichnet. Auch für das gegen ihn geführte Verfahren sei damit eine faktische Präjudizialität des hiesigen Verfahrens gegeben und das rechtliche Interesse auch deshalb zu bejahen. Denn im Falle des Unterliegens des beklagten Landes stünde ihm, soweit er als Gesamtschuldner Zahlungen auf diesen Schaden leiste, ein Ausgleichsanspruch gemäß § 426 Abs. 2 BGB gegen das beklagte Land zu, sodass gerade auch deswegen das rechtliche Interesse zu bejahen sei.

Die Kläger beantragen,

die Nebenintervention zurückzuweisen.

Auch das beklagte Land ist der Auffassung, dass der Beitritt entsprechend dem Antrag der Kläger zurückzuweisen ist.

Sowohl die Kläger als auch das beklagte Land machen geltend, der Beitritt sei mangels rechtlichen Interesses unzulässig. Der Nebenintervenient begründe sein rechtliches Interesse an einem Beitritt mit einer faktischen Präjudizialität. Der bloße Wunsch des Nebenintervenienten, der Rechtsstreit möge zu Gunsten der Kläger entschieden werden, vermöge auch unter Berücksichtigung der übrigen Ausführungen des Nebenintervenienten kein rechtliches Interesse zu begründen. Die Kläger führen weiter aus, dass der Beitritt gemäß § 426 Abs. 2 S. 2 BGB nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden könne, wovon hier schon deshalb auszugehen sei, weil der Nebenintervenient aus Sicht der Kläger Gehilfe oder Mittäter des F - Betrugs gewesen sei.

Das beklagte Land ist darüber hinaus der Auffassung, dass das rechtliche Interesse auch deshalb zu verneinen sei, weil ihm im Falle des Obsiegens der Kläger ein Ausgleichsanspruch gem. § 426 Abs. 1 BGB in Milliardenhöhe gegen den Nebenintervenient als Gehilfen des F - Betrugs zustünde, mit dem dann die Aufrechnung gegen einen bei Ausgleich der Forderung der D- Bank auf den Nebenintervenient übergegangenen Anspruch erklärt werden könne.

II.

Der Beitritt des D als Nebenintervenient zum anhängigen Rechtsstreit auf Seiten der Kläger ist in dem aus Tenor Ziffer 1 ersichtlichen Umfang zulässig. Für einen Beitritt als Nebenintervenient hat der Antragsteller nur bezüglich der Gesellschafterin Nr. 44 der Klägerin zu 4 ein rechtliches Interesse schlüssig dargelegt (§§ 66 Abs. 1, 71 Abs. 1 ZPO). Im Übrigen ist der Beitritt unzulässig.

Nach § 66 Abs. 1 ZPO kann nur derjenige, der ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit eine Partei obsiegt, dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten. Der Begriff des rechtlichen Interesses - im Gegensatz zu einem bloß wirtschaftlichen oder sonstigen tatsächlichen Interesse - erfordert, dass der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder dem Gegenstand des Rechtsstreits in einem Rechtsverhältnis steht, auf das die Entscheidung des Rechtsstreits durch ihren Inhalt oder ihre Vollstreckung unmittelbar oder auch nur mittelbar rechtlich einwirkt (BGH WM 2006, 1252; Zöller, ZPO, 26. Aufl. § 66 Rn. 8). Dabei wird nach der Rechtssprechung der Begriff des rechtlichen Interesses im Sinne des § 66 ZPO über die schon von jeher anerkannten Situationen der Rechtskrafterstreckung, der Gestaltungswirkung oder der Tatbestandswirkung hinaus auch auf Fälle so genannter Präjudizialität erstreckt. Hierzu gehören trotz fehlender Rechtskrafterstreckung die Fälle eines denkbaren Regresses der Hauptpartei gegen die Nebenintervenienten ebenso wie die Fälle akzessorischer Haftung - etwa des Gesellschafters im Prozess gegen die OHG bzw. die KG oder auch des Bürgen -, weil der Ausgang des ersten Prozesses für den Folgeprozess aller Erfahrung nach erhebliche faktische Auswirkungen hat (OLG Schleswig-Holstein AG 2005, 819; Zöller, a. a. O., § 66 Rn. 13; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Auflage, § 66 Rn. 16).

Ein rechtliches Interesse ergibt sich danach zwar nicht aufgrund des vom Nebenintervenienten bereits vor dem Landgericht Karlsruhe als Geschädigter des so genannten F - Betruges geführten Amtshaftungsprozesses gegen das beklagte Land (1.), wohl aber hinsichtlich der Gesellschafterin Nr. 44 der Klägerin zu 4 aufgrund des bereits vor dem Senat anhängigen Verfahrens des Insolvenzverwalters Sp gegen den Nebenintervenienten als Gehilfe des F - Betruges (2.).

1. Die Kläger zu 4 machen im vorliegenden Rechtsstreit zwar jeweils den ihnen aufgrund einer behaupteten Amtspflichtverletzung in Form einer vorsätzlichen Beihilfe zum F - Betrug durch Betriebsprüfer/Steuerfahnder des beklagten Landes entstandenen Eigenschaden geltend, den auch der Nebenintervenient als aus seiner Sicht weiterer Geschädigter des F - Betruges - seinem Vortrag zufolge mit der gleichen rechtlichen Begründung - in dem vor dem Landgericht Karlsruhe geführten Rechtsstreit (2 O 4/04) gegenüber dem Land verfolgt. Eine bloße Übereinstimmung in Bezug auf die Anspruchsgrundlage und auf den einen Amtshaftungsanspruch begründenden Sachverhalt lässt - wie auszuführen sein wird - jedoch allenfalls auf ein wirtschaftliches Interesse schließen.

a) Eine bindende Wirkung hat ein Urteil des Senats im vorliegenden Rechtsstreit für die Amtshaftungsklage des Nebenintervenienten auf Ersatz seines eigenen individuellen Schadens als Geschädigter des F - Betruges ohnehin nicht. Insoweit liegt keine Rechtskrafterstreckung, Gestaltungswirkung oder Tatbestandswirkung und damit kein Interventionsgrund im Sinne des § 68 ZPO vor. Hiervon geht auch der Nebenintervenient aus.

b) Der vorliegende Fall ist auch nicht mit den Fällen der so genannten Präjudizialität bzw. den Fällen der Vorgreiflichkeit (Fälle eines möglichen Regresses der Hauptpartei gegen den Nebenintervenienten oder Fälle einer akzessorischer Haftung) vergleichbar, in denen ebenfalls das rechtliche Interesse an einem Beitritt angenommen wird. Diese Voraussetzungen sind im Verhältnis der Hauptpartei zum Nebenintervenienten im vorliegenden Fall nicht gegeben. Der Nebenintervenient macht nicht einmal geltend, dass im Rechtsstreit vor dem Senat zumindest auch eine Aussage über die materielle Rechtslage des Dritten (Nebenintervenienten) zum beklagten Land selbst erfolgen wird, sondern vertritt die Auffassung, dass sich ein rechtliches Interesse entsprechend den Regressfällen oder den Fällen der akzessorischen Haftung alleine schon aus der faktischen Auswirkung des vorliegenden Rechtsstreits auf den von ihm parallel geführten Amtshaftungsprozess vor dem Landgericht ergebe.

c) Zur Begründung des rechtlichen Interesses an einem Beitritt des Nebenintervenienten auf Seiten der Kläger reicht es nicht aus, dass die Durchsetzung einer wie hier auf §§ 839, 823 BGB i. V. m. § 263 StGB gestützten Amtshaftungsklage der Kläger gegen das beklagte Land auch dem Interesse des Nebenintervenienten entsprechen würde, weil die Grundlage der Ansprüche des Nebenintervenienten mit denen von der Klägerin zu 4 eingeklagten Amtshaftungsansprüchen identisch sei. Dieses Vorbringen vermag allenfalls ein wirtschaftliches Interesse zu begründen, stellt aber keinen hinreichenden Interventionsgrund im Sinne von § 66 Abs. 1 ZPO dar. Für die Annahme eines rechtlichen Interesses ist nämlich darüber hinaus erforderlich, dass sich das rechtliche Interesse auf die Entscheidung über den Streitgegenstand bezieht (BGH a. a. O.). Im vorliegenden Falle fehlt es wie in dem vom BGH entschiedenen Fall (WM 2006, 1252) schon angesichts der Unterschiedlichkeit der jeweiligen individuellen Schäden an der erforderlichen Beeinflussung der rechtlichen Stellung des Nebenintervenienten durch das in dem vor dem Senat anhängigen Rechtsstreit zu fällende Urteil. Weder eine positive noch eine negative Entscheidung des klägerischen Anspruchs vermag die Rechtsstellung des Nebenintervenienten zu ändern, insbesondere nicht zu verbessern. Insoweit liegt nur ein sich aus gleich gearteten Ansprüchen ergebendes Interesse des Nebenintervenienten am Obsiegen der Hauptpartei vor.

d) Es genügt auch nicht, dass in dem vorliegenden Rechtsstreit über Vorfragen entschieden wird, die auch für das Rechtsverhältnis des Dritten (Nebenintervenienten) bestimmend sind, oder in beiden Amtshaftungsverfahren dieselben Ermittlungen angestellt werden müssen, so vor allem zu der Frage der Stellung der Betriebsprüfer und Steuerfahnder und deren Kenntnis vom Vorliegen eines Betrugssystem der F - Unternehmensgruppe anlässlich der Betriebsprüfung in den Jahren 1996 und Anfang 1997. Die bloße Prozesswirtschaftlichkeit, die darin gesehen werden könnte, dass möglicherweise nur eine Beweisaufnahme in beiden Verfahren durchzuführen wäre, ist nicht geeignet, das erforderliche rechtliche Interesse an einem Beitritt des Nebenintervenienten zu begründen. Auch die bloße Parallelität rechtlicher Vorfragen begründet jeweils nur ein tatsächliches sowie wirtschaftliches, aber kein rechtliches Interesse (BGH a. a. O.; Stein/Jonas/Bork a. a. O. § 66 Rn. 16).

e) Ebenso wenig genügt die Vorstellung des Nebenintervenienten, die mit weiteren Amtshaftungssachen gegen das beklagte Land befassten Tatsachengerichte würden sich an einer den Klägern günstigen Auffassung hinsichtlich einer Beihilfehandlung durch Betriebsprüfer des Landes orientieren oder sich gar daran festhalten lassen. Auch stellen der Umstand, dass der erkennende Senat nach der derzeitigen Geschäftsverteilung wieder mit der Berufung in dem Rechtsstreit des Nebenintervenienten gegen das beklagte Land befasst wäre, und die geäußerte Befürchtung, ein Prozessausgang vor dem Senat zu Lasten der Kläger könnte faktisch auch das Verfahren des Nebenintervenienten gegen das beklagte Land präjudizieren, keinen hinreichenden Grund für ein rechtliches Interesse im Sinne von § 66 Abs. 1 ZPO dar. Diese Umstände vermögen allenfalls ein tatsächliches Interesse am Obsiegen der Kläger zu erklären (BGH a. a. O., dort Rn. 12). f) Es ist auch nicht ersichtlich, dass ein unterbliebener Beitritt des Nebenintervenienten in diesem Rechtsstreit seine bereits eingeleitete Verfolgung eigener Rechte in unzumutbarer Weise erschweren würde. Der Nebenintervenient kann den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits abwarten und je nach dessen Ergebnis für sein weiteres Vorgehen im eigenen Rechtsstreit entscheiden. Der Nebenintervenient hat sich zudem durch die Klageerhebung vor dem Landgericht bereits ein eigenes rechtliches Gehör ohne Einschränkung etwaiger Rechtsschutzmöglichkeiten unabhängig von der Nebenintervention nach § 66 ZPO verschafft (BGH a. a. O.).

2. Etwas anderes gilt, soweit sich der Nebenintervenient als weiteren Grund für sein berechtigtes Interesse auf den vor dem Senat gegen ihn geführten Rechtsstreit des Insolvenzverwalters Sp als Prozessstandschafter der der Klägerin zu 4 angehörenden D- Bank (Gesellschafterin Nr. 44) beruft. Hier ist das rechtliche Interesse am Beitritt in dem aus Tenor Ziffer I. ersichtlichen Umfang gegeben. Der Nebenintervenient beruft sich insoweit nämlich nicht nur auf eine faktische Auswirkung eines im vorliegenden Falle zu Ungunsten der Gesellschafterin Nr. 44 der Klägerin zu 4 ergehenden Urteils, sondern legt schlüssig dar, dass sich sein rechtliches Interesse daraus ableite, dass im Falle des Obsiegens der Klägerin zu 4 bezüglich der Forderung der Gesellschafterin Nr. 44 im vorliegenden Rechtsstreit und einer Verurteilung als Gehilfe des F - Betrugs im Parallelprozess vor dem Senat (12 U 209/02) zwischen ihm und dem beklagten Land eine Gesamtschuldnerschaft gemäß § 840 BGB vorliege, sodass er für den Fall der Zahlung der im Parallelverfahren eingeklagten Forderung einen Anspruch gemäß § 426 Abs. 2 BGB gegen das beklagte Land habe.

a) Zwar betrifft der von den Klägern im vorliegenden Verfahren geltend gemachte Vorwurf der Beihilfe zum F - Betrug durch Finanzbeamte einen anderen Lebenssachverhalt als der in dem vor dem Senat anhängigen Verfahren des Klägers Sp gegen den Nebenintervenienten. Das hier den Betriebsprüfern angelastete Verhalten steht - wie die Kläger richtig ausführen - nicht im Zusammenhang mit der dem Nebenintervenienten im Parallelverfahren vorgeworfenen Beihilfehandlung am F - Betrug. Es handelt sich um zwei voneinander getrennte und unabhängig voneinander zu beurteilende Lebenssachverhalte.

Eine Interventionswirkung im Verhältnis zum beklagten Land ist ebenfalls nicht gegeben (§ 68 ZPO). Eine Rechtskrafterstreckung findet im Rechtsstreit des Prozessstandschafters nur für und gegen den Rechtsinhaber statt. Im vorliegenden Fall wird auch nicht die Haftungsfrage mit bindender Wirkung für weitere Nebentäter oder Gehilfen (§§ 830, 840 BGB) entschieden. Eine Entscheidung über die Haftungsfrage berührt nur das Verhältnis der Gläubiger zu diesem einen hier in Anspruch genommenen Schuldner und ist für das Innenverhältnis zwischen mehreren Schuldnern und damit für etwaige Ausgleichsansprüche gemäß §§ 840, 426 Abs. 1 BGB zwischen dem Nebenintervenient und dem beklagtem Land ohne Bedeutung. Der Ausgleichsanspruch des einen Schuldners gegen den anderen ist unabhängig davon, wie in einem vorausgegangenen Rechtsstreit zwischen den Gläubigern und dem letzteren entschieden worden ist (RGZ 69, 422; BGH VersR 1969, 1039; Palandt, 66. Aufl., BGB, § 426 Rn. 3 und § 840 Rn. 7), sodass auch unter diesem Gesichtspunkt keine Verbesserung oder gar Verschlechterung der Rechtsposition des Nebenintervenienten gegeben ist.

b) Das rechtliche Interesse ergibt sich jedoch daraus, dass in dem Verfahren Sp gegen den Nebenintervenient eine Schadensersatzforderung geltend gemacht wird, die einen Schaden betrifft, den auch die Klägerin zu 4 für ihre Gesellschafterin Nr. 44 gegenüber dem beklagten Land geltend macht. Obsiegen die Kläger in beiden Verfahren, so besteht zwischen dem Nebenintervenient und dem beklagten Land insoweit gemäß § 840 BGB eine Gesamtschuldnerschaft.

Ein - vermeintlicher - Gesamtschuldner kann im Streit des Geschädigten mit dem anderen - vermeintlichen - Gesamtschuldner sowohl seinem Mitverpflichteten als auch dem Gläubiger beitreten (Stein/Jonas/Bork, 22. Aufl., § 66 Rn. 24a und 14). Dies erschließt sich zwar bei einem Beitritt auf Seiten des Gläubigers wegen der - wie oben ausgeführt (2. a) - fehlenden Interventionswirkung nicht unmittelbar. Das rechtliche Interesse an einem Obsiegen der klagenden Partei ergibt sich hier aber im Hinblick auf einen möglichen Anspruchsübergang nach § 426 Abs. 2 BGB mit den Rechtsfolgen des § 412 BGB bzw. § 727 ZPO. Denn im Falle einer den Klägern günstigen Entscheidung in beiden Prozessen geht bei einem Ausgleich der Schadensersatzforderung durch den Nebenintervenient der Anspruch der Klägerin zu 4 gegen das beklagte Land auf den Nebenintervenient über, und dieser kann Rückgriff beim beklagten Land nehmen.

Das so begründete rechtliche Interesse ist im vorliegenden Fall allerdings auf die der Klägerin zu 4 angehörende Gesellschafterin Nr. 44 beschränkt. Nur insoweit hat der Nebenintervenient die Identität des geltend gemachten Schadens im vorliegenden Verfahren mit dem gegen ihn geführten Rechtsstreit des Prozessstandschafters Sp nachvollziehbar ausgeführt und damit nur insoweit ein rechtliches Interesse schlüssig dargelegt.

c) Das rechtliche Interesse ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil das beklagte Land im Falle des Obsiegens der Kläger sich etwaiger wesentlich höherer Ausgleichsansprüche gemäß § 426 Abs. 1 BGB gegen den Nebenintervenient als Gehilfe des F - Betruges berühmt. Das rechtliche Interesse gemäß § 66 Abs. 1 ZPO wird alleine schon dadurch begründet, dass im Falle des Obsiegens der Kläger in beiden Prozessen die Gläubigerforderung bei ganzer oder teilweiser Befriedigung nicht erlischt, sondern zum Zwecke des Rückgriffs erhalten bleibt. Zwar beschränkt sich für diesen Fall der Übergang der Forderung auf den Umfang des Ausgleichsanspruchs und damit auf den vom Ausgleichsschuldner zu tragenden Haftungsanteil. In Höhe dieses Mithaftungsanteils kann aber der Nebenintervenient jedenfalls beim Ausgleichsschuldner Rückgriff nehmen und hierdurch seinen Schuldsaldo entsprechend verringern. Das rechtliche Interesse bezieht sich auf den einzelnen Anspruch, für den eventuell gesamtschuldnerisch gehaftet wird. Kommt hinsichtlich weiterer Ansprüche ebenfalls eine Gesamtschuldnerschaft in Betracht, so mag der Beitritt sich letztlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nachteilig erweisen. Angesichts des möglichen unterschiedlichen Schicksals der einzelnen Ersatzansprüche und der Ausgleichsansprüche wird das rechtliche Interesse des Nebenintervenienten hiervon nicht betroffen.

So könnte der der dreijährigen Verjährungsfrist unterliegende Ausgleichsanspruch des beklagten Landes gemäß § 426 Abs. 1 BGB hinsichtlich der Gesellschafterin Nr. 44 wie auch der weiteren Gläubiger der Klägerin zu 4 schon verjährt sein, nachdem der F - Betrugs bereits im Jahre 2000 aufgedeckt worden ist. Ein etwaiger Ausgleichsanspruch des Nebenintervenienten oder des beklagten Landes gem. § 426 Abs.1 BGB entsteht als selbstständiger Anspruch nämlich bereits mit der Begründung der Gesamtschuld und nicht erst mit der Befriedigung und unterliegt ab Kenntnis von der Person des Schädigers und den anspruchsbegründenden Umständen der dreijährigen Verjährungsfrist gem. § 199 Abs. Nr. 1 und 2 BGB, während im Falle des Obsiegens der Kläger für den rechtskräftig festgestellten Schadensersatzanspruch im vorliegenden Fall die 30jährige Verjährungsfrist des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB gelten würde. Zwar kann nach §§ 389, 215 BGB mit einer verjährten Forderung aufgerechnet werden, aber nur, soweit der Anspruch bei Eintritt der Aufrechnungslage noch unverjährt war. Der Übergang der Forderung gemäß § 426 Abs. 2 BGB tritt aber erst ein, wenn ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt hat. Erst dann stehen sich die beiden Forderungen gemäß § 426 Abs. 1 und Abs. 2 BGB aufrechenbar gegenüber. Es erscheint bei dem diesem Zwischenurteil zugrunde zu legenden Sachstand nicht ausgeschlossen, dass Ausgleichsansprüchen des beklagten Landes gegen den Nebenintervenienten mit der Verjährungseinrede begegnet werden könnte.

d) Das rechtliche Interesse ist auch nicht im Hinblick auf § 426 Abs. 2 S. 2 BGB zu verneinen. Der von den Klägern angeführte Nachteil, den diese vor allem darin sehen, dass der Nebenintervenient Gehilfe des F - Betrugs sein könnte - wovon im derzeitigen Verfahrensstadium nicht ausgegangen werden kann - , ist von § 426 Abs. 2 S. 2 BGB nicht erfasst.

III.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 71, 91 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 574 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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