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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 02.02.2006
Aktenzeichen: 12 U 235/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 280
BGB § 306
BGB § 307 Abs. 1 S. 2
BGB § 310 Abs. 3
BGB § 311 Abs. 2
Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet aus, wenn diese das Vertragsgefüge völlig einseitig zu Gunsten des Vertragspartners des Verwenders einer nicht einbezogenen oder unwirksamen Klausel verschiebt.
Oberlandesgericht Karlsruhe 12. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 12 U 235/05

Verkündet am 02. Februar 2006

In dem Rechtsstreit

wegen Zusatzversorgung

hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 02. Februar 2006 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Zöller Richterin am Oberlandesgericht Lampel-Meyer Richter am Oberlandesgericht Dr. Stecher

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 14. Juni 2005 - 6 O 12/05 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen..

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt eine höhere Betriebsrente wegen Erwerbsminderung aus einer bei der Beklagten genommenen freiwilligen Versicherung "VBLextra". Dem Antrag der Klägerin vorausgegangen war ein "Unverbindliches Angebot zur freiwilligen Versicherung VBLextra" mit Berechnungsbeispiel und beigefügtem Prospekt, mit dem die Beklagte die freiwillige Zusatzversicherung bewarb. Nachdem die Klägerin alsbald nach Versicherungsbeginn erwerbsunfähig geworden ist, bezieht sie von der Beklagten eine Zusatzrente von 4,86 €.

Die Klägerin ist der Ansicht, sie könne wegen der Angaben der Beklagten im Angebotsschreiben sowie dem beigefügten Prospekt eine wesentlich höhere Rentenleistung aus der freiwilligen Versicherung beanspruchen. Diese stehe ihr als vertraglicher Erfüllungsanspruch, jedenfalls aber unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung zu. Nach dem Angebot habe sie davon ausgehen dürfen, dass ihr im Versicherungsfall bei einem Monatsbeitrag von 200,00 € mindestens eine Rente von rund 290 € zustehe. Dieser Betrag vermindere sich wegen vorzeitiger Inanspruchnahme gemäß den Angaben im Prospekt um maximal 10,8 %, allerhöchstens seien gemäß dem Berechnungsbeispiel im Angebot 20% abzuziehen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung hat keinen Erfolg.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt eine höhere Betriebsrente wegen Erwerbsminderung aus einer bei der Beklagten genommenen freiwilligen Versicherung "VBLextra".

Die Klägerin war als Angestellte im öffentlichen Dienst im Zeitraum vom ....1980 bis .... 2002 bei der beklagten Zusatzversorgungsanstalt pflichtversichert. Sie erhält seit 01.12.2002 vom Träger der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung sowie aus der Pflichtversicherung bei der Beklagten eine Betriebsrente ebenfalls wegen voller Erwerbsminderung.

Am 17.11.2002 hatte die Klägerin ein von der Beklagten übermitteltes Antragsformular auf Abschluss der freiwilligen Versicherung "VBLextra" unter Eintragung der Tarifvariante "C Alters- und Erwerbsminderungsrente" ausgefüllt und unterschrieben. Dem Antrag vorausgegangen war ein mit Schreiben der Beklagten vom 15.11.2002 übermitteltes "Unverbindliches Angebot zur freiwilligen Versicherung VBLextra" nebst einem Prospekt, mit dem die Beklagte die freiwillige Zusatzversicherung bewarb und darüber informierte. Der der Klägerin übersandte Versicherungsschein vom 02.12.2002 weist für die Tarifvariante C den Versicherungsbeginn November 2002 aus und einen monatlichen Beitrag ab 11/2002 in Höhe von 200 €.

Gemäß Mitteilung vom 15.03.2004 erhält die Klägerin von der Beklagten Leistungen aus der freiwilligen Versicherung ab 01.12.2002 in Höhe von 4,86 € brutto.

Die Klägerin ist der Ansicht, sie könne wegen der Angaben der Beklagten im Angebotsschreiben vom 15.11.2002 sowie dem beigefügten Prospekt eine wesentlich höhere Rentenleistung aus der freiwilligen Versicherung beanspruchen. Diese stehe ihr als vertraglicher Erfüllungsanspruch, jedenfalls aber unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung zu. Nach dem Angebotsschreiben habe sie berechtigterweise davon ausgehen dürfen, das ihr im Versicherungsfall bei einem Monatsbeitrag von 200,00 € mindestens der doppelte Betrag aus 294,96 € zustehe. Dieser Betrag vermindere sich wegen der im Vergleich zur Regelaltersrente vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente. Die Minderung betrage - wie die Klägerin erstmals im zweiten Rechtszug geltend macht - gemäß Blatt 2 der Anlage 2 der (ersten) Rentenmitteilung der Beklagten vom 08.10.2003 7,2 %. Jedenfalls seien - wie die Klägerin bereits erstinstanzlich vorgetragen hat - gemäß den Angaben auf S. 17 im Prospekt maximal 10,8 %, allerhöchstens gemäß dem Berechnungsbeispiel im Schreiben vom 15.11.2002 20% abzuziehen.

Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen verwiesen wird, hat die auf Zahlung von 2 x 294,96 € abzüglich 10,8 %, hilfsweise 20 % gerichtete Klage abgewiesen. Die Klägerin stehe keine höhere "Riester-Rente" in Anlehnung an die Tabelle aus dem Schreiben vom 15.11.2002 zu. Das Schreiben sei ausdrücklich unverbindlich. Die Rente richte sich allein nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten (AVB). Im Übrigen dränge sich im konkreten Fall für die Klägerin geradezu auf, dass für Gesamtbeitragsleistungen in Höhe von 400 € keine monatlichen Rentenzahlungen in Höhe von mehr als 500 € erwartet werden könnten: Ausweislich des Rentenbescheides der BfA hätten bereits seit mehr als sechs Monaten vor Beantragung der Zusatzversicherung die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung vorgelegen. Der entsprechende Rentenantrag gegenüber der BfA sei mehr als vier Monate vor Beantragung der Zusatzversicherung erfolgt. Auch von der Rechtsfolgenseite her entbehre das Verlangen der Klägerin jeglicher Rechtsgrundlage. In der betriebsrentenrechtlichen Literatur und Rechtsprechung sei anerkannt, dass bei Erteilung falscher Auskünfte nur auf das negative Interesse gehaftet werde.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils wie folgt zu erkennen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin rückwirkend ab dem 01.12.2002 eine monatlich fällige angemessene Rente über den Betrag von monatlich 4,44 € hinausgehend zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die der Klägerin aus der freiwilligen Zusatzrente VBL extra Nr. FV-0306616260 ab dem 01.12.2002 zustehende monatliche Rente nach folgender Berechnung zu ermitteln:

2 x 294,96 € abzüglich 7,2 %,

hilfsweise:

2 x 294,96 € abzüglich 10,8 %,

hilfsweise:

2 x 294,96 € abzüglich 20 %.

Die Beklagte beantragt unter Verteidigung des landgerichtlichen Urteils,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Die Klage ist auch insoweit zulässig, als die Klägerin ihren Klagantrag im zweiten Rechtszug erweitert hat. Auf die Voraussetzungen des § 533 ZPO kommt es nicht an, da es sich insoweit gemäß § 264 Nr.2 ZPO nicht um eine Klagänderung handelt (vgl. BGH NJW 2004, 2152 unter II 2 b). Im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen die Zulassung des erweiterten Antrages.

Die Klage ist jedoch - auch in der erweiterten Form - unbegründet. Die Beklagte schuldet keine über die gewährte Betriebsrente wegen Erwerbsminderung hinausgehende Leistung.

1. Der von der Klägerin geltend gemachte vertragliche Erfüllungsanspruch auf Zahlung einer höheren Rente besteht nicht. Die gemäß der Mitteilung vom 15.03.2004 gewährte Rente entspricht der vertraglichen Leistungszusage, deren Inhalt sich nach den der Klägerin übermittelten AVB der Beklagten ergibt.

a) Da das Angebot der Beklagten mit Schreiben vom 15.11.2002 ausdrücklich unverbindlich war, kommt es für das Zustandekommen des Versicherungsvertrages zunächst auf den Antrag der Klägerin vom 17.11.2002 an. Diesen konnte die Beklagte als vernünftige Erklärungsempfängerin nur als auf Grundlage der Versicherungsbedingungen gestellt verstehen. Dass der einschlägige Bezugnahmetext des Inhalts "Die Versicherungsbedingungen für die freiwillige Versicherung nach der Satzung der VBL habe ich zur Kenntnis genommen und erkenne diese als für mich verbindlich an" - wie auch der überwiegende übrige Text der Formblattseite - verhältnismäßig klein gedruckt ist, ändert daran nichts. Der Versicherungsnehmer ist gehalten, vorformulierte Antragstexte vor einer Unterschriftsleistung sorgfältig durchzusehen. Bei einer Sehbehinderung, auf die die Klägerin sich beruft, muss er sich eines zuverlässigen Gehilfen bedienen. Der Text ist auch nicht an versteckter, unerwarteter Stelle abgedruckt. Die von der Klägerin angesprochene Frage einer Belehrung in drucktechnisch deutlicher Form (vgl. §§ 5 Abs. 2, 5a Abs. 2 VVG) stellt sich insoweit nicht.

b) Eine Abweichung des Inhalts des Versicherungsscheins vom Versicherungsantrag der Klägerin liegt nicht vor. Beide verweisen auf die AVB der Beklagten, welche der Klägerin - insoweit unstreitig - spätestens mit dem Versicherungsschein übermittelt worden sind. Auf die Voraussetzungen der sogenannten Billigungsklausel des § 5 VVG, die Fälle einer Abweichungen zwischen Antrag und Versicherungsschein regelt, kommt es daher nicht an. Auch aus § 5a Satz 1 VVG, der unter anderem den Fall der Antragstellung ohne übergebene Versicherungsbedingungen erfasst, ergibt sich - jedenfalls zugunsten der Klägerin - nichts anderes. Die Bestimmung findet auf den Streitfall keine Anwendung. Gemäß § 5a Satz 3 VVG ist Satz 1 nicht auf Versicherungsverträge bei Pensionskassen anzuwenden, die auf arbeitsvertraglichen Regelungen beruhen. Die Beklagte ist Pensionskasse (Blomeyer/Otto, BetrAVG, 3. Aufl., § 1 Rn. 214 und § 18 Rn. 10; Ahrend/Förster/Rühmann, BetrAVG, 9. Aufl., § 18 Rn. 8; Kiefer/Langenbrinck, Betriebliche Altersversorgung im Öffentlichen Dienst, § 26 ATV Erl. 9). Die Zusatzversicherung "VBLextra" beruht auch auf arbeitsvertraglichen Regelungen, vgl. § 26 des Alterstarifvertrages vom 01.03.2002 - ATV.

c) Der Einbeziehung der AVB in den streitgegenständlichen Vertrag steht nicht schon, wie die Klägerin meint, entgegen, dass die neue Satzung der Beklagten, die die einschlägigen Bedingungen enthält, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses von der Aufsichtsbehörde noch nicht genehmigt war. Die Erteilung oder Nichterteilung einer solchen Genehmigung ist privatrechtlich unerheblich (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Auflage, Vorb. § 307 Rn. 21). Gleiches gilt für der Frage, inwieweit eine solche Genehmigung zu einem späteren Zeitpunkt - wie vorliegend geschehen - rückwirkend erteilt werden kann.

d) Die Höhe der von der Beklagten zugesagten monatlichen Betriebsrente ergibt sich aus den §§ 5 und 6 AVB.

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeit eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (BGHZ 123, 83, 85).

Gemäß § 5 Abs. 1 AVB errechnet sich die Höhe der monatlichen Betriebsrente aus der Summe der bis zum Rentenbeginn erworbenen Versorgungspunkte, multipliziert mit dem Messbetrag von 4 Euro. § 6 AVB, auf den § 5 Abs. 1 verweist, regelt die Anzahl der zu erwerbenden Versorgungspunkte. Der Bestimmung ist zu entnehmen, dass die Anzahl von der Höhe der jährlichen Beiträge, etwaigen zusätzlichen Bonuspunkten gemäß § 26 AVB und einer Multiplikation mit dem sogenannten Altersfaktor je nach dem jeweiligen Alter des Versicherten abhängt. Dass von dieser Berechnung auch für die Betriebsrente wegen Erwerbsminderung auszugehen ist, entnimmt der Versicherungsnehmer § 5 Abs. 2 AVB. Danach bleiben bei der Ermittlung der Betriebsrente wegen Erwerbsminderung die Rententeile unberücksichtigt, denen Versorgungspunkte zugrunde liegen, für die eine Mitversicherung der Erwerbsminderung im Rahmen der freiwilligen Versicherung ausgeschlossen wurde. Hieraus folgt für den um Verständnis bemühten durchschnittlichen Versicherungsnehmer mit hinreichender Deutlichkeit jedenfalls, dass das Erwerbsminderungsrisiko nicht durch eine "Vollrente" abgedeckt ist, wie sie etwa als Altersrente zu zahlen wäre. Vielmehr kann nur eine Leistung entsprechend den bis zum Versicherungsfall ("kapitalgedeckt") erworbenen Versorgungspunkten beansprucht werden.

Auch aus § 5 Abs. 3 AVB ergibt sich nichts anderes. Danach mindert sich die Betriebsrente für jeden Monat, für den der Zugangsfaktor nach § 77 SGB VI herabgesetzt ist, um 0,3 v.H., bei einem Versicherungsfall wegen Erwerbsminderung höchstens jedoch um insgesamt 10,8 v.H.. Die Regelung trägt erkennbar der vorzeitigen Verrentung Rechnung und sieht daher eine Minderung der nach den voranstehenden Absätzen zu berechnenden Betriebsrente vor. Sie kann daher nicht - wie die Klägerin meint - im Sinne einer Höchstabzugsregelung ausgehend von der bei (unterstelltem) Verbleib bis zum Alter 65 zu leistenden Rente verstanden werden.

e) Mit diesem Sinngehalt sind die AVB der Beklagten für sich genommen weder überraschend (§ 305 c Abs. 1 BGB) noch mehrdeutig (§ 305 c Abs. 2 BGB). Zwar ist der Hinweis der Klägerin zutreffend, dass bei frühzeitigem Eintritt des Erwerbsminderungsfalles nur eine geringe, den Versicherten kaum "absichernde" Rente zu leisten ist. Die AVB geben jedoch an keiner Stelle Anlass, von einer weiter gehenden Absicherung auszugehen. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann dies auch nicht ohne Weiteres erwarten, wenn ihm - wie hier - ohne jegliche Gesundheitsprüfung eine grundsätzlich kapitalgedeckte Versicherung auf freiwilliger Basis angeboten wird. Ein allgemein gültiges, fest umrissenes Verständnis dessen, was als Erwerbsminderungsrentenleistung erwartet werden kann, gibt es nicht. Es ist daher - wie auch in anderen Bereichen der Privatversicherung - grundsätzlich Sache des jeweiligen Versicherungsinteressenten, sich über den Inhalt des Leistungsangebots Klarheit zu verschaffen.

f) Allerdings verweist die Klägerin im Streitfall auf möglicherweise im Sinne einer höheren Erwerbsminderungsleistung zu verstehende Angaben der Beklagten in dem unverbindlichen Angebot vom 15.11.2002 sowie in der ihr als Anlage dazu übermittelten Broschüre "VBLextra". Dort heißt es etwa auf Seite 17 in einem Abschnitt mit der Überschrift "Sie gehen vorzeitig in Rente ? Warum nicht ?" am Ende (ohne den bei § 5 Abs. 3 AVB bestehenden Sinnzusammenhang): "Bei der Rente wegen Erwerbsminderung sind die Abschläge auf maximal 10,8 % begrenzt."

Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die AVB der Beklagten unter Berücksichtigung dieser besonderen den Vertragsschluss begleitenden und daher bei dem vorliegenden Verbrauchervertrag gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB grundsätzlich zu beachtenden Umstände gegen das Überraschungsverbot des § 305 c Abs. 1 BGB verstoßen oder einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle gemäß 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (Transparenzgebot) nicht Stand halten. Denn ein vertraglicher Erfüllungsanspruch des von der Klägerin begehrten Inhalts stünde ihr auch dann nicht zu, wenn die Regelung über die Erwerbsminderungsrente nicht wirksamer Vertragsbestandteil geworden sein sollte.

Die Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit richten sich nach § 306 BGB. Die gegebenenfalls nicht einbezogene oder unwirksame Regelung zur Höhe des Anspruchs einer Betriebsrente wegen Erwerbsminderung ist wesentlicher Bestandteil der vertraglichen Leistungsbeschreibung, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertragsschluss grundsätzlich nicht mehr angenommen werden kann (vgl. BGHZ 130, 150, 156; 123, 83, 84). Dispositives Gesetzesrecht, das gemäß § 306 Abs. 2 BGB an ihre Stelle treten könnte, besteht nicht. Auch eine ergänzende Auslegung im Sinne der Klägerin scheidet aus. Erhielte sie und die zahlreichen anderen Versicherungsnehmer, die - wie dem Senat bekannt ist - bei der Beklagten eine gleichartige freiwillige Zusatzversicherung genommen haben, im Erwerbsminderungsfall eine der Altersrente vergleichbare "volle" Leistung, ohne dafür, entsprechend der Kalkulation des Tarifs als rein kapitalgedeckte Rente, auch nur annähernd die versicherungsmathematisch zur Risikoabdeckung notwendige Beitragsleistung erbracht zu haben, würde dies das Vertragsgefüge völlig einseitig zu Gunsten der Versicherungsnehmer verschieben. Bei dieser Sachlage scheidet jedoch eine ergänzende Auslegung aus (vgl. BGHZ 130, 150, 157; Palandt/Heinrichs aaO § 306 BGB Rn. 7). Der Vertrag wäre daher gemäß § 306 Abs. 3 BGB insgesamt, zumindest aber teilweise hinsichtlich der Einbeziehung des Erwerbsunfähigkeitsrisikos unwirksam, der von der Klägerin behauptete Anspruch also nicht gegeben.

2. Die Klage ist auch unter dem Gesichtspunkt eines Verschuldens der Beklagten bei Vertragsschluss (Culpa in Contrahendo) nicht begründet. Allerdings kann derjenige, der infolge irreführender Angaben die Vertragsnichtigkeit gemäß § 306 Abs. 3 BGB schuldhaft verursacht hat, dem Geschädigten gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB zum Ersatz verpflichtet sein. Der Anspruch geht jedoch nicht auf das Vertragserfüllungsinteresse, sondern lediglich auf den Ersatz des Vertrauensschadens (vgl. die Nachweise bei Palandt/Heinrichs aaO § 311 BGB Rn. 57).

Danach könnte die Klägerin eine höhere Leistung von der Beklagten nur verlangen, wenn feststünde, dass sie ohne die irreführenden Hinweise der Beklagten das Erwerbsminderungsrisiko bei einem anderen Versicherer mit einer höheren Deckung hätte absichern können. Dies hat die Klägerin jedoch weder nachvollziehbar dartun noch beweisen können. Die Klägerin war, wie sich zweifelsfrei auch aus dem von ihr vorgelegten Ärztlichen Entlassungsbericht der Reha-Klinik B. an die BfA vom 23.10.2002 ergibt, im Zeitpunkt der Stellung des Versicherungsantrags im November 2002 bereits seit mehreren Monaten schwerwiegend psychisch erkrankt und daher arbeitsunfähig. Sie wäre vor Eingehung eines Vertrages auf weiter gehende Absicherung des Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrisikos bei einem anderen Versicherer gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 VVG gehalten gewesen, diese gefahrerheblichen Umstände (gefragt oder ungefragt) anzuzeigen. Nach hinreichender Erfahrung des Senats ist - zumindest ohne hinreichende gegenteilige Anhaltspunkte, die die Klägerin nicht vorgebracht hat - davon auszugehen, dass nach erfolgter Anzeige bei einem anderen Versicherer der Vertragsschluss entweder abgelehnt oder zumindest nur ein Vertrag mit einem Ausschluss des Risikos einer Erwerbsunfähigkeit infolge der bereits bestehenden Erkrankung vereinbart worden wäre. Somit kann nicht angenommen werden, dass ihr aufgrund etwaiger irreführender Angaben der Beklagten eine bessere Absicherung des Erwerbsminderungsrisikos bei einem anderen Versicherer entgangen bzw. ein entsprechender Vertrauensschaden entstanden ist.

3. Ob die Klägerin einen Anspruch auf Rückzahlung geleisteter Beiträge geltend machen oder zumindest von der Beklagten im laufenden Vertragsverhältnis eine Anpassung der Beitragsleistung unter Ausschluss des Erwerbsunfähigkeitsrisikos beanspruchen könnte, bedarf keiner Entscheidung. Derartige Ansprüche sind mit der Klage nicht geltend gemacht.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die Vollstreckbarkeit stützt sich auf die §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht. Der Rechtsstreit betrifft einen besonders gelagerten Einzelfall.

Ende der Entscheidung

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