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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 25.04.2006
Aktenzeichen: 12 U 278/05
Rechtsgebiete: ARB 1994, ARB 1975


Vorschriften:

ARB 1994 § 5 Abs. 3 lit. e
ARB 1975 § 2 Abs. 3 lit. b
Vollstreckbare Urkunden werden vom Risikoausschluss des § 5 Abs. 3 lit e ARB 1994 nicht betroffen.
Oberlandesgericht Karlsruhe 12. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 12 U 278/05

Verkündet am 25. April 2006

In dem Rechtsstreit

wegen Versicherungsleistung/Rechtsschutzversicherung

hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 25. April 2006 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Zöller Richter am Amtsgericht Dr. Roth Richterin am Oberlandesgericht Lampel-Meyer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 25. November 2005 - 8 O 259/05 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Rechtsschutz für das beabsichtigte Klageverfahren gegen die B -Bank AG - Vollstreckungsabwehr gegen die notarielle Vollstreckungsunterwerfungserklärung iHv. DM 447.363,29 zur UR.Nr. ..... des Notars ... - zu bewilligen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt aus einer Rechtsschutzversicherung Deckungsschutz für eine Vollstreckungsabwehr gegen eine notarielle Urkunde, in der er sich im Jahr 1990 im Rahmen einer Kreditvereinbarung der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hatte.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem Jahr 1984 rechtschutzversichert; dem Versicherungsvertrag zugrunde liegen nunmehr die ARB 1994 zugrunde. § 5 Abs. 3 lit. e ARB 1994 bestimmt im Wesentlichen gleich lautend mit der früheren Regelung in § 2 Abs. 3 lit b ARB 1975:

"(3) Der Versicherer trägt nicht

e) Kosten aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, die später als fünf Jahre nach Rechtskraft des Vollstreckungstitels eingeleitet werden."

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Risikoausschluss hier eingreife.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt Versicherungsleistungen aufgrund eines Rechtsschutzversicherungsvertrages.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem Jahr 1984 rechtschutzversichert; dem Versicherungsvertrag zugrunde lagen zunächst die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung 1975 (ARB 1975), an deren Stelle mit Wirkung vom 04.03.1998 vereinbarungsgemäß die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung 1994 (ARB 1994) traten. § 5 Abs. 3 lit. e ARB 1994 bestimmt im Wesentlichen gleich lautend mit der früheren Regelung in § 2 Abs. 3 lit b ARB 1975:

(3) Der Versicherer trägt nicht

[...]

e) Kosten aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, die später als fünf Jahre nach Rechtskraft des Vollstreckungstitels eingeleitet werden.

Im Jahr 1990 beteiligte sich Kläger auf Grundlage eines, wie er heute meint, fehlerhaften Prospektes mit einer Einlage von 447.300.- DM (einschließlich Agio) an der "F". Für das Vorgehen gegen die Prospektverantwortlichen der Fondsgesellschaft hat die beklagte Versicherung Rechtsschutz zugesagt.

Grundlage der Fondsbeteiligung war ein Treuhandvertrag mit der P - Verwaltungs- und Treuhandgesellschaft, worin die Treuhänderin u.a. bevollmächtigt wurde, für den Kläger die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung gem. § 794 Abs. 1 Nr. 5. ZPO zu erklären. Von dieser Vollmacht machte die P - Verwaltungs- und Treuhandgesellschaft mit Datum vom 25.10.1990 Gebrauch und gab eine notarielle Vollstreckungsunterwerfungserklärung zugunsten der den Fonds finanzierenden B -Bank AG über 447.363,29 € ab (...). Der Kläger ist unter Berufung auf die einschlägige Rechtsprechung des BGH der Auffassung, dass der Treuhandvertrag einschließlich der darin enthaltenen Vollmacht zugunsten der Treuhandgesellschaft unwirksam sei. Infolgedessen sei auch die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung für ein der Fondsgesellschaft durch die B -Bank AG gewährtes Darlehen nicht wirksam erklärt worden.

Die Fondsgesellschaft stellte zwischenzeitlich die Darlehensrückzahlung an die B -Bank AG ein. Der Kläger forderte diese daraufhin unter Hinweis auf seine Rechtsauffassung auf zu erklären, dass sie die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde ..... nicht betreiben werde. Die Bank hat die Abgabe einer solchen Erklärung mit Schreiben vom 13.05.2005 verweigert.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte für eine Klage gegen die B -Bank AG analog § 767 BGB Rechtsschutz zu gewähren habe. Er hat beantragt:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Rechtsschutz für das beabsichtigte Klageverfahren gegen die B -Bank AG - Vollstreckungsabwehr gegen die notarielle Vollstreckungsunterwerfungserklärung iHv. DM 447.363,29 zur UR.Nr. .... des Notars - zu bewilligen.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei leistungsfrei, weil die vollstreckbare Urkunde im Jahr 1990 errichtet worden sei und die Beklagte gem. § 2 Abs. 3 lit. b ARB 1975 für die Kosten der Vollstreckungsabwehr nicht einzustehen habe, wenn diese mehr als fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft des Vollstreckungstitels anfielen. Zwar seien vollstreckbare Urkunden i.S.v. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO der Rechtskraft nicht zugänglich; die Interessenlage des Versicherers sei aber auch in diesen Fällen erkennbar darauf gerichtet, das Risiko einer Inanspruchnahme auf die Dauer von fünf Jahre zu begrenzen. Der Versicherungsnehmer werde durch eine solche Auslegung nicht unangemessen benachteiligt, denn § 2 Abs. 3 lit. b ARB 1975 trage dem Umstand Rechnung, dass nach Ablauf von fünf Jahren nur selten Vollstreckungsversuche unternommen würden; dies gelte auch für Urkunden, in der sich der Schuldner der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfe.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter. Das Landgericht habe verkannt, dass § 2 Abs. 3 lit b ARB 1975 den Versicherungsschutz nur für Maßnahmen der Vollstreckungsabwehr ausschließe, die fünf Jahre nach Rechtskraft eines Vollstreckungstitels eingeleitet würden. Da vollstreckbare Urkunden i.S.v. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO der Rechtskraft aber nicht fähig seien, würden sie von dem Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 3 lit b ARB auch nicht erfasst.

Die Beklagte beantragt unter Verteidigung des angefochtenen Urteils, die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger Rechtsschutz gem. §§ 1 Abs. 1 S. 1, 14 Abs. 3 ARB 1994 zu gewähren, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung nach den vereinbarten Bedingungen nicht vom Deckungsschutz ausgenommen ist. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus Urkunden, in denen sich der Schuldner der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 2. Alt ZPO), unterfallen nicht dem Ausschluss des § 5 Abs. 3 lit e ARB 1994, weil diese Vollstreckungstitel weder der formellen noch der materiellen Rechtskraft fähig sind und daher die Frist von fünf Jahren bei ihnen nicht in Gang gesetzt wird. Auch aus dem Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen und dem mit dem Risikoausschluss verfolgten Zweck lässt sich keine über den Wortlaut der Klausel hinausgehende Beschränkung des Versicherungsschutzes entnehmen.

1. Für die Entscheidung maßgeblich ist § 5 Abs. 3 lit e ARB 1994, nicht die entsprechende Bestimmung in § 2 Abs. 3 lit. b ARB 1975. Der geltend gemachte Rechtsschutzfall trat erst ein, als die B -Bank AG am 13.05.2005 die Erklärung verweigerte, von der vollstreckbaren Urkunde keinen Gebrauch zu machen. Erst hierin liegt der angebliche, den Rechschutzfall auslösende Verstoß gegen Rechtspflichten durch den Gegner des Ausgangsverfahrens (§ 4 Abs. 1 S. 1 lit. c ARB 1994). Entgegen der Auffassung des Landgerichts kommt es nicht auf den Zeitpunkt der angeblich ohne wirksame Vertretung abgegebenen Unterwerfungserklärung an. Denn anders als die Vereinbarung eines nichtigen Vertrages (vgl. hierzu Prölss/Martin-Armbrüster VVG 27. Aufl. (2004) § 14 ARB 1975 Rdnr. 21) kann die Entgegennahme einer wegen fehlender Vertretungsmacht unwirksamen, aber genehmigungsfähigen Unterwerfungserklärung (vgl. hierzu Stein/Jonas-Münzberg ZPO 22. Aufl. (2002) § 794 Rdnr.126) nicht als Verstoß gegen eine Rechtspflicht des Erklärungsempfängers gewertet werden. Auch auf den Abschluss des angeblich unwirksamen Treuhandvertrages zwischen dem Kläger und der P -Treuhand-gesellschaft im Jahr 1990 kommt es für den Eintritt des Rechtsschutzfalls vorliegend nicht an. Dies folgt schon daraus, dass die aus der vollstreckbaren Urkunde berechtigte Bank nicht Partei des Treuhandvertrages ist.

2. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhanges verstehen muss (BGHZ 123, 83). Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an. Geht es - wie hier - um das Verständnis einer Risikoausschlussklausel, so ist zugunsten des Versicherungsnehmers stets eine enge Auslegung geboten (vgl. BGH VersR 1999, 478; VersR 2003, 454). Bei Risikoausschlüssen geht das Interesse des Versicherungsnehmers nämlich regelmäßig dahin, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck der Klausel dies gebietet. Ihr Anwendungsbereich darf mithin nicht weiter ausgedehnt werden, als es ihr Sinn unter Beachtung des wirtschaftlichen Ziels und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht damit zu rechnen, dass er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne dass ihm diese hinreichend verdeutlicht werden (Senat NJW-RR 2004, 179). Bei Anlegung dieser Maßstäbe kann dem Kläger der Versicherungsschutz unter Berufung § 5 Abs. 3 lit e ARB 1994 nicht versagt werden.

a) Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird bei der Prüfung der Frage, in welcher Weise § 5 Abs. 3 lit e ARB 1994 seinen Versicherungsschutz einschränkt, erkennen, dass die Klausel in bestimmten Fällen eine zeitliche Grenze des Deckungsschutzes zieht, und die Frist von fünf Jahren nicht mit der Errichtung des Vollstreckungstitels beginnt, sondern erst mit dessen Rechtskraft. Er wird erkennen, dass der Ausschlusstatbestand sich mit der Formulierung " . . . fünf Jahre nach Rechtskraft des Vollstreckungstitels . . ." der Begrifflichkeit der Rechtssprache bedient. Er wird davon ausgehen, dass der Versicherer sich mit seinem Regelwerk, wenn - wie hier - Hinweise auf einen abweichenden Willen nicht ersichtlich sind, diese Begrifflichkeit zu eigen macht. Selbst wenn dem Versicherungsnehmer diese Begrifflichkeit fremd ist, wird er insoweit das Verständnis der Rechtssprache akzeptieren und nicht annehmen, dass insoweit sein Laienverständnis den Inhalt der vereinbarten Bedingungen maßgebend prägen kann.

Zum selben Ergebnis gelangt man, wenn man mit der herrschenden Meinung generell eine Ausnahme vom Abstellen auf die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers annimmt, wenn die Rechtssprache mit einem in den Versicherungsbedingungen verwendeten Ausdruck eine fest umrissene Bedeutung verbindet. Allgemeine Versicherungsbedingungen wollen nach dieser Sicht unter einem bestimmten Begriff im Zweifel nichts anderes verstanden wissen. In der Rechtsschutzversicherung kommt dem besondere Bedeutung zu, da Versicherungsschutz für die Kosten bestimmter rechtlicher Auseinandersetzungen geboten werden soll. Der Notwendigkeit, den Risikobereich im Interesse einer klaren Abgrenzung so präzise wie möglich zu beschreiben, können Allgemeine Versicherungsbedingungen hier nur dadurch gerecht werden, dass sie rechtstechnische Begriffe der juristischen Fachsprache verwenden, die dann aber auch in diesem Sinne zu verstehen sind. Ein von der Rechtssprache abweichendes Verständnis kommt nur in Betracht, wenn das allgemeine Sprachverständnis von der Rechtssprache in einem Randbereich deutlich abweicht oder wenn der Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen etwas anderes ergibt (BGH VersR 2003, 1122; OLGR Saarbrücken 2006, 284; Harbauer-Bauer Rechtsschutzversicherung 7. Aufl. (2004) vor § 1 ARB 1975 § 48 m.w.Nachw.).

b) In der Rechtssprache bezeichnet "Vollstreckungstitel" Entscheidungen oder beurkundete Erklärungen, aus denen durch Gesetz die Zwangsvollstreckung zugelassen ist und zu denen auch vollstreckbare Urkunden gehören (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Die Beschränkung des Versicherungsschutzes soll aber nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 3 lit e ARB 1994 nur fünf Jahre nach "Rechtskraft" des Vollstreckungstitels eingreifen, wobei "Rechtskraft" im Sinne von formeller, nicht aber materieller Rechtskraft verwandt wird und den Zeitpunkt bezeichnet, von dem an aus einem Endurteil (§ 704 Abs. 1 ZPO) oder einem formell rechtskräftigen Beschluss die Zwangsvollstreckung betrieben kann. Formell rechtskräftig sind nach der gesetzlichen Bestimmung in § 705 ZPO Urteile, gegen die ein Rechtsmittel oder Rechtsbehelf nicht oder nicht mehr stattfindet. Neben Urteilen sind nur noch Beschlüsse, nicht aber vollstreckbare Urkunden i.S.v. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO der formellen Rechtskraft fähig, weshalb bei diesen Urkunden nach dem Wortlaut des Ausschlusstatbestandes die Frist nicht in Gang gesetzt wird und somit der Ausschluss nicht eingreifen kann.

Ihre Subsumtion unter § 5 Abs. 3 lit e ARB 1994 lässt sich auch nicht - wie die Beklagte meint - damit begründen, dass sie kraft Gesetz einem rechtskräftigen Endurteil vollstreckungsrechtlich gleichgestellt wären, denn eine pauschale Gleichstellung beider Arten von Vollstreckungstitel findet nicht statt. § 795 Abs. 1 ZPO ordnet lediglich an, dass auf die Zwangsvollstreckung aus einer vollstreckbaren Urkunde die allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Vorschriften der §§ 724 bis 793 ZPO entsprechend Anwendung finden, soweit nichts anderes bestimmt ist. Zu den entsprechend anwendbaren Vorschriften gehören nicht die die Rechtskraft betreffenden Vorschriften der §§ 705, 767 Abs. 2 ZPO, weil vollstreckbare Urkunden der Rechtskraft gerade nicht fähig sind.

c) Besondere Umstände, die es rechtfertigen würden, entgegen der Bedeutung in der Fachsprache auch nicht der Rechtskraft fähige Vollstreckungstitel unter § 5 Abs. 3 lit e ARB 1994 zu fassen, sind nicht auszumachen. Insbesondere lässt sich dies nicht aus dem erkennbaren Sinnzusammenhang und dem mit der Klausel verfolgten Zweck herleiten. Formell rechtskräftige Vollstreckungstitel im Sinne von §§ 705, 704 Abs. 1 ZPO unterscheiden sich hinsichtlich der Rechtsverfolgung durch den Versicherungsnehmer wesentlich von einer Urkunde, in der sich dieser der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat. Während im ersten Fall ein gerichtliches Verfahren - und damit regelmäßig bereits ein rechtlicher Konflikt - vorausging, in dem die den Anspruch betreffenden Einwendungen vorgebracht werden konnten und durch ein Gericht geprüft wurden, gegen dessen Entscheidung regelmäßig ein Rechtsbehelf statthaft war, fehlt es bei vollstreckbaren Urkunden, denen regelmäßig eine einvernehmliche Wahrung beiderseitiger Interessen zugrunde liegt, an einer gerichtlichen Befassung. Die Zwangsvollstreckung ist hier zulässig, ohne dass der Anspruch durch Urteil oder in einem sonstigen Verfahren festgestellt worden wäre. In der Sache bürdet die Unterwerfungserklärung damit dem Schuldner die Last zur rechtzeitigen Verteidigung gegen den Anspruch auf, wegen dessen er sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat (§§ 795, 797, 732, 767 ZPO; vgl. auch Stein/Jonas-Münzberg ZPO 22. Aufl. (2002) § 794 Rdnr.105). Dementsprechend kann der Schuldner bei der Verteidigung gegen die titulierte Forderung - im Unterschied zu rechtskräftigen Urteilen - Einwendungen, die den Anspruch selbst betreffen, ohne die zeitliche Beschränkung des § 767 Abs. 2 ZPO geltend machen (§ 797 Abs. 4 ZPO).

Das im Zusammenhang mit vollstreckbaren Urkunden regelmäßig vom Versicherer zu tragende Risiko entspricht in der Sache weit eher dem allgemeinen Vertragsrisiko als dem Vollstreckungsrisiko aus rechtskräftigen Urteilen und Beschlüssen. Gegenüber dem allgemeinen Vertragsrisiko mag es insoweit erhöht sein, als die Vollstreckbarkeit eine gewisse Missbrauchsgefahr in sich birgt; andererseits ergibt sich aus dem Umstand, dass der Gläubiger der Notwendigkeit eines gesonderten Titels - beispielsweise zur Hemmung der Verjährung (§ 197 Abs. 1 Nr.4 BGB) - enthoben ist, eine Verringerung des Risikos, so dass bedeutsame Unterschiede nicht auszumachen sind.

Bedacht werden muss ferner, dass vollstreckbare Urkunden, wie im vorliegenden Fall, gerade auch im Rahmen langfristiger Darlehens- und Finanzierungsverträge zur Anwendung kommen, um bei einem Scheitern der Finanzierung die Durchsetzung von Rückzahlungs- und Schadensersatzansprüchen zu erleichtern. Eine Ausschlussfrist von fünf Jahren, die bei der Verteidigung gegen rechtskräftig festgestellte Ansprüche vertretbar sein mag, wäre für solche, typischerweise lang laufenden Vertragsgestaltungen, bei denen es erst viele Jahre später zu einem Rechtsstreit kommen kann, eine die berechtigten Erwartungen des Versicherungsnehmers enttäuschende Einschränkung des versprochenen Versicherungsschutzes, welche diesen an Zufälligkeiten der Vertragsgestaltung mit oder ohne Vollstreckungsunterwerfung knüpfte, ohne dass vom sachlichen Gegenstand des Rechtskonflikts Unterschiede auszumachen wären. In solcher Auslegung hielte § 5 Abs. 3 lit e ARB einer Inhaltskontrolle wohl nicht stand (§ 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 2 BGB).

Soweit sich die Beklagte für die Begründung ihrer Rechtsauffassung auf die Kommentierung von Terbille-Bultmann (Münchner Anwalts Handbuch Versicherungsrecht (2004) § 26 Rdnr. 479) und Böhme (ARB 11. Aufl. (1999) § 2 Abs. 3 lit. b Rdnr. 43) beruft, kann dies eine abweichende Beurteilung nicht rechtfertigen. Eine Begründung für seine Auffassung gibt lediglich Böhme, der pauschal mit dem Sinn und dem wirtschaftlichen Zweck des Ausschlusstatbestandes argumentiert, ohne auf den Wortlaut der Vorschrift und die Notwendigkeit einer restriktiven Auslegung einzugehen. Bauer (Harbauer-Bauer Rechtsschutzversicherung 7. Aufl. (2004) § 2 Rdnr. 179) schließlich vertritt die Auffassung, dass die Fünfjahresfrist mit Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs oder der Errichtung einer vollstreckbaren Urkunde beginne, wenn der in dem Vergleich oder der Urkunde festgestellte Anspruch materiell-rechtlich voll wirksam und damit vollstreckbar werde. Dies soll jedenfalls dann gelten, wenn dem Abschluss des Vergleichs oder der Errichtung der Urkunde ein Versicherungsfall im Sinne von § 14 ARB 1975 / § 4 Abs. 1 S. 1 lit. c ARB 1994 vorausging. Trete der Versicherungsfall dagegen erst nach Errichtung der Urkunde ein, solle die Fünfjahresfrist mit dessen Eintritt beginnen. Bei Zugrundelegung dieser Auffassung, die aus den o.g. Gründen abzulehnen ist, wäre die Fünfjahresfrist im vorliegenden Fall noch nicht abgelaufen, da der Versicherungsfall i.S.v. § 4 Abs. 1 S. 1 lit. c ARB 1994 erst im Mai 2005 eintrat, als die B -Bank AG die Erklärung verweigerte, von der vollstreckbaren Urkunde keinen Gebrauch zu machen.

Ob und mit welchem Inhalt eine zeitliche Beschränkung der Einstandspflicht für die Kosten der Vollstreckungsabwehr bei gewissen vollstreckbaren Urkunden, bei denen ein berechtigtes Interesse des Versicherers an einer zeitlichen Beschränkung des Deckungsschutzes angenommen werden kann, rechtlich zulässig wäre, braucht vorliegend nicht entscheiden zu werden. Denn es wäre Sache der Beklagten, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen so zu formulieren, dass sich ein solcher Ausschluss mit hinreichender Deutlichkeit ergibt.

3. Soweit die Beklagte schließlich eingewandt hat, sie sei deshalb leistungsfrei, weil der Beklagte gem. § 17 Abs. 5 lit. c bb) ARB 1994 zunächst den Ausgang des Prozesses gegen die Prospektverantwortlichen abwarten müsse, für den die Beklagte Deckungsschutz bewilligt habe, geht dieser Einwand fehl. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass und in welchem Umfang die Frage der Unwirksamkeit der Unterwerfungserklärung gegenüber der B -Bank AG in dem gegen die Prospektverantwortlichen geführten Schadensersatzprozess in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht geklärt würde. Der Kläger hat unwidersprochen dargelegt, dass die B -Bank als den Fonds lediglich finanzierende, nicht aber vertriebseingebundene Bank in diesem Rechtsstreit nicht Partei sei.

III.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 543 Abs. 2 Nr. 1ZPO)

Ende der Entscheidung

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