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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 07.08.2003
Aktenzeichen: 12 U 60/03
Rechtsgebiete: VGB 88


Vorschriften:

VGB 88 § 7 Nr. 3
Der Umstand, dass über eine Abwasserleitung der Überlauf einer Warmwasser- oder Dampfheizung abgeführt wird, macht die Abwasserleitung nicht zu einem Rohr der Heizungsanlage im Sinne von § 7 Nr. 3 VGB 88.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Im Namen des Volkes Urteil

12 U 60/03

Verkündet am: 07.08.2003

In Sachen

wegen Versicherungsleistung

hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 07. August 2003 durch Vors. Richter am Oberlandesgericht Zöller als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 25.04.2003 - 8 O 365/02 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt aus einer Gebäudeversicherung, der die VGB 88 zugrunde liegen, Erstattung der Kosten der Beseitigung einer undichten Rohrleitung und des Aufwands für die Neuanlage einer Abwasserleitung. In die außerhalb des Wohngebäudes verlegten Abwasserleitung war Wurzelwerk eingedrungen. Die Muffen der Rohrleitung waren auseinandergeschoben und die Leitung damit insgesamt undicht geworden. Der Kläger hält die Beklagte verpflichtet aufgrund von § 7 Nr. 3 VGB 88, wonach außerhalb versicherter Gebäude Deckungsschutz für Bruchschäden an Rohren der Warmwasserheizung besteht. Der Kläger meint, da die Überlaufeinrichtung der im Haus befindlichen Heizungs- und Warmwasseranlage an die beschädigte Rohrleitung angeschlossen sei, sei auch die außerhalb seines Hauses verlaufende Abwasserleitung ein Rohr der Warmwasserheizung. Zudem stützt sich der Kläger auf die Klausel 0925, wonach Versicherungsschutz besteht für Bruchschäden an Ableitungsrohren der Wasserversorgung außerhalb versicherter Gebäude auf dem Versicherungsgrundstück, soweit diese Rohre der Entsorgung versicherter Gebäude oder Anlagen dienen, mit Ausnahme von Bruchschäden durch Einwurzelung von Pflanzen. Es liege ein Bruchschaden vor. Dass dieser auf der Einwurzelung von Pflanzen beruhe, sei nicht nachgewiesen. Wurzelwerk könne nämlich in Rohrleitungen nur eintreten, wenn bereits ein Rohrbruch vorgelegen habe.

Die Klage ist in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben.

Gründe:

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

I. (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO)

Der Kläger unterhält für sein Hausgrundstück bei der Beklagten eine Gebäudeversicherung, der die VGB 88 zugrunde liegen. Am 08.12.1999 trat unkontrolliert Abwasser aus dem Handwaschbecken im Waschraum des Kellergeschosses des klägerischen Anwesens aus. Dies war zurückzuführen auf eine Verstopfung der außerhalb des Wohngebäudes verlegten Abwasserleitung. In die Rohrleitung war Wurzelwerk eingedrungen. Die Muffen der Rohrleitung waren auseinandergeschoben und die Leitung damit insgesamt undicht geworden.

Der Kläger begehrt von der Beklagten Erstattung der Kosten der Beseitigung der undichten Rohrleitung und des Aufwands für eine Neuanlage der Abwasserleitung. Er stützt seine Klage auf ein angebliches Anerkenntnis der Beklagten. Ferner hält er die Beklagte verpflichtet aufgrund von § 7 Nr. 3 VGB 88, wonach außerhalb versicherter Gebäude Deckungsschutz für Bruchschäden an Rohren der Warmwasserheizung besteht. Der Kläger meint, da die Überlaufeinrichtung der im Haus befindlichen Heizungs- und Warmwasseranlage an die beschädigte Rohrleitung angeschlossen sei, sei auch die außerhalb seines Hauses verlaufende Abwasserleitung ein Rohr der Warmwasserheizung. Letztlich stützt sich der Kläger auf die zusätzlich vereinbarte Klausel 0925, wonach Versicherungsschutz besteht für Bruchschäden an Ableitungsrohren der Wasserversorgung außerhalb versicherter Gebäude auf dem Versicherungsgrundstück, soweit diese Rohre der Entsorgung versicherter Gebäude oder Anlagen dienen, mit Ausnahme von Bruchschäden durch Einwurzelung von Pflanzen. Es liege ein Bruchschaden vor. Dass dieser auf der Einwurzelung von Pflanzen beruhe, sei nicht nachgewiesen. Wurzelwerk könne nämlich in Rohrleitungen nur eintreten, wenn bereits ein Rohrbruch vorgelegen habe.

Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochten Urteils, mit dem das Landgericht die auf Zahlung von 23.446, 62 € gerichtete Klage abgewiesen hat, wird Bezug genommen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klagziel weiter.

Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

II. (§ 540 Abs. 1 Nr.2 ZPO)

Das Landgericht hat zutreffend entschieden. Dem Kläger steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zu.

Insbesondere kann sich der Kläger nicht auf ein Anerkenntnis der Beklagten stützen. Die Erklärung der Beklagten im Schreiben vom 17.04.2000 "Zeigt die Kamerafahrt einen Bruch des Ableitungssystems, so besteht Versicherungsschutz zur Beseitigung, jedenfalls auf dem Versicherungsgrundstück, mit 1% der Versicherungssumme, Wert 1914, multipliziert mit dem aktuellen Neuwertfaktor. Damit keine Missverständnisse aufkommen, weisen wir darauf hin, dass die Beseitigung der Verstopfung (Ursache Einwurzelung) nicht Gegenstand des Versicherungsvertrages ist." mag der Kläger zwar dahingehend verstanden haben, dass Deckung ungeachtet der Ursache eines Rohrbruchs zugesagt wird. Entscheidend für die Auslegung einer Willenserklärung ist jedoch, wie der Erklärungsempfänger sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass das Schreiben vom 17.04.2000 insbesondere unterscheidet zwischen nicht versichertem Aufwand für die Beseitigung der Verstopfung und grundsätzlich versichertem Aufwand für die Beseitigung eines Bruches in der Abwasserleitung. Umstände, die Anlass zu der Annahme hätten geben können, die Beklagte habe mit dem Schreiben vom 17.04.2000 auf die Geltendmachung von Risikoausschlüssen verzichten wollen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Der Kläger kann - auch das hat das Landgericht zutreffend entschieden - seinen Anspruch nicht auf § 7 Nr. 3 VGB 88 stützen. Dabei kann unterstellt werden, dass die Warmwasserheizungsanlage über die beschädigte Rohrleitung entwässert wird. Dieser Umstand führt nicht dazu, dass die allgemeine Hausentwässerung zu einem Bestandteil der Heizungsanlage wird. Einem solchen Verständnis steht schon der gewöhnliche Sprachgebrauch entgegen. Dadurch, dass die Rohrleitung Abwasser der verschiedensten Einrichtungen wie Spülmaschinen, Waschmaschinen, Sanitäreinrichtungen ableitet, wird sie nicht zu einem Bestandteil dieser Einheiten (Martin, Sachversicherungsrecht, 3. Aufl., E I 27). Ferner ergibt sich auch aus dem erkennbaren Zweck der Vorschrift eine Beschränkung des Risikoeinschlusses auf die eigentliche Heizungsanlage. Während bei der Wasserversorgung auch Bruchschäden an den außerhalb des versicherten Gebäudes Zuleitungsrohren - nicht an den Ableitungsrohren - in den Versicherungsschutz eingeschlossen werden, beschränkt sich das Risiko bei der Warmwasser- oder Dampfheizung auf deren das Warmwasser oder den Dampf führende Rohre. Bei einer Fernwärmeversorgung können dies auch die Zuleitungsrohre außerhalb des versicherten Gebäudes sein, nicht jedoch der Ablauf des nicht mehr Heizzwecken dienenden Überlaufwassers.

Ein Zahlungsanspruch steht dem Kläger auch nicht in Höhe von 2.096,30 € (1% der Versicherungssumme, Wert 1914, multipliziert mit dem aktuellen Neuwertfaktor) aufgrund der Erweiterung des Versicherungsschutzes durch die vereinbarte Klausel 0925 zu. Danach sind zwar auch Bruchschäden an Ableitungsrohren der Wasserversorgung mitversichert. Ausgenommen sind jedoch Bruchschäden durch Einwurzelung von Pflanzen. Um solche handelt es sich hier. Auch der Kläger räumt ein, dass die konkreten Schäden an seiner Abwasserleitung auf die Ausdehnung des eingedrungenen Wurzelwerks zurückzuführen ist. Er meint allerdings, dass dies nur habe geschehen können, weil zu einem früheren Zeitpunkt bereits Bruchschäden eingetreten waren. Damit ändert sich allerdings nichts an dem Umstand, dass die Schäden, hinsichtlich welcher der Kläger Ersatz des Beseitigungsaufwands begehrt, durch die Einwurzelung verursacht und deshalb vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind.

Selbst wenn man demgegenüber darauf abstellen wollte, dass Rohrbrüche, die lediglich zur Folge haben, dass eine Einwurzelung erfolgen kann, ausreichen, um einen Deckungsanspruch für spätere Einwurzelungsschäden auszulösen, könnte die Klage keinen Erfolg haben. Dabei kann trotz der den Parteien mitgeteilten neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse, die auf Gegenteiliges hinweisen, unterstellt werden, dass eine Einwurzelung nur erfolgen kann, wenn bereits Undichtigkeiten der Rohrleitung vorhanden sind. Der Kläger hätte aber auch dann nicht bewiesen, dass vor der Einwurzelung bereits ein versicherter Rohrbruch stattgefunden hat. Der Sachverständige hat - und insoweit ist sein Sachgebiet betroffen und an seiner Sachkunde nicht zu zweifeln- dargelegt, dass bei der Verlegung von Abflussrohren nie ausgeschlossen werden könne, dass in den Muffenverbindungen kleine Spalten bleiben, unabhängig davon, welche Verbindungen gewählt werden. Damit ist aber die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass die vom Kläger behaupteten Undichtigkeiten der Rohrleitungen bereits von Anfang an vorhanden waren. Derartige Konstruktionsmängel stellen aber keinen Bruch dar. Ein solcher setzt schon begrifflich voraus, dass eine intakte Einheit durch das Einwirken äußerer Kräfte eine Schädigung erleidet (vgl. auch Martin a.a.O. E I 81). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob etwaige ursprünglich nicht durch Einwurzelung entstandene Bruchschäden innerhalb des bei der Beklagten versicherten Zeitraums eingetreten wären.

III.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs.1 Satz 2 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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