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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 03.03.2000
Aktenzeichen: 13 W 11/00
Rechtsgebiete: ZPO, BRAGO, GKG
Vorschriften:
ZPO § 91 Abs. 2 Satz 2 | |
ZPO § 91 | |
ZPO § 97 | |
ZPO § 92 Abs. 2 | |
BRAGO § 13 Abs. 2 Satz 1 | |
BRAGO § 11 | |
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 2 | |
GKG Nr. 1953 der Anlage 1 |
1. Die Partei, die nach § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Reisekosten ihres nicht am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts nicht erstattet bekommt, kann statt dessen die (fiktiven) Kosten einer Informationsfahrt zu einem am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalt erstattet verlangen, wenn sie diesen Anwalt nicht schriftlich über das Streitverhältnis hätte informieren können.
2. Vertritt der Anwalt einen Mandanten im Rechtsstreit in derselben Angelegenheit sowohl als Partei wie auch als Streithelfer einer anderen Partei und unterliegt der Mandant als Partei, während die von ihm unterstützte Partei obsiegt, hat der Mandant, wenn in der Kostengrundentscheidung dem Gegner die Kosten der Streithilfe auferlegt worden sind, gegen den Gegner grundsätzlich einen Anspruch auf Erstattung der Hälfte seiner außergerichtlichen Auslagen.
Geschäftsnummer 13 W 11/00
Oberlandesgericht Karlsruhe 13. Zivilsenat in Freiburg
Beschluss vom 3. März 2000
Tenor:
1. Auf die sofortige Beschwerde der Streithelferin des Beklagten 1 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Freiburg vom 3. November 1998 - 2 O 39/95 wie folgt abgeändert:
Die der Streithelferin des Beklagten 1 von der Klägerin zu erstattenden Kosten werden auf DM 3.840,81 zuzüglich 4 % Zinsen ab 10. Juni 1998 festgesetzt.
2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
3. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die Streithelferin der Beklagten 1 hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens aus einem Gegenstandswert von DM 3.938,73 zu tragen.
aus den Gründen:
1.
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landgericht die Festsetzung der Kosten zweiter Instanz ab, die die Streithelferin des Beklagten 1 vom klagenden L in Höhe von DM 7.779,54 verlangt.
Nach der Kostengrundentscheidung hat die Beklagte 2 ihre eigenen außergerichtlichen Auslagen selbst zu tragen; dem klagenden Land fallen die Kosten der Streithilfe zur Last. Streithelferin des Beklagten 1 war die Beklagte 2.
Das Landgericht hat zur Begründung seiner ablehnenden Entscheidung ausgeführt, für einen Erstattungsanspruch des Beklagten 2 fehle eine Kostengrundentscheidung; im übrigen seien (auch) in zweiter Instanz durch die Streithilfe keine zusätzlichen Kosten entstanden.
Dagegen wendet sich die Streithelferin des Beklagten 1 mit der sofortigen Beschwerde. Zu deren Begründung führt sie an, ihr Antrag als Streithelferin des Beklagten 1 im Verfahren auf Zurückweisung der Berufung des klagenden Landes gegen die erstinstanzliche Klagabweisung habe Erfolg gehabt. Diesen Antrag habe sie neben ihrem (erfolglosen) Berufungsantrag auf Abweisung der gegen sie erfolgreichen Klage gestellt. Da zwei selbständige Berufungen über unterschiedliche Streitgegenstände durchgeführt worden seien, seien ihre ihr als Streithelferin entstandenen Auslagen zu erstatten.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die durch die Streithilfe entstandenen Gebühren gingen in den Gebühren für die Tätigkeit als Bevollmächtigter der Hauptpartei auf; außerdem seien die mit DM 177,- geltend gemachten Reisekosten nicht erstattungsfähig, weil die Streithelferin einen - schriftlich zu informierenden - in Karlsruhe. (gemeint: Freiburg) ansässigen Anwalt hätte beauftragen können. Ferner...
II.
Die sofortige Beschwerde ist zum Teil begründet: Der Streithelferin steht gegen die Klägerin der zur Festsetzung beantragte Kostenerstattungsanspruch nahezu zur Hälfte zu.
1. Dass die Streithelferin des Beklagten 1 ihre im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Auslagen ersetzt verlangen kann, folgt aus Ziff. 3 des Urteils vom 15. Mai 1998, die die entsprechende Kostengrundentscheidung enthält.
2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind die erstattungsfähigen Kosten der Streithilfe zur Hälfte festzusetzen.
a) Die Entscheidung des Landgerichts trägt lediglich dem Umstand Rechnung, dass die Beklagte 2 als Partei unterlegen ist und deshalb nach der Kostenentscheidung des Berufungsurteils Erstattung ihrer außergerichtlichen Auslagen nicht verlangen kann. Unberücksichtigt läßt die angefochtene Entscheidung dagegen, dass der Beklagten aufgrund ihrer Rolle als Streithelferin der Beklagten 1 ein solcher Kostenerstattungsanspruch zusteht.
b) Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten 2/Streithelferin des Beklagten 1 die geltend gemachten Gebühren lediglich einmal verdient hat, denn die Wahrnehmung der Interessen der Beklagten 2 als Partei und als Streithelferin der Beklagten 1 sind eine Angelegenheit im Sinne des § 13 Abs. 2 Satz 1 BRAGO. Unter einer Angelegenheit wird das gesamte Geschäft (§ 675 BGB) verstanden, das der Rechtsanwalt für seinen Auftraggeber besorgen soll (vgl. dazu im einzelnen Göttlich/Mümmler, BRAGO, 19. Auflage 1997, S. 55 f); dies ist bei der Vertretung des Mandanten in einem Rechtsstreit als Beklagtem und als Streithelfer mit gleicher Zielrichtung der Fall und wird von der Beschwerdeführerin auch nicht in Frage gestellt.
c) Bei dieser Sachlage hält es der Senat für sachgerecht, der Streithelferin einen Erstattungsanspruch in Höhe ihrer hälftigen erstattungsfähigen Auslagen zuzubilligen. Die Interessenlage ähnelt derjenigen, in der der Rechtsanwalt zwei Parteien in derselben Angelegenheit vertritt, von denen eine obsiegt und eine unterliegt. Für diesen Fall enstpricht es der ständigen Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Karlsruhe, dass der obsiegende Streitgenosse grundätzlich Erstattung der seinem Anteil entsprechenden Kosten verlangen kann (OLG Karlsruhe NJW 1968, 1479; AnwBl 1979, 183; JurBüro 1984, 114; AnwBl 1988, 653; JurBüro 1992, 546; OLGR 2000; 86; zum Streitstand Zöller, ZPO, 21. Auflage 1999, Randnummer 13 zu § 91, Stichwort Streitgenossen).
Entsprechendes hat für den Fall zu gelten, dass der Anwalt nicht zwei Auftraggeber in der gleichen Angelegenheit mit unterschiedlichem Erfolg vertritt, sondern einen Auftraggeber in zwei unterschiedlichen prozessualen Funktionen.
3. Die vom Prozessbevollmächtigten der Streithelferin angesetzten Kosten sind im Wesentlichen auch dieser Quote entsprechend zu erstatten.
a) Insbesondere ist durch die Stellung des Antrages auf Zurückweisung der klägerischen Berufung auch eine 13/10 Verhandlungsgebühr nach §§ 11, 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO entstanden (Göttlich/Mümmler, aaO, S. 992).
b) Auch der für Reisekosten angesetzte Betrag ist - zum Teil - erstattungsfähig.
aa) Zwar sind die Reisekosten eines Anwalts, der seinen Sitz nicht am Sitz des Prozessgerichts hat, nicht zu erstatten (§ 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
bb) Eine Erstattung findet jedoch unter dem Gesichtspunkten der Kosten statt, die die Partei gehabt hätte, hätte sie einen Rechtsanwalt am Sitz des Prozessgerichts (Freiburg) beauftragt und persönlich informiert (vgl. Zöller, aao, Randnummer 13 zu § 91 Stichwort Reisekosten des Anwalts; OLG Frankfurt AnWBl- 1982, 489). Dann wären ihr die gleichen Fahrtkosten wie ihrem Anwalt entstanden.
cc) Entgegen der Auffassung des klagenden Landes war die Streithelferin auch nicht gehalten, Fahrtkosten dadurch zu vermeiden, dass sie einen am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Anwalt lediglich schriftlich informierte. Zwar handelt es sich bei der Streithelferin um eine Bank; der Sachverhalt war indessen derart kompliziert, dass ihr zumindest ein umfassendes Informationsgespräch auch bei einem Anwalt mit Sitz am Prozessgericht hätte zugebilligt werden müssen.
c) Nicht erstattungsfähig ist dagegen das geltend gemachte Abwesenheitsgeld. Diese Kosten gehören zu den nach § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht erstattungsfähigen, durch die Wahl eines nicht am Gerichtssitz ansässigen Rechtsanwalts bedingten Kosten, die bei einer Beauftragung eines Anwalts vor Ort nicht entstanden wären.
d)..
4. Die danach zu erstattenden Kosten errechnen sich daher wie folgt:...
III.
Die Kostentscheidung folgt aus §§ 91, 97, 92 Abs. 2 ZPO, Nr. 1953 der Anlage 1 zum GKG.
Ende der Entscheidung
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