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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 16.04.2007
Aktenzeichen: 13 W 119/06 Lw
Rechtsgebiete: LPachtVG


Vorschriften:

LPachtVG § 4 Abs. 1 Nr. 1
Ein Schweizer Landwirt mit Betriebssitz in der Schweiz ist bei der Anpachtung von Pachtflächen im deutschen Grenzgebiet nicht nach Art. 15 des Anhangs I des Personenfreizügigkeitsabkommens zwischen der EU und der Schweiz (BGBl II 2001, 811ff) wie ein inländischer Landwirt, sondern im Geltungsbereich des Landpachtverkehrsgesetzes (LPachtVG) wie ein Nichtlandwirt zu behandeln.

Pachtet ein Schweizer Landwirt mit Hofstelle in der Schweiz landwirtschaftliche Flächen im deutschen Grenzgebiet an, liegen die Voraussetzungen für eine Beanstandung des Pachtvertrages nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 LPachtVG vor, da es Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur zuwider laufen würde, wenn landwirtschaftliche Grundstücke auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland durch Verpachtung an Schweizer Landwirte, deren Betriebsstätte in der Schweiz liegt, der Nutzung deutscher Landwirte entzogen würden, die dieses Land dringend zur Schaffung und Erhaltung leistungs- und wettbewerbsfähiger Betriebe benötigen (BGH MDR 1987, 844).


Oberlandesgericht Karlsruhe 13. Zivilsenat in Freiburg Senat für Landwirtschaftssachen Beschluss

Geschäftsnummer: 13 W 119/06 Lw

16. April 2007

In der Landwirtschaftssache

betr. Genehmigung nach dem Landpachtverkehrsgesetz für den Landpachtvertrag vom 05.09.2005 zwischen den

Das Oberlandesgericht Karlsruhe - Senat für Landwirtschaftssachen - hat ohne mündliche Verhandlung unter Mitwirkung von

Vors. Richterin am Oberlandgericht ... Richter am Oberlandesgericht ... Richter am Oberlandesgericht ... den ehrenamtlichen Richtern ... und ...

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Beteiligten St. gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Waldshut-Tiengen vom 13.10.2006 - 4 Lw 7/05 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beteiligte St. hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf € 3.430,00 festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligte H. hat mit Landpachtvertrag vom 10.10.2005 Ackerland mit einer Fläche von 2,75 ha auf der Gemarkung Schwaningen zu einem jährlichen Pachtzins von 686,00 € an den Beteiligten St., Schweizer Landwirt mit Betriebssitz in der Schweiz, verpachtet. Der Pachtvertrag wurde auf 5 Jahre fest abgeschlossen.

Der Pachtvertrag wurde dem Landratsamt Waldshut-Tiengen - Landwirtschaftsamt - am 20.10.2005 vorgelegt, das am 21.10.2005 Zwischenbescheid erließ, zugestellt an den Verpächter am 25.10.2005 und an den Pächter am 26.10.2005.

Mit Bescheid vom 24.11.2005, zugestellt dem Verpächter am 26.11.2005 und dem Pächter am 29.10.2005, hat das Landwirtschaftsamt den Pachtvertrag beanstandet und die Vertragsbeteiligten aufgefordert, den Pachtvertrag aufzuheben. In der Begründung des Bescheides wurde darauf hingewiesen, dass der Pächter St. als Schweizer Landwirt nicht einem deutschen Landwirt gleichzustellen sei. Die Verpachtung an ihn stelle eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden dar, da deutsche Vollerwerbslandwirte an der Pacht des Grundstücks zu ortsüblichen Preisen interessiert seien.

Gegen diesen Bescheid, der eine Frist für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 7 Abs. 3 Landpachtverkehrsgesetz (LPachtVG) bis 14.12.2005 bestimmt hatte, hat der Pächter Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Er bestreitet, dass die vom Landwirtschaftsamt genannten Haupterwerbslandwirte ernsthaftes Interesse an der Pacht des streitbefangenen landwirtschaftlichen Grundstückes hätten und bereit seien, hierfür einen ortsüblichen Pachtpreis zu bezahlen. Er bestreitet auch, dass der streitbefangene Pachtvertrag den gesetzlichen Tatbestand des § 4 Abs. 1 Satz 1 Landpachtverkehrsgesetz (LPachtVG) erfülle und entsprechend § 4 Abs. 1 Satz 3 die vereinbarte Pacht nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem Ertrag stehe, der bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung nachhaltig zu erzielen sei.

Hilfsweise beantragt der Antragsteller die Feststellung, dass die Beanstandung eine unzumutbare Härte für die Verpächterin bedeute, und höchstfürsorglich stellt er den Hilfsantrag, den beanstandeten Pachtvertrag dahingehend abzuändern, dass die vom Antragsteller an die Verpächterin zu zahlende Pacht in einem angemessenen Verhältnis zu dem Ertrag stehen soll, der bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung nachhaltig zu erwirtschaften ist.

Das Landwirtschaftsamt ist dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung entgegengetreten. Wegen der Einzelheiten wird auf die im landwirtschaftsgerichtlichen Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Das Landwirtschaftsgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2006 (AS. 97) die Zeugen K., R., M. und Kl. vernommen.

Mit Beschluss vom 13.10.2006 hat es den streitbefangenen Pachtvertrag aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, das Landwirtschaftsamt habe den Pachtvertrag zu Recht beanstandet. Gemäß § 4 Abs. 2 LPachtVG liege eine ungesunde Verteilung der Bodennutzung vor, wenn die Verpachtung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspreche. Die Zeugen M. und Kl. hätten nachvollziehbar dargelegt, dass sie aus betriebswirtschaftlichen Gründen ein anerkennenswertes Interesse an der Anpachtung der verpachteten Grundstücksfläche hätten und auch bereit seien, den ortsüblichen Pachtzins zu zahlen. Beide Landwirte betrieben Schweinehaltung und müssten zur Fütterung der Schweine Getreide zukaufen. Dieses könnten sie günstiger auf eigenem Gelände anbauen und damit die wirtschaftliche Struktur ihres Betriebes verbessern.

Der Pächter sei als Schweizer Landwirt mit Betriebssitz in der Schweiz auch nach Inkrafttreten der bilateralen Verträge nicht einem deutschen Landwirt gleichzustellen. Insoweit verweist das Landwirtschaftsgericht auf einen Beschluss des Amtsgerichts Singen vom 15.02.2006 (im Verfahren 8 Lw 1/05).

Zu den Hilfsanträgen hat das Amtsgericht in der Entscheidung nicht ausdrücklich Stellung genommen. Es hat lediglich ausgeführt, das Gericht habe auch berücksichtigt, dass die Verpächterin in beengten wirtschaftlichen Verhältnissen lebe. Der Unterschied zwischen der ortsüblichen Pacht und der vom Pächter St. bezahlten Pacht sei bei einer monatlichen Einbuße von 10 € jedoch nicht so gravierend, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse der Verpächterin merkbar beeinflusst würden.

Dagegen wendet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der er seine Anträge aus dem Verfahren vor dem Landwirtschaftsgericht weiter verfolgt.

Der Antragsteller rügt, dass auf seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht eine auf seinen Fall sachlich und rechtlich bezogene Gerichtsentscheidung ergangen sei, sondern die Begründung aus anderen Entscheidungen übernommen worden sei. Dabei sei der vom Landwirtschaftsgericht Singen entschiedene Fall anders gelagert, weil es sich um einen Kaufvertrag nach dem Grundstücksverkehrsgesetz gehandelt habe.

Der Beschwerdeführer wendet sich auch dagegen, dass das Landwirtschaftsgericht mit der Bezugnahme auf die Entscheidung des Amtsgerichts Singen versuche, das Freizügigkeitsabkommen zwischen der EU und der Schweiz mittels des aus dem Steuerrecht entnommenen Betriebsstätteprinzips zu interpretieren, ohne sich zugleich auch mit der jahrelang nach dem Inkrafttreten des Freizügigkeitsabkommens praktizierten gegenteiligen Rechtsauffassung, die auch von den Landwirtschaftsämtern praktiziert worden sei, auseinander zu setzen.

Schließlich kritisiert der Beschwerdeführer, dass das Landwirtschaftsgericht nicht genügend gewürdigt habe, dass die Vertragsparteien miteinander verwandt seien, was auf dem Lande und bei der landwirtschaftlichen Bevölkerung bekanntlich auch heute noch ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen eine große Rolle spiele. Obwohl die Verpächterin nur monatlich über 100 € Rente verfüge, werte das Gericht einen ohne nähere Angaben errechneten Mehrerlös von knapp 10 € als bedeutungslos und gehe dabei auf die verwandtschaftlichen Beziehungen der Parteien nicht ein.

Das Regierungspräsidium Freiburg als zuständige Behörde ist der Beschwerde entgegengetreten und verteidigt den angefochtenen Beschluss. Der Beschwerdeführer Fischer unterliege als mit Betriebssitz in der Schweiz wirtschaftender Landwirt nach ständiger Rechtsprechung nicht dem Schutzbereich der mit dem Grundstücks- und dem Landpachtverkehrsgesetz geförderten Agrarstruktur und dürfe in Deutschland rechtlich einem Nichtlandwirt gleichgestellt werden. Daran habe auch das über sieben Sektoren am 01.06.2002 in Kraft getretene Abkommen der EU mit der Schweiz (EU-Amtsblatt vom 30.04.02 - L 114/1) nichts geändert. Zwar habe das Land Baden-Württemberg zunächst eine Gleichstellung deutscher und schweizerischer Landwirte im Zuge der Anwendbarkeit dieser Abkommen angenommen, diese Rechtsauffassung jedoch als unzutreffend aufgegeben, nachdem Kommissar Patten in einem Schreiben an Minister Stächele vom 02.04.2004 vorbehaltlich einer weiteren Überprüfung durch die Generaldirektion für Außenbeziehungen zum Ausdruck gebracht habe, dass Landwirte mit Betriebssitz in der Schweiz nicht unter den Anwendungsbereich des Abkommens fallen würden. Die Landwirtschaftsbehörden in der Schweiz wären über diese Rechtsauslegung informiert und hätten dagegen keine Gegenvorstellung erhoben, sondern vielmehr in Behördengesprächen ihre Zustimmung zu dieser Verwaltungspraxis geäußert.

Nach dem Freizügigkeitsabkommen in Anhang I unterlägen schweizerische Landwirte mit Betriebssitz in der Schweiz als sog. selbständige Grenzgänger i. S. von Art. 13 im Unterschied zu den sich in der EU niederlassenden Selbständigen i. S. von Art. 12 Abs. 1 nicht dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 15 Abs. 1. Auch in Art. 25 sei hinsichtlich des Erwerbs von Immobilien eine Differenzierung hinsichtlich Grenzgängern in Abs. 3 erfolgt und blieben die Regelungen des Aufnahmestaates bezüglich unbebauter Grundstücke unberührt (Satz 3). Ferner ergebe sich aus den Zielsetzungen des Abkommens in Art. 1 a, dass nur die Niederlassung als Selbständiger in vollem Umfang privilegiert sein solle und nicht die schlichte Betätigung als selbständiger Grenzgänger. Eine Vorlage an den EuGH zur Auslegung des Freizügigkeitsabkommens sei deshalb nicht erforderlich.

Entgegen den Ausführungen in der Beschwerdebegründung ergebe sich die ungesunde Bodenverteilung und agrarstrukturelle Relevanz der Pachtfläche für die deutsche Agrarstruktur aus den Interessenmeldungen der Landwirte K., Kl., M., R. und Sch., die zu einem ortsüblichen Pachtzins zur Pacht bereit und bedürftig seien.

Der vereinbarte Pachtzins mit € 250 pro ha sei bei einem ortsüblichen Pachtzins für die Gemarkung Schwaningen mit € 156 pro ha nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 LPachtVG auch nicht angemessen, weil er diesen um mehr als 50% überschreite. Es könne deshalb dahin stehen, ob die landesgesetzliche Regelung und Einführung einer 20% Grenze in § 6 AGGrdstVG BW (Gesetzblatt 2006, 85) ab 01.01.2006 hier bereits Vorwirkung entfalte.

Insoweit könne auch dahingestellt sein, ob die Interessenmeldung der Landwirte ausdrücklich den vereinbarten Pachtpreis erreichen müsse bzw. erreicht habe oder ob der ortsübliche Pachtpreis hinreichend sei. Jedenfalls sei in Fällen einer übermäßigen Pachtzinsvereinbarung wie im vorliegenden Falle ein ortsübliches Pachtzinsangebot hinreichend.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, da die Zwei-Wochen-Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde (§§ 22, 9 LwVG, § 22 FGG) eingehalten ist. Über die Beschwerde wurde ohne mündliche Verhandlung entschieden, da keiner der Beteiligten eine mündliche Verhandlung beantragt hat (§ 15 Abs. 1 LwVG). Der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers hat im Hinblick auf den am 11.04.2007 eingegangenen Schriftsatz klargestellt, dass er keinen solchen Antrag stelle (siehe Vermerk AS. 211). Da der Beschwerdeführer anwaltlich vertreten ist, war eine mündliche Verhandlung zur Anhörung der Beteiligten nicht erforderlich. Da das Interesse der Beteiligten an einer baldigen Entscheidung vom Senat als vorrangig bewertet wurde, wurde - nach Aufhebung der ursprünglich anberaumten mündlichen Verhandlung aus Krankheitsgründen (siehe AS. 199) - von der erneuten Anordnung einer mündlichen Verhandlung wegen der damit verbundenen erheblichen Verzögerung abgesehen.

Die Beschwerde ist aber als unbegründet zurückzuweisen, da das Landwirtschaftsgericht den Pachtvertrag vom 10.10.2005 zu Recht mit der Begründung aufgehoben hat, die Verpachtung bedeute eine ungesunde Verteilung der Bodennutzung gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 LPachtVG. Dabei ist nicht zu beanstanden, dass das Landwirtschaftsgericht zu der Auffassung gelangt ist, dass der Pächter St. als Schweizer Landwirt mit Betriebssitz in der Schweiz auch nach Inkrafttreten der bilateralen Verträge nicht einem deutschen Landwirt gleichzustellen ist.

1. Personenfreizügigkeitsabkommen zwischen der EU und der Schweiz:

Ein Schweizer Landwirt mit Betriebssitz in der Schweiz ist bei der Anpachtung von Pachtflächen im Grenzgebiet nicht nach Art. 15 des Anhangs I des Personenfreizügigkeitsabkommens (BGBl II 2001, 811ff) wie ein inländischer Landwirt, sondern im Geltungsbereich des LPachtVG wie ein Nichtlandwirt zu behandeln.

Der Senat lässt dahinstehen, ob ein Schweizer Landwirt, der von seiner Hofstelle in der Schweiz mit dazugehörigen schweizerischen Landwirtschaftsflächen auch Pachtflächen im deutschen Grenzgebiet bewirtschaftet, überhaupt als selbständiger Grenzgänger nach Art. 13 des Anhangs I des Abkommens anzusehen ist. Selbständiger Grenzgänger ist danach nämlich ein Staatsangehöriger einer Vertragspartei mit Wohnsitz im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei, der eine selbständige Erwerbstätigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei ausübt und in der Regel täglich oder mindestens einmal in der Woche an seinen Wohnort zurückkehrt. An der Grenzgängereigenschaft könnte es hier deshalb fehlen, weil der Landwirt mit Hofstelle in der Schweiz seine deutschen Pachtflächen möglicherweise über längere Zeiträume als eine Woche nicht aufsucht. Der Senat brauchte diese Frage aber nicht abschließend zu entscheiden, zumal alle Beteiligten hier vom Status eines selbständigen Grenzgängers nach Art. 13 ausgehen.

Die entscheidende Frage ist vorliegend, ob der Gleichbehandlungsgrundsatz in Art. 15 auch die selbständigen Grenzgänger einbeziehen soll. Nach seinem Wortlaut gewährt er nur dem Selbständigen im Aufnahmestaat hinsichtlich des Zugangs zu einer selbständigen Erwerbstätigkeit und deren Ausübung eine Behandlung, die nicht weniger günstig ist als die dem eigenen Staatsangehörigen gewährte Behandlung. Nach der vertraglichen Begriffsdefinition (im Folgenden "Selbständiger" genannt) in Art. 12 Abs. 1 S. 1 ist derjenige Selbständiger, der sich zwecks Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei niederlässt. Ein Schweizer Landwirt mit Hofstelle in der Schweiz, der Pachtflächen in Deutschland bewirtschaftet, fällt mangels Niederlassungswillen nicht darunter. Anspruch auf Gleichbehandlung hätte er nur dann, wenn der Begriff des Selbständigen in Art. 15 weiter zu verstehen wäre in dem Sinne, dass er Selbständige und selbständige Grenzgänger erfassen soll.

Der Beschwerdeführer macht dies geltend und stützt sich dabei auf die Argumentation, die das Ministerium für Ernährung und ländlichen Raum Baden-Württemberg mit Schreiben vom 24.04.2003 zur Begründung dafür angeführt hat, dass das Freizügigkeitsabkommen künftig nicht mehr erlaube, Schweizer Landwirte wie Nichtlandwirte zu behandeln. Dort wird argumentiert, dass Art. 15 des Anhangs I auch für selbständige Grenzgänger gelte. Wenn nach Art. 25 Abs. 3 des Anhangs I ein Grenzgänger hinsichtlich des Erwerbs einer für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit dienenden Immobilie die gleichen Rechte wie ein Inländer habe, müsse dies erst Recht für die Pacht von Grundstücken gelten. Außerdem verbiete Art. 2 des Abkommens eine Diskriminierung von Schweizer Staatsangehörigen und im übrigen ergebe sich aus den Zielbestimmungen des Art. 1, dass jede Form der wirtschaftlichen Betätigung erfasst sein solle.

Entsprechend dem ministeriellen Schreiben vom 19.10.2004 wurde der frühere Erlass mit Schreiben vom 24.04.2004 durch Beschluss des Ministerrats Baden-Württemberg vom 05.10.2004 aufgehoben. Der Ministerrat teilt die vorläufige Bewertung der Europäischen Kommission, dass die Rechte aus dem Personenfreizügigkeitsabkommen nur für Schweizer Landwirte gelten, die sich zur Ausübung einer selbständigen landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit in einem Mitgliedsstaat der EU niederlassen. Dem liegt die Auffassung zugrunde, Art. 15 des Anhangs I gewähre nur dem Selbständigen des Art. 12 die Gleichbehandlung, nicht aber dem selbständigen Grenzgänger. Bestätigt werde dies durch Art. 1 des Abkommens, weil bei den dort unter a) aufgezählten Zielen ausdrücklich zwischen der Einräumung eines Rechts auf Einreise, Aufenthalt und Zugang zu einer unselbständigen Tätigkeit einerseits und dem Recht auf Niederlassung eines Selbständigen andererseits differenziert werde. Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass in Art. 25 Abs. 3 des Anhangs I für Grenzgänger eine Differenzierung insoweit vorgenommen werde, als die Regelungen des Aufnahmestaates bezüglich unbebauter Grundstücke unberührt blieben. Die Landwirtschaftsbehörde stützt sich außerdem darauf, dass die Landwirtschaftsbehörden der Schweiz über diese Rechtsauslegung informiert seien und sich zu dieser Verwaltungspraxis zustimmend geäußert hätten.

Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass Schweizer Landwirte im Rahmen der Anwendung des GrdstVG und LPachtVG als Nichtlandwirte zu behandeln sind. Diese Auffassung überzeugt deshalb, weil sie sich auf die Begriffsdefinitionen des "Selbständigen" und des "selbständigen Grenzgängers" in Art. 12 bis 15 des Anhangs I des Abkommens stützen kann. Die mehr allgemein gehaltenen Erwägungen der Gegenmeinung unter Rückgriff auf das Diskriminierungsverbot in Art. 2 des Abkommens sowie auf die mit dem Abkommen verfolgten Ziele vermögen letztlich diese an der engen Auslegung des Wortlauts und der eindeutigen vertraglichen Be-griffsdefinitionen ausgerichtete Beurteilung nicht zu entkräften. Auch aus dem gesamten Regelungszusammenhang und dem Vergleich mit den Regelungen für die Arbeitnehmer unter II des Anhangs I des Abkommens kann entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht hergeleitet werden, dass selbständige Grenzgänger als Selbständige im Sinne des gesamten Abschnitts III des Anhangs I zum Abkommen zu behandeln sind, weil die unterschiedlichen Regelungsmaterien für den abhängig beschäftigten Grenzgänger in Art. 7 einerseits und den selbständigen Grenzgänger des Art. 13 andererseits eine Übertragbarkeit verbieten. Außerdem ist wegen der vom Beschwerdeführer betonten Unterscheidung von Kauf und Pacht darauf hinzuweisen, dass das Abkommen hinsichtlich der Anpachtung von Grundstücken keine Gleichbehandlung vorschreibt; aus Art. 25 lässt sich dies auch nicht nach dem Schluss "a majore ad minus" herleiten.

2. Ist aber ein Schweizer Landwirt mit Hofstelle in der Schweiz bei Anpachtung von Pachtflächen im deutschen Grenzgebiet wie ein inländischer Nichtlandwirt zu behandeln, liegen die Voraussetzungen für eine Beanstandung des Pachtvertrages nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 LPachtVG vor, da es Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur zuwider laufen würde, wenn landwirtschaftliche Grundstücke auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland durch Verpachtung an Schweizer Landwirte, deren Betriebsstätte in der Schweiz liegt, der Nutzung deutscher Landwirte entzogen würden, die dieses Land dringend zur Schaffung und Erhaltung leistungs- und wettbewerbsfähiger Betriebe benötigen (BGH MDR 1987, 844 Rn. 12). Dass vorliegend ein dringendes Aufstockungsbedürfnis der Pachtinteressenten vorliegt, hat die vom Landwirtschaftsgericht durchgeführte Beweisaufnahme ergeben. Die dort vernommenen Landwirte K., R., M. und Kl. haben jeweils ihr dringendes Aufstockungsbedürfnis plausibel dargelegt, wobei wegen der Einzelheiten auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Beschluss Bezug genommen werden kann. Generell kann für alle Pachtinteressenten davon ausgegangen werden, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb zur Erhaltung seiner Wettbewerbsfähigkeit dringend darauf angewiesen ist, zusätzliche Landwirtschaftsflächen zu angemessenen Preisen anzupachten.

Die Voraussetzung, dass Pachtinteressenten auch bereit und in der Lage sein müssen, den vom zunächst in Aussicht genommenen Pächter versprochenen Pachtzins zu zahlen, kann im Verhältnis zu einem Schweizer Pächter keine Geltung beanspruchen (vgl. BGH a.a.O.). Die dafür maßgeblichen Gesichtspunkte, die in der angesprochenen BGH-Entscheidung aufgeführt sind, gelten unverändert. Es reicht deshalb aus, dass der deutsche Landwirt in der Lage und bereit sein muss, einen Pachtzins zu zahlen, der in angemessenem Verhältnis zum nachhaltigen Ertrag bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung steht. Die vom Landwirtschaftsgericht angehörten Pachtinteressenten haben bekundet, dass sie bereit sind, einen Pachtzins von 2,00 € bis 2,10 € je ar zu bezahlen. Es ist davon auszugehen, dass ein solcher Pachtzins noch in angemessenem Verhältnis zum nachhaltigen Ertrag bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung steht, da nach den Angaben des Landwirtschaftsamtes der ortsübliche Pachtpreis für Ackerland auf der Gemarkung Schwaningen 1,56 € je ar beträgt (siehe vorgelegte Anlage 6 im Genehmigungsverfahren).

Der Hilfsantrag des Beschwerdeführers, festzustellen, dass die Beanstandung eine unzumutbare Härte für die Verpächterin bedeute, ist nicht begründet. Dabei ist davon auszugehen, dass die Berufung auf eine unzumutbare Härte für die Verpächterin nach § 5 LPachtVG auch auf Rüge der Pächterseite in dem vorliegenden Amts-ermittlungsverfahren zu beachten ist. Eine unzumutbare Härte liegt hier aber nicht vor. Eine solche wäre anzunehmen, wenn die agrarstrukturellen Bedenken gegenüber den privaten Interessen eines Vertragsteils zurückzutreten hätten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass wirtschaftliche Nachteile allein nicht ausreichen und es in der Regel zumutbar ist, nicht zu überhöhten Pachtpreisen verpachten zu dürfen zur Verbesserung der eigenen finanziellen Situation. Hier fällt auch die Differenz von 10,00 € pro Monat nicht derart ins Gewicht, dass eine unzumutbare Härte angenommen werden könnte. Das gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Verpächterin nur über eine monatliche Rente von 100,00 € verfügt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass angesichts des Umstandes, dass die Parteien des Pachtvertrages verwandt sind, die Beanstandung eine unzumutbare Härte darstellen würde, zumal nicht einmal der Grad der Verwandtschaft mitgeteilt worden ist.

Der weitere Hilfsantrag, den beanstandeten Pachtvertrag dahingehend abzuändern, dass die zu zahlende Pacht auf eine angemessene Höhe herabgesetzt wird, kann ebenfalls keinen Erfolg haben. Die Herabsetzung wäre nämlich nicht geeignet, den Versagungsgrund des § 4 Abs. 1 Nr. 1 LPachtVG auszuräumen.

Die Beschwerde des Beteiligten St. war daher als unbegründet zurückzuweisen.

Der Beteiligte St. hat gem. §§ 44, 34 Abs. 1, 33 LwVG i. V. m. § 2 KostO die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten behalten die Beteiligten auf sich.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens entspricht gem. §§ 34 Abs. 2, 35 Abs. 1 Nr. 1 LwVG, § 25 KostO dem Pachtzins der gesamten Vertragsdauer.

Der Anregung des Beschwerdeführers in einem gleichgelagerten Verfahren, das Verfahren auszusetzen und dem europäischen Gerichtshof gemäß Art. 234 Abs. 2 EG bezüglich der Anwendung des Freizügigkeitsabkommens im Rahmen der bilateralen Verträge zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedsstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits zur Vorabentscheidung vorzulegen, wird keine Folge gegeben. Eine Vorlagepflicht besteht nicht, weil keine letztinstanzliche Entscheidung vorliegt und auch die Gültigkeit von Gemeinschaftsrecht, wozu auch das vorliegende Abkommen gehört, nicht in Frage steht. Die vorgenommene Auslegung entspricht der vorläufigen Stellungnahme der EU-Kommission. Jedenfalls wird eine entgegenstehende Auffassung von Behörden oder Gerichten ersichtlich nicht (mehr) vertreten. Da die Rechtssache jedoch wegen der Betroffenheit der Landwirte im deutsch-schweizerischen Grenzgebiet grundsätzliche Bedeutung hat, wurde die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zuzulassen (§ 24 Abs. 1 Satz 2 LwVG).

Ende der Entscheidung

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