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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 19.10.2001
Aktenzeichen: 14 U 121/99
Rechtsgebiete: BGB, VerbrKrG, HausTWG
Vorschriften:
BGB § 276 | |
BGB § 278 | |
BGB § 607 | |
BGB § 608 | |
BGB § 831 | |
VerbrKrG § 9 Abs. 3 | |
VerbrKrG § 9 Abs. 4 | |
HausTWG § 1 |
2. Der Einwendungsdurchgriff (9 Abs. 3 und Abs. 4 VerbrKrG) setzt die Kündigung des Gesellschaftsbeitritts voraus. - Zur Verwirkung eines derartigen Kündigungsrechts.
3. Der Anlagenvermittler ist nicht Verrichtungsgehilfe der finanzierenden Bank.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Zivilsenat in Freiburg Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am: 19. Oktober 2001
In Sachen
wegen Forderung
hat das Oberlandesgericht Karlsruhe - 14. Zivilsenat in Freiburg - auf die mündliche Verhandlung vom 14. September 2001 durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Bauer
Richterin am Oberlandesgericht Dr. Denz
Richter am Oberlandesgericht Hörster
für Recht erkannt:
Tenor:
1) Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Offenburg vom 19.05.99 wie folgt abgeändert:
a) Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 36.800,60 nebst 7,5 % Zinsen hieraus seit dem 01.07.98 zu zahlen.
b) Die Widerklage wird abgewiesen.
2) Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4) Die Beschwer des Beklagten überschreitet DM 60.000,-- nicht.
Tatbestand:
Die Klage geht auf Rückzahlung eines dem Beklagten gewährten Darlehens. Widerklagend verlangt der Beklagte im Wege des Schadensersatzes gezahlte Zinsbeträge erstattet und die Rückabtretung der zur Darlehensbesicherung abgetretenen Rechte aus einer Kapitallebensversicherung.
Auf Grund von Werbegesprächen mit dem Anlagenvermittler G. der Vermittlungsfirma A. Finanzplanungs GmbH, F. (in der Folge: A.), erklärte der Beklagte, von Beruf angestellter Stuckateur, am 31.03.92 (B 2) seinen Beitritt mit einer Einlage von DM 30.000,-- an einer (geschlossenen) Immobilienfonds Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) S. Str. 7 u. 9, D., Fonds N° 14 und gab gleichzeitig das Angebot zum Abschluss eines Treuhandvertrages mit Rechtsanwalt F., G., ab. Zur Finanzierung des Einlagebetrages schlug der Vermittler die Aufnahme eines Darlehens bei der Klägerin vor, die schon zuvor in verschiedenen Fällen zu gleichen Zwecken für Anleger Darlehen bewilligt hatte. Für derartige Darlehensanträge waren der A. von der Klägerin Formulare für Selbstauskünfte von Kreditinteressenten überlassen worden. Eine entsprechende Selbstauskunft hatte der Beklagte so bereits beim Vermittler am 24.02.92 ausgefüllt und unterzeichnet (I 149). Herr G. übersandte diese Angaben des Beklagten der Klägerin zur Vorbereitung des Darlehensvertrages. Nachdem die Klägerin der A. ihr Einverständnis mitgeteilt hatte, vereinbarte der Vermittler für den 16.04.92 einen Termin bei der Klägerin, in dem der Beklagte den bereits vollständig ausgefüllten Darlehensantrag (Betrag DM 35.400,-- / 7,8 % Zinssatz fest für 5 Jahre / Auszahlung 90 % / 1 % Bearbeitungsgebühr / anfänglicher effektiver Jahreszins 11,11 % / Laufzeit 18 Jahre / Abtretung der Rechte aus einer bereits bestehenden Lebensversicherung) und eine Erklärung nach dem VerbrKrG unterzeichnete (K 1 - I 23 - 28). Ihre Darlehenszusage vom 06.05.92 (K 2 - I 29) mit dem Zusatz, "Die Darlehenszusage erfolgt unter Ausschluss jeglicher Haftungsübernahme ..... bzgl. des Fondkonzeptes im Rahmen der Finanzierungsberatung sowie der Kreditvereinbarung", übersandte die Klägerin samt einem vorbereiteten Überweisungsträger (B 4) der A. GmbH. Während die Klägerin von der A. bereits zuvor ein Exemplar des Emissionsprospektes für den Fonds N° 14 zur Verfügung gestellt bekommen hatte, wurde diese Unterlage, was die Klägerin nicht wusste, dem Beklagten von dem Vermittler nicht zugänglich gemacht.
Die vierteljährlich zu leistenden Zinsraten i.H.v. DM 690,30 beglich der Beklagte bis einschließlich 1996 (insgesamt DM 11.044,80). Nachdem weitere Zahlungen ausblieben, kündigte die Klägerin das Darlehen mit Schreiben v. 10.07.97 (K 3 - I 31) und forderte die Begleichung des Kreditbetrages nebst Zinsraten für die Zeit bis 30.06.97 und Mahnkosten (insgesamt DM 36.800,60). Dies ist die Klageforderung.
Die Klägerin hat in erster Instanz behauptet, sie sei über den Inhalt der Gespräche des Vermittlers G. mit dem Beklagten nicht informiert gewesen. So sei der Beklagte anlässlich der Unterzeichnung des Darlehensantrages am 16.04.92 auch ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der Fonds seitens der Bank nicht geprüft worden sei und es ihr gleichgültig sei, was der Beklagte mit dem Kredit finanzieren wolle.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin DM 36.800,60 nebst 7,5 % Zinsen hieraus seit dem 01.07.98 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
1) die Klage abzuweisen sowie - im Wege der Widerklage -
2) die Klägerin zu verurteilen,
a) an den Beklagten DM 8.594,55 nebst 4 % Zinsen ab Zustellung zu zahlen und
b) die Rechte und Ansprüche aus der bei der R. Lebensversicherung AG, W., unter der LV-Nummer ... abgeschlossenen Kapital-Lebensversicherung an den Beklagten rückabzutreten.
Der Beklagte hat vorgetragen, der Vermittler G. habe den Fonds als ausgezeichnete Kapitalanlage gepriesen, die eine hohe Steuerersparnis ergäbe und insgesamt eine gute Altersvorsorge darstelle. Demgegenüber sei angesichts seiner Einkommensverhältnisse eine "steuersparende Kapitalanlage" überhaupt nicht in Betracht gekommen, was auf Grund der vorgelegten Selbstauskunft sowohl der Vermittler als auch die Klägerin erkannt hätten. Der Vermittler habe der Wahrheit zuwider versichert, die Kreditzinsen würden durch die hohen Mieterträge und Steuervorteile nahezu voll abgedeckt. Angesichts dieses Verhaltens habe er, der Beklagte, nicht erkennen können, dass es sich bei dem vorgeschlagenen Kreditgeschäft nicht um eine lukrative Kapitalanlage, sondern um eine Spekulation mit einem von vornherein vorprogrammierten hohen Verlust gehandelt habe. Erst ab einer Wertsteigerung der Immobilie, die lediglich einen Verkehrswert von 5,5 Mio. DM gehabt habe, von über 100 % hätte aus dem Verlust- ein Gewinngeschäft werden können. Ein Eigenkapitalfonds sei überhaupt nur sinnvoll, wenn die Anleger ihre Einlage aus eigenen Mitteln aufbringen würden. Im Emissionsprospekt, den wohl die Klägerin, nicht aber er, der Beklagte, gehabt habe, werde so auch ausdrücklich festgehalten: "Eine Fremdfinanzierung der Gesellschaftsanteile ist nicht vorgesehen" (S. 45 des Prospektes). Das Kreditgeschäft sei von Anfang an auch deshalb besonders ruinös gewesen, weil die Fondsbeteiligung überteuert gewesen sei. Aus dem Emissionsprospekt ergäben sich bereits "weiche Kosten" i.H.v. ca. 3 Mio. DM, und darüber hinaus sei ein heimlicher, nicht ausgewiesener Bauträgeranteil von ca. 30 % der Zeichnungssumme abgezweigt worden. Angesichts dieses Sachverhalts könne der Klageforderung der Einwendungsdurchgriff nach § 9 VerbrKrG entgegengesetzt werden, bei dem Kreditgeschäft handele es sich nämlich um ein mit der Fondsbeteiligung verbundenes Geschäft. Da der Vermittler G. darüber hinaus als Erfüllungsgehilfe der Klägerin zu qualifizieren sei, und die Klägerin selbst einer aus eigenem Wissensvorsprung sich ergebenden Aufklärungspflicht nicht genügt habe, hafte die Klägerin auch aus Verschulden bei Vertragsschluss und unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung. Sie sei deshalb verpflichtet, die gezahlten Zinsen (DM 11.044,80) abzüglich erhaltener Ausschüttungen (DM 2.450,25) als Schadensersatz zu leisten und müsse die zur Besicherung des Kredits zedierten Rechte aus der Kapitallebensversicherung rückübertragen. Die Fondsbeteiligung werde der Klägerin zur Verfügung gestellt.
Die Klägerin hat
Abweisung der Widerklage
beantragt, und entgegnet, eine Aufklärungs- oder gar Warnpflicht habe unter keinem Gesichtspunkt bestanden. Es werde i.ü. bestritten, dass der kreditfinanzierte Beteiligungserwerb ein von vornherein vorprogrammiertes Verlustgeschäft gewesen sei. Der Vermittler habe auf Seiten des Beklagten gestanden und diesen der Klägerin lediglich als Kreditinteressent zugeführt. Bereits vor Unterzeichnung des Kreditantrages habe der Beklagte seine bindende Beteiligungserklärung abgegeben gehabt, und ein Widerrufsrecht sei bereits erloschen gewesen. Weder könne auf ihrer Seite von einem Verschulden bei Vertragsschluss noch auch nur von einem verbundenen Geschäft i.S.d. VerbrKrG ausgegangen werden.
Das Landgericht hat den Beklagten angehört und zum Inhalt der seinerzeit geführten Gespräche Beweis erhoben durch die Vernehmung von drei Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der protokollierten Aussagen der Zeugen G., L. und M. verwiesen. Das Landgericht hat sodann die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben, weil die Klägerin wegen mangelnder Aufklärung über die Darlehensverwendungsrisiken aus Verschulden bei Vertragsschluss hafte, wobei der Vermittler G. als ihr Erfüllungsgehilfe anzusehen sei. Außerdem handele es sich bei dem Kreditvertrag um ein verbundenes Geschäft i.S.v. § 9 Abs. 3 VerbrKrG. Auf die Entscheidungsgründe wird verweisen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die gleichzeitig der A. den Streit verkündet hat (II 19). Die Klägerin macht geltend, beim Abschluss des Kreditvertrages keinerlei rechtliche Pflichten verletzt zu haben. Das Landgericht gehe zunächst noch zutreffend davon aus, dass eine kreditgebende Bank grundsätzlich nicht verpflichtet ist, den Darlehensnehmer über die Risiken der beabsichtigten Mittelverwendung aufzuklären. Eine Ausnahme von dieser Regel lasse sich im vorliegenden Fall nicht begründen. Weder habe sie, die Klägerin, für den Beklagten einen besonderen Gefährdungstatbestand geschaffen noch über einen konkreten Wissensvorsprung verfügt. Zu keinem Zeitpunkt sei der A. verbindlich zugesagt worden, dass Fondsbeteiligungen finanziert würden. Man habe sich vielmehr die Prüfung jedes Einzelfalls (Bonität) ausdrücklich vorbehalten. Indem die A. sich verpflichtet habe, eine Finanzierung zu besorgen, sei diese ausschließlich im Interesse der Fondsanleger tätig geworden. Es hätte für die Bank keinerlei Anhaltspunkte gegeben, dass die Fondsvermittlerin ihre Kunden unzureichend aufklären würde. Auch habe sie, die Klägerin, keinen konkreten Wissensvorsprung im Hinblick auf spezielle Risiken besessen. Weder seien eigene Pflichten im Rahmen der Darlehensgewährung verletzt worden, noch könnten Pflichtverletzungen der A. der Bank zugerechnet werden. Es sei auch falsch, die Vorschriften des VerbrKrG auf den vorliegenden Fall anzuwenden.
Die Klägerin beantragt,
auf die Berufung hin das Urteil des Landgerichts Offenburg vom 19.05.99 entsprechend den in erster Instanz durch die Klägerin gestellten Anträge abzuändern.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angegriffene Urteil für richtig und ergänzt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Außerdem verweist er darauf, mit Schreiben vom 01.07.2000 (B 21 - II 273) seine Mitgliedschaft in der Immobilienfonds GbR fristlos gekündigt zu haben. Weiter vertritt er die Auffassung, die A. sei als Verrichtungsgehilfin der Klägerin sowie die D. GmbH und ihr Geschäftsführer G. als "Unterverrichtungsgehilfen" bei der Kreditwerbung anzusehen, so dass die Geschäftsherrin sich deren sittenwidriges Verhalten als eigenes zurechnen lassen müsste. Schließlich seien sowohl auf den Darlehensvertrag als auch die Beitrittserklärung zum Immobilienfonds das Haustürwiderrufsgesetz anzuwenden. Abgegebene Widerrufsbelehrungen seien fehlerhaft erfolgt, so dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe. Ein Widerruf liege bereits in den Kündigungserklärungen vom 01.07.00 (B 21), er sei jedenfalls aber durch die Erklärungen vom 10.09.01 (B 32 und 33 - II 537 f) erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den im Senatstermin vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und in der Sache auch begründet. Der Beklagte ist verpflichtet, den mit der Klage erhobenen Anspruch auf Rückzahlung des empfangenen Darlehens (§§ 607 Abs. 1, 609 Abs. 1 BGB) samt Zinsen und Mahngebühren zu erfüllen. Der Senat teilt nämlich nicht die Auffassung des Landgerichts, wonach die Klägerin ihres Rückzahlungsanspruchs dadurch verlustig ging, dass sie dem Beklagten aus Verschulden bei Vertragsschluss (sogen. "cic") hafte (nachfolgend 1) und der Beklagte überdies die Rückzahlung des Kredites infolge Einwendungsdurchgriffs (§ 9 Abs. 3 und 4 VerbrKrG - nachfolgend 2) oder aus anderen, erst in zweiter Instanz vorgebrachten Gesichtspunkten (etwa Haftung der Klägerin für Verrichtungsgehilfen oder Widerruf nach dem HWiG - nachfolgend 3), verweigern könnte.
1) Der Klägerin fällt kein eigenes oder ihr über § 278 BGB zuzurechnendes Verschulden bei Abschluss des Darlehensvertrages zur Last, denn eine Verletzung von bestandenen Aufklärungs- und Warnpflichten im Zusammenhang mit dem Abschluss des Darlehensvertrages lässt sich nicht feststellen. Auch der Beklagte teilt zunächst den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsatz, dass - abgesehen von nachfolgend noch zu diskutierenden Ausnahmen - eine kreditgebende Bank nicht verpflichtet ist, den Darlehensnehmer über die Gefahren und Risiken der Verwendung eines Darlehens aufzuklären und vor dem Vertragsschluss zu warnen. Es ist vielmehr grundsätzlich Sache des Darlehensnehmers, das Verwendungsrisikos abzuschätzen und sich hierbei ggfls. sachkundiger Fachberater zu bedienen. Die Bank kann in Ermangelung anderer Anhaltspunkte regelmäßig davon ausgehen, dass der Kreditkunde entweder selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt oder sie sich jedenfalls mit Hilfe von Fachleuten verschafft hat. So ist es zwar auch möglich, mit der kreditgebenden Bank einen ausdrücklichen oder stillschweigenden Beratungsvertrag im Hinblick auf den beabsichtigten Fondsbeitritt abzuschließen. Derartiges ist hier aber auch nach dem Vortrag des Beklagten nicht erfolgt. Es finden sich danach keinerlei Ansatzpunkte, die die Einschätzung rechtfertigten, dass die Klägerin sich zur Beratung wegen des Verwendungsrisikos verpflichten wollte. So betonte selbst der Beklagte bei seiner Anhörung vor dem Landgericht, dass der Termin anlässlich der Unterzeichnung des bereits unterschriftsreif vorbereiteten Darlehensantrags insgesamt lediglich 10 Minuten dauerte und dabei keinerlei Erörterung der Werthaltigkeit des Fonds oder sonstiger wirtschaftlicher Aspekte der bereits erfolgten Beteiligung stattfanden. Dies haben auch die vom Landgericht vernommenen Zeugen L. und M. inhaltsgleich ausgesagt.
Umstände, die ausnahmsweise eine Aufklärungspflicht der Klägerin hätten begründen können, lassen sich nicht feststellen. Zwar ist zutreffend, dass die Rechtsprechung dann eine Aufklärungspflicht bejaht, wenn die Kreditgeberin in bezug auf spezielle Risiken des vom Kunden geplanten Vorhabens eine konkrete Kenntnis besitzt, die ihrem Vertragspartner nicht ohne weiteres zugänglich ist und die Bank diesen "Wissensvorsprung" auch erkennen kann (BGH NJW 2000, 2352 f). So war es hier indes nicht. Der Klägerin war nicht bekannt, dass dem Beklagten der Emissionsprospekt der D.l Bau nicht übergeben worden war und der Anlageberater G. ggfls. unzutreffende Zusicherungen abgegeben hatte. Die Klägerin konnte so vielmehr davon ausgehen, dass die in der genannten Schrift enthaltenen, verständlich dargelegten Einzelheiten des Gesellschaftsbeitritts vom Beklagten zur Kenntnis genommen worden waren und er sich von dem Mitarbeiter der Vermittlerin, dem Herrn G., zutreffend wegen der Werthaltigkeit des Fonds und der wirtschaftlichen Auswirkungen des Beitritts hatte beraten lassen.
Es kann auch nicht gesagt werden, dass ein voll finanzierter Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds in jedem Einzelfall von vornherein ein vorprogrammiertes Verlustgeschäft ist. Abgesehen von dem einem solchen Geschäft innewohnenden Spekulationsaspekt (z.B. Hoffnung auf Wertsteigerung) kann eine derartige Anlage mitsamt den Erträgnissen und Steuergesichtspunkten z.B. auf längere Sicht durchaus Sinn machen. Auch war für die Klägerin nicht erkennbar, dass im Prospekt zum Wert der Immobilie unzutreffende Angaben enthalten waren und ein nicht ausgewiesener Bauträgeranteil abgezweigt werden würde. Die Klägerin durfte vielmehr davon ausgehen, dass der Beklagte die für seine Anlage wesentlichen Gesichtspunkte bereits bei seinem zeitlich schon vor dem Darlehensvertragsschluss vollzogenen Fondsbeitritt abwägend überlegt und sie darüber hinaus mit seinem Vermittlungsberater diskutiert hatte. Ein mitteilungspflichtiger Wissensvorsprung der kreditgebenden Klägerin lässt sich mithin nicht begründen.
Der Auffassung des Landgerichts, wonach sich die Klägerin das Verhalten des Vermittlers G. über § 278 BGB zurechnen lassen muss, ist nicht richtig. Hierbei wird nämlich nicht hinreichend berücksichtigt, dass sich die Klägerin Äußerungen und Verhaltensweisen des Herrn G. nur in soweit zurechnen lassen muss, als dies in den Bereich der Anbahnung des Kreditgeschäftes fällt (BGH WM 2000, 1687). Die Klägerin bediente sich des Fondsvermittlers insofern als Verhandlungsgehilfe, als sie über diesen den Kontakt mit dem Beklagten herstellen ließ, die für die Kredithingabe notwendige Selbstauskunft hereinnahm und auch den Termin zur Unterschriftsleistung unter den Darlehensantrag vereinbarte. Eine Zurechnung kommt aber nur im Zusammenhang der Anbahnung des Darlehensvertrages in Betracht. Nur insoweit war Herr G. in den Pflichtenkreis der Klägerin einbezogen. Die vom Beklagten behaupteten unredlichen Verhaltensweisen des Anlagenvermittlers - insbesondere dessen unrichtige Angaben über die Werthaltigkeit der Beteiligung - betreffen das Kreditgeschäft nicht, sie zielen allein auf den Beitritt zur Immobilienfonds GbR, also einem Geschäft, in das die Klägerin nicht involviert war (BGH a.a.O.). Dem schließt sich der erkennende Senat an.
Damit ist davon auszugehen, dass sich die Klägerin nicht wegen unterlassener Aufklärung des Beklagten schadensersatzpflichtig gemacht hat.
2) Der Beklagte kann - entgegen der Auffassung des Landgerichts - nicht nach den Regeln des sogenannten Einwendungsdurchgriffs (§ 9 Abs. 3 und 4 VerbrKrG) dem Darlehensanspruch eine dauernde Einrede entgegenhalten, auch wenn er durch Täuschung z.B. über den Wert des Objektes zum Gesellschaftsbeitritt veranlasst wurde. In diesem Zusammenhang kann die Beantwortung der Frage dahinstehen, ob die genannte Vorschrift entsprechend auch für Kredite gilt, die zur Finanzierung der Beteiligung an einer Immobilienfonds GbR gewährt wurden (verneinend z.B. OLG Karlsruhe 1 U 144/99 - Urteil vom 29.11.2000). Der Bundesgerichtshof hat diese in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortete Frage soweit ersichtlich bisher nicht entschieden, sondern ausdrücklich - weil jeweils entscheidungsunerheblich - dahin stehen lassen (s. die Urteile vom 27.06.200 - XI ZR 174/99 - WM 2000, 1685 ff und XI ZR 210/99 - WM 2000, 1687 ff) und ausgeführt, ein Einwendungsdurchgriff scheide jedenfalls solange aus, als ein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss mangels Kündigung des Gesellschaftsbeitritts schon gegenüber der Fondsgesellschaft nicht durchgesetzt werden kann (BGH a.a.O.). Nun hat der Beklagte zwar während des Laufs des Berufungsverfahrens (mit seinem Schreiben v. 01.07.2000 - B 21 - II 273) seine Mitgliedschaft in der Immobilienfonds GbR fristlos gekündigt, diese außerordentliche Gestaltungserklärung entfaltete jedoch keine Wirkung, da sie verspätet erfolgte. Es ist ganz herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur, dass ein Kündigungsrecht dann als verwirkt zu beurteilen ist, wenn ein Gesellschafter sind nicht innerhalb angemessener Zeit darüber schlüssig wird, ob er an der Mitgliedschaft trotz erfolgter Täuschung festhalten will oder nicht (BGH NJW 65, 976; Hamm WM 2000, 1329, 1333). So liegt der Sachverhalt hier:
Der Beklagte hat nach seinen eigenen Einlassungen im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 21.04.99(I 129 ff) bereits Mitte des Jahres 1994 mit einem Mitarbeiter seiner Hausbank gesprochen und diesem die Beteiligung erklärt. Der betreffende Filialleiter habe sich daraufhin "ganz entsetzt" gezeigt und "sich an den Kopf gelangt". Er, der Beklagte, habe gleichwohl "daraufhin erst einmal nichts unternommen". Auch die außerordentliche Gesellschafterversammlung der Immobilienfonds GbR vom 15.02.1995, dem die Versendung eines Rundschreibens sowie eines "Positionspapiers" der "Interessengemeinschaft Immobilienfonds N° 14 S.-Strasse 7 und 9" vorausgingen, und die in aller wünschenswerten Deutlichkeit sämtliche Probleme und Unregelmäßigkeiten offenbaren, nahm der Beklagte nicht zum Anlass, eine Kündigungserklärung abzugeben. Er ließ seine Mitgliedschaft vielmehr noch bis zur Kündigung vom 01.07.2000, also über einen Zeitraum von über fünf Jahren bestehen und kam den daraus resultierenden Verpflichtungen nach. Auch unter Zubilligung einer gewissen angemessenen Bedenkzeit insoweit kann hier kein Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen der Verwirkung vorliegen.
Damit kommt es auch nicht mehr auf die Frage an, ob denn im Verhältnis zur Immobilien GbR und ihren Gesellschaftern überhaupt ein Kündigungsrecht in Betracht kommt.
3) Die mit der Berufung vertretene Auffassung des Beklagten, die A. sei als Verrichtungsgehilfin (§ 831 BGB) der Klägerin sowie die D. GmbH und ihr Geschäftsführer Gr. als "Unterverrichtungsgehilfen" bei der Kreditwerbung anzusehen (so dass die Geschäftsherrin sich deren - sittenwidriges - Verhalten im Wege vermuteten eigenen Auswahl- oder Überwachungsverschulden zurechnen lassen müsste), ist unrichtig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Bestellung der A. durch die Klägerin zu einer Verrichtung i.S.d. genannten gesetzlichen Bestimmung liegen nicht vor. Der vorgetragene Sachverhalt bzw. das Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme rechtfertigen nicht die Sichtweise, die Klägerin habe der A. die Aufgabe übertragen, Kunden für eine Fondsfinanzierung zu akquirieren. Auch ist eine irgendwie geartete Zusage der Klägerin an die A. im Vorfeld konkreter Kreditanfragen, Beitrittsinteressenten die Erwerbskosten der Fondsanteile zu finanzieren, nicht ersichtlich. Allein das grundsätzliche und der A. gegenüber geäußerte Interesse der Klägerin, zu deren Kerngeschäftsbereich das Kreditgeschäft zählt, Kreditanträge entgegenzunehmen, zu prüfen und je nach Bonität des Antragenden (so die Aussagen der Zeugen L. und M.) Darlehen zu bewilligen, begründet nicht die Annahme, die Klägerin habe die A. mit der Aufgabe einer Kreditwerbung betraut. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass der A. Formulare der Klägerin zur Abgabe von Selbstauskünften zur Verfügung gestellt worden waren. Dies geschah, wie auch der Zeuge G. angab, um der Klägerin die Arbeit der Bonitätsprüfung zu erleichtern. Auch war die Klägerin nur eine von mehreren Banken, die wegen Finanzierungen angegangen wurden. Eine Exklusivität der Klägerin gab es nicht.
Die Auffassung des Beklagten, sowohl in bezug auf den Darlehensvertrag als auch den erfolgten Fondsbeitritt ein Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz (HWiG) zu besitzen, geht fehl. Insoweit ermangelt es unbeschadet aller sonstigen Fragen (z.B. § 5 Abs. 2 HWiG) schon an der Grundvoraussetzung, wonach erforderlich wäre, dass die betroffenen Geschäfte in einer sogenannten Haustürwiderrufssituation (§ 1 HWiG) zustande kamen. Zur Begründung der situationsbedingten Voraussetzung, wonach der Beklagte in seiner Wohnung zur Abgabe des Darlehensantrages und zur Beitrittserklärung geworben und bestimmt worden sei (s. Schriftsatz v. 07.09.01 - dort S. 6 - II 411), wurde weiter auf die Klageerwiderung vom 30.10.98 (I 53 ff) verwiesen. Dort findet sich indes keinerlei entsprechender Vortrag. Die im Berufungsverfahren vorgebrachte, von der Klägerin bestrittene Behauptung ist vielmehr neu und widerspricht diametral dem, was der Beklagte selbst bei seiner Anhörung vor dem Landgericht (s. Protokoll vom 21.04.99 - dort S. 2 - I 129) im einzelnen dargelegt hat. Danach fanden die Gespräche mit dem Mitarbeiter der A. stets und ohne Ausnahme in deren Büro in F. statt. Der neue, nicht näher begründete Vortrag des Beklagten ist demnach falsch.
Die weiteren, ebenfalls erstmals mit dem Schriftsatz v. 07.09.01 (s. dort S. 11 ff - II 421 ff) erstmals vorgebrachten Einwände des Beklagten (fehlende Inempfangnahme des Darlehens und Leistungsverweigerungsrecht des Beklagten wegen Verstoßes der Klägerin gegen das "Geldwäschegesetz") sind schlicht unverständlich.
Dass die Klägerin den Darlehensbetrag entsprechend der vom Beklagten selbst unterzeichneten Anweisung (B 4) ausgezahlt hat (so das nunmehr erfolgte Bestreiten des Beklagten) kann keinem ernsthaften Zweifel unterliegen; hat der Beklagte doch, wie er selbst im einzelnen darstellt, 27 mal Ausschüttungen (die auf den vermeintlichen Schadensersatzanspruch angerechnet wurden) aus seiner Anlage erhalten. Von einem "planmäßigen", zwischen "Initiator" und Bank "abgesprochenen, von Beginn an bestehenden Ausschluss" des Darlehensempfangs durch den Schuldner (Beklagter) kann weiter keine Rede sein. Der insoweit zur Begründung vorgebrachte Sachverhalt steht nicht fest.
Wieso es sich schließlich bei dem durch den Beklagten zurückzuzahlenden Betrag um i.S.v. § 261 Abs. 1 StGB "bemakeltes" Geld handeln soll, ist unerfindlich.
Nach allem erweisen sich die Klage als begründet und, da ein zum Schadensersatz verpflichtender Sachverhalt nicht gegeben ist, die Widerklage sich als sachlich nicht gerechtfertigt. Dementsprechend war auf die Berufung der Klägerin hin das landgerichtliche Urteil abzuändern.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; die übrigen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO.
Ende der Entscheidung
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