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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 25.10.2002
Aktenzeichen: 14 U 36/02
Rechtsgebiete: EWG-VO Nr. 2377/90, EG-VO Nr. 1430/94, BGB, LMBG
Vorschriften:
EWG-VO Nr. 2377/90 Art. 5 | |
EG-VO Nr. 1430/94 Art. 1 | |
GG Art. 5 | |
BGB § 823 | |
BGB § 824 | |
LMBG § 35 |
2. Unzulässig sind im Testbericht enthaltene unwahre Tatsachenbehauptungen.
3. Bei der im Rahmen eines Testberichts unter Angabe der Untersuchungsmethode erfolgten Mitteilung über das Maß der Schadstoffbelastung eines Nahrungsmittels überwiegt der Wertungscharakter. Sie ist daher trotz ihres Tatsachengehalts nicht als Tatsachenbehauptung, sondern als Meinungsäußerung zu qualifizieren.
4. Der von der Veröffentlichung vergleichender Warentests betroffene Produzent kann verlangen, daß zur Mißdeutung des Untersuchunsergebnisses führende Äußerungen unterlassen werden und Aussagen, für deren richtige Einordnung und Bewertung dies erforderlich ist, nur mit einem erläuterndenZusatz - der seinerseits nicht mißverständlich, verzerrend oder unwahr sein darf - veröffentlicht werden.
5. Chloramphenicol-Rückstände in zum Verzehr bestimmtem Muskelfleisch sind aufgrund europarechtlicher Bestimmungen in jeder Konzentration verboten. Der von der Veröffentlichung eines Warentests betroffene Produzent kann daher keinen Zusatz verlangen, wonach unterhalb eines bestimmten Wertes liegende Chloramphenicol-Rückstände unmaßgeblich sind. Er kann ferner nicht den Zusatz verlangen, daß die mitgeteilte geringe Chloramphenicol-Konzentration mit früher üblichen Meßverfahren nicht nachweisbar gewesen wäre.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Zivilsenat in Freiburg Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am: 25. Oktober 2002
In Sachen
wegen einstweiliger Verfügung
hat das Oberlandesgericht Karlsruhe - 14. Zivilsenat in Freiburg - auf die mündliche Verhandlung vom 27. September 2002 durch
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Offenburg vom 25.01.2002 - 3 O 546/01 - wird als unbegründet zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
Gründe:
A
1. Wegen der von der Verfügungsklägerin erstinstanzlich verfolgten Ansprüche, des zugrundeliegenden Sachverhalts, des Vorbringens der Parteien sowie ihrer Anträge in erster Instanz wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat unter Aufhebung seiner einstweiligen Verfügung vom 25.01.2002 den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung gemäß Haupt- und Hilfsanträgen zurückgewiesen.
2. Mit der Berufung beantragt die Klägerin, das landgerichtliche Urteil abzuändern und
I. der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmaßnahmen zu untersagen, folgende Behauptungen aufzustellen und/oder aufstellen zu lassen:
1. Das Produkt "E.l A. Shrimps", MHD 11/2001 Lot.-Nr.: 283, Preis pro 100 g in DM/in Euro: 4,00/2,05, weise einen Chloramphenicol-Gehalt in Höhe von 0,19 µg/kg auf, ohne darauf hinzuweisen, daß ein Wert ( 1 µg/kg nach Ziffer 8.2.4. der Amtlichen Sammlung von Untersuchungsverfahren nach § 35 LMBG Kennziffer L 06.00-38 (Nachweis und Bestimmung von Chloramphenicol-Rückständen im Muskelfleisch) unmaßgeblich sei; zudem: in diesem Zusammenhang zu behaupten, der oben genannte Wert in Höhe von 0,19 µg/kg sei nach der Methode nach § 35 LMBG L 06.00-38, LC-MS-MS ermittelt worden;
2. das Produkt "G. K. P. Riesengarnelenschwänze roh, geschält, lasiert", MHD 09/2002 Lot.-Nr. 285, Preis pro 100 g in DM/in Euro: 3,99/2,04, weise einen Chloramphenicol-Gehalt in Höhe von 0,30 µg/kg auf, ohne darauf hinzuweisen, daß ein Wert ( 1 µg/kg nach Ziffer 8.2.4 der Amtlichen Sammlung von Untersuchungsverfahren nach § 35 LMBG Kennziffer L 06.00-38 (Nachweis und Bestimmung von Chloramphenicol-Rückständen im Muskelfleisch) unmaßgeblich sei; zudem: in diesem Zusammenhang zu behaupten, der oben genannte Wert in Höhe von 0,30 µg/kg sei nach der Methode nach § 35 LMBG L 06.00-38, LC-MS-MS ermittelt worden;
3. die Produkte der Firma E. seien mit Bisulfit (SO²) [gemeint ist offenbar: SO2] (betrifft "E. A. Shrimps", "G. K. P. Riesengarnelenschwänze roh, geschält, lasiert", "E, B. T. Shrimps" und "L. K. P"), Di- bzw. Triphosphaten (betrifft "G, K. P. Riesengarnelenschwänze roh, geschält, lasiert", "E. A. Shrimps"), Benzoesäure (betrifft "G. K. Prawns Riesengarnelenschwänze roh, geschält, lasiert"), Indol (betrifft "E. A. Shrimps"), Enterobakterien (betrifft "E. B. T. Shrimps") und Monobutylzinn sowie Dibutylzinn (betrifft "E. B. T. Shrimps") belastet, ohne zugleich mitzuteilen, daß sich sämtliche Werte im gesetzlich zulässigen Rahmen bewegen;
II. vorsorglich:
1. wie Antrag I 1, jedoch anstelle der Formulierung
"ohne darauf hinzuweisen, daß ein Wert ( 1 µg/kg nach Ziffer 8.2.4. der Amtlichen Sammlung von Untersuchungsverfahren nach § 35 LMBG Kennziffer L 06.00-38 (Nachweis und Bestimmung von Chloramphenicol-Rückständen im Muskelfleisch) unmaßgeblich sei"
die Formulierung
"ohne darauf hinzuweisen, dass nach Ziffer 8.2.4. der Amtlichen Sammlung von Untersuchungsverfahren nach § 35 LMBG Kennziffer L 06.00-38 (Nachweis und Bestimmung von Chloramphenicol-Rückständen im Muskelfleisch) die Nachweisgrenze bei 1 µg/kg liege"
2. wie Antrag I 2, jedoch mit den gleichen Änderungen wie in Antrag II 1
3. wie Antrag I 3
III. äußerst vorsorglich:
1. wie Antrag I 1, jedoch anstelle der Formulierung
"ohne darauf hinzuweisen, daß ein Wert ( 1 µg/kg nach Ziffer 8.2.4. der Amtlichen Sammlung von Untersuchungsverfahren nach § 35 LMBG Kennziffer L 06.00-38 (Nachweis und Bestimmung von Chloramphenicol-Rückständen im Muskelfleisch) unmaßgeblich sei"
die Formulierung
"ohne darauf hinzuweisen, daß nach dem Beschluss des Veterinär-Fachausschusses der EU-Kommission vom 22.11.2001 in Brüssel die Nachweisgrenze für Chloramphenicol in Shrimps bei 0,3 µg/kg liege"
2. wie Antrag I 2, jedoch mit den gleichen Änderungen wie in Antrag III 1
3. wie Antrag I 3.
Dabei liegt im Hauptantrag der Antrag auf Bestätigung der einstweiligen Verfügung des Landgerichts vom 25.01.2002; die Hilfsanträge entsprechen den erstinstanzlichen Hilfsanträgen.
B
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Die auf Unterlassung der von der Klägerin befürchteten Äußerungen gerichteten Verfügungsansprüche bestehen nicht, auch nicht in der mit den verschiedenen Hilfsanträgen geltend gemachten Form.
I.
Der von einer zu erwartenden, seine wirtschaftlichen Interessen beeinträchtigenden Presseäußerung Betroffene kann in entsprechender Anwendung von § 1004 i. V. m. § 823 Abs. 1 oder § 824 BGB - je nachdem, ob die Beeinträchtigung durch die Verbreitung von Werturteilen oder aber von Tatsachenbehauptungen erfolgt (hierzu BGHZ 65, S. 325 ff., 328 f.) - deren Unterlassung verlangen, wenn die mit ihr verbundene Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Wertschätzung nicht durch die gem. Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG (zur Maßgeblichkeit dieser Vorschrift auch für in Presseveröffentlichungen enthaltene Äußerungen vgl. BVerfGE 85, S. 1 ff., 11 f.) verfassungsrechtlich gewährte Meinungsäußerungsfreiheit gerechtfertigt wäre. Unterlassungsverpflichtete sind dabei die potentiellen Störer, zu denen im vorliegenden Fall die Beklagte als Verlegerin gehören würde. Indessen liegen die Voraussetzungen für derartige Ansprüche hinsichtlich der hier in Rede stehenden Äußerungen nicht vor.
1. Außer Streit steht freilich die Absicht der Beklagten, die Untersuchungsergebnisse, wonach von der Klägerin vertriebene Produkte einen Chloramphenicol-Gehalt von 0,19 µg/kg (E. A. Shrimps) bzw. 0,30 µg/kg (G. P. Riesengarnelenschwänze) aufweisen, ohne einen von der Klägerin verlangten Zusatz gemäß Hauptanträgen (I 1 und I 2) oder Hilfsanträgen (II 1 und II 2 bzw. III 1 und III 2) zu veröffentlichen. Unstreitig ist ferner, daß die Beklagte zu äußern beabsichtigt, die genannten Werte seien gemäß der Methode nach § 35 LMBG L 06.00-38, LC-MS-MS ermittelt worden. Da es sich bei Chloramphenicol um ein Antibiotikum handelt, das zumindest in bestimmter Dosis unstreitig gesundheitsschädlich ist, ist bei Veröffentlichung des Testergebnisses ohne einen von der Klägerin erstrebten, die Bedeutung der festgestellten Werte relativierenden Zusatz auch eine Beeinträchtigung der Geschäftsinteressen der Klägerin zu besorgen. Die Veröffentlichung in der beabsichtigten Weise ist aber nicht rechtswidrig.
a) Zur Beurteilung kritischer Äußerungen über die Waren eines anderen als rechtmäßig oder rechtswidrig bedarf es einer Güter- und Interessenabwägung. Dabei steht außer Frage, daß die - wie hier - nicht zu Wettbewerbszwecken erfolgende Veröffentlichung vergleichender Warentests nicht schon als solche unzulässig ist (vgl. etwa BGHZ 65, S. 325 ff., 328; BGH NJW 1987, S. 2222 ff., 2223; NJW 1997, S. 2593 ff., 2594; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl. 2001, Rn. 407 zu § 1 UWG; Prinz/Peters, Medienrecht 1999, Rn. 208; Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in Presse- und Rundfunk, 2. Aufl. 2001, Rn. 416 - jeweils m. w. N.). Als wertende Meinungsäußerungen (zur diesbezüglichen Qualifizierung BGHZ 65, S. 325 ff., 328 f., BGH NJW 1989, S. 1923 f.) ist die Veröffentlichung derartiger Tests ebenso wie der zum Testergebnis hinführenden Aussagen im Text vielmehr nur dann unzulässig - mit der Folge, daß ein Unterlassungsanspruch besteht -, wenn die Untersuchung nicht neutral, sachkundig und im Bemühen um objektive Richtigkeit vorgenommen worden ist (BGH NJW 1989, S. 1923 f. m. w. N.). Bezüglich im Testbericht enthaltener Tatsachenbehauptungen kann ein Unterlassungsanspruch ferner bestehen, wenn diese Behauptungen unwahr sind (BGHZ 65, S. 325 ff., 329; BGH NJW 1989, S. 1923 f.).
b) Bei den hier in Rede stehenden Äußerungen - Mitteilung des jeweiligen Chloramphenicol-Gehalts unter Angabe der Untersuchungsmethode - kommt ein Unterlassungsanspruch allenfalls nach den für Meinungsäußerungen geltenden Kriterien in Betracht. Sie stellen zwar - für sich gesehen - insofern Tatsachenbehauptungen dar, als ihr Wahrheitsgehalt im Beweiswege überprüfbar ist. Indessen kommt ihnen wegen ihrer Einbettung in einen Testbericht keine eigenständige Bedeutung zu. Es handelt sich vielmehr um bloße zum Testergebnis hinführende und diesem untergeordnete Wertungselemente. Damit überwiegt ihr Wertungscharakter, so daß sie trotz ihres Tatsachengehaltes nicht als Tatsachenbehauptung, sondern als Meinungsäußerung zu qualifizieren sind.
Nach den für solche geltenden Maßstäben sind die von der Klägerin befürchteten Äußerungen indessen nicht zu beanstanden:
Unter der Voraussetzung, daß die Untersuchung neutral, sachkundig und im Bemühen um objektive Richtigkeit vorgenommen wurde - ein Verstoß gegen diese Anforderungen wird von der Klägerin jedenfalls zweitinstanzlich nicht behauptet -, hat der Tester in bezug auf die Darstellung des Untersuchungsergebnisses einen erheblichen Entscheidungsfreiraum. Dies ergibt sich aus Art. 5 Abs. 1 GG und entspricht zudem der auf Markttransparenz und Verbraucheraufklärung bezogenen Funktion derartiger Veröffentlichungen (vgl. BGH NJW 1989, S. 1923 f. [1923]).
Grenzen sind der die Darstellung des Testergebnisses betreffenden Freiheit freilich insoweit gesetzt, als sie - darum geht es der Klägerin hier - nicht in verzerrender oder mißverständlicher Weise erfolgen darf. Dies bedeutet, daß von der Veröffentlichung vergleichender Warentests betroffene Produzenten verlangen können, daß zur Mißdeutung des Untersuchungsergebnisses führende Äußerungen unterlassen werden und Aussagen, für deren richtige Einordnung und Bewertung dies erforderlich ist, nur mit einem erläuternden Zusatz - der seinerseits nicht mißverständlich, verzerrend oder gar unwahr sein darf - veröffentlicht werden. Davon, daß die von der Beklagten beabsichtigten Äußerungen mißverständlich und erläuterungsbedürftig wären, kann indessen keine Rede sein.
aa) Die Klägerin wendet sich nicht gegen die Veröffentlichung des Chloramphenicol-Gehalts bestimmter von ihr vertriebener Produkte. Sie meint aber, der Test habe nur einen begrenzten Aussagewert, so daß die Mitteilung der gefundenen Belastungswerte ohne einen erklärenden Hinweis zur Untersuchungsmethode den Verbraucher in die Irre führe. Dem vermag der Senat nicht zu folgen: Zur richtigen Bewertung der mitgeteilten Belastungswerte bedarf es der von der Klägerin mit Haupt- oder Hilfsanträgen verlangten Zusätze nicht; diese wären vielmehr ihrerseits falsch, zumindest irreführend.
(1) Der mit den Hauptanträgen I 1 und I 2 verlangte Hinweis, wonach ein Wert ( 1 µg/kg nach Nr. 8.2.4 der Amtlichen Sammlung von Untersuchungsverfahren nach § 35 LMBG Kennziffer L 06.00-38 über die Bestimmung von Chloramphenicol-Rückständen im Muskelfleisch unmaßgeblich sei, würde beim Leser den Eindruck entstehen lassen, in der genannten Sammlung (AH 1 93/99) sei für die Belastung von für den Verzehr bestimmtem Muskelfleisch mit Chloramphenicol ein Höchstwert von 1 µg/kg festgelegt. Dieser Eindruck wäre schon deshalb falsch, weil die Amtliche Sammlung lediglich eine gutachtliche Äußerung über Verfahren zur Probenentnahme und zur Untersuchung von Lebensmitteln darstellt, der kein allgemeinverbindlicher Charakter zukommt (Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand 2002, Anm. 2 zu § 35 LMBG). Im übrigen existiert ein derartiger Höchstwert nicht, vielmehr sind Chloramphenicol-Rückstände in Lebensmitteln wegen ihrer Gefahr für die Gesundheit in jeder Konzentration verboten (Art. 5 EWG-VO Nr. 2377/90 mit Anhang IV zu dieser VO i. V. m. Art. 1 EG-VO Nr. 1430/94 mit Anhang D zu dieser VO).
(2) Der mit den Hilfsanträgen II 1 und II 2 verlangte Hinweis würde beim Leser den Eindruck erwecken, aus Nr. 8.2.4 des in der genannten Sammlung mitgeteilten Untersuchungsverfahrens ergebe sich, daß die Nachweisgrenze für Chloramphenicol-Rückstände bei 1 µg liege und daß darunter liegende Konzentrationen nicht nachweisbar seien. Dieser Eindruck wäre falsch, denn tatsächlich sind - wie der Sachverständige R. L. in seinem vor dem Landgericht mündlich erstatteten Gutachten (I 347/351) ausgeführt hat und was zweitinstanzlich unstreitig ist - mit den heute üblichen Meßmethoden Nachweisbestimmungen von Konzentrationen deutlich unter 0,3 µg/kg, sogar unter 0,1 µg/kg möglich. Dem entspricht es, daß gemäß der an die Unteren Lebensmittelüberwachungsbehörden ergangenen Anweisung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 25.09.2001 (AH I 121/125) Zertifikate über die Belastung von Shrimps mit Chloramphenicol nur dann anerkannt werden dürfen, wenn die Nachweisgrenzen der angewendeten Untersuchungs-methode nicht über 0,3 µg/kg liegt (vgl. auch den Untersuchungsbericht des Hygiene Instituts Hamburg vom 27.11.2001 [I 313]: "nicht nachweisbar [( 0,3 µg/kg]" sowie den zusammenfassenden Bericht des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin über die Ergebnisse des Nationalen Rückstandskontrollplans 1999 [I 341/343], wonach im Jahr 1999 die Rückstandsmengen von Chloramphenicol "im Bereich von 0,1 - 10 µg/kg ...." lagen).
(3) Mit ihren Hilfsanträgen III 1 und III 2 - Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse nur zusammen mit dem Hinweis, daß "nach dem Beschluß des Veterinär-Fachausschusses der EU-Kommission vom 22.11.2001 in Brüssel die Nachweisgrenze für Chloramphenicol in Shrimps bei 0,3 µg/kg" liege, kann die Klägerin aus zwei Gründen keinen Erfolg haben. Zum einen hat die Klägerin ihren Vortrag, wonach ein derartiger Beschluß des Veterinär-Fachausschusses der EU ergangen ist, trotz Bestreitens nicht glaubhaft gemacht, und es erscheint auch als ausgeschlossen, daß ein Beschluß mit dem behaupteten Inhalt ergangen ist, weil die Frage, wo die Nachweisgrenze einer Substanz liegt, objektiver Natur ist und nicht zur Disposition eines Gremiums steht. Zum anderen hätte ein etwaiger Beschluss des EG-Veterinärausschusses, der sich allenfalls mit den an die Untersuchung von Chloramphenicol-Rückständen zu stellenden Mindestanforderungen zur Messgenauigkeit befassen könnte, keinen Norm-, sondern Empfehlungscharakter. Ein Hinweis des von der Klägerin verlangten Inhalts wäre daher falsch und in hohem Maße irreführend.
bb) Die Klägerin behauptet nicht, daß die beabsichtigte Aussage der Beklagten, die bei bestimmten Produkten der Klägerin festgestellten Chloramphenicol-Werte seien "gemäß der Methode nach § 35 LMBG L 06.00-38, LC-MS-MS ermittelt worden", nicht der Wahrheit entspreche. Sie meint lediglich, durch die Äußerung werde beim Adressatenkreis - also der Leserschaft der Zeitschrift Ö.-Test - der Eindruck erweckt, es handele sich dabei um eine amtliche Untersuchungsmethode, während es sich tatsächlich um die Abwandelung einer solchen handele.
Diese Überlegungen vermögen einen Unterlassungsanspruch nicht zu begründen. Richtig ist zwar, daß der durchschnittliche Leser von in der Zeitschrift Ö.-Test erscheinenden Berichten über Lebensmitteltests - also ein einschlägig interessierter Laie - die genannte Formulierung dahin verstehen kann, die genannte Methode sei mit einer in der gemäß § 35 LMBG zu führenden Amtlichen Sammlung von Untersuchungsverfahren enthaltenen Methode zur Probenaufbereitung und zur Messung des Chloramphenicol-Gehalts identisch, während Identität nur in bezug auf die Probenaufbereitung, nicht aber auf die Meßmethode gegeben ist. Indessen wird dadurch das Ergebnis der Untersuchung nicht verzerrend und irreführend dargestellt, insbesondere wird ihm kein falsches Gewicht beigelegt. Dies ergibt sich ohne weiteres schon daraus, daß die in der Amtlichen Sammlung dargestellte Meßmethode veraltet ist und heute nicht mehr angewendet wird. Wie der Sachverständige Lippold gegenüber dem Landgericht ausgeführt hat, legt die im Verfahren L 6.00-38 beschriebene Methode als Messprinzip das ECD-Verfahren zugrunde, das aber überholt ist und durch das wesentlich genauere MS-MS-Verfahren oder das - noch modernere und leistungsfähigere - LC-MS-MS-Verfahren verdrängt worden ist.
2. Unterlassungsansprüche gemäß Antrag I 3 (identisch mit II 3 und III 3) bestehen ebenfalls nicht: Zum Teil fehlt es schon an einer Begehungsgefahr; und soweit eine solche besteht, hält sich die zu erwartende Veröffentlichung der gefundenen Werte ohne den Zusatz, daß diese sich im gesetzlichen Rahmen bewegen, innerhalb des der Beklagten in bezug auf die Darstellung des Untersuchungsergebnisses bestehenden Entscheidunungsfreiraums (vgl. oben I b).
a) Die bloße Möglichkeit einer Behauptung genügt für die Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs nicht, vielmehr ist hierfür die konkrete Gefahr einer zukünftigen Rechtsbeeinträchtigung erforderlich (hierzu die Nachweise bei Prinz/Peters, a.a.O., Rn. 327 [Fn. 102]). Für eine - hier allein in Betracht kommende - Erstbegehungsgefahr bedarf es konkreter Anhaltspunkte dafür, daß ein Verstoß ernstlich droht (Prinz/Peters, a.a.O., Rn. 329 m.w.N. in Fn. 115). Konkrete Anzeichen für eine bevorstehende Veröffentlichung können allenfalls in den von der Klägerin vorgelegten an sie gerichteten Schreiben der Beklagten vom 21.11.2001 (AH I 1, 11, 21 und 29) gesehen werden, in denen sie die Beklagte von der Durchführung der Tests und deren Ergebnissen mit der Bitte um Überprüfung informiert. In den den Schreiben jeweils beigefügten Anlagen, in denen die einzelnen Untersuchungsbefunde aufgeführt sind, ist indessen für keines der im Unterlassungsantrag I 3 aufgeführten Produkte der Klägerin eine Belastung mit einer der in diesem Antrag genannten Substanzen "Triphosphat" und "Bisulfit (SO²)" aufgeführt. Mit "Bisulfit (SO²)" dürfte freilich SO2 gemeint sein, denn eine Belastung hiermit ist für alle vier genannten Produkte ausgewiesen (vgl. AH I 9, 15, 27 und 35), so daß insoweit eine Erstbegehungsgefahr trotz der im Unterlassungsantrag enthaltenen Falschbezeichnung zu bejahen sein könnte.
b) Anzeichen für eine bevorstehende Veröffentlichung sind jedenfalls aufgrund dessen, daß sie in den genannten Anlagen aufgeführt sind, in bezug auf die Belastungen mit den Substanzen Diphosphat (AH I 7 und 13), Indol (AH I 13), Monobutylzinn und Dibutylzinn (jeweils AH I 23) sowie mit Enterobakterien (AH I 23) sowie aufgrund des Umstandes gegeben, daß die Beklagte auf die im Anwaltsschriftsatz vom 28.11.2001 (AH I 43/53) enthaltene Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung gemäß AH I 55 nicht reagiert hat. Indessen wird durch die befürchtete bloße Wiedergabe von Analysewerten beim unbefangenen Durchschnittsleser nicht der Eindruck erweckt, die Werte lägen außerhalb des gesetzlichen Rahmens; dieser Leser hat aber ein legitimes Interesse daran, zu erfahren, welche Inhaltsstoffe in einem Lebensmittel vorhanden sind, unabhängig davon, ob hierbei der gesetzliche Rahmen eingehalten ist oder nicht.
II.
Nach alledem hat das Landgericht richtig entschieden, so daß die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen war. Da das Urteil rechtskräftig ist (§ 542 Abs. 2 S. 1 ZPO), bedarf es keines Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit.
Ende der Entscheidung
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