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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 03.07.2009
Aktenzeichen: 14 U 51/08
Rechtsgebiete: BGB, HGB


Vorschriften:

BGB § 123 Abs. 2
BGB § 276 Abs. 1
BGB § 278
HGB § 161 Abs. 1
1. Den Gründungsgesellschaftern einer Publikumsgesellschaft bürgerlichen Rechts obliegt gegenüber neu eintretenden Gesellschaftern die Verpflichtung zur sachlich richtigen und vollständigen Aufklärung über das mit einem Beitritt verbundene Risiko.

2. Für die Haftung der Gründergesellschafter gegenüber den neu eintretenden Gesellschaftern gelten die aus den Besonderheiten der Publikumsgesellschaft hergeleiteten Einschränkungen des allgemeinen Grundsatzes der Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen nicht.

3. Bei den zur Werbung von Anlegern beauftragten Vermittlern und von diesen eingesetzten Untervermittlern handelt es sich um Erfüllungsgehilfen der Gründungsgesellschafter und nicht um Dritte im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB.


Oberlandesgericht Karlsruhe 14. Zivilsenat in Freiburg Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 14 U 51/08

Verkündet am 03.07.2009

In dem Rechtsstreit

wegen Vertragskündigung und Einlagenrückzahlung, Schadensersatz

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 19.06.2009 unter Mitwirkung von

Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Bauer Richter am Oberlandesgericht Wachter Richterin am Oberlandesgericht Dr. Bauer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Offenburg vom 18.04.2008 - 4 O 15/07 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagte Ziff. 1 wird verurteilt, an den Kläger 8.284,50 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.03.2009 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Abtretung des Anspruchs auf das Auseinandersetzungsguthaben, der dem Kläger aufgrund der außerordentlichen Kündigung des am 30.06.2005/27.07.2005 abgeschlossenen Vertrages (Nr. 0046449581) gegenüber der Beklagten Ziff. 2 zusteht.

Es wird festgestellt, daß der am 30.06.2005/27.07.2005 zwischen dem Kläger und der Beklagten Ziff. 2 abgeschlossene Vertrag über eine Beteiligung des Klägers in Höhe von 36.918,00 € einschließlich Agio durch die außerordentliche Kündigung vom 05.12.2006 beendet worden ist.

Es wird festgestellt, daß die Beklagte Ziff. 1 verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, den dieser aufgrund der fehlerhaften Angaben des Vermittlers Benzel am 30.06.2005 über die Beteiligung an der Beklagten Ziff. 2 künftig erleidet.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

2. Die Berufung der Beklagten Ziff. 2 gegen das genannte Urteil wird zurückgewiesen.

3. Die Gerichtskosten beider Instanzen und die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Kläger zu 12 %, die Beklagte Ziff. 1 zu 12 % und die Beklagte Ziff. 2 zu 76 %. Der Kläger trägt 24 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten Ziff. 2. Im übrigen behalten die Beklagten ihre außergerichtlichen Kosten auf sich.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung des Gegners durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagten im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Beklagte Ziff. 2 ist eine durch Gesellschaftsvertrag vom 16.06.2005 gegründete Publikumsgesellschaft bürgerlichen Rechts. Ihr Gesellschaftszweck ist es, das von den Gesellschaftern aufgebrachte Kapital zu investieren. Die Beklagte Ziff. 1 ist die Initiatorin und eine der beiden Gründungsgesellschafterinnen der Beklagten Ziff. 2. Weitere Gründungsgesellschafterin war die Privatbank R. GmbH & Co. KG. Dieser oblag nach dem Gesellschaftsvertrag die Geschäftsführung und Vertretung der Beklagten Ziff. 2 und sie war berechtigt, mit Wirkung für alle Gesellschafter weitere Gesellschafter in die Gesellschaft aufzunehmen. Die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis sollte auf die Beklagte Ziff. 1 übergehen, sobald deren Erlaubnis von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auf das Finanzkommissionsgeschäft erweitert worden war. Es war beabsichtigt, weitere Gesellschafter mit Gesamteinlagen von bis zu 120.000.000,00 € aufzunehmen. Mit dem Vertrieb der Beteiligungen war unter anderem die F. F. AG beauftragt.

Am 30.06.2005 hat der Kläger - ein in B. (Hinweis der Redaktion: B. liegt im Bereich der ehemaligen Sowjetunion) geborener, damals 49 Jahre alter Schleifer - bei einem Besuch des Vermittlers B. in seiner Privatwohnung eine formularmäßige Beitrittserklärung zu der Beklagten Ziff. 2 unterzeichnet. Danach hatte der Kläger am 01.08.2005 eine Einmalzahlung zzgl. Agio in Höhe von 6.300,00 € zu leisten und ab dem 01.08.2005 18 Jahre lang monatlich 141,75 €. Nach der Beitrittserklärung waren Entnahmen auf den Höchstbetrag von 50 % der Einmalzahlung beschränkt und monatlich anteilig in Höhe von 7 % p.a. möglich. In der Beitrittserklärung werden den Verbrauchern allgemeine Informationen "zu den Anbietern" - nämlich der Beklagten Ziff. 2, der Privatbank Reithinger und der Beklagten Ziff. 1 - erteilt.

Zur Bezahlung der Einmaleinlage haben der Kläger und seine Ehefrau ihre Lebensversicherungen aufgelöst. Auf ein Schreiben des Klägers vom 08.08.2006 hat die Beklagte Ziff. 1 mit Schreiben vom 22.08.2006 erwidert, daß seine Beteiligung seit Juni 2006 nicht mehr vertragskonform bedient werde; bezüglich der Errechnung des Auseinandersetzungsguthabens übersende sie ihm die relevanten Passagen aus dem Emissionsprospekt zur nochmaligen Kenntnisnahme. Mit Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 05.12.2006 hat der Kläger seine Beteiligung gegenüber der Beklagten Ziff. 2 widerrufen und vorsorglich außerordentlich fristlos gekündigt. Er hat um Rückzahlung der bislang einbezahlten 8.284,50 € gebeten.

Der Kläger hat behauptet, als Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion verfüge er nur über unzureichende deutsche Sprachkenntnisse. Herr B. von der F. F. AG habe das Vermittlungsgespräch daher auf Russisch mit ihm geführt. Er habe keinen Prospekt erhalten und die Informationen in der Beitrittserklärung nicht verstanden. Herr B. habe sie auch nicht näher erläutert, sondern nur gesagt, daß er aus formalen rechtlichen Gründen einige Unterschriften leisten müsse. Herr B. habe ihn nicht über die Risiken aufgeklärt. Er habe die Beteiligung vielmehr als eine absolut sichere Anlage mit garantierten regelmäßigen Ausschüttungen von 7 % dargestellt und erklärt, daß das einbezahlte Kapital jederzeit wieder abgerufen werden könne, wenn er es brauche. Die Anlage sei zur Altersvorsorge geeignet und besser und sicherer als die Lebensversicherungen, die zur Aufbringung der Einmaleinlage aufgelöst werden sollten. Als er im Jahr 2006 erkrankt sei und das Geld angefordert habe, habe sich aus den dann übersandten Auszügen aus dem - am 30.06.2005 noch gar nicht veröffentlichten - Emissionsprospekt ergeben, daß es sich um eine hoch riskante Anlage handele. Wäre er über die Risiken aufgeklärt worden, hätte er den Vertrag nicht abgeschlossen. Da der Vermittler über die Sicherheit, die garantierten Ausschüttungen und die Abrufbarkeit der Anlage falsche Angaben gemacht habe, sei er zur außerordentlichen Kündigung der Beteiligung berechtigt gewesen. Ihm stehe auch ein Widerrufsrecht nach §§ 312, 355 BGB zu; die Widerrufsfrist habe nicht zu laufen begonnen, da in der Widerrufsbelehrung ein hinreichend konkreter Hinweis auf den Fristbeginn gefehlt habe. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft seien nicht vereinbar mit dem Haustürwiderrufsrecht. Da die Beklagten die F. F. AG mit der Vermittlung der Beteiligungen beauftragt hätten, müßten sie sich das Fehlverhalten des Vermittlers gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Er sei so zu stellen, als habe er den Vertrag nicht abgeschlossen; die geleisteten Zahlungen seien also zurückzugewähren. Die arglistige Täuschung des Vermittlers sei jedenfalls der Beklagten Ziff. 1 zuzurechnen, die in der Beitrittserklärung sogar als Anbieter genannt werde. Aufgrund der Kündigung der Lebensversicherung sei ihm ein weiterer Schaden entstanden, den er noch nicht beziffern könne.

Die Beklagten haben geltend gemacht, die Widerrufsbelehrung sei wirksam. Der Kläger sei durch den Vermittler, die Beitrittserklärung und den Emissionsprospekt, den er erhalten habe, über die Risiken der Beteiligung, auch das Risiko des Totalverlustes, und die Mindestlaufzeit des Vertrags aufgeklärt worden. Selbst wenn eine Verletzung der Aufklärungspflicht vorläge, könnte das Verhalten des Vermittlers ihnen nicht nach § 278 BGB zugerechnet werden. Herr B. sei selbständig gegenüber dem Kläger aufgetreten; er habe außerhalb ihres Pflichtenkreises gehandelt und sei nicht ihr Erfüllungsgehilfe gewesen. Nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft hätte die Beklagte Ziff. 2 nur das Auseinandersetzungsguthaben zu erstatten, das 255,08 € betrage. Eine Inanspruchnahme der Beklagten Ziff. 1 auf Rückabwicklung der Gesellschaftsbeteiligung scheide aus.

Wegen der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.

Das Landgericht Offenburg hat durch Urteil vom 18.04.2008 festgestellt, daß der Vertrag über den Gesellschaftsbeitritt des Klägers durch die außerordentliche Kündigung vom 05.12.2006 beendet ist (Ziff. 1). Im übrigen wurde die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rückabwicklung seiner Beteiligung an der Beklagten Ziff. 2. Im Fall einer Publikumsgesellschaft sei eine Rückabwicklung ex tunc nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft ausgeschlossen. Auch gegenüber der Beklagten Ziff. 1 bestehe kein schadensersatzrechtlicher Anspruch auf Rückabwicklung. Wie sich aus dem Prospekt ergebe, sei diese zwar Gründungsgesellschafterin und Initiatorin der Beklagten Ziff. 2 gewesen. Als solche unterliege sie der Prospekthaftung. Der Kläger habe aber vorgetragen, daß ihm vor Abgabe seiner Beitrittserklärung kein Prospekt ausgehändigt worden sei. Allerdings habe der Kläger wegen einer Verletzung von Aufklärungspflichten ein außerordentliches Kündigungsrecht gegenüber der Beklagten Ziff. 2. Nach der Beweisaufnahme stehe fest, daß der Vermittler dem Kläger ein falsches Bild von der Beteiligung gezeichnet habe. Die Ehefrau des Klägers habe glaubhaft bekundet, daß der Vermittler die Frage, ob man jederzeit an das Geld könne, falls etwas passiere, bejaht habe. Der Kläger hätte die Anlage nicht getätigt, wenn er über die Beschränkung des Entnahmerechts aufgeklärt worden wäre. Der Kläger sei Rußlanddeutscher und nach Angaben der Zeugin wie diese selbst nur sehr eingeschränkt der deutschen Spreche mächtig. Die formelhafte Erklärung auf dem Beitrittsformular, daß eine ordnungsgemäße Aufklärung erfolgt sei, habe keinen Beweiswert.

Gegen dieses Urteil haben der Kläger und die Beklagte Ziff. 2 Berufung eingelegt.

Der Kläger macht geltend, da die Beklagten die F. F. AG mit dem Vertrieb beauftragt hätten, sei ihnen die Aufklärungspflichtverletzung durch den Unterbevollmächtigten B. nach § 278 BGB zuzurechnen. Zwischen ihm und den Beklagten sei zumindest stillschweigend ein Auskunftsvertrag zustandegekommen. Ausweislich der Beitrittserklärung habe der Vermittler für die dort genannten Anbieter gehandelt, zu denen die Beklagten gehörten. Wie das Kammergericht in einem Parallelverfahren entschieden habe, müsse sich die Beklagte Ziff. 1 das Auftreten des Vermittlers für sie als Anlageanbieter zurechnen lassen. Seine - von den Beklagten im Berufungsverfahren verspätet vorgelegten - Schreiben vom 08.08. und 28.08.2006 habe er nicht selbst formuliert, sondern sie seien von einem deutschsprachigen Bekannten aufgesetzt worden. Jedenfalls die Beklagte Ziff. 1 sei zum vollen Schadensersatz verpflichtet, weil sie für die zurechenbare Pflichtverletzung des Vermittlers hafte. Im übrigen handele es sich um einen Fall des vermuteten Wissensvorsprungs aufgrund institutionalisierten Zusammenwirkens, weil die Beklagte Ziff. 1 mit der Beklagten Ziff. 2 in ständiger Geschäftsbeziehung zusammengearbeitet und den Vertrieb gemeinsam organisiert habe.

Der Kläger hat zunächst begehrt, die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 8.284,50 € und zum Ersatz aller künftig noch entstehenden Schäden aus der Beteiligung zu verurteilen.

Nach einem Hinweis des Senats beantragt der Kläger nunmehr,

die Beklagte zu 1) unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Offenburg vom 18.04.2008 - 4 O 15/07 - zu verurteilen, Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung Nr. 0046449581 zu dem Nominalbetrag von 36.918,00 € (35.160,00 € zzgl. 5 % Agio), an den Kläger 8.284,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.04.2006 zu zahlen;

die Beklagte zu 1) zu verurteilen, dem Kläger alle Schäden zu ersetzen, die ihm aufgrund der falschen Angaben des Vermittlers B. über die Beteiligung an der Beklagten zu 2) am 30.06.2005 künftig noch entstehen werden;

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Außerdem beantragt der Kläger hilfsweise - für den Fall, daß der Senat nicht von einer Verletzung der Aufklärungspflicht ausgehen sollte,

die Beklagte zu 2) zu verurteilen, das Auseinandersetzungsguthaben in Höhe von 255,08 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit an den Kläger auszuzahlen.

Der Kläger hat klar gestellt, daß der Ausspruch Ziff. 1 des landgerichtlichen Urteils bei Bestand bleiben solle und daß er den Zahlungsantrag gegen die Beklagte Ziff. 2 nicht mehr verfolge, sondern die Berufung insoweit zurücknehme.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung des Klägers und Berufungsklägers abzuweisen.

Die Beklagte Ziff. 2 beantragt ferner, das Urteil des Landgerichts Offenburg vom 18.04.2008 AZ: 4 O 15/07aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Im Hinblick auf den Hilfsantrag hat die Beklagte Ziff. 2 für den Fall, daß der Senat die Rechtmäßigkeit des Widerrufs bejaht, anerkannt, das Auseinandersetzungsguthaben nebst Zinsen auszuzahlen, Zug um Zug gegen Rückerstattung der Anteile an der Beklagten Ziff. 2.

Die Beklagten machen geltend, es sei nicht nachvollziehbar, wieso das Landgericht eine Aufklärungspflichtverletzung angenommen habe. Das Landgericht habe nicht gewertet, daß die als Zeugin vernommene Ehefrau ihre eigenen Anlagen aufgelöst und in die streitgegenständliche gesteckt habe. In den Schreiben vom 08.08. und 28.08.2006, die sie nunmehr vorlegten, habe der Kläger deutlich gemacht, daß er aus der Gesellschaft austreten wolle, weil sich seine Lebenssituation geändert habe. Diese Schreiben zeigten, daß der Kläger gewußt habe, was er unterschrieben habe. Die Darstellung, daß er Rußlanddeutscher sei und dies nicht gewußt habe, sei eine reine Schutzbehauptung. Da der Kläger die Belehrung unterschrieben habe, habe er die Hinweise zur Kenntnis genommen. Eine mögliche Falschaussage des wohl als freier Handelsvertreter für die F. F. AG tätigen Vermittlers sei nicht zurechenbar. Er sei als Vermögensanlageberater aufgetreten und sie hätten dem Kläger keine Vermögensanlageberatung geschuldet. Daß die Beklagte Ziff. 1 Gründungsgesellschafterin gewesen sei, reiche nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluß vom 29.01.2009 III ZR 74/08) nicht aus, um ein Schuldverhältnis zu dem Anleger zu begründen, aus dem sich Informationspflichten ergäben. Die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei überholt. Der Kläger hätte nicht mehr kündigen können, da er die Auszüge aus dem Emissionsprospekt jedenfalls im August 2006 erhalten habe; die Kündigung sei verfristet gewesen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze und Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufungen sind zulässig.

Die Berufung des Klägers hat mit den zuletzt gestellten Anträgen überwiegend Erfolg.

Der Kläger hat einen Schadensersatzanspruch gegenüber der Beklagten Ziff. 1.

Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler für erwiesen erachtet, daß der Kläger der deutschen Sprache nur sehr eingeschränkt mächtig ist und von dem Vermittler über die Fondsbeteiligung getäuscht worden ist. Daß seine als Zeugin vernommene Ehefrau ihre Lebensversicherung aufgelöst hat, um die Zahlung der Einmaleinlage zu ermöglichen, spricht nicht gegen ihre Glaubwürdigkeit, sondern gerade dafür, daß der Vermittler die Beteiligung fälschlicherweise als eine ebenso sichere Anlage dargestellt hat. Ebenso glaubhaft ist, daß die Frage, ob man im Notfall auf das Geld zugreifen könne, von wesentlicher Bedeutung für den Kläger war. Im übrigen hat der Vermittler in der Beitrittserklärung auch fälschlicherweise bestätigt, dem Kläger vor Abgabe des Angebots ein Exemplar des Emissionsprospekts ausgehändigt zu haben. Am 30.06.2005 gab es aber - soweit ersichtlich - noch gar keinen Prospekt. Auch die Beklagten waren - trotz eines Hinweises des Senats - nicht in der Lage, einen anderen als den vom 19.07.2005 datierenden Prospekt vorzulegen. Gegen die vom Landgericht zutreffend für erwiesen erachtete Täuschung sprechen auch nicht die beiden Schreiben des Klägers vom 08.08. und 28.08.2006, die die Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegt haben. Der Kläger hat unwidersprochen vorgetragen, daß sie von einem deutschsprachigen Bekannten aufgesetzt worden sind.

Die mit der Werbung von Anlegern beauftragte F. F. AG und die von dieser eingesetzten Untervermittler, die mit den Beitrittsformularen ausgestattet waren, waren keine Dritten im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB, sondern Erfüllungsgehilfen (BGHZ 167, 239; BGH, NJW-RR 2006, 178). Täuscht der Vermittler arglistig über die Fondsbeteiligung, wird ein ungeschmälerter Anspruch des Gesellschafters gegen die Fondsgesellschaft auf Rückerstattung seiner Einlage nur im Hinblick auf die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft verneint, nach denen eine Gesellschaftsbeteiligung auch im Fall einer arglistigen Täuschung nicht mit Rückwirkung angefochten werden, sondern nur der Wert der Beteiligung im Kündigungszeitpunkt als Abfindungsguthaben verlangt werden kann. Die Rechte des Anlegers erschöpfen sich indessen bei einer vorsätzlichen Täuschung des Vermittlers über die Fondsbeteiligung nicht in diesem Recht gegen die Fondsgesellschaft. Hat der Vermittler zur Finanzierung der Fondsbeteiligung auch einen Darlehensvertrag vermittelt, kann der Anleger diesen nach § 123 BGB anfechten, wenn die Täuschung auch für dessen Abschluß kausal war. Ebenso kann er einen Schadensersatzanspruch aus vorsätzlichem Verschulden bei Vertragsschluß gegen die kreditgebende Bank geltend machen, die sich das täuschende Verhalten des Vermittlers zurechnen lassen muß, da dieser nicht Dritter im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB ist (BGHZ 167, 239; BGH, NJW 2008, 2912). Auch die Beklagte Ziff. 1 muß sich das täuschende Verhalten des Vermittlers zurechnen lassen. Als Gründungsgesellschafterin der Beklagten Ziff. 2 war die Beklagte Ziff. 1 Vertragspartner der neu eintretenden Gesellschafter. Daher trafen sie die aus der Anbahnung von Vertragsverhandlungen entstandenen Pflichten und haftet sie für die unzutreffenden Angaben von Vertriebsbeauftragten oder anderen Personen in ihrem Verantwortungsbereich (BGH, NJW-RR 2003, 1393; BGH, DStR 2003, 1494). Den Gründungsgesellschaftern als Vertragspartnern der neu eintretenden Gesellschafter obliegt die Verpflichtung zur sachlich richtigen und vollständigen Aufklärung über das mit einem Beitritt verbundene Risiko. Die aus den Besonderheiten der Publikumsgesellschaft hergeleiteten Einschränkungen des allgemeinen Grundsatzes der Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen gelten gerade nicht für die Gründungsgesellschafter (BGH, NJW 1985, 380; BGH, NJW 1987, 2677; BGH, DStR 2003, 1494). Auch in dem Beschluß vom 29.01.2009 (WM 2009, 400) hat der Bundesgerichtshof keineswegs angenommen, daß zwischen einem beitretenden Anleger und einem Gründungsgesellschafter kein Schuldverhältnis bestehe, aus dem sich Informationspflichten ergeben. Vielmehr wird auch in diesem Beschluß ausgeführt, aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen hafte unter anderem, wer Vertragspartner sei oder werden solle. Nach dem Grundsatz der Naturalrestitution ist der Kläger so zu stellen, wie er ohne die Täuschung gestanden hätte. In diesem Fall hätte er sich nicht an der Beklagten Ziff. 2 beteiligt. Der Kläger hat deshalb Anspruch auf Erstattung der geleisteten Einlagen, Zug um Zug gegen Abtretung des Anspruchs, der ihm gegen die Beklagte Ziff. 2 zusteht.

Der Anspruch des Klägers war nach dem im Schadensersatzrecht geltenden Prinzip der Vorteilsausgleichung von vornherein nur mit der Einschränkung begründet, daß gleichzeitig die Vorteile, die mit dem schädigenden Ereignis in adäquatem Zusammenhang stehen, herausgegeben werden (BGH, NJW-RR 2005, 170). Dieser Besonderheit des Schadensersatzanspruchs hat der Kläger erst im Laufe des Berufungsverfahrens - mit dem im Schriftsatz vom 25.03.2009 geänderten Klageantrag - Rechnung getragen. Prozeßzinsen sind daher erst seit dem 27.03.2009 geschuldet.

Im Hinblick auf die künftigen Schäden ist nur ein Feststellungsurteil - kein Leistungsurteil - möglich.

Der Hilfsantrag, die Beklagte Ziff. 2 zur Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens zu verurteilen, kommt nicht zum Zuge, da eine Aufklärungspflichtverletzung vorliegt.

Die Berufung der Beklagten Ziff. 2 ist unbegründet. Der Kläger war aufgrund der arglistigen Täuschung des Vermittlers zur außerordentlichen Kündigung des Vertrags berechtigt. Dieses Recht unterliegt nur der Verwirkung. Es braucht daher nicht innerhalb einer bestimmten Frist nach Kenntniserlangung von dem Mangel geltend gemacht zu werden, sondern ist erst verwirkt, wenn sich die Gesellschaft wegen der Untätigkeit des getäuschten Anlegers über einen gewissen Zeitraum hinweg bei objektiver Beurteilung darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dieser werde von seinem Recht nicht mehr Gebrauch machen, und die verspätete Geltendmachung daher gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt (BGHZ 156, 46). Von einer Verwirkung kann kein Rede sein, da der Kläger bereits im Dezember 2006 gekündigt hat, nachdem sich die Angaben des Vermittlers im August 2006 als falsch herausgestellt haben.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3, 91, 92 Abs. 1, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen. Weder besitzt die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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