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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 20.04.2009
Aktenzeichen: 14 W 53/08
Rechtsgebiete: ZPO, GKG
Vorschriften:
ZPO § 5 | |
GKG § 45 Abs. 1 S. 3 | |
GKG § 48 Abs. 4 |
2. Soweit der sich gegen eine Internetveröffentlichung wendende Kläger neben Unterlassungsansprüchen auch Beseitigungsansprüche geltend macht, kommt diesen kein eigenständiger Wert zu, da es sich um denselben Gegenstand handelt.
3. Ist ein Anspruch auf Unterlassung ehrenrühriger Behauptungen mit einem daraus hergeleiteten Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe verbunden, so erfolgt keine Zusammenrechnung, vielmehr ist für die Wertberechnung nur der höhere Anspruch maßgeblich (Anschluss an OLGR Köln 1993, S. 283 f.)
Oberlandesgericht Karlsruhe 14. Zivilsenat in Freiburg Beschluss
Geschäftsnummer: 14 W 53/08
20. April 2009
In Sachen
wegen Unterlassung, Beseitigung und Vertragsstrafe
hier: Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Konstanz vom 03.07.2008.
Tenor:
1. Auf die Beschwerde des Klägers wird die Streitwertfestsetzung des Landgerichts Konstanz in der Fassung des Beschlusses vom 03.07.2008 dahin abgeändert, daß der Streitwert für die erste Instanz wie folgt festgesetzt wird:
a) für die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers:
- bis zur Klagerücknahme (10.04.2008) hinsichtlich der Anträge Ziff. 1-4 € 120.000,00
- ab Klagerücknahme € 20.000,00
b) für die außergerichtlichen Kosten des Beklagten Ziff. 1:
- bis zur Klagerücknahme (10.04.2008) € 30.000,00
- ab Klagerücknahme € 20.000,00
c) für die außergerichtlichen Kosten der Beklagten Ziff. 2 und 3 € 60.000,00
d) für die außergerichtlichen Kosten der Beklagten Ziff. 4 € 30.000,00
2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Mit Beschlüssen vom 30.04.2008 und vom 03.07.2008 hat das Landgericht den Streitwert hinsichtlich des Beklagten 1 auf € 100.000 und ab Rücknahme der Klaganträge auf Unterlassung und Beseitigung (ursprüngliche Klaganträge Nr. 1-4) auf € 80.000 und hinsichtlich der Beklagten 2 bis 4 auf jeweils € 80.000 festgesetzt.
Mit der (befristeten) Beschwerde wendet der Kläger sich gegen die Wertfestsetzung. Er hält einen Streitwert hinsichtlich des Beklagten 1 von € 40.000 und ab Klagerücknahme von € 20.000 und hinsichtlich der Beklagten 2 bis 4 von € 20.000 für jeden der Beklagten für zutreffend (AS 493).
II.
Die Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet.
1. Bei der Bemessung des Streitwerts war von folgenden Grundsätzen auszugehen:
a) Nimmt ein Kläger mehrere Verletzer auf Unterlassung ehrverletzender Äußerungen in Anspruch, so sind die Unterlassungsschuldner nicht Gesamtschuldner. Denn der Kläger kann von jedem Verletzer eigenständig Unterlassung verlangen, auch wenn die materiellen Ansprüche inhaltsgleich sind, also dieselbe Verletzungshandlung betreffen (Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl. 2007, Rn 2390, 3441; OLG Koblenz JurBüro 85, 257). Deshalb sind für die einzelnen Unterlassungsanträge gegen die Schuldner die Einzelwerte zu bestimmen und diese für die Gerichtsgebühren und die außergerichtlichen Gebühren des Klägers zusammenzurechnen und für die außergerichtlichen Kosten der Streitgenossen entsprechend ihrer Beteiligung zu bemessen (Schneider/Herget aaO Rn 3441).
b) Soweit der Kläger neben den Unterlassungsansprüchen auch Beseitigungsansprüche geltend machte, kommt diesen kein eigenständiger Wert zu, da es sich um denselben Gegenstand (vgl § 45 Abs. 1 S. 3 GKG) handelt. Zwar werden verschiedene Gegen-stände etwa dann angenommen, wenn mit dem Unterlassungsbegehren auch der Widerruf einer ehrverletzenden Behauptung verlangt wird, weil der Widerruf auf Beseitigung einer bereits eingetretenen Rechtsbeeinträchtigung zielt, während das Unterlassungsgebot der Vermeidung künftiger Beeinträchtigungen dient (Schneider/Herget aaO Rn 1441, 3437 1. Spiegelstrich). Diesen Wirkungen des Widerrufs kann das Beseitigungsverlangen im vorliegenden Falle jedoch nicht gleichgesetzt werden, da es wie das Unterlassungsbegehren auf die Vermeidung künftiger Rechtsbeeinträchtigungen gerichtet ist und die Verpflichtung zur Beseitigung der Interneteinträge bereits aus der Verurteilung zur Unterlassung folgen würde.
c) Hinsichtlich des Beklagten 1 sind die Werte für den (später zurückgenommenen) Unterlassungsantrag (Klageantrag Ziff. 1) und den Zahlungsantrag (Vertragsstrafe, Klageantrag Ziff. 5) nicht zusammenzurechnen. Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, so ist nach § 48 Abs. 4 GKG nur der höhere Anspruch maßgebend. Diese Voraussetzungen sind etwa bei einem Anspruch auf Unterlassung ehrenrühriger Behauptungen und einem daraus hergeleiteten Schmerzensgeldanspruch gegeben (OLG Köln JurBüro 94, 491; Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., § 48 Rn 46; Schneider/Herget aaO Rn 1437, 4175). So liegt der Fall auch hier, wo Unterlassungsanspruch und Vertragsstrafe aus demselben Sachverhalt abgeleitet werden.
d) Den Wert des Unterlassungsbegehrens des Klägers bemißt der Senat auf € 30.000.-. Ausgangspunkt für die Wertbestimmung nach § 48 Abs. 2 GKG ist das Interesse des Klägers an der begehrten Unterlassung. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere Umfang und Bedeutung der Sache für den Kläger und die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien einzubeziehen. Vorliegend war neben den zu unterstellenden überdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Parteien insbesondere zu berücksichtigen, daß der Kläger als Universitätsprofessor und Inhaber eines Lehrstuhls eine herausgehobene Stellung einnimmt und er durch die deutliche Kritik an seiner Habilitationsschrift in besonderer Weise in seinem beruflichen Ansehen und seiner wissenschaftlichen Reputation beeinträchtigt wurde, auch wenn sich die Kritik nicht auf das Hauptwerk und dessen inhaltliche Aussagen bezog, sondern auf die Zusammenstellung und Präsentation von Dokumenten in einem Anlagenband. Daß damit auch wirtschaftliche Nachteile etwa hinsichtlich des Absatzes des Werkes und des beruflichen Fortkommens des Klägers verbunden sein können, wie der Kläger geltend gemacht hat, liegt nicht fern, wenngleich das Hauptgewicht des Interesses des Klägers in der Ehrverletzung begründet ist. Auch hat der Kläger selbst die Vertragsstrafe mit € 20.000.- für angemessen gehalten. Der Senat ist der Auffassung, daß das Interesse des Klägers an dem Unterlassungsgebot, das nicht nur einen Verstoß in der Vergangenheit sanktioniert, sondern auf lange Sicht in die Zukunft wirken soll, höher einzustufen ist (vgl OLG München JurBüro 54, 181) und hält einen Wert von € 30.000.- für angemessen.
2. Damit ergeben sich die im Beschlußtenor aufgeführten Werte wie folgt:
a) Hinsichtlich des Beklagten 1 ist zu differenzieren: Bis zur Klagerücknahme tritt nach § 48 Abs. 4 GKG der Vertragsstrafenantrag gegenüber dem mit € 30.000.- höheren Unterlassungsantrag zurück, danach ist der allein verbliebene Vertragsstrafenanspruch (€ 20.000.-) maßgebend.
b) Bei den Beklagten 2 und 3 hat der Beseitigungsantrag gegenüber dem jeweiligen Unterlassungsantrag keinen eigenen Wert. Die gegen die beiden Beklagten gerichteten Unterlassungsanträge mit je € 30.000.- sind zusammen zu rechnen, da sie von denselben Prozeßbevollmächtigten vertreten wurden (OLG Koblenz JurBüro 85, 257), somit € 60.000.-.
c) Bei der Beklagten 4 bleibt es bei dem Wert von € 30.000.- für den Unterlassungsanspruch, der Beseitigungsanspruch bleibt außer Betracht.
d) Für die Gerichtsgebühren und die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind die Einzelstreitwerte zusammenzurechnen, somit € 120.000.-. Ab Klagrücknahme hinsichtlich der Anträge Ziff. 1 bis 4 bestimmt sich der Wert nach dem allein verbliebenen Vertragsstrafenanspruch in Höhe von € 20.000.-.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei ( § 68 Abs. 3 S.1 GKG), Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 S.2 GKG).
Ende der Entscheidung
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