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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 28.12.2004
Aktenzeichen: 14 W 63/04
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 149 Abs. 2 |
2. Gewichtige Gründe für eine erneute Aussetzung eines nach einjähriger Aussetzung fortgesetzten Rechtsstreits sind anzunehmen, wenn die der Klage zugrunde liegenden Vorgänge eines besonders umfangreichen strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens sind und Anklage in nächster Zeit zu erwarten ist. In einem solchen Fall ist die Aussetzung in der Regel zunächst bis zur Anklageerhebung zu begrenzen. Sodann ist zu prüfen, ob gewichtige Gründe vorliegen, die eine erneute Aussetzung des Verfahrens rechtfertigen.
Oberlandesgericht Karlsruhe 14. Zivilsenat Beschluss
Geschäftsnummer: 14 W 63/04
28. 12. 2004
In dem Rechtsstreit
wegen Schadensersatzes
Tenor:
1. Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des Landgerichts Freiburg vom 09.11.2004 - 6 O 190/03 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Aussetzung bis zur Anklageerhebung in dem gegen den Beklagten gerichteten Strafverfahren begrenzt wird, längstens bis zum 28.02.2005.
2. Der Beschwerdewert wird auf 20.500 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Klägerin macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche in Höhe von mehr als 100.000 € unter anderem aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB geltend. Dem liegt eine Beteiligung der Klägerin als stille Gesellschafterin an einer GmbH zugrunde, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Beklagte war. Die GmbH ist zwischenzeitlich aufgrund Ablehnung eines Insolvenzantrags mangels Masse im Handelsregister gelöscht. Die Klägerin stützt ihre Ansprüche im wesentlichen darauf, daß der Beklagte sie durch unwahre Angaben über die Bonität der GmbH dazu veranlaßt habe, durch die Insolvenz der GmbH verloren gegangene Einlagen von insgesamt 189.000 DM zu zeichnen und einzubezahlen. Die Vorgänge sind Gegenstand eines unter dem Az. .. Js .../02 bei der StA Mannheim anhängigen Ermittlungsverfahrens.
Bereits mit Beschluß vom 06.10.2003 (AS. 69) hatte das Landgericht das Verfahren gemäß § 149 ZPO bis zur Beendigung des Strafverfahrens gegen den Beteiligten ausgesetzt. Mit Schriftsatz vom 21.07.2004 (AS. 77) hat die Klägerin das Verfahren wieder angerufen. Mit Schriftsatz vom 26.10.2004 (AS. 89/91) hatte sie ihr Einverständnis damit erklärt, daß die Terminierung bis zum damals für Mitte Dezember 2004 erwarteten Vorliegen der Anklageschrift zurückgestellt werde.
Mit Beschluß vom 09.11.2004 (AS. 97) hat das Landgericht das Verfahren erneut gemäß § 149 ZPO bis zur Erledigung des gegen den Beklagten gerichteten Strafverfahrens ausgesetzt. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 16.11.2004 (AS. 99), der das Landgericht mit Beschluß vom 26.11.2004 (AS. 103/105) nicht abgeholfen hat.
II.
Die gemäß § 252 ZPO statthafte und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Allerdings war die mit dem angefochtenen Beschluß erfolgte Aussetzung bis zur Anklageerhebung - längstens bis zum 28.02.2005 - zu begrenzen.
1. Gemäß § 149 Abs. 2 ZPO n.F. muß das Gericht dem von einer Partei gestellten Antrag auf Fortsetzung eines seit einem Jahr ausgesetzten Verfahrens nur dann nicht entsprechen, wenn gewichtige Gründe für die Aufrechterhaltung der Aussetzung sprechen. Dadurch hat der Gesetzgeber die Möglichkeit der Parteien erweitert, die Fortsetzung eines ausgesetzten Rechtsstreits zu erreichen. Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten ihre entsprechende Anwendung für den Fall, daß ein nach einjähriger Aussetzung auf Antrag einer Partei fortgesetztes Verfahren erneut ausgesetzt wird.
2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, daß die mit dem angefochtenen Beschluß erfolgte erneute Aussetzung des Rechtsstreits durch das Landgericht nicht zu beanstanden ist.
Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Mannheim sind die der Klage zugrunde liegenden Vorgänge Gegenstand eines besonders umfangreichen Ermittlungsverfahrens, Anklage ist in nächster Zeit zu erwarten. Unter diesen Umständen sprechen gewichtige Umstände i.S.v. § 149 Abs. 2 ZPO für eine Aussetzung des Rechtsstreits. Da die Beweisstücke bei der demnächst erfolgenden Anklageerhebung zusammen mit den Strafakten der Strafkammer vorzulegen sind, kann die Staatsanwaltschaft sie bis dahin nämlich nicht für das Zivilverfahren zur Verfügung stellen. Ohne Kenntnis der Buchhaltungs- und der sonstigen für die Beurteilung des Sachverhalts bedeutsamen Unterlagen aber ist dem Zivilrichter die sinnvolle Vorbereitung eines Termins zur mündlichen Verhandlung oder eine sonstige Förderung des Rechtsstreits nicht möglich.
Anders kann es nach Anklageerhebung liegen. Anhand der Anklageschrift ist zumindest abschätzbar, welchen Stellenwert die dem hiesigen Rechtsstreit zugrundeliegenden Vorgänge im Strafverfahren einnehmen. In Abstimmung mit der Strafkammer wird es dem Zivilrichter möglich sein, für den Rechtsstreit bedeutsame Urkunden und sonstige Unterlagen einzusehen und ggf. Doppel herzustellen. Jedenfalls wird eine Beurteilung möglich sein, ob eine parallele Durchführung von Straf- und Zivilverfahren technisch möglich ist. Deshalb erschien es als angemessen, die Aussetzung bis zur demnächst zu erwartenden Anklageerhebung - spätestens bis 28.02.2005 - zu begrenzen. Sodann wird das Landgericht - dem insoweit kein Ermessen zusteht (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl. 2005, Rn. 4 zu § 149) - zu beurteilen haben, ob gewichtige Umstände vorliegen, die eine erneute Aussetzung des Verfahrens und damit eine weitere Verzögerung des Rechtsstreits rechtfertigen.
III.
Der nach dem gemäß § 3 ZPO zu schätzenden Interesse der Parteien an der Entscheidung über die Aussetzung zu bemessende Beschwerdewert war mit ca. 1/5 des Wertes der Hauptsache anzunehmen (vgl. die Nachweise bei Zöller/Gummer, a.a.O., Rn. 16 zu § 3 - Stichwort "Aussetzungsbeschluß").
Eine Kostenentscheidung hatte nicht zu erfolgen, da entstandene Kosten Teil der Prozeßkosten sind und ggf. bei der Hauptsacheentscheidung zu berücksichtigen sind (Zöller/Greger, a.a.O., Rn. 3 zu § 252 m.w.N.).
Ende der Entscheidung
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