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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 24.09.2002
Aktenzeichen: 14 Wx 133/00
Rechtsgebiete: KostO, UmwG, BeurkG, GmbHG, HGB, EWGRL 335/69


Vorschriften:

KostO § 36 Abs. 2
KostO § 39 Abs. 4
KostO § 45 Abs. 1 Satz 1
KostO § 47 Satz 1
KostO § 136 Abs. 1
UmwG § 6
UmwG § 13 Abs. 1
UmwG § 13 Abs. 13 Satz 1
UmwG § 16 Abs. 1
UmwG § 55 Abs. 1
BeurkG § 53
GmbHG § 53 Abs. 2 Satz 1
HGB § 12 Abs. 1
EWGRL 335/69 Art. 3 Abs. 1 Buchst. A
EWGRL 335/69 Art. 4 Abs. 1 Buchst. c
EWGRL 335/69 Art. 10 Buchst. c
EWGRL 335/69 Art. 12 Abs. 1 Buchst. e
1. Aufgrund des Beschlusses des EuGH vom 21.3.2002 - Gründerzentrum - ist davon auszugehen, daß die Gebühren für die durch einen badischen Amtsnotar erfolgte Beurkundung eines unter die Gesellschaftssteuerrichtlinie fallenden Vorgangs als "Steuer" i.S. der Richtlinie anzusehen sind.

2. Kostenansätze für die Leistungen eines badischen Amtsnotars sind - nur - dann mit der Gesellschaftssteuerrichtlinie unvereinbar, wenn sie, ohne unter die Ausnahmeregelung nach Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie zu fallen, vom Verbotstatbestand des Art. 10 der Richtlinie erfaßt werden.

3. Erfolgt die Verschmelzung zweier GmbHs in der Weise, daß das Kapital der übernehmenden Gesellschaft durch Einbringung des gesamten Vermögens der übertragenden Gesellschaft erhöht wird, so widerspricht der Ansatz einer Gebühr nach § 36 Abs. 2 KostO für die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags durch einen badischen Amtsnotar der Gesellschaftssteuerrichtlinie, soweit sich durch die Anwendung der Bestimmung Gebühren errechnen, die den tatsächlichen Aufwand übersteigen. Entsprechendes gilt für den Ansatz einer Gebühr nach § 47 Satz 1 KostO für die Beurkundung von Zustimmungserklärungen der Anteilsinhaber zum Verschmelzungsvertrag sowie für den Ansatz einer Gebühr nach § 45 Abs. 1 Satz 1 KostO für die Unterschriftsbeglaubigung zum Zecke der Anmeldung der Verschmelzung zum Handelsregister.


Oberlandesgericht Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg -

Geschäftsnummer 14 Wx 133/00

Beschluß vom 24. September 2002

Kostenrechnung des Notariats Meersburg vom 18.05.1998 II UR 665/97, 666/97 und 667/97

Kostenrechnung der Landesoberkasse Freiburg vom 03.06.1998 - 4229861853038 betreffend Notariat Meersburg II UR 665/97, 666/97 und 667/97

Kostenschuldnerin: A GmbH,

hier: weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin gegen den Beschluß des Landgerichts Konstanz vom 12.07.2000 - 6 T 95/00 B

Tenor:

1. Auf die weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin wird der Beschluß des Landgerichts Konstanz vom 12.07.2000 - 6 T 95/00 B -, soweit dieser auf die Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts Überlingen vom 07.02.2000 - UR II 9/99 - ergangen ist, aufgehoben.

2. Auf die Beschwerde der Kostenschuldnerin wird unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Überlingen vom 07.02.2000 - UR II 9/99 - die der Kostenrechnung der Landesoberkasse Freiburg vom 03.06.1998 (Kassenzeichen 4229861853038) zugrundeliegende Kostenrechnung des Notariats Meersburg II vom 18.05.1998 - II UR 665-667/97 - aufgehoben, soweit darin für die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags eine Gebühr von 30.220,00 DM nebst Umsatzsteuer und für die Beurkundung der Gesellschafterbeschlüsse eine Gebühr von 10.000,00 DM nebst Umsatzsteuer angesetzt sind und soweit für Schreibauslagen 32,00 DM nebst Umsatzsteuer erhoben werden.

Die weitergehende Beschwerde wird als unbegründet zurückgewiesen.

3. Soweit die Kostenrechnung in bezug auf die Kostenansätze für die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags und der Gesellschafterbeschlüsse aufgehoben wurde, wird die Sache an das Notariat II Meersburg - Kostenbeamter - zur erneuten Entscheidung über die Kostenansätze hinsichtlich der Beurkundung des Verschmelzungsvertrags und der Beurkundung der Gesellschafterbeschlüsse zurückgegeben.

4. Das Verfahren der weiteren Beschwerde ist gebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

A

1. In der am 15.08.1997 errichteten Urkunde II UR 665/97 (AS. 1/13) hat der Notar beim Notariat II Meersburg - jeweils unter Verwendung eines Fremdentwurfs - beurkundet:

a) den Verschmelzungsvertrag zwischen der Albert Weber GmbH mit Sitz in Markdorf (übernehmender Rechtsträger) und der Jung GmbH mit Sitz in Neuenbürg (übertragender Rechtsträger [AS. 1/7]),

b) die in den zugleich durchgeführten Gesellschafterversammlungen der beteiligten Gesellschaften gefaßten Zustimmungsbeschlüsse sowie die das Klagerecht, den Verschmelzungsbericht und die Prüfung des Verschmelzungsvertrags betreffenden Verzichtserklärungen (AS. 9/11 bzw. AS. 13) und

c) den zugleich gefaßten Gesellschafterbeschluß über die Erhöhung des Stammkapitals der übernehmenden Gesellschaft von 2.200.000,-- DM um 100.000,-- DM auf 2.300.000,-- DM und die Neufassung der entsprechenden Bestimmung des Gesellschaftsvertrags (AS. 9/11).

Ferner hat der Notar am 15.08.1997 die Unterschriften unter den Anmeldungen der Verschmelzung zu den Handelsregistern bei den Amtsgerichten Überlingen und Pforzheim beglaubigt (II UR 666/97 [AS. 15] und II UR 667/97 [AS. 17]).

2. Die der Beschwerdeführerin als Kostenschuldnerin übermittelte Kosten-rechnung der Landesoberkasse Freiburg vom 03.06.1998 (AS. 67) weist folgende in der Kostenrechnung des Kostenbeamten des Notariats II Meersburg vom 18.05.1998 (AS. 65) angesetzte Gebühren und Auslagen nebst Umsatzsteuer aus:

Beurkundung des Verschmelzungsvertrags (§ 36 Abs. 2 KostO) 30.220,00 DM Beurkundung der Gesellschafterbeschlüsse (§ 47 KostO) 10.000,00 DM Unterschriftsbeglaubigung (§ 45 Abs. 1 KostO) 40,00 DM Unterschriftsbeglaubigung (§ 45 Abs. 1 KostO) 87,50 DM Schreibauslagen (§ 136 Abs. 1, Abs. 3 KostO) 32,00 DM 15 % Umsatzsteuer aus 40.379,50 DM 6.056,93 DM 46.436,43 DM

3. Gegen die Kostenrechnung hat die Kostenschuldnerin mit Schriftsatz vom 20.12.1999 (AS. 87/99) Erinnerung eingelegt.

Sie wendet sich weder dagegen, als Kostenschuldnerin in Anspruch genommen zu werden, noch zieht sie in Zweifel, daß die Gebührenrechnung den Vorschriften der KostO entspricht. Unter Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 29.09.1999, C-56/98 - "Modelo" - (ZIP 1999, S. 1681 ff) meint sie jedoch, die in Rechnung gestellten Notargebühren stellten in Wahrheit eine der - die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital betreffenden -Gesellschaftssteuerrichtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17.07.1969 widersprechende Steuer dar. Sie meint, unter Zugrundelegung eines Zeitaufwandes des Notars von zwei Stunden für die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags seien für diesen Vorgang lediglich Gebühren von 8.300,00 DM angemessen.

Das Amtsgericht Überlingen hat die Erinnerung durch Beschluß vom 07.02.2000 (AS. 103/105) mit der Begründung zurückgewiesen, bei den erhobenen Gebühren handele es sich nicht um Steuern i.S.v. Art. 10 der Richtlinie.

Die dagegen gerichtete Beschwerde der Kostenschuldnerin (AS. 107) hat das Landgericht durch Beschluß vom 12.07.2000 (AS. 119/129) zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, bei den von der Beschwerdeführerin beanstandeten Gebühren handele es sich um Abgaben mit Gebührencharakter, deren Erhebung auch nach der Gesellschaftssteuerrichtlinie zulässig sei. Dagegen wendet sich die - vom Landgericht zugelassene - weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin (AS. 139), welcher der Bezirksrevisor unter dem 12.12.2000 entgegengetreten ist (AS. 149/151).

B

Die infolge Zulassung (§ 14 Abs. 3 S. 2 KostO) statthafte und auch im übrigen zulässige weitere Beschwerde ist teilweise begründet. Die angegriffene Kostenrechnung steht zwar - von der Erhebung von Schreibauslagen abgesehen (hierzu unten zu II 4.) - im Einklang mit den einschlägigen deutschen Vorschriften, namentlich denen der KostO. Indessen ist ein Teil der von der Beschwerdeführerin beanstandeten Kostenansätze nicht mit der Regelung gem. Art. 10 und Art. 12 Abs. 1 lit. e der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17.07.1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital i.d.F. der Richtlinie 85/303/EWG des Rates vom 10.06.1985 ("Gesellschaftssteuerrichtlinie"; im folgenden auch "Richtlinie" oder "RL") vereinbar. Da die genannten Richtlinienbestimmungen nach Auffassung des EuGH inhaltlich unbedingt und hinreichend genau abgefasst sind, begründen sie für die einzelnen Gesellschaften in den Mitgliedsstaaten Rechte, auf die sie sich auch vor den nationalen Gerichten berufen können (EuGH, Urteil vom 02.12.1997, C-188/95 - "Fantask" - , Tz. 53 [ZIP 1998, S. 206 ff]; BayObLGZ 1998, S. 303 ff., 307, Gustavus, ZIP 1998, S. 502 ff., 503). Soweit die beanstandeten Kostenansätze nicht mit der Richtlinie vereinbar sind, konnten sie daher - ebenso wie die zu Unrecht erfolgte Erhebung von Schreibauslagen - keinen Bestand haben und waren aufzuheben.

I.

1. Gemäß Art. 1 RL können die Mitgliedstaaten der EG eine als "Gesellschaftssteuer" bezeichnete harmonisierte Abgabe auf Kapitalzuführungen an Kapitalgesellschaften erheben. Die Vorgänge, die der Gesellschaftssteuer unterliegen oder ihr unterworfen werden können, sind in Art. 4 RL abschließend aufgeführt. In Art. 10 RL ist bestimmt, daß von Gesellschaften, Personenvereinigungen oder juristischen Personen mit Erwerbszweck abgesehen von der Gesellschaftssteuer "Steuern oder Abgaben" auf die dort genannten auf Art. 4 RL bezogenen Vorgänge (lit. a und b) nicht erhoben werden, ferner nicht auf "die der Ausübung einer Tätigkeit vorausgehende Eintragung oder sonstige Formalität, der eine Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristische Person mit Erwerbszweck aufgrund ihrer Rechtsform unterworfen werden kann" (lit. c). Art. 12 Abs. 1 RL normiert eine Ausnahme von diesem Verbot.

2. Demgemäß sind die von der Kostenschuldnerin angegriffenen Kostenansätze dann - und nur dann - mit der Gesellschaftssteuerrichtlinie unvereinbar, wenn sie, ohne unter die Ausnahmeregelung nach Art. 12 Abs. 1 RL zu fallen, vom Verbotstatbestand des Art. 10 RL erfaßt werden.

Da die den hier angegriffenen Kostenansätzen zugrundeliegenden notariellen Leistungen im Vorfeld der in Art. 4 RL genannten Vorgänge liegen und somit von den diese in Bezug nehmenden Verbotstatbeständen nach Art. 10 lit. a und b nicht erfaßt werden, kommt insoweit allenfalls ein Verbot nach Art. 10 lit. c in Betracht. Dabei ist das darin normierte Besteuerungsverbot - trotz fehlender ausdrücklicher Bezugnahme auf Art. 4 RL - auf solche aufgrund der Rechtsform der Gesellschaft vorgeschriebene Formalien beschränkt, die im Zusammenhang mit den in Art. 4 RL aufgeführten Vorgängen erfolgen (vgl. EuGH, Urteil vom 27.10.1998, C-152/97 - "Agas" - , Tz. 21 [WM 1999, S. 343 ff., 345]; Görk, DNotZ 1999, S. 851 ff., 868; ders., ZIP 2002, S. 667 ff., 668).

Die grundsätzliche Frage, ob die Gebühren für die notarielle Beurkundung eines unter die Gesellschaftssteuerrichtlinie fallenden Vorgangs durch einen beamteten Notar im Oberlandesgerichtsbezirk Karlsruhe überhaupt als "Steuer" i.S.d. Richtlinie anzusehen sind - was sich u.a. deshalb nicht von selbst versteht, weil es sich bei der Beurkundungstätigkeit der badischen Notare wegen der ohne weiteres gegebenen Ausweichmöglichkeit auf außerhalb des Oberlandesgerichtsbezirks tätige, ihre Gebühren ebenfalls nach der KostO erhebende private deutsche Notare oder auf ausländische Notare nicht um spezifisch staatliche Tätigkeit handelt -, hat der EuGH inzwischen mittels Hinweis auf Tz. 23 seines die Verhältnisse in Portugal betreffenden "Modelo"-Urteils vom 29.09.1999, C-56/98 (ZIP 1999, S. 1681 ff.) bejaht (Tz. 27 f. des Beschlusses vom 21.03.2002, C-264/00 - "Gründerzentrum" - [ZIP 2002, S. 663 ff.]).

II.

Für die einzelnen von der Gebührenschuldnerin angegriffenen Kostenansätze ergibt sich danach folgendes:

1. Beurkundung des Verschmelzungsvertrags

a) Der in Anwendung von § 36 Abs. 2 KostO erfolgte Ansatz einer Gebühr von 30.220,00 DM widerspricht der Gesellschaftssteuerrichtlinie.

aa) Die Gebühr unterfällt dem Verbotstatbestand gem. Art. 10 lit. c RL:

(1) Als GmbH ist die Gebührenschuldnerin eine "Kapital-gesellschaft" i.S. der Richtlinie (Art. 3 Abs. 1 lit. a - 3. Spiegelstrich - RL).

(2) Die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags ist auf einen von Art. 4 Abs. 1 lit. c RL erfaßten Vorgang bezogen.

Nach der genannten Vorschrift unterliegt der Gesellschaftssteuer "die Erhöhung des Kapitals einer Kapitalgesellschaft durch Einlagen jeder Art". Darunter fällt auch eine Kapitalansammlung, die - wie hier - durch Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaften in der Weise erfolgt, daß das Kapital der übernehmenden Gesellschaft durch Einbringung des gesamten Vermögens der übertragenden Gesellschaft erhöht wird (vgl. EuGH, Urteil vom 13.02.1996, C-197/94 und C-252/94 - "Bautiaa" bzw. "Société fran(aise maritime" -, insbesondere Tz. 33-36 [Abl. EG 1996 Nr. C 133/3-4], ferner Vogt; WuB II N. Art. 12 RL 69/335 EWG 2.99 [Anm. zu EuGH, C-152/97 - "Agas" - ]). Anders läge es zwar, wenn etwa die übernehmende Gesellschaft bei der Verschmelzung bereits Inhaberin sämtlicher Geschäftsanteile der übertragenden Gesellschaft gewesen wäre (EuGH, C-152/97 - "Agas" -, Tz. 22 [WM 1999, S. 343 ff., 345]; OLG Karlsruhe, RPfleger 2001, S. 321 ff., 322); eine solche Konstellation lag hier aber nicht vor.

(3) Da gemäß § 6 UmwG der Verschmelzungsvertrag zu seiner Wirksamkeit der notariellen Beurkundung bedarf, stellt diese i.S. von Art. 10 lit. c RL eine "sonstige Formalität" dar, der die Gesellschaft zur Ausübung ihrer Tätigkeit unterworfen ist (vgl. EuGH, C-56/98 - "Modelo" -, Tz. 26; C-264/00 - "Gründerzentrum" -, Tz. 29).

bb) Die für die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags angesetzte Gebühr stellt - entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung - keine "Abgabe mit Gebührencharakter" dar, die gem. Art. 12 Abs. 1 lit. e RL in Abweichung von Art. 10 RL erhoben werden kann.

(1) "Abgaben mit Gebührencharakter" i.S. der Gesellschaftssteuer-richtlinie sind nur solche Abgaben, deren Berechnung auf der Grundlage der Kosten für die erbrachte Leistung erfolgt (EuGH, C-56/98 - "Modelo" -, Tz. 29; Urteil vom 21.06.2001, C-206/99 - "SONAE" -, Tz. 32 [EuZW 2001, S. 500 ff.]; Fabis, ZIP 1999, S. 1683 f.; Görk, DNotZ 1999, S. 851 ff., 862 ff.). Dabei kommt dem Umstand, daß die Gebühren für die Beurkundung von Verschmelzungsverträgen nach oben hin begrenzt sind (vgl. § 39 Abs. 4 KostO), keine entscheidende Bedeutung zu. Seine insoweit mißverständliche Rechtsprechung (vgl. Tz. 30-32 des "Modelo"-Urteils), auf die sich das Landgericht gestützt hatte, hat der EuGH inzwischen im "SONAE"-Urteil dahin präzisiert, daß das Bestehen einer Obergrenze für Abgaben der hier vorliegenden Art für sich allein diesen Abgaben einen Gebührencharakter dann nicht verleihen kann, wenn die Obergrenze nicht so festgelegt ist, daß sie den Kosten der Dienstleistung angemessen ist, für die die Abgaben die Gegenleistung darstellen (Nr. 2 der Urteilsformel sowie Tz. 36).

(2) Nicht nur unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags unter Verwertung eines Fremdentwurfs erfolgt ist, steht die hierfür angesetzte Gebühr von 30.220,00 DM in einem deutlichen Missverhältnis zu dem konkret erbrachten Aufwand, eine Qualifizierung der Gebühr als "Abgabe mit Gebührencharakter" scheidet damit aus.

b) Damit widerspricht der diesbezügliche Kostenansatz dem Gemeinschaftsrecht mit der Folge, daß die Kostenrechnung insoweit aufzuheben war.

Da dem Senat der für die Beurkundung entstandene Aufwand nicht bekannt ist und es sich bei der Ermittlung des Aufwandes um Tatsachenfeststellung handelt, kann er in der Sache selbst nicht entscheiden. Die Sache wird daher an den Kostenbeamten des Notariats II Meersburg zur Festsetzung einer im Einklang mit der Gesellschaftssteuerrichtlinie stehenden Gebühr für die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags zurückgegeben. Da der Gesetzgeber bislang noch keine richtlinienkonforme Gebührenregelung zur Verfügung gestellt hat, wird der Kostenbeamte den berücksichtigungsfähigen Aufwand in pauschalisierender Weise zu ermitteln haben. Dabei können - wie der EuGH in seinem Urteil vom 02.12.1997, C-188/95 - "Fantask" -, Tz. 33 (ZIP 1998, S. 206 ff., 210) für die Eintragung von Aktiengesellschaften ausgeführt hat - "sämtliche Kosten (berücksichtigt werden), die mit den Eintragungen zusammenhängen, einschließlich des auf diese Vorgänge entfallenden Teils der allgemeinen Kosten".

Es bestehen keine Bedenken dagegen, daß der Kostenbeamte bei Ermittlung der dem Land aufgrund der Protokollierung des hier in Rede stehenden Verschmelzungsvertrags entstandenen Kosten die im Erlaß des Justizministeriums Baden-Württemberg vom 22.05.2002 - Az. 5656/0227 - aufgeführten Pauschsätze je Arbeitsstunde vorläufig und vorbehaltlich der noch zu ermittelnden tatsächlichen Kosten zugrundelegt.

2. Beurkundung der Gesellschafterbeschlüsse

Auch der in Anwendung von § 47 S. 1 KostO erfolgte Ansatz einer Gebühr von 10.000,00 DM für die Beurkundung der Gesellschafterbeschlüsse (nämlich der beiden Zustimmungsbeschlüsse und des Beschlusses der übernehmenden Gesellschaft über die Kapitalerhöhung) widerspricht der Gesellschaftssteuerrichtlinie. Die Ausführungen oben zu 1. - Beurkundung des Verschmelzungsvertrags - gelten entsprechend:

Die Gebühr unterfällt dem Verbotstatbestand gem. Art. 10 lit. c RL, weil jedenfalls die notarielle Beurkundung der Zustimmung der Anteilsinhaber zum Verschmelzungsvertrag und des Beschlusses über die Kapitalerhöhung jeweils Voraussetzung für deren Wirksamkeit ist (§ 13 Abs. 3 S. 1 UmwG bzw. § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG) und die Zustimmungsbeschlüsse sowie der Beschluß über die Kapitalerhöhung Bedingung für die Ausübung und Fortführung der Gesellschaft in der von ihren Anteilsinhabern gewollten Form sind (vgl. § 13 Abs. 1 UmwG und § 55 Abs. 1 UmwG).

Die für die Beurkundung angesetzte Gebühr steht auch hier in einem erkennbaren Mißverhältnis zu dem vom Land im konkreten Fall erbrachten Aufwand, so daß eine Erhebung auch nicht nach der Ausnahmevorschrift Art. 12 Abs. 1 lit. e RL erfolgen durfte.

Auch insoweit war die Kostenrechnung daher aufzuheben und die Sache zur Festsetzung einer richtlinienkonformen Gebühr an den Kostenbeamten zurückzuverweisen.

3. Unterschriftsbeglaubigungen

Die Gebührenansätze für die beiden Unterschriftsbeglaubigungen (40,00 DM bzw. 87,50 DM) widersprechen nicht der Gesellschaftssteuerrichtlinie und unterliegen daher nicht der Aufhebung.

Zwar handelt es sich bei den ihnen zugrundeliegenden notariellen Tätigkeiten um "Formalitäten" i.S. von § 10 lit. c RL, weil die Anmeldung der Verschmelzung zur Eintragung in das Handelsregister des Sitzes der beteiligten Rechtsträger gesetzlich vorgeschrieben ist (§ 16 Abs. 1 UmwG) und zwar in öffentlich beglaubigter Form (§ 12 Abs. 1 HGB).

Indessen handelt es sich bei diesen Gebühren um "Abgaben mit Gebührencharakter" i.S. von Art. 12 Abs. 1 lit. e RL. Denn der mit den konkreten Unterschriftsbeglaubigungen verbundene Aufwand des Landes, insbesondere die Prüfungs- und Vollzugstätigkeit durch den Notar sowie die damit verbundenen Vor- und Nacharbeiten weiterer Notariatsbediensteter, übersteigen die insoweit angesetzten Gebühren von 40,00 DM bzw. 87,50 DM zweifellos. Dies kann der Senat beurteilen, ohne daß es einer exakten Ermittlung des dem Land entstandenen Kostenaufwandes bedürfte.

4. Schreibauslagen

Die Erhebung von Schreibauslagen in Höhe von 32,00 DM für die Herstellung von Ausfertigungen bzw. beglaubigten Abschriften der Urkunden II UR 665-667/97 ist zu Unrecht erfolgt, die Kostenrechnung war daher - auch - insoweit aufzuheben. Der Akte ist nämlich nicht zu entnehmen, daß über die für die Behörden notwendigen und daher gem. § 53 BeurkG von Amts wegen zu erteilenden Abschriften hinaus Abschriften erteilt worden sind. Für von Amts wegen - und somit nicht auf Antrag - zu erteilende Abschriften sind aber, wie sich aus § 136 Abs. 1 KostO ergibt, Schreibauslagen nicht zu erheben (vgl. Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 14. Aufl. 1999, Rnr. 21 zu § 136).

C

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 14 Abs. 7, 131 Abs. 5 KostO.

Ende der Entscheidung

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