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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 29.12.2006
Aktenzeichen: 14 Wx 46/04
Rechtsgebiete: KostO, KostVfg, bad.-württ. LJKG


Vorschriften:

KostO § 16 Abs. 2
KostVfg § 44
bad.-württ. LJKG § 10
1. Das badische Amtsnotariat ist im Zusammenhang mit der notariellen Tätigkeit des Notars kein Gericht i.S.v. § 16 Abs. 2 KostO.

2. Eine Zuständigkeit des badischen Amtsnotars für die Niederschlagung von Gebühren, die durch seine Beurkundungstätigkeit ausgelöst werden und die der Staatskasse zufließen, ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn gegen den Kostenansatz bereits Erinnerung eingelegt worden ist.


Oberlandesgericht Karlsruhe 14. Zivilsenat in Freiburg Beschluss

Geschäftsnummer: 14 Wx 46/04

29. Dezember 2006

Kostenrechnung des Notariats 8 in F. vom 17.04.1996, 8 UR 554/1996

hier: weitere Beschwerde des Kostenschuldners Nr. 5 gegen den Beschluss des Landgerichts Freiburg vom 05.07.2004 - 4 T 169/04 -

Tenor:

1. Die weitere Beschwerde des Kostenschuldners Nr. 5 gegen den Beschluß des Landgerichts Freiburg - im Rubrum der sich bei den Akten befindlichen Ausfertigung fälschlich als "Landgericht Ellwangen" bezeichnet - wird mit der Maßgabe als unbegründet zurückgewiesen, daß Nr. 1 der Beschlussformel wie folgt lautet:

"Die Beschwerde des Kostenschuldners Nr. 5 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Freiburg vom 11.05.2004 (13 UR II 17/04) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Beschluß des Notariats 8 F. vom 07.01.2003 (8 UR 554/96) aufgehoben wird".

2. Das Rechtsbeschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

1. Der Notar beim Notariat 8 in F. hat am 16.04.1996 in der aus zwei Teilen bestehenden Urkunde 8 UR 554/1996 zwei Verträge beurkundet:

a) In dem mit "Auseinandersetzungs- und Kaufvertrag" überschriebenen Teil I der Urkunde setzte sich eine Erbengemeinschaft, welcher der Kostenschuldner Nr. 3 angehörte, bezüglich eines Hausgrundstücks auseinander. Sie übertrug einen Miteigentumsanteil von 270/1000 an den Kostenschuldner Nr. 3, der seinerseits 1/2 Anteil hiervon an seine Ehefrau, die Kostenschuldnerin Nr. 4, übertrug. Weiter verkauften die Erben 460/1000 Miteigentumsanteile an die zwischen den Kostenschuldnern Nr. 1 und Nr. 2 bestehende BGB-Gesellschaft sowie 270/1000 Miteigentumsanteile an den Kostenschuldner Nr. 5.

b) In dem mit "Gesellschaftsvertrag und Nutzungsregelung" überschriebenen Teil II der Urkunde ließen die Kostenschuldner Nr. 1 - 5 einen Vertrag über die Gründung einer aus ihnen bestehenden BGB-Gesellschaft protokollieren, deren Zweck es ist, ein Hausanwesen um- und auszubauen, insbesondere näher aufgeführte Baumaßnahmen gemeinschaftlich durchzuführen.

Der Vertrag war vom Kostenschuldner Nr. 5 - dieser ist Notar beim Notariat 9 in F. - vorbereitet worden. Die Notare bei den Notariaten 8 und 9 in F. vertreten sich gegenseitig.

2. Unter dem 17.04.1996 hat die Kostenbeamtin des Notariats 8 Freiburg für die Beurkundung des Vertragswerks in Anwendung der KostO Gebühren in Höhe von insgesamt 10.563,67 DM in Ansatz gebracht.

Nachdem sie zunächst den Kostenansatz beanstandet und sich dabei insbesondere gegen die Bemessung des Gegenstandswertes des Gesellschaftsvertrags gewandt hatte, hat die Bezirksrevisorin unter dem 14.10.1997 beim Amtsgericht Freiburg die gerichtliche Festsetzung des Geschäftswertes bezüglich der Beurkundung des Gesellschaftsvertrags gem. Teil II der Urkunde beantragt (§§ 31, 142 KostO). Bereits unter dem 08.07.1997 hatte der Kostenschuldner Nr. 5 den Kostenansatz des Notariats beanstandet und bereits unter dem 13.08.1997 hatte er um die Einleitung des Wertfestsetzungsverfahrens gebeten. Mit Beschluß vom 07.03.2001 hat das Amtsgericht das Verfahren zur Festsetzung des Geschäftswerts bis zur Entscheidung des EuGH über eine Vorlage des Amtsgerichts Müllheim vom 20.06.2000 ausgesetzt. Diesen Beschluß hat das Landgericht Freiburg durch Beschluß vom 30.07.2001 aufgehoben. Mit Beschluß vom 14.01.2002 hat das Amtsgericht Freiburg die Kostenansätze vom 17.04.1996 insgesamt aufgehoben und die Gebühren für die Beurkundung vom 16.04.1996 auf 450 € festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, durch die Rechtsprechung des EuGH sei § 140 S. 1 KostO für den Bereich des OLG Karlsruhe außer Kraft gesetzt worden, so daß für die Beurkundung keine Gebühren nach der KostO, sondern lediglich eine leistungsbezogene Gebühr habe erhoben werden dürfen.

3. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde der Vertreterin der Staatskasse vom 01.02.2002 hat das Landgericht den Beschluß des Amtsgerichts vom 14.01.2002 durch Beschluß vom 12.07.2002 aufgehoben und die Sache zur Entscheidung über den Geschäftswert der zu beurkundenden Verträge an das Amtsgericht zurückverwiesen. Die hiergegen gerichtete weitere Beschwerde der Kostenschuldner Nr. 3 - 5 hat der Senat mit Beschluß vom 20.08.2003 zurückgewiesen, soweit das Landgericht den amtsgerichtlichen Beschluß aufgehoben hatte. Soweit es die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen hatte, hat der Senat die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Daraufhin hat das Landgericht den Geschäftswert festgesetzt (Beschluß vom 24.03.2004). Die hiergegen gerichtete weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin Nr. 1 wurde durch Senatsbeschluß vom heutigen Tage als unbegründet zurückgewiesen.

4. Bereits mit - erst am 31.07.2000 von ihm unterschriebenem - Antrag vom 31.08.1998 hatte der Kostenschuldner Nr. 5 beim Notariat 8 beantragt, in Bezug auf die Beurkundung 8 UR 554/96 solche Kosten niederzuschlagen, "die nach Auffassung der Bezirksrevisorin dadurch entstehen, daß zum Inhalt und damit zur Gegenstandsermittlung des Gesellschaftsvertrages auch solche Gegenstände gezählt werden, die bei zutreffender Ermittlung des Willens der Vertragsparteien nicht Gegenstand und Inhalt der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen hätten werden sollen". Mit Schreiben vom 27.12.2002 hat der Kostenschuldner Nr. 5 seinen Antrag auf Niederschlagung der Beurkundungskosten gegenüber dem Notariat wiederholt. Dabei hat er die Auffassung vertreten, daß eine unrichtige Sachbehandlung durch den beurkundenden Notar darin gelegen habe, daß er "ohne Hinweis auf das fehlende Beurkundungsbedürfnis, eine ... formfrei zu treffende Vereinbarung trotz erheblicher Kostenfolgen mitbeurkundet hat". Daraufhin hat der Notar beim Notariat 8 in F. mit Beschluß vom 07.01.2003 - der allerdings das Aktenzeichen 8 UR 594/96 trägt - die Beurkundskosten gem. § 16 KostO niedergeschlagen, soweit sie für die Beurkundung des BGB-Gesellschaftsvertrags entstanden sind und erhoben wurden.

5. Auf die gegen die Niederschlagung der Kosten gerichtete Erinnerung der Vertreterin der Staatskasse vom 14.02.2003 hat das Amtsgericht den Beschluß des Notariats vom 07.01.2003 mit Beschluß vom 11.05.2004 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Notar sei zur Entscheidung über die Nichterhebung von Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung nicht zuständig gewesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Kostenschuldners Nr. 5, mit der er die Wiederherstellung der Entscheidung des Notariats 8 Freiburg vom 07.01.2003 (8 UR 594/96) - gemeint ist offensichtlich: "8 UR 554/96" - beantragt hat, hat das Landgericht Freiburg mit Beschluß vom 05.07.2004 - dessen sich bei der Akte befindliche mit Dienstsiegel des Landgerichts Freiburg und Unterschrift versehene Ausfertigung freilich das Rubrum "Landgericht Ellwangen" trägt - zurückgewiesen.

6. Gegen diese Entscheidung richtet sich die - vom Landgericht zugelassene - weitere Beschwerde, die mit einem vom Kostenschuldner Nr. 5 unterschriebenen Schriftsatz vom 09.08.2004, in dessen Briefkopf auch die Kostenschuldner Nr. 1 - 4 aufgeführt sind, eingelegt wurde. Die Vertreterin der Staatskasse ist dem Rechtsmittel unter dem 06.09.2004 entgegengetreten.

II.

Die infolge Zulassung (§ 141 i.V.m. § 14 Abs. 3 S. 2 KostO in der hier gem. § 163 KostO n.F. maßgeblichen a.F.) statthafte und auch im übrigen zulässige (vgl. § 14 Abs. 4 und 6 KostO) weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Entgegen der Auffassung des Beteiligten Nr. 5 sei gegen den Niederschlagungsbeschluß des Urkundsnotars die Erinnerung nach § 14 Abs. 2 KostO gegeben gewesen. - Falsch sei zwar die Ansicht des Amtsgerichts, wonach der Urkundsnotar zur Niederschlagung der Kosten nicht zuständig gewesen sei. Indessen hätten die sachlichen Voraussetzungen einer Niederschlagung nicht vorgelegen. Eine falsche Sachbehandlung des Notars sei nicht gegeben gewesen, weil der Kostenschuldner Nr. 5, der bei der Formulierung des Vertrags federführend gewesen sei, selbst Notar sei und deshalb keine Belehrung darüber nötig gehabt habe, daß der BGB-Gesellschaftsvertrag nicht der notariellen Form bedürftig gewesen sei. Wegen der federführenden Stellung des Kostenschuldners Nr. 5 habe der Notar auch davon ausgehen dürfen, daß die Beurkundungsproblematik den anderen Kostenschuldnern bekannt gewesen sei.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Überprüfung (§ 14 Abs. 3 S. 3 KostO a.F. i.V.m. § 546 ZPO) im Ergebnis stand.

a) Allerdings war die Kostniederschlagung schon deshalb zu Unrecht erfolgt, weil der Notar hierfür nicht zuständig gewesen war.

aa) Zu einer Anordnung im Verwaltungswege nach § 16 Abs. 2 S. 2 KostO war der Notar nicht befugt, weil eine derartige Entscheidung dem die Dienstaufsicht über das Notariat Freiburg führenden Präsidenten des Landgerichts Freiburg vorbehalten ist (vgl. § 44 S. 1 KostVfg).

bb) Eine Zuständigkeit des Notars für die Niederschlagung der aufgrund seiner Beurkundungstätigkeit angefallenen Kosten ergab sich aber auch nicht aus § 16 Abs. 2 S. 1 KostO.

(1) Der gebührenauslösende Beurkundungsvorgang erfolgte vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Landesjustizkostengesetzes und des Landesgesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit vom 28.07.2005 (GBl. S. 580). Nach § 10 LJKG in der hier somit anzuwendenden Fassung vom 15.01.1993 (GBl. S. 110) fließen die Gebühren für die Tätigkeit des Notars der Staatskasse zu. Demgemäß gelten für die Niederschlagung der Notarkosten im vorliegenden Fall - anders als bei den Gebührennotaren (vgl. § 143 Abs. 1 KostO) - nicht nur § 16 Abs. 1, sondern auch § 16 Abs. 2 der KostO (§§ 141, 142 KostO).

(2) Es erscheint als zweifelhaft, ob die vom Landgericht unter Bezugnahme auf seinen Beschluß vom 02.02.1995 - 4 T 167/94 - (III, 33/39) und die Literatur (vgl. Bengel/Tiedtke, in: Korintenberg, KostO, 15. Aufl. 2002, Rdn. 3 zu § 143) vertretene Auffassung richtig ist, wonach über die Nichterhebung von Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung grundsätzlich zunächst der Notar selbst zu entscheiden hat. Denn gem. § 16 Abs. 2 S. 1 KostO hat diese Entscheidung "das Gericht" zu treffen. Indessen übt auch der Badische Amtsnotar dann, wenn er als Urkundsnotar tätig wird, keine richterliche Tätigkeit, sondern die eines Notars i.S.v. §§ 140 ff. KostO aus. Hieran ändert nichts der Umstand, daß den Notariaten im Badischen Rechtsgebiet über die notarielle Tätigkeit hinaus auch richterliche Aufgaben - z.B. als Nachlassgericht (§ 38 LFGG) - zugewiesen sind. Demgemäß ist das Notariat - jedenfalls im Zusammenhang mit der notariellen Tätigkeit des Notars - auch kein Gericht i.S.v. § 16 Abs. 2 KostO.

(3) Die Frage einer allenfalls mit Praktikabilitätsgesichtspunkten (vgl. Landgericht Freiburg vom 02.02.1995) begründbaren grundsätzlichen Befugnis des Badischen Amtsnotars zur Kostenniederschlagung kann im vorliegenden Fall freilich dahingestellt bleiben. Diese Befugnis kann angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung - wenn überhaupt - lediglich in solchen Fällen angenommen werden, in denen die Niederschlagung ohne förmlichen Antrag von Amts wegen erfolgt. Nur dann greift auch der vom Landgericht Freiburg (Beschluß vom 02.02.1995) für seine Auffassung herangezogene Gesichtspunkt, wonach dem Notar die Möglichkeit zur Abwehr von Amtshaftungsansprüchen gegeben sein muß.

Im vorliegenden Fall hatte der Kostenschuldner Nr. 5 aber bereits mit Schreiben vom 08.07.1997 (I, 119/123) den Kostenansatz des Notariats beanstandet und unter dem 13.08.1997 um die Einleitung des gerichtlichen Wertfestsetzungsverfahrens gebeten (I, 141). Damit hatte er gegen den Kostenansatz Erinnerung eingelegt, über die gem. § 14 Abs. 2 i.V.m. § 142 KostO das Amtsgericht Freiburg zu entscheiden hatte. Die Frage, ob die Kosten richtig angesetzt sind, beinhaltet zugleich die Frage, ob überhaupt Kosten anzusetzen sind, oder ob sie vielmehr wegen unrichtiger Sachbehandlung nicht zu erheben sind (vgl. Lappe, in: Korintenberg, a.a.O., Rdn. 74 zu § 14). Damit war eine - etwaige - Entscheidungsbefugnis des Notars über die Niederschlagung nach § 16 Abs. 2 KostO aufgrund der vom Kostenschuldner Nr. 5 eingelegten Erinnerung entfallen und der weitere Verfahrensgang richtete sich nach § 14 KostO.

b) Da - wie das Landgericht Freiburg bereits in seinem Beschluß vom 02.02.1995 unter Hinweis auf Lappe, a.a.O., Rdn. 74 zu § 14, richtig ausgeführt hatte - die Frage der Niederschlagung von Kosten eine solche des Kostenansatzes ist, stand der Staatskasse gegen den Niederschlagungsbeschluß gem. § 14 Abs. 2 KostO der Rechtsbehelf der Erinnerung zu.

Zu Unrecht meint der Kostenschuldner Nr. 5 (S. 2 seines Schriftsatzes vom 09.08.2004), der Beschluß des Notars über die Niederschlagung stelle einen begünstigenden Verwaltungsakt dar, der nur nach den hierfür geltenden Regeln zurückgenommen werden könne. Die von ihm zur Stützung seiner Auffassung zitierte Literaturstelle (vgl. Bengel/Tiedtke, a.a.O., Rdn. 75 zu § 16) bezieht sich nicht auf § 16 Abs. 2 S. 1 KostO, sondern auf die Entscheidung der Justizverwaltung im Verwaltungsweg gem. § 16 Abs. 2 S. 2 KostO.

III.

Somit war die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurückzuweisen. Zur Klarstellung hatte die Zurückweisung mit der Maßgabe zu erfolgen, daß die der Erstbeschwerde zugrunde liegende amtsgerichtliche Entscheidung die notarielle Urkunde mit dem Az.: 8 UR 554/1996 betrifft.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 14 Abs. 7 KostO a.F..

Ende der Entscheidung

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