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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 03.01.2006
Aktenzeichen: 14 Wx 52/05
Rechtsgebiete: KostO, WEG


Vorschriften:

KostO § 2 Nr. 1
KostO § 8
KostO § 137 Nr. 2
WEG § 27 Abs. 2 Nr. 3
WEG § 43
1. Bei wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren, die der freiwilligen Gerichtsbarkeit unterfallen, handelt es sich um Antragsverfahren i.S.v. § 8 KostO. Es ist deshalb regelmäßig gerechtfertigt, die Antragsschrift nicht vor Eingang des Vorschusses zuzustellen.

2. Ein Antragsteller kann Zustellung seines Antrags ohne Vorschussleistung nicht mit der Begründung verlangen, seine Sache sei von besonderer Bedeutung und Eilbedürftigkeit.

3. Der Kostenvorschuß umfasst auch die Zustellungsauslagen. Das gilt auch, wenn die Zustellung wegen Interessenkollision nicht über den Verwalter bewirkt werden kann, sondern an die einzelnen Eigentümer erfolgen muß.


Oberlandesgericht Karlsruhe 14. Zivilsenat in Freiburg Beschluss

Geschäftsnummer: 14 Wx 52/05

03. Januar 2006

In dem Rechtsstreit

wegen WEG-Sache

Tenor:

1. Die weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Landgerichts Konstanz vom 24.10.2005 - 62 T 147/05 B - wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Das Verfahren der weiteren Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Antragsteller sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Mit Schriftsatz vom 27.08.2005 haben sie beim Amtsgericht Singen beantragt,

- die in der Wohnungseigentümerversammlung vom 07.05.2005 gewählte Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft abzuberufen und stattdessen die bei der Wahl unterlegene Mitbewerberin einzusetzen;

- entsprechende einstweilige Anordnungen zu erlassen.

Zugleich haben sie beantragt, "gem. § 8 Abs. 2 KostO (Sollvorschrift) und - wie seinerzeit - unbürokratisch von einer entsprechenden Vorschusserhebung abzusehen" (AS. 19).

Das Amtsgericht hat den Gegenstandswert des Verfahrens durch Beschluß vom 30.08.2005 vorläufig auf 10.000 € festgesetzt und mit Verfügung vom selben Tag von den Antragstellern den mit 541,20 € (1-fache Gebühr aus 10.000 € und Zustellkosten für 87 Zustellungen) berechneten Kostenvorschuß angefordert.

Nachdem die Antragsteller mit Schreiben vom 31.08.2005 darum gebeten hatten, die Zustellung nicht von einer Vorschusszahlung abhängig zu machen, hat das Amtsgericht mit Beschluß vom 01.09.2005 entschieden, daß die Antragsschrift zugestellt werde, sobald der Kostenvorschuß eingegangen sei. Das Beschwerdeschreiben der Antragsteller vom 02.09.2005 hat das Amtsgericht auch als Kostenerinnerung aufgefasst; diese hat es mit Beschluß vom 05.09.2005 zurückgewiesen. Mit Schreiben vom 13.09.2005 haben die Antragsteller gegenüber dem Landgericht klargestellt, daß sie sich nicht gegen die Vorschusserhebung, sondern allein gegen die Abhängigmachung der Zustellung von der Einzahlung des Vorschusses - der hinsichtlich der Zustellkosten zumindest überhöht angesetzt sei - wenden.

Mit Beschluß vom 24.10.2005 hat das Landgericht die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Antragsteller. Der Bezirksrevisor, dem hierzu Gelegenheit gegeben worden war, hatte eine Stellungnahme nicht abgegeben.

II.

Die vom Landgericht zugelassene und an keinen Beschwerdewert gebundene weitere Beschwerde ist statthaft und auch sonst zulässig (§ 8 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 14 Abs. 5 KostO), hat in der Sache aber keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, das Amtsgericht habe mit Recht die Durchführung des Verfahrens von der Einzahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht. Nach § 8 Abs. 2 S. 1 KostO sei es regelmäßig gerechtfertigt, die Antragsschrift nicht vor Eingang des Vorschusses zuzustellen. Ein Fall, in dem das Verlangen nach vorheriger Zahlung oder Sicherstellung der Kosten nicht angebracht erscheine (§ 8 Abs. 2 S. 2 KostO), liege nicht vor. Die Höhe des Vorschusses - insbesondere die der Zustellungsauslagen - sei nicht zu beanstanden.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Überprüfung stand.

a) Da die der freiwilligen Gerichtsbarkeit unterfallenden wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren einen Antrag voraussetzen (§ 43 Abs. 1 WEG), handelt es sich bei ihnen um Antragsverfahren i.S.v. § 8 KostO (vgl. etwa BayObLGZ 2000, S. 340 ff., 342; Wenzel, in: Staudinger, BGB, 13. Bearb. 2005, Rdn. 5 zu § 48). Nach der zwingenden Vorschrift des § 8 Abs. 1 KostO haben die Antragsteller als Kostenschuldner (§ 2 Nr. 1 KostO) deshalb - was sie inzwischen auch nicht mehr verkennen - einen zur Deckung der gesamten Kosten ausreichenden Vorschuß zu zahlen; Kostenvorschüsse sind zu erheben, wenn die Amtshandlung nicht bis zur Entrichtung bestimmter Kostenvorschüsse zurückgestellt wird (§ 22 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KostVfg).

b) Gem. § 8 Abs. 2 S. 1 KostO soll die Vornahme des Geschäfts von der Einzahlung oder Sicherstellung des Vorschusses abhängig gemacht werden. Dies bedeutet, daß es regelmäßig gerechtfertigt ist, die Antragsschrift vor Eingang des Vorschusses nicht zuzustellen (OLGR Frankfurt 2005, S. 20; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl. 2003, Rdn. 75 zu § 48; ähnlich Wenzel, a.a.O., Rdn. 6 zu § 48), das Verfahren ruht dann (BVerfGE 10, S. 264 ff., 269; Lappe, in: Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 16. Aufl. 2005, Rdn. 10 zu § 8; Waldner, in: Rohs/Wedewer, KostO, Losebl., 2. Aufl. - 88. Akt. 2004 -, Rdn. 15 zu § 8 m.w.N.). Für eine "unbürokratische" Vorgehensweise zu Lasten der Staatskasse läßt die Vorschrift keinen Raum: "Der Staat ist keine kostenlose Bank des Antragstellers, auch nicht zur etwa nur kurzfristigen Zwischenfinanzierung" (Hartmann, in: Kostengesetze, 35. Aufl. 2005, Rdn. 2 zu § 8 KostO).

c) Unter welchen Voraussetzungen eine Vorwegleistungspflicht nicht besteht, ist in § 8 Abs. 2 S. 2 KostO bestimmt. Daß die Vorinstanzen keinen der dort aufgeführten Fälle angenommen haben, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden:

aa) Den Antragstellern ist weder Prozesskostenhilfe (§ 14 FGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO) bewilligt, noch steht ihnen Gebührenfreiheit (§ 11 KostO) zu.

bb) Die Antragsteller haben zwar vorgetragen, aber nicht nach § 15 FGG i.V.m. § 294 ZPO glaubhaft gemacht, (vgl. Hartmann, a.a.O., Rdn. 14 zu § 8 KostO; Lappe, a.a.O., Rdn. 18 zu § 8), daß eine etwaige Verzögerung einen nicht oder nur schwer zu ersetzenden Schaden bringen würde.

cc) Es sind auch keine anderen Gründe ersichtlich, aus denen das Verlangen nach vorheriger Zahlung oder Sicherstellung der Kosten nicht angebracht erscheint. Die Hinweise der Antragsteller auf die dies bei Beschlußanfechtungsverfahren bejahende Rechtsprechung und Literatur geht jedenfalls deshalb fehl, weil es sich im vorliegenden Fall um kein Beschlußanfechtungsverfahren handelt und die Sache auch nicht durch eine vergleichbare Problematik geprägt wird:

Daß nach - nicht unbestrittener - Ansicht der Verfahrensfortgang bei Beschlussanfechtungsverfahren nicht von der Einzahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht werden darf, wird mit der dort bestehenden Besonderheit begründet, daß es bei einem Ruhen des Verfahrens wegen Nichtzahlung des Kostenvorschusses in der Hand des Anfechtenden läge, durch Nichtzahlung die Bestandskraft eines Eigentümerbeschlusses beliebig lang in der Schwebe zu halten, was nicht mit dem schützenswerten Interesse der übrigen Wohnungseigentümer zu vereinbaren wäre, alsbald Klarheit darüber zu erhalten, ob ein Eigentümerbeschluß wirksam bleibt (vgl. etwa BayObLGZ 2000, S. 340 ff., 343; OLG Köln, ZMR 2001, S. 661 ff., 662; OLG Zweibrücken, FGPrax 2002, S. 246 f., 247; KG, NZM 2005, S. 950; Wenzel, a.a.O., Rdn. 6 zu § 48). Eine derartige Konstellation, in der durch Nichtzahlung des angeforderten Kostenvorschusses der Fortgang des Verfahrens verhindert werden soll, liegt hier indessen nicht vor. Die Antragsteller haben - im Gegenteil - immer wieder unter Hinweis auf die besondere Bedeutung und Eilbedürftigkeit der Sache zu erkennen gegeben, daß ihnen an einer baldigen Zustellung gelegen ist. Dieses Ziel wäre durch Zahlung des angeforderten Vorschusses ohne weiteres zu erreichen gewesen.

d) Auch was die Höhe des angeforderten Vorschusses anlangt, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen nicht zu Lasten der Antragsteller fehlerhaft.

aa) Der Kostenvorschuß hat auch die Zustellungsauslagen nach § 137 Nr. 2 KostO zu umfassen (Wenzel, a.a.O., Rdn. 5 zu § 48 m.w.N.).

Zu Unrecht meinen die Antragsteller unter Hinweis auf Palandt/Bassenge, BGB, 65. Aufl. 2006, Rdn. 4 zu § 48 WEG (gleichlautend mit der von den Antragstellern zitierten Vorauflage), daß in den Fällen - hier vorliegender - Interessenkollision des Verwalters keine Zustellungsauslagen zu erheben seien. Zustellungsauslagen sind vielmehr nur dann nicht zu erheben, wenn - wie es bei Palandt/Bassenge, a.a.O., ausdrücklich und zutreffend heißt - "entgegen § 27 Abs. 2 Nr. 3 (WEG) an Beteiligte statt an den Verwalter zugestellt" wird (Hervorhebung durch den Senat).

bb) Demgemäß sind die Auslagen für die an jeden Wohnungseigentümer vorzunehmenden Zustellungen zu erheben. Daß die Zustellung in Fällen, in denen ein Wohnungseigentum mehreren Beteiligten zusteht, an jeden von ihnen getrennt zu erfolgen hat, hat das Landgericht richtig dargestellt.

Zutreffend ist der Hinweis der Antragsteller, daß Zustellungen an Wohnungseigentümer, denen mehrere Eigentumswohnungen gehören, nicht für jede Wohnung getrennt erfolgen müssen. Diesem Grundsatz hat das Amtsgericht bei der Berechnung des Vorschusses indessen ersichtlich Rechnung getragen. Sollte die Kostenbeamtin bei der Vorschussberechnung irrtümlich von einer zu hohen Zahl von Eigentümern ausgegangen sein, wäre ggf. gem. § 9 KostO zu verfahren.

III.

Nach allem war die weitere Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Die Nebenentscheidung ergibt sich aus § 8 Abs. 3 S. 3 und 4 KostO.

Ende der Entscheidung

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